FN-Ausgabe-November 2022-Alles
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musiktipps<br />
wolfgang buck<br />
Visäwie<br />
C.A.B. Records<br />
alvvays<br />
Blue Rev<br />
Pias/Transgressive (Rough Trade)<br />
Die Pandemie hat neben Destruktion<br />
auch kreatives Potential freigesetzt. Bestes<br />
Beispiel ist Wolfgang Buck, dessen neues<br />
Album im Auf und Ab der Coronawellen<br />
entstanden ist. Auch er als „dialektischer<br />
Songkünstler“ konnte monatelang nicht vor<br />
Publikum auftreten und nutzte deshalb die<br />
Zeit, um mit alten und neuen Mitmusikern 15<br />
bislang noch unveröffentlichte Songs aufzunehmen,<br />
die jetzt auch auf seiner aktuellen<br />
Tournee bis weit ins Jahr 2023 dem Publikum<br />
live vorgestellt werden, wie z.B. am 12.11. in<br />
Hallstadt. Seine Symbiose aus fränkischem<br />
Gesang, Gitarren- und Bläserklängen mit<br />
zart-warmen und zugleich „schdarken“ digitalen<br />
Sounds passt gut in unsere disruptive<br />
Zeit. Dies wird in seinen Songtexten, die auf<br />
die geänderten Lebensbedingungen und<br />
neuen Befindlichkeiten sensibel eingehen,<br />
niveauvoll deutlich. Der Dialekt macht<br />
die Botschaften erträglich und der Inhalt<br />
gibt auch Hoffnung. Menschliche Begegnungen,<br />
Stärken und Schwächen zwischen<br />
„Milchstraße und Biergarten“ sind im Mantel<br />
von wundervoller semi-akustischer Musik<br />
der thematische Stoff, beeinflusst von Americana<br />
und Blues. Helmut Ölschlegel<br />
Von Einbrechern entwendete Demos, ein überfluteter<br />
Proberaum - angesichts der Steine, die Alvvays<br />
auf dem Weg zu ihrem dritten Album aus dem Weg<br />
räumen mussten, scheinen fünf Jahre Wartezeit<br />
auch angesichts dessen Qualität mehr als verzeihlich.<br />
Nach dem sympathischen Lo-Fi-PowerPop<br />
des Debüts und dem gestriegelteren Nachfolger<br />
„Antisocialites“ haben sie auf „Blue Rev“ nämlich die<br />
Balance aus Dreck und Harmonie perfektioniert.<br />
Tatsächlich ist die Produktion von Shawn Everett,<br />
der sich sonst um die Killers und The War On Drugs<br />
kümmert, dabei einer der Stars des Albums: Derart<br />
vielschichtig greifen hier Noise und Melodien ineinander,<br />
dass jeder Hördurchgang neue Details zutage<br />
fördert. Ein weiterer Star ist gar nicht mit von der<br />
Partie, wenn auch in jeder janglenden Gitarre allgegenwärtig:<br />
Johnny Marr, und zwar als würde er durch<br />
die Pedals von The Jesus and Mary Chain spielen.<br />
Die Highlights sind kaum abzählbar, Molly Rankins<br />
engelsgleiche Gesangsmelodien schier endlos und<br />
doch seien Einsteigern „Belinda Says“ und „Easy on<br />
Your Own?“ besonders ans Herz gelegt. Dass „Blue<br />
Rev“ nach einem Alkopop benannt ist, mag bei<br />
kursorischem Hören Sinn machen, bei intensivem<br />
Genuss entpuppt es sich aber eher als Fruchtsmoothie<br />
mit Schuss: so zuckersüß und betörend wie<br />
reichhaltig und seelenwärmend. Maximilian Beer<br />
kerstin ott<br />
Best Ott<br />
Polydor/Universal<br />
pixies<br />
Doggerel<br />
Infectious/BMG<br />
Kerstin Ott lebt ihr Lesbischsein offen<br />
aus, und das alles in einer Branche, die<br />
als äußerst konservativ gilt. So eröffnet<br />
sie ihr Best-off Album auch mit einer<br />
Botschaft an ihre queeren Fans: „Regenbogenfarben“.<br />
Den Song singt sie<br />
gemeinsam mit Schlagergöttin Helene<br />
Fischer. Und wie es sich für ein Best-of<br />
gehört, sind auch weitere Duette mit<br />
der Schlager High-Society zu hören: Der<br />
neue Song „Was auch immer passiert“ mit<br />
Andrea Berg und der Hit „Wegen Dir“, zusammen<br />
mit Howard Carpendale. Einige<br />
Songs gibt`s im Single-Mix und ihr Hit<br />
„Scheissmelodie“ im hippen Bodybangers<br />
Remix. Insgesamt gibt es 34 Songs auf<br />
zwei CDs, manche von ihnen sind absolute<br />
Superhits, die so bekannt sind, dass<br />
selbst „Schlagerkritiker“ (die Autorin hat<br />
hier auf eine freundliche Formulierung<br />
wert gelegt) sie kennen. Andere sind<br />
ausgewählte, persönliche Lieblingssongs<br />
der Künstlerin und teilweise tatsächlich<br />
kleine Perlen. Der absolute Megahit „Die<br />
immer lacht“ und die aktuelle Single<br />
„Mädchen“ sind ebenfalls zu hören.<br />
Sabine Mahler<br />
Von 1988 bis ´91 nahmen die Pixies vier Platten<br />
auf, die heute noch Kultstatus genießen. Es ist<br />
wohl das Schicksal dieser Band, gern auf jene<br />
stilprägende Karrierephase reduziert zu werden.<br />
Dabei haben die reunierten Indie-Ikonen<br />
aus Boston seit 2014 auch schon wieder vier<br />
Alben veröffentlicht, die zwar nur noch teilweise<br />
den genialischen Wahnwitz der wilden<br />
Anfangstage atmen, aber doch stets ein paar<br />
hübsche Songideen parat hatten. „Doggerel“<br />
ist nun das reifste und ambitionierteste Werk<br />
der späten Pixies. Die zweiminütigen Drei-Akkorde-Knaller<br />
sind endgültig Geschichte, weil,<br />
wie Black Francis gesteht, ihm solche kompakten<br />
Instant-Hits einfach nicht mehr einfallen<br />
wollen. Stattdessen setzt das Quartett<br />
auf komplexere Strukturen und ausgefeilte<br />
Arrangements, ohne dabei seinen Trademark-<br />
Sound zu verraten. Bassistin Paz Lenchantin<br />
sorgt gesanglich für die klassischen Kim-Deal-<br />
Momente, die bewährte Laut-Leise-Dynamik<br />
funktioniert nach wie vor. Und Songs wie das<br />
hypnotische „There’s A Moon On“, der Power-Pop-Stampfer<br />
„You’re Such A Sadducee“<br />
oder das countryfizierte „Vault Of Heaven“<br />
hätten auch einst auf „Doolittle“ oder „Bossanova“<br />
gewiss nicht gestört. Uli Digmayer<br />
KURZ & GUT<br />
Im letzten Jahrtausend war die Band<br />
Fireside aus der nordschwedischen<br />
Eishockeyhochburg Luleå Vorbild für<br />
Postpunk-Größen wie Refused oder The<br />
Hives und prägte so eine ganze Generation<br />
skandinavischer Hardcore- und<br />
Indiebands. Jetzt wollen es die vier Norbottener<br />
um Sänger Kristoffer Åström<br />
nochmal wissen: „Bin Juice“ ist eine<br />
wunderbare Mischung aus zeitlosem<br />
Indierock und Punknostalgie. Mithin ein<br />
hervorragender Anlass für Nachgeborene,<br />
sich mit dem Werk der Altmeister<br />
auseinanderzusetzen. cro<br />
Hollywood-Vorzeige-Schnorren Kevin<br />
Kline haftete immer schon das Image<br />
des „würdevollen Komödianten“ an.<br />
Auch Klamauk hat bei ihm nie etwas<br />
Billiges. Gute Gene, die er da seiner<br />
Tochter Greta mitgegeben hat: Mit ihrem<br />
Bandprojekt Frankie Cosmos lotet<br />
die 30-Jährige auch auf ihrem fünften<br />
Album mit dem bezeichnenden Titel<br />
„Inner World Peace“ konsequent die<br />
Grenzen des leichten Indie-Pop aus,<br />
ohne dabei ins Banale ab - oder im<br />
Kitsch auszurutschen. Papa Kevin erfüllt<br />
es sicher mit gediegenem Stolz. cro<br />
DJ-Toplist > <strong>November</strong><br />
Horsebox<br />
. Bérurier Noir - Salut á Toi<br />
2. Chubby And The Gang - Coming Up Tough<br />
3. Syndrome 81 - Seul Contre Tous<br />
4. Blitz - Nations On Fire<br />
5. Chain Whip - Laguna Bleach<br />
6. The Flex - Warboy<br />
7. Camera Silens - Réalité<br />
8. Rixe - Larmes De Crocodile<br />
9. Condor - Chacun Pour Soi<br />
10. Pegboy - Hardlight<br />
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