immobilia 2023/03 - SVIT
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18.50 18.10<br />
17.00 16.80<br />
POLITIK<br />
MIETWOHNUNGSMARKT<br />
MIETPREISE<br />
STEIGEN NUR<br />
UM 1 FRANKEN<br />
Pro Quadratmeter zahlen Mieter<br />
im Schweizer Durchschnitt lediglich<br />
6,3% mehr als vor zehn Jahren.<br />
In der aktuellen Hysterie lohnt es<br />
sich, genauer hinzuschauen.<br />
TEXT—IVO CATHOMEN*<br />
QUADRATMETER-MIETPREISE 2021 NACH KANTONEN<br />
in CHF/m 2 , Quelle: BFS<br />
20<br />
19.90 19.60 19.40<br />
15<br />
16.70<br />
15.80 15.60<br />
15.50 15.40 15.20 15.10 14.90 14.80 14.50 14.20 14.20 14.10 14.00 13.90 13.60 13.50 13.30 13.00<br />
11.80<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Schweiz<br />
GE<br />
ZH<br />
ZG<br />
BS<br />
VD<br />
BL<br />
SZ<br />
NW<br />
LU<br />
AG<br />
GR<br />
BE<br />
FR<br />
OW<br />
AI<br />
SG<br />
SH<br />
VS<br />
SO<br />
TI<br />
TG<br />
UR<br />
AR<br />
GL<br />
NE<br />
JU<br />
MODERATER PREISANSTIEG<br />
«Explodierende Mietzinse» sind derzeit in aller<br />
Munde. Was nun aber die vom Bundesamt für Statistik<br />
veröffentlichten Zahlen für das Jahr 2021 zeigen, verlangt<br />
eine differenziertere Beurteilung der Mietzinsentwicklung.<br />
Der durchschnittliche Nettomietzins pro<br />
Monat und Quadratmeter beläuft sich demnach für das<br />
Jahr 2021 auf 16.70 CHF. Das sind 20 Rappen (+1,2%)<br />
mehr als im Vorjahr und 1 CHF mehr als 2011 (+6,3%).<br />
Aus den statistischen Zahlen lässt sich also bisher keine<br />
«Mietzinsexplosion» herauslesen, auch wenn der<br />
Mietzins pro Quadratmeter zuletzt stärker gestiegen<br />
ist und mutmasslich auch weiter mit höherer Rate steigen<br />
dürfte. Insgesamt liegt die Entwicklung der Quadratmeter-Mietpreise<br />
hinter dem Mietindex zurück.<br />
Dieser stieg innert zehn Jahren um 8,3 Punkte.<br />
Eine 3-Zimmer-Mietwohnung kostete 2021 im<br />
Durchschnitt 1344 CHF. Vor zehn Jahren waren es<br />
1242 CHF (+8,2%). 1- und 2-Zimmer-Wohnungen liegen<br />
mit 10,0 und 10,2% darüber, was den Schluss zulässt,<br />
dass ihre Fläche zugenommen hat. Der Umkehrschluss<br />
gilt für Wohnungen mit 4 und mehr Zimmern.<br />
Ihre Mietzinse stiegen mit 6,1 bis 6,3% unterdurchschnittlich.<br />
Am Rande sei erwähnt, dass sich die Quadratmeter-Mietzinse<br />
für Genossenschaftswohnungen<br />
im vergleichbaren Zeitraum (2012–2021) um 7,8% auf<br />
15.10 CHF verteuerten.<br />
DREI EINFLUSSFAKTOREN<br />
Drei Faktoren beeinflussen gemäss der neuesten<br />
Statistik die Quadratmeter-Mietzinse und deren Entwicklung.<br />
Erstens das Baujahr der betreffenden Mietliegenschaften.<br />
Auch für frühere Beobachtungsperioden<br />
gilt, dass die jeweils neuesten Wohnungen die<br />
teuersten waren. Ihr Mietzins lag jeweils um 19 CHF<br />
pro Quadratmeter. Zuletzt waren dies jene mit Baujahr<br />
ab dem Jahr 2011 (19.10 CHF), was vor allem mit<br />
steigenden Bau- und Landpreisen, Ausstattung sowie<br />
steigenden baulichen Auflagen erklärt werden kann.<br />
Gleichzeitig veränderte sich der Quadratmeter-Mietzins<br />
für ältere Wohnungen kaum, oder sie waren gar<br />
rückläufig.<br />
Zweiter Faktor für die Mietzinshöhe ist die Lage.<br />
In ländlichen Gemeinden beläuft sich der Quadratmeterpreis<br />
auf 13.50 CHF, in städtischen dagegen auf<br />
19.50 CHF. Auch kantonal bestehen erhebliche Unterschiede,<br />
wie die Grafik zeigt. Die Entwicklung verlief<br />
in allen Gemeindetypen in absoluten Zahlen und über<br />
die letzten Jahre parallel. Städtische Wohnungen verteuerten<br />
sich demzufolge in Prozenten sogar etwas unterdurchschnittlich.<br />
Und drittens wird der Mietzins massgeblich durch<br />
die Aufenthaltsdauer beeinflusst. Wer eine Wohnung<br />
21 Jahre und mehr mietet, zahlte 2021 pro Quadratmeter<br />
14.00 CHF. Wer die Wohnung aber erst seit weniger<br />
als zwei Jahre mietet, zahlte 20.20 CHF. Die zunehmende<br />
Diskrepanz von Bestands- und Neumieten ist<br />
die Hauptursache für einen dysfunktionalen Mietwohnungsmarkt.<br />
Sie führt dazu, dass Wohnungs suchende<br />
gegenüber Bestandsmietern systematisch benachteiligt<br />
werden und Umzüge unvorteilhaft sind. Es ist<br />
damit zum Beispiel vorteilhafter, in zu grossen Wohnungen<br />
an unpassender Lage wohnen zu bleiben und<br />
längere Pendlerstrecken in Kauf zu nehmen.<br />
Trotz oder gerade<br />
wegen des strengen<br />
Marktregimes sind<br />
die Mietzinse in Genf<br />
am höchsten.<br />
*IVO CATHOMEN<br />
Dr. oec. HSG, ist<br />
Herausgeber der<br />
Zeitschrift Immobilia.<br />
10<br />
IMMOBILIA / März <strong>2023</strong>