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Jour fixe 2002 - Stiftung Grone-Schule

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Im Gespräch<br />

Berufliche Weiterbildung ist zentral für die Erhaltung<br />

der Arbeits- und Innovationsfähigkeit älterer Mitarbeiter<br />

Prof. Dr. Peter Knauth von der Universität Karlsruhe im Gespräch mit dem <strong>Grone</strong>Magazin<br />

Die Enquetekommission „Demographischer Wandel“ des Bundestags hat bestätigt, was<br />

wir alltäglich beobachten können: Unsere Gesellschaft wird immer älter, während die<br />

Lebensarbeitszeit sinkt. Mit dem Schlagwort „Der Jugendwahn muß aufhören“<br />

forderte die Kommission in ihrem Abschlußbericht, das Potential älterer Arbeitnehmer<br />

zu nutzen und sie länger in den Arbeitsprozeß einzubinden. Zu Vorschlägen und Möglichkeiten,<br />

diese Forderung sinnvoll in die berufliche Praxis umzusetzen, befragte das<br />

<strong>Grone</strong>Magazin Prof. Dr. Peter Knauth. Er ist Professor am Institut für Industriebetriebslehre<br />

und Industrielle Produktion (IIP) der Universität Karlsruhe, Abteilung Arbeitswissenschaft.<br />

Seine Forschungsgruppe beteiligt sich am EU-geförderten Projekt RESPECT<br />

(Research action for improving Elderly workers Safety, Productivity, Efficiency and Competence<br />

Towards the new working environment). In Zusammenarbeit mit europäischen<br />

Unternehmen und Instituten untersucht RESPECT, wie ältere Menschen im<br />

Arbeitsalltag gefördert werden können.<br />

<strong>Grone</strong>Magazin Wie müssen Arbeitsprozesse<br />

in den Betrieben speziell auf ältere<br />

Mitarbeiter zugeschnitten werden?<br />

Prof. Dr. P. Knauth Generell kann gesagt<br />

werden, daß die Arbeitsbedingungen so<br />

gestaltet werden müssen, daß ein Älterwerden<br />

im Betrieb möglich ist und die<br />

besonderen Fähigkeiten älterer Mitarbeiter<br />

besser genutzt werden.<br />

Wenn Mitarbeiter über Jahre hinweg an<br />

ergonomisch schlecht gestalteten Arbeitsplätzen<br />

– zum Beispiel ungünstiger<br />

Arbeitshaltung und statischer Muskelarbeit,<br />

unter ungünstigen Arbeitsumgebungsbedingungen<br />

oder starkem Zeitdruck<br />

arbeiten, nimmt ihre Arbeitsfähigkeit mit<br />

zunehmendem Alter ab. Berufserfahrung,<br />

Verständnis für Zusammenhänge, Gelassenheit<br />

in kritischen Situationen, Kommunikationsfähigkeit<br />

und die Kenntnis<br />

sozialer Netzwerke nehmen mit dem Alter<br />

zu und müssen dementsprechend berücksichtigt<br />

und gefördert werden.<br />

<strong>Grone</strong>Magazin Was muß sich im Denken<br />

von Arbeitgebern, Politik und Gesellschaft,<br />

aber auch im Denken der Arbeitnehmer<br />

ändern, damit Arbeit und Alter sich nicht<br />

weiter zum Gegensatz entwickeln?<br />

Prof. Dr. P. Knauth Viele Führungskräfte<br />

haben ein Defizitmodell von älteren Mitarbeitern<br />

verinnerlicht, das bedeutet:<br />

„alt gleich schlechtere Leistung“.<br />

Diesen Führungskräften ist nicht bewußt,<br />

daß sie selbst zum Beispiel durch ihren<br />

Führungsstil, durch nicht ausreichende<br />

Gewährung von Weiterbildung und durch<br />

inadäquate Arbeitsorganisation dafür<br />

sorgen, daß die Humanressourcen der älteren<br />

Mitarbeiter nicht voll genutzt werden.<br />

Darüber hinaus müssen auch die<br />

Arbeitnehmer Verantwortung für die eigene<br />

Weiterbildung und Gesunderhaltung<br />

übernehmen.<br />

Das Informationsdefizit in Politik und<br />

Gesellschaft in bezug auf die besonderen<br />

Fähigkeiten älterer Menschen muß reduziert<br />

werden. Die demographische Entwicklung<br />

wird die Arbeitswelt zwingen,<br />

überholte Vorstellungen zu überdenken<br />

und sich intensiv um die Arbeitsgestaltung<br />

für ältere Mitarbeiter zu kümmern.<br />

<strong>Grone</strong>Magazin Welchen Beitrag kann<br />

die berufliche Weiterbildung in diesem<br />

Prozeß leisten?<br />

Prof. Dr. P. Knauth Die berufliche Weiterbildung<br />

ist ein zentraler Faktor für die Erhaltung<br />

der Arbeits- und Innovationsfähigkeit<br />

älterer Mitarbeiter. Zusätzlich<br />

müssen horizontale Laufbahnen eröffnet<br />

werden, um auch den älteren Mitarbeitern<br />

neue Perspektiven zu bieten.<br />

<strong>Grone</strong>Magazin Sollte es spezielle Lernformen<br />

und Angebote für die Zielgruppe<br />

Ältere geben oder sollte man integrativ<br />

auch in der Weiterbildung die Generationen<br />

vermischen?<br />

Prof. Dr. Peter Knauth<br />

ist Professor am Institut<br />

für Industriebetriebslehre<br />

und Industrielle Produktion<br />

(IIP) der Universität<br />

Karlsruhe, Abteilung<br />

Arbeitswissenschaft.<br />

Prof. Dr. P. Knauth Wenn es um Erfahrungsaustausch,<br />

Problemlösungsprozesse, Kommunikations-<br />

und Konfliktlösungsthemen<br />

geht, sind altersheterogene Gruppen sinnvoller.<br />

Wenn es allerdings um neue Technologien<br />

wie Computerkurse geht, haben<br />

ältere Mitarbeiter manchmal Bedenken,<br />

sich vor den jüngeren Kursteilnehmern zu<br />

blamieren. Daher empfehlen sich in solchen<br />

Fällen altershomogene Gruppen und<br />

Kurse mit besonderer altersgerechter<br />

Didaktik, die berücksichtigen, daß Ältere<br />

anders und nicht schlechter lernen als<br />

Jüngere.<br />

<strong>Grone</strong>Magazin in Welche Arbeits- bzw.<br />

Qualifikationsmodelle haben Sie erprobt?<br />

Welche Erfahrungen haben Sie damit<br />

gemacht?<br />

Prof. Dr. P. Knauth Im Rahmen des Projektes<br />

RESPECT wurden verschiedene Modelle<br />

mit Erfolg eingeführt und analysiert: das<br />

X %-Modell, das Tandem-Modell, intergenerative<br />

Teams, ein Seminar zur Sensibilisierung<br />

der Führungskräfte, zur sogenannten<br />

age awareness. Durch die Erprobung<br />

in der Praxis entstand eine Checkliste für<br />

die notwendigen Rahmenbedingungen<br />

zur erfolgreichen Einführung dieser<br />

Modelle.<br />

<strong>Grone</strong>Magazin 02 – August <strong>2002</strong> 03

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