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Presseschau 24.11. - 29.11.11 Neue Westfälische Zeit für die ...

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<strong>Presseschau</strong> <strong>24.11.</strong> - <strong>29.11.11</strong> <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

<strong>Zeit</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Stromnetz-Frage<br />

Bürgermeister Bruno Wollbrink hat sich festgelegt, Herbert Even (Grüne) stellt Fragen: Jetzt ist <strong>die</strong><br />

Öffentlichkeit am Zug<br />

VON HARTMUT BRAUN<br />

Herford. Im Rathaus wird in <strong>die</strong>sen Tagen <strong>die</strong> wichtigste Entscheidung der Ratsperiode bis 2014<br />

vorbereitet: Es geht um <strong>die</strong> künftige Verfügung über das Stromnetz. Einige glauben, dass <strong>die</strong> Würfel<br />

schon gefallen sind: <strong>für</strong> einen der Großen Vier der Energiebranche, <strong>die</strong> E.ON AG. Doch es gibt<br />

auch andere Stimmen.<br />

Bürgermeister Bruno Wollbrink hat sich festgelegt. Er setzt auf einen von ihm ausgehandelten<br />

„Kompromiss“: Die E.ON-Regionaltochter Westfalen-Weser (an der Herford mit zehn Prozent<br />

beteiligt ist) soll das Netz weitere 20 Jahre betreiben. Damit <strong>die</strong> Stadt mehr profitiert, wird eine<br />

Zwischengesellschaft mit städtischer Mehrheit eingeschaltet, <strong>die</strong> das Netz kauft und an E.ON<br />

verpachtet.<br />

Wollbrink glaubt, damit E.ON langfristig als Partner, örtlichen Arbeitgeber und großzügigen<br />

Sponsor an <strong>die</strong> Stadt binden und zusätzlich einige Hunderttausend Euro in <strong>die</strong> städtischen Kassen<br />

lenken zu können.<br />

Sein Gegenspieler in <strong>die</strong>ser Frage ist Herbert Even: Der Bündnisgrüne sieht <strong>die</strong> Öffentlichkeit<br />

bisher ausgegrenzt, beklagt den von Wollbrink und E.ON aufgebauten <strong>Zeit</strong>druck und verlangt <strong>die</strong><br />

sorgfältige Untersuchung von Alternativen.<br />

Dabei treiben den mit der Energiewirtschaft vertrauten Unternehmer vor allem finanzielle<br />

Erwägungen: Even ist Verfechter einer Rekommunalisierung mit Augenmaß und will <strong>die</strong> mit dem<br />

Netzbetrieb verbundene Wertschöpfung möglichst komplett in der Region halten.<br />

Er traut einem „neuen kleinen EMR“ im Kreis Herford oder einer komplett rekommunalisierten<br />

E.ON Westfalen-Weser einen technisch ebenso qualifizierten Netzbetrieb bei weit besseren<br />

finanziellen Ergebnissen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Kommunen zu. Vielleicht könne man sogar <strong>die</strong> jetzigen<br />

Geschäftsführung in <strong>die</strong> Kommunalfirma übernehmen, überlegte er jüngst im internen Gespräch.<br />

Even will ohne <strong>Zeit</strong>druck alle Optionen prüfen und auch <strong>die</strong> Drohung mit dem Abbau von<br />

Arbeitsplätzen nicht gelten lassen: Die Herforder E.ON-Jobs seien bis nach 2020 vertraglich<br />

gesichert.<br />

Bestärkt sieht er sich durch das Beispiel vieler Städte, <strong>die</strong> unabhängig von Parteibindungen<br />

Stromnetze zurück kaufen, um mehr Geld damit zu ver<strong>die</strong>nen und bessere Bedingungen <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Energiewende zu haben.<br />

Bislang hat der im Rat zuweilen als „Besserwisser“ abgekanzelte Grüne mit seinen Argumenten<br />

wenig Zustimmung gefunden. Bürgermeister Wollbrink genießt größeres Vertrauen.<br />

Als Even kürzlich seine kritischen Fragen im Rat formulierte, versuchten Ratskollegen sogar ihn<br />

niederzuschreien und verließen den Raum.<br />

Allerdings hat sich auch Even bisher nicht festgelegt. Er will das abschließende<br />

Verhandlungsergebnis abwarten und <strong>die</strong> E.ON-Karte im Spiel halten.


Jetzt ist der Bürgermeister am Zug: Wollbrink muss sein Transparenz-Versprechen wahrmachen und<br />

<strong>die</strong> Öffentlichkeit informieren, ohne städtische Positionen zu gefährden und Indiskretionen zu<br />

begehen.<br />

Dabei werden <strong>die</strong> von seinen Kritikern angemahnten Alternativen zwingend zur Sprache kommen<br />

müssen. Den Grund da<strong>für</strong> hat jüngst ein Price-Waterhause-Jurist den Aufsichtsräten der in der<br />

Netzfrage federführenden Holding HVV in zwei internen Schulungen ins Stammbuch geschrieben:<br />

Wer als Aufsichtsratsmitglied ohne sorgfältige Erwägung von Alternativen Entscheidungen trifft,<br />

handelt grob fahrlässig, womöglich sogar rechtswidrig.<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Montag 24. Oktober 2011


„Hansestadt Herford“: Be<strong>für</strong>worter liegen weit vorn<br />

NW-Abstimmung im Internet über einen Zusatz zum Ortsnamen<br />

Herford (jwl). Braucht Herford einen Zusatz zum Städtenamen auf seinen Ortsschildern - und wenn<br />

ja, welchen? Mehr als 1.400 Leser haben bisher schon im Internet über <strong>die</strong>se Frage und <strong>die</strong> elf<br />

Vorschläge der NW abgestimmt.<br />

Die weitaus meisten – rund 35 Prozent - votierten da<strong>für</strong>, dass es keinen Zusatz gibt. Andererseits<br />

sind damit rund 65 Prozent der Meinung, dass Herford einen Namenszusatz erhalten sollte.<br />

Unter den zehn Namensvorschlägen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> NW zur Abstimmung stellt, liegt nach wie vor <strong>die</strong> auf<br />

den Hansebund zurückgehende „Hansestadt“ vorn. Das Votum von rund einem Viertel der Leser<br />

freut Kämmerer und Verkehrsvereinsvorsitzenden Manfred Schürkamp: „Ich habe es noch nicht<br />

geschafft abzustimmen, werde das aber nachholen“, bekannte er gestern. Der von ihm und vielen<br />

anderen favorisierte Zusatz „Hansestadt“ gehe auf eine lange Tradition zurück, immerhin gehörte<br />

Herford bereits zu den Mitbegründern des Bundes. „Wir hatten – ähnlich wie Lemgo <strong>die</strong>s noch<br />

immer hat – auf unseren Briefköpfen den Zusatz „Freie Reichs- und Hansestadt Herford“, gibt der<br />

Kämmerer zu bedenken.<br />

Neben der Geschichte gehörte Herford auch zu den Städten, <strong>die</strong> bereits 1980 bei der Neugründung<br />

der Hanse in Zwolle dabei waren. Und auch auf regionaler Ebene sei Herford der Sitz des<br />

<strong>Westfälische</strong>n Hansebundes, erklärte Manfred Schürkamp weiter. Andere Bezeichnungen, <strong>die</strong> etwa<br />

MARTa oder <strong>die</strong> Pylonen beinhalten, „gehen an der Sache vorbei und greifen zu kurz“. Die<br />

Diskussion über <strong>die</strong> Zusätze zum Ortsnamen gehen auf eine Gesetzesänderung zurück. Bisher<br />

durften sich in NRW nur Düsseldorf und Bonn mit den Zusätzen Landeshauptstadt und Bundesstadt<br />

auf den Ortseingangsschildern schmücken. Nun ist es aber auch anderen Städten erlaubt, durch<br />

Zusätze auf den Ortsschildern auf regionale Besonderheiten hinzuweisen.<br />

Um einen solchen Zusatz abzusegnen, müsste sich aber der Stadtrat mit einer Dreiviertel-Mehrheit<br />

da<strong>für</strong> entscheiden.<br />

´ Die Abstimmung im Internet unter www.nw-news.de/herford ist noch bis Donnerstag um<br />

Mitternacht möglich.<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Dienstag 25. Oktober 2011


Mit Geld vom Land das Schlimmste verhindern<br />

Bürgermeister will ausgeglichenen Haushalt bis 2020<br />

¥ Herford. „Das Gemeindefinanzierungsgesetz der rot-grünen Landesregierung bietet der Stadt<br />

Herford <strong>die</strong> Chance, eine langfristige Gesundung der Kommunalfinanzen zu erreichen“, sagt<br />

Herfords Bürgermeister Bruno Wollbrink. Die zusätzlichen Gelder aus Düsseldorf will das<br />

Stadtoberhaupt in <strong>die</strong> langfristige Sanierung des städtischen Haushalts stecken. „Im Jahr 2020<br />

wollen wir einen ausgeglichenen Etat präsentieren.“<br />

Rund 23 Millionen Euro erhält <strong>die</strong> Stadt <strong>für</strong> das kommende Haushaltsjahr vom Land, 8,5 Millionen<br />

mehr als erwartet. Von <strong>die</strong>sem Plus muss <strong>die</strong> Stadt allerdings 3,8 Millionen Euro gleich wieder an<br />

den Kreis Herford abführen. „Eine bittere Pille“, so Bruno Wollbrink. Auf der anderen Seite aber<br />

überwiege <strong>die</strong> Freude, den jüngst noch vorhergesagten Gang in <strong>die</strong> Haushaltssicherung abwenden<br />

zu können.<br />

Grundlage da<strong>für</strong> ist <strong>die</strong> von der Landesregierung veränderte Berechnungsgrundlage <strong>für</strong> das<br />

Gemeindefinanzierungsgesetz, das zu dauerhaften Mehreinnahmen in den kommenden Jahren<br />

führen dürfte. Als Kreisstadt hat Herford höhere Soziallasten zu schultern als <strong>die</strong> weitaus kleineren<br />

Nachbargemeinden. Das wird genauso berücksichtigt wie <strong>die</strong> sogenannte Zentralitätsfunktion<br />

Herfords.<br />

Gemeint ist damit etwa das Herforder Kulturangebot, wie das Stadttheater, das Museum Marta oder<br />

<strong>die</strong> Nordwestdeutsche Philharmonie. Davon profitieren auch <strong>die</strong> übrigen Städte im Kreis, ohne <strong>die</strong><br />

damit verbundenen Kosten wirklich tragen zu müssen.<br />

Die vom Münchener Ifo-Institut vorgeschlagene und der Landesregierung umgesetzte Reform des<br />

Gemeindefinanzierungsgesetzes sei eine gerechte Lösung und schaffe <strong>für</strong> <strong>die</strong> Zukunft ein Mehr an<br />

Planungssicherheit, sagt Wollbrink.<br />

Jetzt sei <strong>die</strong> Kommune gefordert und müsse ihrerseits alle Mühen aufwenden, um <strong>die</strong> Stadtfinanzen<br />

zu sanieren. „Im Dezember wird <strong>die</strong> Verwaltung dem Rat Eckpunkte <strong>für</strong> <strong>die</strong> vorgesehene Sanierung<br />

unterbreiten. Das wird an einigen Stellen weh tun“, weiß der Bürgermeister, „aber <strong>die</strong> Chance<br />

dürfen wir uns nicht entgehen lassen.“<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Mittwoch 26. Oktober 2011


Herford ist auch ohne Zusatz schön<br />

¥ Zum Thema „Wie soll <strong>die</strong> Stadt heißen?“:<br />

In früheren <strong>Zeit</strong>en war Herford <strong>die</strong> Stadt der Brücken und Gärten. Dieses hat sich im Laufe der <strong>Zeit</strong><br />

wohl erledigt. Herford, „Stadt der starken Frauen“, ist historisch begründet, aber <strong>für</strong> ca. 50 Prozent<br />

der Bürger nicht repräsentativ. Oder wären <strong>die</strong> Männer einverstanden?<br />

Meine Meinung zur Auswahl der NW: „Pylonen-City“, „Visions-Stadt“, „Werre-Stadt“ sind keine<br />

Namen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Stadt treffend vertreten.<br />

Mode-Stadt und Möbel-Stadt verweisen zwar auf wichtige Wirtschaftszweige, doch das<br />

Alleinstellungsmerkmal auf einem Ortsschild würde mehr Gewerbebereiche abwerten, als<br />

aufwerten.<br />

Bier-Stadt ist aus meiner Sicht als Marke <strong>für</strong> Herford nicht ehrlich. Die Brauerei Felsenkeller<br />

vertreibt zwar Herforder Pils, liegt aber in Hiddenhausen und ist neuerdings eine Warsteiner-Filiale.<br />

Schausteller-Stadt kann <strong>für</strong> mich ebenfalls nicht richtig sein, denn viele Bürger identifizieren sich<br />

nicht mit <strong>die</strong>sen. Auch politisch ist das Bekenntnis zu den Schaustellern zweifelhaft und <strong>die</strong>se selbst<br />

benutzen <strong>die</strong> Ausdrucksweise nur, wenn sie davon profitieren.<br />

Soziale Stadt – Bürgermeisters Liebling – ist ein ehrenvolles Denkmodell. Doch hat das nicht den<br />

Nachteil, dass nur noch zahlungsschwächere Bürger nach Herford kämen und <strong>die</strong> entsprechende<br />

Geschäftswelt sich notgedrungen daran orientierte? Würde Herford dann aus Mangel an<br />

vielseitigem Einzelhandel ganz einschlafen?<br />

Der Favorit von Manfred Schürkamp, Hansestadt Herford, entspricht nicht der von der<br />

Landesregierung geforderten Einzigartigkeit. 32 Gemeinden wollen <strong>die</strong>sen Zusatz einfügen, diverse<br />

Hansestädte gibt es schon und <strong>die</strong> Land-Hanse an sich ist nur Vergangenheit, obwohl wir doch<br />

Zukunft haben möchten.<br />

Für Zukunft könnte MARTa-Metropole stehen, doch <strong>die</strong>ser Begriff ist ebenfalls nicht aufrichtig.<br />

Wir sind keine Metropole, sondern eine Mittelstadt und <strong>die</strong> Mehrheit der Bürger würde <strong>die</strong>se<br />

Bezeichnung wohl auch nicht akzeptieren.<br />

Mein Fazit: Herford ist auch ohne Ortsschild-Zusatz schön und viel zu vielseitig, als dass man es<br />

auf einen reduzierten Namen bringt. Ich lebe seit 75 Jahren gerne hier in (ganz einfach) Herford.<br />

Übrigens: Ich als Mann wäre mit Herford – Stadt der starken Frauen – einverstanden, das wäre ein<br />

Alleinstellungsmerkmal, historisch begründet und könnte zukunftsweisend sein. Denn hinter jedem<br />

Mann steht eine starke Frau.<br />

Wilhelm Spilker<br />

32049 Herford<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Mittwoch 26. Oktober 2011


Nicht an „Millionengrab“ erinnern<br />

¥ Auch zur Namensfrage:<br />

Der Zusatz „Hansestadt“ betont das Gemeinsame und <strong>die</strong> wichtige Funktion im Mittelalter. Es<br />

vermittelt ein angenehmes Zusammengehörigkeitsgefühl, wie bei der alten Hansestadt Lemgo.<br />

Der Zusatz MARTa hingegen verdirbt jedem Steuerzahler den gesamten Tag. Es wird ein<br />

Millionengrab bleiben, man muss nicht dauernd daran erinnert werden.<br />

Wenn jede Stadt mit Räten und mit ihrem Kirchturmdenken ein Museum in 14 Kilometer<br />

Entfernung mit dem gleichen Kunstangebot haben wollte (zum Museum in Bielefeld), dann würde<br />

deutlich: es ist in Herford überflüssig.<br />

Herbert Ruthe<br />

33818 Leopoldshöhe<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Mittwoch 26. Oktober 2011


Hansestadt – das ist Herford<br />

¥ Zur Namensfrage:<br />

Endlich hat sich auch unsere Landesregierung entschlossen, zu erlauben, dass NRW-Kommunen zu<br />

ihrer Ortsbezeichnung Erkennungsmerkmale hinzufügen dürfen. In der Ratssitzung am 1. Oktober<br />

2010 habe ich zum Punkt „Internationaler Hansetag“ darauf verwiesen, dass in anderen<br />

Bundesländern ein Verweis auf Besonderheiten der jeweiligen Stadt möglich ist.<br />

Für <strong>die</strong> alte und nun wieder aktuelle Hansestadt Herford ein Muss, um Besuchern zu verdeutlichen,<br />

welch historischer Hintergrund <strong>die</strong>ser Stadt zu eigen ist. Ich mache häufig <strong>die</strong> Erfahrung, dass <strong>die</strong><br />

über 1.200-jährige Geschichte unserer Stadt leider vielen unbekannt ist. Die Bezeichnung<br />

„Hansestadt“ würde viele Besucher animieren nachzufragen, warum <strong>die</strong>s so ist. Andererseits könnte<br />

<strong>die</strong>se Bezeichnung auch zusätzliches Interesse an der Stadt wecken.<br />

Natürlich kann man auch über andere Zusatzbezeichnungen (z. B. Sport, Kultur, Schausteller und<br />

andere) diskutieren. Immer würde jedoch nur ein Teil der Bevölkerung angesprochen werden.<br />

Hansestadt, das sind wir alle, das ist Herford.<br />

Klaus Plaszczek<br />

Herford<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Mittwoch 26. Oktober 2011


Streit um harte Drogen auf Rezept<br />

Löhner Linke verteidigen neues Grundsatzprogramm ihrer Partei / SPD-Politikerin Lück sieht<br />

„fatales Signal“<br />

VON WIEBKE EICHLER<br />

UND MARTIN FRÖHLICH<br />

Kreis Herford. Das am Wochenende in Erfurt beschlossene Grundsatzprogramm der Linken löste in<br />

einem Punkt entrüstete Reaktionen aus: Legalisierung aller Drogen. 211 Stimmen da<strong>für</strong>, 173<br />

dagegen. Der Blätterwald rauscht seitdem mächtig. An der Basis versucht man nun, <strong>die</strong><br />

hochgekochte Diskussion zu relativieren. Und beruft sich auf einen Passus, der erst kurz vor der<br />

Abstimmung in das Programm aufgenommen wurde.<br />

„Man muss genau hingucken“, sagt Ulrich Adler, Kreis-chef der Linken. „Wir wollen Süchtige<br />

entkriminalisieren und nicht harte Drogen <strong>für</strong> alle freigeben.“ Dies solle über strenge ärztliche<br />

Verordnungen und über <strong>die</strong> Stärkung suchtbezogener Einrichtungen geschehen.<br />

Der genaue Tenor des nun verabschiedeten Programms sei eben wichtig, wie Adler festhält. Hatte<br />

im ursprünglichen Programm einfach „Legalisierung“ gestanden, wurde <strong>die</strong>s nach massiven<br />

innerparteilichen Protesten in der verabschiedeten Fassung um den Passus der „kontrollierten<br />

Abgabe“ ergänzt. „So, wie es jetzt im Programm steht, stimme ich da<strong>für</strong>. Denn Süchtige dürfen<br />

nicht fallen gelassen werden.“<br />

Auch Stephie Karger hätte dem ihre Stimme gegeben. Sie ist Löhner Ratsfrau der Linken und<br />

zugleich von Beruf Krankenschwester. „Wir wollen uns um <strong>die</strong> kümmern, <strong>die</strong> schon durch alle<br />

anderen Maßnahmen durchgefallen sind.“ Auch sie stehe hinter dem Programm, welches nicht<br />

verlange, dass man „Drogen im Laden kaufen kann“.<br />

Im Vordergrund gehe es weniger um <strong>die</strong> Bekämpfung von Sucht an sich, als um <strong>die</strong> Begleitung von<br />

Süchtigen. Dass aber eine Entkriminalisierung der Süchtigen zwangsläufig mit einer Legalisierung<br />

des Suchtstoffes einhergeht, stößt anderen Politikern sauer auf.<br />

So sieht Angela Lück, Löhner Landtagsabgeordnete von der SPD, keinerlei positiven Effekt: „Wenn<br />

ich Drogen legalisiere, dann sinkt auch <strong>die</strong> Hemmschwelle. Allein das Signal, das damit gesendet<br />

wird, ist fatal.“<br />

Sie könne sich auch schlecht vorstellen, wie man jemanden mit harten Drogen von eben <strong>die</strong>sen<br />

wegbekommen solle. Bestehende Programme, wie <strong>die</strong> kontrollierte Abgabe von Methadon, einem<br />

Ersatzstoff <strong>für</strong> Heroin, müssten ausgebaut und besser begleitet werden.<br />

Die Stellen, <strong>die</strong> im Falle einer Legalisierung mit der praktischen Umsetzung und dem täglichen<br />

Umgang mit Süchtigen zu tun haben, halten sich indes mit einer Stellungnahme zurück. Die<br />

Fachstelle Sucht der Diakonie in Herford war zu <strong>die</strong>sem <strong>Zeit</strong>punkt der Diskussion zu keiner<br />

Aussage bereit.<br />

Anders Peter Köhn, Leiter des Löhner Sozialamtes und in seiner Arbeit durchaus vertraut mit den<br />

Problemen von Süchtigen. „Auf dem ersten Blick würde es eine Legalisierung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Betroffenen<br />

wohl leichter machen“, sagt Köhn.<br />

Der zweite Blick aber sei viel schwieriger zu bewerten. „Welche Folgen hätte es <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesundheit<br />

und <strong>die</strong> Gesellschaft, wenn man Heroin und andere harte Drogen legalisiert? Das vermag ich noch


nicht abzuschätzen.“ Es sei völlig offen, ob sich das Suchtverhalten verändern würde.<br />

Ulrich Adler ergänzt, dass das Drogenthema nicht <strong>die</strong> Hauptfrage sei, <strong>die</strong> mit dem<br />

Grundsatzprogramm thematisiert worden ist. Vor allem ginge es um ein „Leben in Freiheit, Würde<br />

und ein Recht auf Arbeit.“<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Mittwoch 26. Oktober 2011


Die „graue“ Wohnungsnot<br />

Stu<strong>die</strong>: Bezahlbare Wohnungen werden <strong>für</strong> Rentner im Kreis Herford zur Mangelware<br />

Kreis Herford. Ein Großteil der älteren Menschen im Kreis Herford wird sich in den kommenden<br />

Jahren seine jetzigen Wohnungen nicht mehr leisten können. Zu <strong>die</strong>sem Ergebnis kommt eine<br />

Untersuchung des Pestel-Instituts.<br />

Demnach werden im Jahr 2020 mehr als 2.310 Rentner im Kreis Herford auf staatliche<br />

Grundsicherung angewiesen sein. „Das soziale Netz wird <strong>die</strong> meisten der 55- bis 65-Jährigen, <strong>die</strong><br />

heute von Hartz IV leben, im Rentenalter auffangen müssen“, sagt Matthias Günther vom Pestel-<br />

Institut in Hannover. Immer mehr Menschen mit „gebrochenen Erwerbsbiografien“ gingen in<br />

Rente. Phasen von Arbeitslosigkeit, Niedriglöhne und dauerhaft geringfügige Beschäftigungen<br />

seien <strong>für</strong> sinkende Rentenbezüge bei Neurentnern verantwortlich, ebenso eine nur geringe oder<br />

keine Altersvorsorge bei vielen Selbstständigen.<br />

Gemessen am Bundesdurchschnitt stuft das Institut <strong>die</strong> zu erwartende Altersarmut im Kreis Herford<br />

im Jahr 2020 als „erhöht“ ein. Die Untersuchung erfolgte im Auftrag der Initiative „Impulse <strong>für</strong> den<br />

Wohnungsbau“.<br />

Im Fokus der Berechnungen steht das bezahlbare Wohnen im Alter. „Wenn <strong>die</strong> Altersarmut im Kreis<br />

Herford zunimmt, dann müssen wir über neue Wohnformen nachdenken. Das heißt: kleinere,<br />

energieeffiziente und altengerechte Wohnungen <strong>für</strong> Senioren“, sagt Günther. Bezahlbar seien <strong>für</strong><br />

viele ältere Menschen, <strong>die</strong> alleine leben, nur noch Wohnungsgrößen zwischen 30 und 40<br />

Quadratmetern. Um den Kreis Herford darauf vorzubereiten, müsse in den kommenden Jahren<br />

erheblich neu- und umgebaut werden. Andernfalls drohe eine „graue“ Wohnungsnot. Der Großteil<br />

der Senioren habe ein Interesse daran, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu wohnen.<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Donnerstag 27. Oktober 2011


Die Linke fordert: Stromnetz muss städtisch sein<br />

Bundestagsabgeordnete Inge Höger kritisiert Bürgermeister / „Eon zu beteiligen, ist inakzeptabel“<br />

Herford. Nicht erst seit der atomaren Katastrophe in Fukushima tritt <strong>die</strong> Partei Die Linke <strong>für</strong> den<br />

„bedingungslosen und sofortigen Atomausstieg“ ein. Der lasse sich nur gegen <strong>die</strong> Interessen von<br />

Energiekonzernen wie E.on oder EWR durchsetzen, heißt es in einer Presse-Erklärung. Ein erster<br />

Schritt zum Einstieg in eine alternative Energieversorgung sei <strong>die</strong> Übernahme der Stromnetze durch<br />

<strong>die</strong> Kommunen.<br />

In der aktuellen Debatte um den künftigen Netzbetrieb in Stadt und Kreis Herford tritt <strong>die</strong><br />

heimische Bundestagsabgeordnete Inge Höger <strong>für</strong> eine „vollständige Übernahme der Stromnetze<br />

durch <strong>die</strong> Stadt Herford“ ein. „Es ist undemokratisch, dass der Bürgermeister nun das Gegenteil von<br />

dem umsetzt, was der Rat beschlossen hat. E.on weiter am Netzbetrieb zu beteiligen, ist<br />

inakzeptabel. Der Konzern ist ausschließlich auf Profit <strong>für</strong> seine Aktionäre aus. Dass das Interesse<br />

der Stromkunden an preiswerter Versorgung dem entgegensteht, sollte jedem einleuchten“, erklärt<br />

Höger.<br />

In <strong>die</strong>sem Punkt geht Herbert Even (Grüne) mit der Linken einig: Es bedarf einer gründlichen<br />

Prüfung aller Details ohne zeitlichen oder gar wirtschaftlichen Druck durch E.on. Die Linke geht<br />

nach eigener Darstellung weiter: Landes- und bundespolitisch setzt sie sich da<strong>für</strong> ein, <strong>die</strong><br />

Energiekonzerne zu entmachten. „Stromversorgung gehört in öffentliche Hand. Sie muss<br />

atomstromfrei und bezahlbar sein“, fordert Höger. Die Abgeordnete warf Bürgermeister Bruno<br />

Wollbrink (SPD) vor, „am Gängelband der Atomindustrie“ zu sein und „über jedes Stöckchen zu<br />

springen, das ihm Eon vorhält.“ Statt Absprachen in Hinterzimmern zu treffen, sei es an der <strong>Zeit</strong>,<br />

eine transparente, öffentliche Debatte zu führen.<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Donnerstag 27. Oktober 2011


Wollbrink bedauert Bundeswehr-Kürzung<br />

Herford. Gestern veröffentlichte Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine Liste mit<br />

Kürzungen bei den Bundeswehr-Standorten. Auch Herford ist betroffen. Beim Kreiswehrersatzamt<br />

wird das Personal von 50 auf 6 Mitarbeiter reduziert. Bürgermeister Bruno Wollbrink bedauert den<br />

Schritt: „Der Wegfall von Arbeitsplätzen ist nie erfreulich. Aber es war klar, dass <strong>die</strong><br />

Bundeswehrreform Konsequenzen nach sich ziehen würde. Andere Kommunen in Ostwestfalen-<br />

Lippe haben größere Streichungen und damit echte Herausforderungen zu meistern. Die stehen uns<br />

noch bevor, wenn <strong>die</strong> britischen Streitkräfte aus Herford abziehen.“ ¦ Politik, Seite 3<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Donnerstag 27. Oktober 2011


„<strong>Zeit</strong> zum Aufstehen, Herford“<br />

Einseitige Kulturdebatte beim 4. Bürgerforum im MARTa<br />

VON HARTMUT BRANDTMANN<br />

Herford. Jan Hoet unvergessen: „Kunst muss provozieren“ ist einer der Aussprüche des ersten<br />

Künstlerischen Leiters des MARTa. Das Museum selbst ist eine Provokation <strong>für</strong> Menschen, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Kosten ständig gegen <strong>die</strong> notwendigen Investitionen <strong>für</strong> Schulen und Straßen aufrechnen. Auf dem<br />

4. Bürgerforum hätten sie Gelegenheit gehabt, ihre Kritik vorzubringen, denn der<br />

Gedankenaustausch fand im Museum <strong>für</strong> zeitgenössische Kunst statt. Ein Dutzend Bürger hatte sich<br />

eingefunden. Deren Kritik war ebenso moderat wie der Stolz auf <strong>die</strong> „Kulturstadt“ Herford.<br />

Beim Museumschef Roland Nachtigäller ist er ausgeprägt. Den Ortsschild-Zusatz „MARTa-<br />

Metropole“ findet er „absurd“. Herford soll mit seinem Potential kraftvoll auftreten: „Mit<br />

Wiederkäuer-Argumenten nehmen wir uns <strong>die</strong> Kraft. Herford macht sich immer erst einmal klein:<br />

<strong>Zeit</strong> zum Aufstehen!“<br />

Entspannt saß Bürgermeister Bruno Wollbrink vor der kleinen Runde und positionierte sich. Er sei<br />

nicht mit moderner Kunst aufgewachsen, bekannte er, habe das Museum dann aber als Lernort<br />

entdeckt: „ Von dort geht ein Bildungsauftrag aus, auch <strong>für</strong> künftige Generationen.“<br />

Bei manchen Kritikern hat Wollbrink ausgemacht, dass sie „nach außen schimpfen, doch<br />

auswärtigen Besuchern als erstes das Museum und dessen Architektur zeigen“. Das wertet der<br />

Bürgermeister als „stille Zustimmung“.<br />

Eine halbe Million Menschen haben MARTa seit seiner Eröffnung am 7. Mai 2005 besucht. Somit<br />

sei das Ziel erreicht, einen Anziehungspunkt zu setzen, über <strong>die</strong> Stadtgrenzen hinaus. Abseits der<br />

wirtschaftlichen Betrachtung sei das Museum ein Ort der Kommunikation, der Reize und<br />

Reizpunkte setze. Das habe auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> Pylonen am Bergertor gegolten. Der Protest dagegen sei oft<br />

nicht angemessen gewesen. Die Oppenheimer-Skulpturen mache Herford ebenso aus wie der Wall,<br />

<strong>die</strong> Kirchen, <strong>die</strong> Musik. Und was <strong>die</strong> Finanzen <strong>für</strong> MARTa betrifft, betonte Wollbrink, dass es seit<br />

Jahren keine Budget-Überschreitung mehr gebe: „Ich sehe Licht im Tunnel.“<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Donnerstag 27. Oktober 2011


Frist <strong>für</strong> Votum über Zusatz-Namen läuft ab<br />

Wie Herford auf Ortsschildern <strong>für</strong> sich werben soll<br />

Herford (jwl). Seit dem vergangenen Wochenende haben mehr als 1.700 Leser an der Internet-<br />

Umfrage der <strong>Neue</strong>n <strong>Westfälische</strong>n zum Herforder Ortsnamen-Zusatz teilgenommen. Heute, Punkt<br />

Mitternacht, endet <strong>die</strong> Abstimmung. Eine der Fragen, <strong>die</strong> bisher im Netz diskutiert wurden, ist <strong>die</strong><br />

der Kosten. Eine Namenszusatz, erklärte Stadtsprecher René Schilling, wäre mit Kosten von 10.000<br />

bis zu 12.000 Euro verbunden.<br />

Neben der Abstimmung haben auch viele Leser <strong>die</strong> Vorschläge diskutiert.<br />

Roofi etwa fragt: „Was ist denn mit dem Namen Pöppelmannstadt? Der bekannte Baumeister<br />

(Dresdner Zwinger, Brücke in Grimma, Schloss Moritzburg, . . . ) ist ja ein Herforder Kind.“<br />

F. Jacobs: „Herford hat Schulden wie jede Stadt, und dann noch <strong>für</strong> so einen Blödsinn Steuergelder<br />

verschwenden? Überlegt mal, was <strong>die</strong>se ganzen neuen Schilder kosten!“<br />

Frieda P.: „Für mich liegt <strong>die</strong> Zusatzbezeichnung Werre-Stadt am nächsten. Das ist zeitlos und<br />

bodenständig. An der Hansestadt stört mich vor allem unsere doch nicht gerade direkte Verbindung<br />

mit der See. Oder zählen jetzt auch schon Brunnen, Gartenteiche etc. dazu?“<br />

Klaus Meier: „Allein <strong>die</strong> Diskussion ist beschämend (. . . ) Herford ist Herford. Wäre sensationell,<br />

wenn sich Herford Moral- und Charakterstadt nennen könnte.“<br />

G. Scholz: „Alles, nur nicht Marta-Stadt. Der Name ist bei den Herforder Bürgern sowieso nur<br />

negativ behaftet.“<br />

A. Uding; „Herford mit dem Zusatz ,Marta-Metropole’ oder ,Pylonen-City’ zu betiteln, wäre ein<br />

Grund, in eine Nachbarstadt zu ziehen. Ernsthaft können doch nur ,Werrestadt’, ,Hansestadt’ oder<br />

nichts in Frage kommen.“<br />

´Die Abstimmung ist unter www.nw-news.de/herford zu finden.<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Donnerstag 27. Oktober 2011


Herford im Aufwind<br />

Suche nach Mietern <strong>für</strong>s Hanse-Carrée füllt auch andere Ladenlokale in der Stadt<br />

VON CORINA LASS<br />

Herford. Die Mietverträge sind versandt, einige sogar schon wieder zurück. Gestern haben<br />

Architekt Karsten Schlattmeier und Dr. Markus Böger, der als Leiter der Abteilung Gewerbebau bei<br />

Gundlach <strong>für</strong> das Herforder Bauprojekt Hanse-Carrée verantwortlich ist, zusammengesessen, um<br />

<strong>die</strong> Unterlagen <strong>für</strong> den entscheidenden Beschluss der Gundlach-Gesellschafter zu besprechen.<br />

Das Prozedere folgt einem logischen Prozess. Die Entscheidung <strong>für</strong> oder gegen das Bauprojekt auf<br />

der Basis einer gemeinsamen Vorlage ist wichtig, damit hinterher jeder weiß, worauf sie fußt,<br />

erklärt Schlattmeier. Der Architekt hat jüngst <strong>die</strong> dritte Variante des 27. Planentwurfs erarbeitet.<br />

Kein Scherz: „Das ist bei einem solchen Projekt ganz normal“, sagt er.<br />

Jeder Interessent habe abweichende Vorstellungen von Zuschnitt und Größe seines Ladenlokals, <strong>die</strong><br />

Pläne werden jeweils angepasst. Und auch jetzt ist immer noch alles möglich, können <strong>die</strong> Flächen<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Ladenlokale variieren. Böger steckt gerade in Verhandlungen mit einem Interessenten, der<br />

2.000 Quadratmeter Ladenlokal benötigt. „Und das sieht gut aus“, sagt der Projektleiter von<br />

Gundlach.<br />

Weder Schlattmeier noch Böger sprechen über potenzielle Mieter. Die Expansionsmanager der<br />

Unternehmen kennen sich untereinander alle, erklärt der Architekt, sie nutzten <strong>die</strong> Informationen<br />

über andere Mieter oder Interessenten, um <strong>die</strong> Preise <strong>für</strong> <strong>die</strong> Mieten zu drücken.<br />

Vom „Depot“ spricht Schlattmeier allerdings. Das auf Wohn-Accessoires und Deko spezialisierte<br />

Unternehmen war auch als potenzieller Mieter <strong>für</strong> das Hanse-Carrée in Frage gekommen. Am<br />

Samstag, 12. November, eröffnet es nun im einstigen Filmstudio-Gebäude am Gehrenberg auf einer<br />

Fläche von rund 800 Quadratmetern seine Türen.<br />

Auch mit dem Modeunternehmen „Tom Taylor“ war Gundlach im Gespräch gewesen, wie Böger<br />

verrät. Seit gestern bietet es am Gehrenberg 12 auf gut 130 Quadratmetern seine Freizeit-<br />

Kollektionen an.<br />

Weitere Unternehmen haben Herford als interessanten Standort entdeckt: Im ehemaligen Rewe-<br />

Gebäude, am Gehrenberg 12 eröffnet auf gut 700 Quadratmetern am Samstag, 5. November, ein<br />

„New Yorker“-Modegeschäft. Bereits <strong>für</strong> Kunden geöffnet hat unter der gleichen Adresse am<br />

Mittwoch vergangener Woche eine Hunkemöller-Filiale. Auf knapp 140 Quadratmetern bekommt<br />

Frau vor allem Hübsches <strong>für</strong> unten drunter sowie Schickes zum Baden und <strong>für</strong>s Bein.<br />

Dass <strong>die</strong> Ladengeschäfte nicht <strong>für</strong> das Hanse-Carrée zu gewinnen waren, ist <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gundlach-<br />

Projektentwickler kein Problem: „In Herford sind alle Lücken in der Fußgängerzone geschlossen“,<br />

sagt Böger und weist auf <strong>die</strong> <strong>für</strong> eine 65.000-Einwohner-Stadt extrem kurze Einkaufsstraße hin. Die<br />

besondere Kürze liege an der Nähe zu Bielefeld. Viel wichtiger aber ist <strong>für</strong> <strong>die</strong> Investoren: „Wer<br />

jetzt noch in Herford Fuß fassen will, der muss zu uns kommen“, sagt Böger. Und er ergänzt:<br />

„Herford ist im Aufwind.“<br />

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08 - Herford, Freitag 28. Oktober 2011


<strong>Neue</strong> Ortsschilder zum Nulltarif<br />

NW-Abstimmung: Herford soll als Hansestadt <strong>für</strong> sich werben – oder ohne Namenszusatz bleiben<br />

VON LENNART KRAUSE<br />

Herford. Hansestadt Herford – entweder bekommt <strong>die</strong> Stadt <strong>die</strong>sen Namenszusatz, oder keinen. So<br />

wollen es zumindest <strong>die</strong> 1.860 Nutzer von nw-news.de in einer Abstimmung. Frank Hölscher,<br />

Geschäftsführer der Stadtmarketinggesellschaft Pro Herford kann beiden Meinungen etwas<br />

abgewinnen. Bis es einen möglichen Namenszusatz auf den Ortsausgangsschildern gibt, wird aber<br />

noch einige <strong>Zeit</strong> vergehen.<br />

Rund 29 Prozent der Stimmen erhielt der Vorschlag, dass sich <strong>die</strong> Stadt in Zukunft als Hansestadt<br />

Herford anpreist. Für Frank Hölscher eine gute Entscheidung. „Gerade im Blick auf <strong>die</strong><br />

internationalen Hansetage 2013 wäre <strong>die</strong>ser Zusatz sehr werbewirksam nutzbar“, sagt Hölscher.<br />

Sollte es zu einer Namensergänzung kommen, dürfe sich <strong>die</strong> Idee der Hansestadt nach 2013 nicht<br />

im Sande verlaufen. „Eine solche Werbung muss dann auch mit Inhalt gefüllt werden“, sagt<br />

Hölscher.<br />

Auch Lothar Sobek, Leiter der städtischen Ordnungsabteilung, sieht in dem Zusatz Hansestadt eine<br />

Chance. Einziges Problem könnten <strong>die</strong> Kosten <strong>für</strong> <strong>die</strong> neue Beschilderung werden. Würden alle 70<br />

Ortsschilder erneuert, müsste <strong>die</strong> Stadt zwischen 10.000 und 12.000 Euro aufbringen. Darum<br />

möchte Sobek <strong>für</strong> den Fall, dass der Rat eine Namensergänzung beschließt, zunächst nur 30<br />

Schilder ändern. „Rechtlich sicher können wir nur <strong>die</strong> 30 Schilder neu bedrucken, auf denen nur<br />

Herford und kein Stadtteil steht“, sagt Sobek. So müsste <strong>die</strong> Stadt nur etwa 5.000 Euro aufbringen.<br />

In <strong>Zeit</strong>en klammer Haushalte immer noch viel Geld. Aus <strong>die</strong>sem Grund entschieden sich in vielen<br />

Fällen <strong>die</strong> Abstimmenden auch gegen einen Zusatznamen. Gut 36 Prozent votierten insgesamt<br />

dagegen. Auch <strong>die</strong>ser Idee kann Frank Hölscher einiges abgewinnen. „Man könnte interpretieren,<br />

dass <strong>die</strong> Mehrheit sagt: Herford ist Herford, auch <strong>die</strong>se Einstellung ist Werbewirksam nutzbar.“ Der<br />

Stadtkämmerer und Geschäftsführer der westfälischen Hanse, Manfred Schürkamp, ist<br />

überglücklich über das Ergebnis. „Fast 30 Prozent <strong>für</strong> <strong>die</strong> Hanse, dass ist toll.“ Für alle, <strong>die</strong> wegen<br />

der Kosten Bauchschmerzen haben, hat er eine gute Nachricht. „Ich bin mir ganz sicher: Wenn der<br />

Rat <strong>die</strong> Hansestadt beschließt, brauchen wir keinen Cent aus dem Haushalt, dass kriegen wir auch<br />

so hin.“<br />

Marketing-Experte Hölscher ist wichtig, dass sich Herford durch einen Zusatznamen nicht auf eine<br />

Eigenschaft reduziert. „Darum halte ich Ideen wie MARTa-Metropole <strong>für</strong> weniger gut“, sagt<br />

Hölscher. Diese Überlegung wird von der Umfrage gestützt. Gerade einmal 3,8 Prozent wünschen<br />

sich, dass MARTa auf den Ortsschildern steht. Entscheiden werden aber nicht <strong>die</strong> Bürger, sondern<br />

ihre Vertreter im Rat. Das neue Landesgesetz sieht vor, dass <strong>die</strong>ser einer Namensänderung mit<br />

Dreiviertelmehrheit zustimmen muss. Eine Entscheidung dürfte nicht vor 2012 fallen. „Noch gibt es<br />

auch keinen Antrag da<strong>für</strong>“, sagt Stadtsprecher René Schilling. Lothar Sobek und Manfred<br />

Schürkamp sind sicher, dass sich dass schnell ändern wird.<br />

© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Samstag 29. Oktober 2011


Der Schulträger mit breiter Basis<br />

Dr. Georg Robra übernimmt das Dezernat <strong>für</strong> Schule und Soziales, Jugend und Sport<br />

VON HARTMUT BRANDTMANN<br />

Herford. Georg Robra weiß, was Bildung ist: theoretisch, praktisch, strukturell. Sein Bildungsweg<br />

könnte mehrere Biographien füllen, doch der künftige Dezernent <strong>für</strong> Bildung und Soziales, Jugend<br />

und Sport ist erst 37 Jahre alt.<br />

Unter rund 60 Mitbewerbern war er ausgewählt worden, in der Nachfolge von Jutta Decarli vom<br />

kommenden Jahr an <strong>die</strong>ses Dezernat zu leiten. Im engeren Bereich ist es 180 Mitarbeiter groß.<br />

Wenn man <strong>die</strong> Schulhausmeister und Sekretärinnen mitzählt, sind es 350.<br />

Robras letzte Station war <strong>die</strong> des Leiters des Johannes-Falk-Hauses, der „Förderschule <strong>für</strong> geistige<br />

Entwicklung“ in der Trägerschaft des Kirchenkreises. Und mit dem Studium der Sonderpädagogik<br />

begann Robras Bildungsweg. Dann wurde er weit verzweigt, denn Robra versteht als Mensch, „der<br />

seine Vielseitigkeit erhalten will, der Verantwortung sucht“. Der Typ Beamter, der geregelt und<br />

gesichert <strong>die</strong> Pension anstrebt, ist er ganz und gar nicht.<br />

Bevor er Beamter wurde, war er wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Germanistik-Professor Dr.<br />

Hermann Zabel, der an der neuen Rechtschreibung beteiligt war. Lesefähigkeit spielte später eine<br />

Rolle in Robras Berufsleben. Zwischendurch gab es noch Lehraufträge an drei Universitäten.<br />

Dann war er in einem Hamburger Institut an einer Lese-Untersuchung <strong>für</strong> Grundschulen beteiligt,<br />

eine Art Pisa-Stu<strong>die</strong>. Daraus wurde ein Programm entwickelt, dessen Nutzen beispielsweise an<br />

einer Problem-Schule im Duisburger Norden erprobt wurde. Dort wurde Robra zum Praktiker und<br />

blieb es an der Bielefelder Albatros-Schule (<strong>für</strong> körperliche und motorische Entwicklung).<br />

Der Pädagoge stammt aus dem Eiffel-Städtchen Adenau, unweit des Nürburgrings. Beruflich blieb<br />

er auf der Überholspur: Promotion über „positive Schulentwicklungsprozesse nach<br />

Schulleistungsstu<strong>die</strong>n“. Im Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat er auch<br />

noch mitgearbeitet.<br />

Im nächsten Schritt wurde aus dem Schüler-Ausbilder ein Lehrer-Ausbilder. Robra wurde<br />

Hauptseminar- und Fachleiter <strong>für</strong> Körperliche und motorische Entwicklung. In der<br />

Bezirksregierung war er zuständig <strong>für</strong> <strong>die</strong> Kompetenzzentren sonderpädagogischer Förderung. Für<br />

Herford ist <strong>die</strong> Albert-Schweitzer-Schule <strong>die</strong>ses Zentrum. Und als er ab 2010 das Johannes-Falk-<br />

Haus leitete, hatte er auch noch <strong>die</strong> Fach- und Dienstaufsicht über <strong>die</strong> Frühförderstellen.<br />

Dieses Wissen, <strong>die</strong>se Erfahrung sollen nun den Herfordern zugute kommen. Die unterschiedlichen<br />

Schulsysteme will der fachlich oberste Schulträger verzahnen mit dem Bereich Jugendhilfe und<br />

Soziales.<br />

Die Trennung, vormittags Schüler und nachmittags Nutzer von Jugendhilfemaßnahmen soll<br />

aufgehoben werden. Die Förderung soll ganzheitlich sein. „Wir wollen niemanden zurück lassen<br />

und schauen, was jeder einbringen kann – <strong>für</strong> sich und <strong>die</strong> Gesellschaft.“ Als Anwalt der Familien<br />

in prekärer Situation sieht sich der künftige Dezernent ebenfalls. Sie sollen Chancen bekommen,<br />

sich zu entwickeln, „damit ist allerdings kein Wünsch-dir-was-Programm gemeint“. Der Wert<br />

„soziale Gerechtigkeit“ ist ihm wichtig, „aber nicht parteipolitisch“.<br />

Georg Robras oberstes Ziel ist Bildung, „denn gebildete Menschen gehen besser miteinander um“.


© 2011 <strong>Neue</strong> <strong>Westfälische</strong><br />

08 - Herford, Samstag 29. Oktober 2011

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