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MENSCHEN & ENGAGEMENT<br />
„HIER WIRD<br />
GELEBT UND<br />
GELACHT,<br />
BIS ZULETZT“<br />
Ja, schallt es unisono und sehr überzeugend durch<br />
den Aufenthaltsraum des Heidenheimer Hospizes<br />
Barbara, fragt man deren Beschäftigte, ob an diesem<br />
Ort viel gelacht wird. „Hier wird gelebt und gelacht,<br />
bis zuletzt“, erklärt die Hospizleiterin Valerie Koch und<br />
ihre Kolleginnen Andrea Pietrantuono und Sabine Speth<br />
stimmen ihr zu. Die Sonne scheint an diesem Nachmittag<br />
Ende Februar von einem wolkenlosen Himmel durch<br />
die großen Fenster des Gebäudes an der Bergstraße und<br />
flutet die Zimmer und Flure mit viel Licht. Das gesamte<br />
Ambiente wirkt großzügig, freundlich und offen, kurz: Es<br />
ist einfach lebenswert. Und doch hat dieses Haus genau<br />
eine Bestimmung: In ihm sterben Menschen.<br />
„Wir begleiten Menschen auf ihrem letzten Weg“, sagt<br />
Valerie Koch und ergänzt: „Dass es der letzte Weg ist,<br />
weiß man aufgrund der Erkrankung und der Diagnose.<br />
Man weiß aber nicht, wie lang dieser Weg ist.“ Die meisten<br />
Gäste – die Bezeichnung Patient wird bewusst nicht<br />
benutzt – verweilen typischerweise zwischen drei Tagen<br />
und drei Wochen. „Wir hatten aber auch schon einen Gast,<br />
der war ein ganzes Jahr hier“, so Koch. In den vier Jahren<br />
seit der Eröffnung 2019 suchten 380 Menschen Sterbebegleitung<br />
im Hospiz Barbara. „Hier darf jeder herkommen“,<br />
so Koch, „wir haben zwar einen kirchlichen Träger, aber<br />
ob muslimisch, christlich oder Atheist, das spielt bei uns<br />
keine Rolle.“ Der Aufenthalt im Hospiz ist kostenlos, 95<br />
Prozent der anfallenden Kosten übernehmen die Krankenkassen,<br />
der Rest finanziert sich über Spenden.<br />
Schmerzfrei sterben –<br />
alle Mitarbeiter des Hospizes Barbara<br />
haben einen Palliativkurs belegt<br />
Wohl nirgendwo wird man mit dem<br />
Lebensende auf so berührende und<br />
aufopfernde Weise konfrontiert wie<br />
in einem Sterbehaus. Ein Besuch im<br />
Heidenheimer Hospiz Barbara.<br />
„Wenn jemand verstirbt, dann bleibt er in der Regel im<br />
Zimmer, bis zu 72 Stunden ist das möglich“, so Koch. Zeit,<br />
in der die Freunde und Familie sich verabschieden können.<br />
„Wir organisieren auch eine kleine Feier, je nachdem,<br />
wie sich die Angehörigen das vorstellen.“ Und natürlich<br />
gibt es im Hospiz auch einen Pfarrer und einen Seelsorger.<br />
Zudem können Sonderwünsche erfüllt werden: „Wir<br />
haben eine ehrenamtliche Mitarbeiterin, die kocht, etwa<br />
wenn jemand noch einmal Lust auf Sauerbraten hat.“ Für<br />
eine letzte Ausflugsfahrt, zum Beispiel in die Berge, steht<br />
ein spezieller Transporter, der sogenannte „Wünschewagen“<br />
zur Verfügung.<br />
Bis zu acht Gäste finden im Hospiz Barbara Platz. Sie<br />
werden von 24 fest angestellten examinierten Pflegekräften,<br />
die von 25 Ehrenamtlichen unterstützt werden,<br />
betreut. „Für uns sind die Ehrenamtlichen unheimlich<br />
wichtig. Ohne sie wäre es hart“, sagt Valerie Koch. „Ein<br />
Hospiz steht und fällt mit dem Ehrenamt.“ Zu deren Tätigkeiten<br />
gehören beispielsweise die Sitzwachen, das heißt,<br />
sie begleiten die Sterbenden in ihren letzten Stunden. „Wir<br />
haben Menschen, die unruhig sind und die ungern alleine<br />
sind. Und wenn dann einfach jemand daneben sitzt, dann<br />
hilft das sehr.“<br />
Diese Ehrenamtlichen sind gut geschult, sie wissen<br />
zum Beispiel auch, wie man eine Handmassage macht.<br />
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SCHLOSSBLICK 2 / 23