FN-Ausgabe-November 2022-Alles
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Foto: Claus Riegl<br />
Endlich zurück zur Normalität<br />
Inklusive Kulturfabrik KUFA feiert dreijähriges Bestehen<br />
Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam als Tänzer, Schauspieler, Sambista,<br />
Sänger oder Musiker im Rampenlicht – in dieser Form gibt es das nur in Bamberg. Für<br />
den Erfolg auf der Bühne, die gemeinhin ihre Welt bedeutet, haben sie hart in der Kulturfabrik<br />
KUFA „Kultur für alle“ geschuftet. Das inklusive Kunst- und Kulturprojekt der<br />
„Lebenshilfe e.V.“ feiert nun im <strong>November</strong> sein dreijähriges Bestehen. Nach einer wahren<br />
Achterbahnfahrt mit Preisverleihung, Corona-Lockdowns, ausgefallenen Proben und<br />
beschränktem Kontakt zu Menschen ohne Behinderung drohte der „Ofen schon schnell<br />
wieder aus zu gehen“, so Harald Rink. Im <strong>FN</strong>-Interview verriet der künstlerische Leiter,<br />
wie die Flamme trotzdem aufrechterhalten wurde.<br />
Die KUFA wird drei Jahre alt.<br />
Welche Geburtswehen gab es?<br />
Harald Rink: Wir mussten die<br />
Räumlichkeiten, die wir heute haben,<br />
umbauen. Als wir 2019 die<br />
KUFA eröffnet haben, waren viele<br />
Jahre der Ideen und Planungen<br />
vorausgegangen. Die Räumlichkeiten<br />
der ehemaligen Farbenfabrik<br />
waren im Besitz der Lebenshilfe.<br />
Man musste Überzeugungsarbeit<br />
bei der Geschäftsführung leisten,<br />
denn Kultur und Kulturzentren sind<br />
alles andere als primäre Aufgaben<br />
einer Lebenshilfe. Und dann galt<br />
es ja die Finanzierung zu stemmen.<br />
Das ist gut gelungen. Die 1,6 Millionen<br />
Euro Umbaukosten konnten<br />
dank der Oberfrankenstiftung, Aktion<br />
Mensch, der Dr. Robert Pfleger-Stiftung<br />
und der Bayerischen<br />
Landesstiftung sowie der Lebenshilfe<br />
aufgebracht werden.<br />
Die KUFA versteht sich als<br />
ein offenes Haus. Doch Corona<br />
machte zeitweise die Türen<br />
dicht...<br />
Wir gerieten im „Säuglingsstadium“<br />
in Corona hinein. Wir hatten<br />
drei Monate Programm. Und dann<br />
war der Ofen erst mal wieder aus.<br />
Am härtesten fand ich, dass unsere<br />
inklusiven Kulturgruppen nicht<br />
mehr proben konnten. Menschen<br />
mit Behinderung haben unter den<br />
Corona-Maßnahmen ganz besonders<br />
gelitten, weil der Bereich der<br />
kulturellen Bildung etwas ganz<br />
Besonderes, auch im Hinblick auf<br />
ihren normalen Alltag, ist. Ansonsten<br />
waren wir mutig, haben das<br />
gemacht, was ging. Im Veranstaltungssaal<br />
konnten wir die Stuhl<br />
Abstände flexibel gestalten. So<br />
konnten wir bis auf die harten<br />
Lockdowns immer etwas machen.<br />
In der KUFA sollen inklusive<br />
Kultur-Angebote ins Leben<br />
gerufen werden. Künstler mit<br />
Behinderung sollen ins Rampen-<br />
Licht kommen. Menschen mit und<br />
ohne Behinderung können sich<br />
dort treffen. Inwieweit ist dieses<br />
Konzept bisher aufgegangen?<br />
Die inklusiven Kultur-Angebote<br />
haben durch die Corona Maßnahmen<br />
gelitten. Wir hatten vor Corona<br />
viele Interaktionen mit Schulen<br />
und Kindergärten. Die waren in der<br />
Corona-Zeit weggebrochen. Durch<br />
unser Projekt 100% für die Kultur,<br />
bei dem wir Kulturschaffenden die<br />
KUFA mietfrei zur Verfügung gestellt<br />
haben, konnten viele Veranstaltungen<br />
stattfinden. In Sachen<br />
Begegnung bei den Veranstaltungen<br />
ist aber noch Luft nach oben.<br />
Bei Menschen mit Behinderung<br />
langt es eben nicht ein Angebot<br />
zu haben, sondern die muss man<br />
aktiv ansprechen, sie abholen und<br />
begleiten. Hier sind wir gerade<br />
dabei einen ehrenamtlichen Kulturbegleitservice<br />
aufzubauen. Wer<br />
sich dafür interessiert kann sich<br />
gerne bei uns melden.<br />
Welche inklusiven Kulturgruppen<br />
gibt es in der KUFA?<br />
Es gibt eine Theatergruppe „Tobak“,<br />
eine Tanzgruppe „Wackelkontakt“,<br />
eine Percussiongruppe „Hörsturz“,<br />
die Samba-Gruppe „Ramba Zamba“,<br />
den Chor „Auftakt“, die Band<br />
„Sleeping Ann“ und das Atelier Lebenskunst.<br />
Wie reagieren Menschen<br />
ohne Behinderungen auf die<br />
Darstellungen von Menschen mit<br />
Behinderung?<br />
Unsere Erfahrungen sind sehr positiv.<br />
Im Nachgang sagen viele: Es<br />
hat mich gar nicht mehr interessiert,<br />
ob der Mensch eine Behinderung<br />
hatte oder nicht. Man schaut<br />
auf die künstlerische Darstellung.<br />
Und das ist ja auch unser Anspruch:<br />
Kunst kennt keine Behinderung.<br />
Unsere Veranstaltungen,<br />
auch früher in der Alten Seilerei,<br />
waren oft ausverkauft. Und das<br />
Publikum bestand nicht nur aus<br />
Angehörigen und Freunden - da<br />
gingen schon mehrere hundert<br />
Karten über den Tisch.<br />
Menschen, die zu den Veranstaltungen<br />
der KUFA kommen,<br />
werden einen offenen und respektvollen<br />
Bezug zu Menschen<br />
mit Behinderung haben. Ist das<br />
aber gesellschaftlich gesehen<br />
die Norm?<br />
Viele Menschen kommen erst einmal<br />
wegen der Veranstaltungen<br />
und bekommen nur so nebenbei<br />
mit, dass da auch die Lebenshilfe<br />
involviert ist. Wir erreichen mit unseren<br />
Programmen einen großen<br />
Bevölkerungskreis. Es hat sich viel<br />
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