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Diagnostik und Therapie der Essstörungen - AWMF

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051/026 Aktueller Stand: 12.12.2010<br />

2.3 Vertiefende, auf die <strong>Therapie</strong>planung ausgerichtete <strong>Diagnostik</strong><br />

2.3.1 Strukturierte Interviewleitfäden zur Erfassung <strong>der</strong> <strong>Essstörungen</strong><br />

(Erwachsenenalter)<br />

Durch die Nutzung von Interviewleitfäden wie dem Diagnostischen Interview psychischer<br />

Störungen (DIPS; Margraf et al., 1994) o<strong>der</strong> dem Strukturierten Klinischen Interview für<br />

DSM-IV (SKID; Wittchen et al., 1997) kann die Zuverlässigkeit von Diagnosen deutlich<br />

erhöht werden (vgl. z. B. Wittchen et al., 1988). Allerdings bieten die beiden im deutschen<br />

Sprachraum meistverbreiteten Interviewleitfäden für den Bereich <strong>der</strong> psychischen Störungen<br />

– das DIPS (Margraf et al., 1994) <strong>und</strong> das SKID (Wittchen et al., 1997) – gerade bei<br />

klinischen <strong>Essstörungen</strong> kaum hinreichende Informationen für die <strong>Therapie</strong>planung. Vor<br />

diesem Hintergr<strong>und</strong> sind Leitfäden entwickelt worden, die nicht nur die diagnostischen<br />

Kriterien klinischer <strong>Essstörungen</strong> abdecken, son<strong>der</strong>n darüber hinaus auch unmittelbar<br />

therapierelevante Informationen liefern, beispielsweise über individuelle Diätregeln von<br />

Patientinnen. An<strong>der</strong>s als bei Fragebogenverfahren ist die Zahl <strong>der</strong> für den deutschen<br />

Sprachraum vorliegenden Interviewleitfäden im Bereich klinischer <strong>Essstörungen</strong> sehr<br />

beschränkt: Nur zu zwei Interviews (Eating Disor<strong>der</strong> Examination [EDE] <strong>und</strong> Strukturiertes<br />

Inventar für Anorektische <strong>und</strong> Bulimische <strong>Essstörungen</strong> zur Expertenbeurteilung [SIAB-EX])<br />

liegen ausführliche <strong>und</strong> für den deutschen Sprachraum gültige Evaluationsbef<strong>und</strong>e vor.<br />

Eating Disor<strong>der</strong> Examination (EDE)<br />

Das Eating Disor<strong>der</strong> Examination (Fairburn & Cooper, 1993; deutschsprachige Fassung:<br />

Hilbert et al., 2004; Hilbert & Tuschen-Caffier, 2006) ist ein international in Forschung <strong>und</strong><br />

Praxis weit verbreitetes strukturiertes Experteninterview zur Erfassung <strong>der</strong> spezifischen<br />

Psychopathologie von <strong>Essstörungen</strong>. Die bei <strong>Essstörungen</strong> erfasste spezifische<br />

Psychopathologie umfasst Einschränkungen <strong>der</strong> Nahrungsaufnahme, die sich in Fasten,<br />

Schlankheitsdiäten o<strong>der</strong> in einem gezügelten Essverhalten (restrained eating) äußern können.<br />

Parameter eines gezügelten Essverhaltens, zum Beispiel <strong>der</strong> Versuch, über lange Zeitperioden<br />

Nahrungsaufnahme zu vermeiden o<strong>der</strong> Diätregeln zu befolgen, werden im EDE durch die<br />

Restraint Scale (Gezügeltes Essen) erfasst. Weitere Auffälligkeiten im Bereich des Essens wie<br />

eine Konzentrationsbeeinträchtigung aufgr<strong>und</strong> des Nachdenkens über das Essen o<strong>der</strong><br />

Schuldgefühle beim Essen beschreibt die Eating Concern Scale (Essensbezogene Sorgen). Ein<br />

weiteres zentrales Merkmal sind Störungen in <strong>der</strong> Bewertung von Figur <strong>und</strong> Gewicht (Weight<br />

Concern, Shape Concern). Dies äußert sich in einer erhöhten Bedeutung von Figur o<strong>der</strong><br />

Gewicht für das Selbstwertgefühl, in Konzentrationsbeeinträchtigungen aufgr<strong>und</strong> des<br />

Nachdenkens über Figur <strong>und</strong> Gewicht o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Angst, dick(er) zu werden (s. Tabelle 1 im<br />

Anhang).<br />

Neben den Items <strong>der</strong> vier Skalen des EDE erlauben 14 diagnostische Items eine<br />

differenzialdiagnostische Einordnung <strong>der</strong> AN, BN <strong>und</strong> <strong>der</strong> BES nach den Kriterien des des<br />

DSM-IV (mit ergänzenden Items kann nach ICD-10 diagnostiziert werden). Darüber hinaus<br />

können optional mit Hilfe weiterer Items soziodemografische Daten <strong>und</strong> Merkmale <strong>der</strong><br />

Entstehung <strong>und</strong> Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Essproblematik dokumentiert werden. Für die<br />

Durchführung liegen neben einem ausführlich dokumentierten Manual ein Interviewleitfaden,<br />

ein Kodierungs- <strong>und</strong> ein Auswertungsbogen für Subskalenwerte vor (Hilbert & Tuschen-<br />

Caffier, 2006). Bezüglich <strong>der</strong> psychometrischen Gütekriterien liegt die Interrater-Reliabilität<br />

für die Subskalen des EDE zwischen .92 � r � .99 <strong>und</strong> für die Items zwischen .80 � � � 1.00.<br />

Die internen Konsistenzen <strong>der</strong> Subskalen lagen bei .73 � Cronbach � � .86 (Gesamtwert:<br />

� = .93). Die Reliabilität des EDE ist somit insgesamt als hoch zu bezeichnen. Für die<br />

konvergente Validität sprechen hohe Korrelationen zwischen den EDE-Subskalen Shape<br />

Concern <strong>und</strong> Weight Concern <strong>und</strong> Selbstbeurteilungsskalen zum Körperbild. Die EDE-<br />

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