procontra Ausgabe 02/2023
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April-Juni 2<strong>02</strong>3 | <strong>Ausgabe</strong> 94 | Jahrgang 17<br />
#<strong>02</strong> • April-Juni 2<strong>02</strong>3<br />
Bestandsbörsen<br />
Welche Pool-Angebote in Sachen<br />
Bestandshandel für Vermittler<br />
attraktive Chancen bieten<br />
Fondsmanagement<br />
Warum der Vergleich zwischen<br />
aktiv und passiv nicht nur unter<br />
dem Kostenaspekt erfolgen sollte<br />
PKV-Beitragsanpassungen<br />
Wie sie den Versicherten trotz<br />
hoher Gewinne der Unternehmen<br />
plausibel erklärt werden können<br />
Betriebliche Vorsorge | Aktiv vs. passiv | BAP in der PKV | Bestandsbörsen der Maklerpools | MVP-Systeme | Kredite für Senioren | Bestandskauf<br />
Betriebe bezirzen<br />
Vorsorgekonzepte, die die Attraktivität<br />
von Firmen nachhaltig steigern
Perfekt für<br />
Ihre Firmenkunden<br />
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Betriebliche Vorsorge<br />
als Chance<br />
Benefits sind neben dem Gehalt die Währung im Wettlauf um Talente. Unser Benefit für Ihre Firmenkunden<br />
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Schutz ohne Gesundheitsprüfung möglich.<br />
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Profitieren Sie von unserer langjährigen Expertise im Firmengeschäft.<br />
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Anmeldung<br />
→ Mehr dazu bei Ihrer persönlichen Maklerbetreuung,<br />
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EDITORIAL | 3<br />
»Den Mittelstand mit Vorsorgekonzepten<br />
rausputzen«<br />
„Der Fachkräftemangel im Mittelstand ist dramatisch“,<br />
betont ein Experte in der Titelstory dieser <strong>Ausgabe</strong><br />
einen Zustand, bei dessen Ursachenforschung es verschiedene<br />
Ansätze gibt. Für Vermittler ist der Ansatz jedoch<br />
glasklar: Für sie stellt dieser Missstand eine riesige Chance<br />
dar, ins Firmenkundengeschäft einzusteigen oder bestehende<br />
Klientel zu aktivieren.<br />
Die Angebotspalette für betriebliche Alters-, Kranken-,<br />
Pflege- oder Arbeitskraftvorsorge wächst dafür stetig und<br />
liefert zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten, um jedes<br />
Unternehmen mit einem passenden Vorsorgekonzept zu<br />
schmücken. Wer es schafft, den Firmenchefs zu vermitteln,<br />
wie wirkungsvoll ein solches Konzept für die Attraktivität<br />
als Arbeitgeber ist, wird den Mittelstand stärken und<br />
enormes Vertriebspotenzial heben.<br />
Ob Unternehmen ihre Attraktivität mit einem bunten<br />
Blumenstrauß an Zusatzleistungen im Bereich der Altersund<br />
Gesundheitsvorsorge so steigern, dass sie damit dem<br />
beschriebenen Missstand begegnen können, ist fraglich.<br />
Aus dem Mangel an Fachkräften ist schließlich längst auch<br />
ein Mangel an Arbeitnehmern insgesamt geworden. Die<br />
Anziehungskraft einer betrieblichen Vorsorge bleibt da bei<br />
der „Balz“ um Mitarbeiter gering.<br />
Und ganz so einfach wie das bekannte Brezelbacken ist<br />
die Beratung zu betrieblichen Vorsorgekonzepten sicher<br />
nicht. Neben der Überzeugungsarbeit beim Chef mit<br />
wenig Zeit und anderen Sorgen bleibt es herausfordernd,<br />
Beratung und laufende Betreuung wirtschaftlich effizient<br />
zu gestalten. Die Versprechen der Tools und Plattformen<br />
dafür sind groß, ihr potenzieller Nutzen aber ebenso.<br />
Liebe Makler, liebe Leser,<br />
die <strong>procontra</strong>-Redaktion wünscht Ihnen<br />
eine aufschlussreiche <strong>Ausgabe</strong>.<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />
@<strong>procontra</strong>online<br />
facebook.com/<strong>procontra</strong><br />
Matthias Hundt<br />
Chefredakteur<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Inhalt April<br />
bis Juni 2<strong>02</strong>3<br />
26 48<br />
8 Starke Thesen Experten,<br />
Interviewpartner und Leser<br />
mit klaren Statements<br />
20 Booster für die Beratung<br />
Gesprächsaufhänger und<br />
Neues für Ihre Produktpalette<br />
Investmentfonds<br />
26 »Wir haben die Dynamik der<br />
Inflation unterschätzt«<br />
Flossbach von Storch im<br />
aktuellen Investmenttalk<br />
30 Intelligente Beimischung?!<br />
ChatGPT und andere künstliche<br />
Intelligenz wecken<br />
Kursfantasien<br />
32 Auf der Suche nach Rendite<br />
Wer aktive und passive Fonds<br />
gegenüberstellt, sollte nicht<br />
nur die Kosten betrachten<br />
36 Dividendenflut fürs Depot<br />
Eine neue Rekordsaison an<br />
Ausschüttungen steht bevor –<br />
mit welcher Strategie Anleger<br />
partizipieren können<br />
Titel<br />
12<br />
Mit Fürsorge in die Betriebe<br />
Beim Werben um Mitarbeiter können<br />
Vermittler ihre Firmenkunden<br />
mit einem Konzept zur ganzheitlichen<br />
betrieblichen Vorsorge ausstatten<br />
und sie im Kampf um Fachkräfte<br />
rausputzen.<br />
»Bei betrieblichen<br />
Benefits fehlt vielen<br />
Unternehmen aufgrund<br />
der Komplexität<br />
ein klarer Fahrplan.«<br />
Florian Dismann<br />
Finanzmakler Bodensee Konzept<br />
Versicherungen<br />
40 »Der Markt braucht einen<br />
unabhängigen Vergleicher«<br />
Matthias Brauch im Interview<br />
über die Entwicklung eines<br />
neuen Vergleichsrechners<br />
42 BAP trotz Gewinnen?!<br />
Die PKV blickt auf stolze Gewinnquoten.<br />
Warum Beitragssprünge<br />
dennoch vorkommen<br />
46 Bürgerrente statt Riester-<br />
Reform? GDV und BVK sind<br />
geteilter Meinung<br />
48 Inflationäre Gefahr Wie trotz<br />
Inflation Unterversicherung<br />
und Kurzschlusshandlungen<br />
vermieden werden<br />
52 Die Kür kommt vor der Pflicht<br />
Bevor Selbstständige zur<br />
Vorsorge gezwungen werden,<br />
liefert die Basisrente neue<br />
Argumente<br />
54 »Vertragsrechtsschutz nur<br />
schwer kalkulierbar« Franke<br />
und Bornberg erklärt das neue<br />
Rechtsschutz-Rating<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Impressum<br />
Verlag und Redaktion<br />
Alsterspree Verlag GmbH<br />
Firmensitz: Großer Burstah 50–52, 20457 Hamburg<br />
Postanschrift:<br />
Kurfürstendamm 173/174, 10707 Berlin<br />
Telefon: +49 (0 30) 232 56 27 00<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />
Herausgeber Philipp B. Siebert<br />
Chefredakteur Matthias Hundt<br />
Art Director Niels Flender<br />
68 82<br />
Layout und Infografik Sabine Müller<br />
Bildredaktion Roman Kulon, Eleonora Mavromati<br />
Berater<br />
62 »Der Hebel in Sachen<br />
Finanzbildung ist nicht<br />
groß« Matthias Beenken über<br />
das Zusammenspiel zwischen<br />
aufgeklärten Kunden und<br />
Erfolg<br />
64 So ist’s Recht Urteile, die<br />
Makler kennen sollten<br />
66 »Ich wünsche mir mehr<br />
Fingerspitzengefühl« Makler<br />
Patrick Hamacher wirbt für<br />
mehr Empathie in der Branche<br />
68 Bestandskarussell dreht sich<br />
Pools forcieren ihr Engagement<br />
auf dem Börsenparkett<br />
für Bestände<br />
72 Ich packe meinen<br />
Notfallkoffer Warum Makler<br />
einen Plan für ihre Hinterbliebenen<br />
vorweisen sollten<br />
76 Wechsel mit Hürden Wer ein<br />
neues Maklerverwaltungsprogramm<br />
sucht, muss einige<br />
Vorbereitungen treffen<br />
Sachwerte<br />
82 »Die richtige Summe<br />
wählen« Warum Bausparen<br />
wieder boomt und wo es<br />
Beratungsbedarf gibt<br />
84 Solvent und würdig<br />
Senioren als Kreditnehmer<br />
bergen Potenzial und bekommen<br />
Top-Konditionen<br />
88 Drei, zwei, eins – meins!<br />
Zwangsversteigerungen<br />
werden häufiger. Was bei<br />
Auktionen zu beachten ist<br />
Rubriken<br />
3 Editorial<br />
5 Impressum<br />
6 Personen- und<br />
Firmenverzeichnis<br />
90 »Ich starte den Tag mit<br />
100–150 Liegestützen«<br />
Klaus Hermann, Geschäftsführer<br />
KH Versicherungen,<br />
von seiner privaten Seite<br />
Lektorat TextSchleiferei.de<br />
Textbeiträge Mailin Bartknecht, Florian Burghardt,<br />
Carla Fritz, Matthias Hundt, Christina Keppel, Mandy<br />
Lange, Oliver Lepold, Dr. Hans-Jörg Naumer, Hannah<br />
Petersohn, Imke Reiher, Uwe Schmidt-Kasparek,<br />
Stefan Terliesner, Martin Thaler, Jan Wagner, Anne<br />
Mareile Walter<br />
Coverillustration Roman Kulon<br />
Anzeigenberatung Nadin Korte<br />
n.korte@alsterspree.de, +49 (0)40 6 07 71 29 24<br />
Anzeigendisposition<br />
Sabine Müller, s.mueller@alsterspree.de<br />
Verlagsgeschäftsführer<br />
Philipp B. Siebert, Tilman J. Freyenhagen<br />
Verantwortlich für diese <strong>Ausgabe</strong><br />
i. S. d. P. Matthias Hundt<br />
Druckerei MÖLLER PRO MEDIA® GmbH<br />
Zeppelinstraße 6, 16356 Ahrensfelde,<br />
www.moellerdruck.de<br />
Leserservice<br />
leserbetreuung@<strong>procontra</strong>-online.de<br />
Abonnement<br />
abo@<strong>procontra</strong>-online.de<br />
Heftpreis: 4,80 Euro<br />
Jahresabonnement: 20 Euro für sechs <strong>Ausgabe</strong>n<br />
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© 2<strong>02</strong>3 für alle Beiträge bei Alsterspree Verlag<br />
GmbH. Nachdruck, Aufnahme in Onlinedienste sowie<br />
Vervielfältigung auf Datenträger nur nach vorheriger<br />
schriftlicher Zustimmung.<br />
Hinweis Den Artikeln, Empfehlungen, Charts, Tabellen<br />
und Diagrammen liegen Informationen zugrunde,<br />
die die Redaktion für verlässlich hält. Trotz sorgfältiger<br />
Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit<br />
des Inhalts keine Haftung übernommen werden. Die<br />
in <strong>procontra</strong> gemachten Angaben dienen der Unterrichtung<br />
und sind keine Aufforderung zum Kauf oder<br />
Verkauf von Wertpapieren.<br />
Für Mitglieder der nachfolgend aufgeführten Verbände<br />
ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten:<br />
AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V.<br />
Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen<br />
in Europa e. V.<br />
Unser Druck ist zu 100 % klimaneutral. Der Innenteil<br />
wird auf 100 % Recyclingpapier gedruckt.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
6 | PANORAMA Personen- und Unternehmensverzeichnis<br />
Index<br />
Personen- und Unternehmensverzeichnis<br />
UNTERNEHMEN<br />
Allianz____9, 14, 18, 21, 31, 36 f., 49<br />
Alphabet____________________ 30 f.<br />
Alte Leipziger__________________ 19<br />
Alte Oldenburger______________ 43<br />
Amazon_______________________ 31<br />
Amexpool_____________________ 70<br />
Aon____________________________ 14<br />
Arag___________________________ 18<br />
Argetra________________________ 89<br />
artBase!_______________________ 77<br />
Assekurata________________ 39, 43<br />
assfinet_______________________ 77<br />
Axa___________________________21 f.<br />
Azure__________________________ 31<br />
Baidu__________________________ 30<br />
Bain Capital___________________ 69<br />
Barmenia______________________ 20<br />
BASF__________________________ 37<br />
BCA______________________ 15, 70 f.<br />
Berkshire Hathaway___________ 36<br />
bessergrün____________________ 21<br />
blau direkt__________________41, 79<br />
BMW__________________________ 37<br />
Central________________________ 43<br />
Check24_________________22, 84 ff.<br />
CoDie software products______ 78<br />
Comparit____________________ 40 f.<br />
Continentale__________________ 21<br />
DekaBank_____________________ 36<br />
Deloitte_______________________ 15<br />
DEMV_______________________ 77 f.<br />
Deutsche Telekom_____________ 37<br />
deutsche-versicherungsboerse.de__ 76<br />
Diepenbrock VM_______________ 77<br />
DJE Kapital____________________ 37<br />
DKV___________________________ 43<br />
Dr. Klein___________________ 82, 85<br />
DWS___________________________ 20<br />
E+S Rück______________________ 49<br />
Elmos Semiconductor_________ 31<br />
Finanzmakler Bodensee Konzept___ 14<br />
Flossbach von Storch____ 26 ff., 37<br />
Fonds Finanz________40, 68 ff., 77<br />
Fondskonzept_________________ 70<br />
Fondsnet______________________ 70<br />
Formaxx_______________________ 14<br />
forsa__________________________ 61<br />
Franke und Bornberg______ 40, 54<br />
Generali_______________________ 43<br />
GEV___________________________ 21<br />
Gothaer______ 14, 16, 18, 21, 49, 61<br />
Great West____________________ 69<br />
Habona Invest_________________ 21<br />
Hallesche______________________ 18<br />
Hamacher VM_________________ 66<br />
Hays___________________________ 14<br />
Hg Capital_____________________ 69<br />
Huk-Coburg___________________ 21<br />
IBM___________________________ 31<br />
Incon__________________________ 78<br />
infas quo______________________ 16<br />
Inno Invest____________________ 21<br />
IVFP___________________________ 18<br />
Janus Henderson______________ 36<br />
Jung, DMS & Cie.___ 15, 40, 69, 79<br />
KH Versicherungen____________90<br />
LFDE__________________________ 30<br />
LKH___________________________ 43<br />
LVM___________________________ 43<br />
Maxpool__________________ 41, 69 f.<br />
Mercedes-Benz________________ 37<br />
Meta__________________________ 31<br />
Microsoft____________________ 30 f.<br />
Monega_______________________ 31<br />
Morgen & Morgen_____________40<br />
Morningstar___________________ 33<br />
Nestlé_________________________ 36<br />
Netfonds___________________41, 69<br />
Network Box_________________17, 21<br />
Norisbank_____________________ 86<br />
Novosys EDV__________________ 77<br />
Nürnberger_____________________ 9<br />
Nvidia_________________________ 31<br />
On Semiconductor____________ 31<br />
OpenAI________________________ 30<br />
Qualitypool____________________ 70<br />
Quirin_________________________ 22<br />
R+V___________________________ 43<br />
Reckitt Benckiser______________ 36<br />
Resultate Institut____________ 70 f.<br />
Sachpool______________________ 70<br />
Scope____________________25, 33 f.<br />
SDK___________________________ 18<br />
Simon-Kucher_________________ 49<br />
softfair________________________40<br />
Summitas_____________________ 69<br />
Swiss Life__________________ 18, 40<br />
Tesla__________________________ 31<br />
Union _________________________ 43<br />
uniVersa___________________ 20, 43<br />
V.E.R.S. Leipzig________________ 43<br />
Vanguard_______________________ 8<br />
Verivox_____________________ 84 ff.<br />
Versdirekt_____________________ 77<br />
Versicherungsforen Leipzig____ 15<br />
vfm_________________________77, 79<br />
VGH___________________________ 21<br />
VHV___________________________ 49<br />
Volkswagen____________________ 37<br />
Württembergische_____________ 43<br />
Xempus______________________14 f.<br />
ZEB___________________________ 22<br />
Zurich_________________________ 64<br />
PERSONEN<br />
Allesch, Karsten_______________ 78<br />
Ansari, Dariush________________ 17<br />
Asmussen, Jörg________________ 46<br />
Bargfried, Matti_______________ 78<br />
Barquero da Silva, Luis Miguel_ 15<br />
Bastian, Michael_______________ 18<br />
Beenken, Matthias___________ 62 f.<br />
Brauch, Matthias____________ 40 f.<br />
Breustedt, Lars________________ 14<br />
Cebi, Abdulkadir_______________ 43<br />
de Vries, Jörg__________________ 36<br />
Diepenbrock, Thomas__________ 77<br />
Dismann, Florian___________ 14, 16<br />
Ehrhardt, Jan__________________ 37<br />
Eich, Holger___________________ 16<br />
Gehring, Frank_________________ 49<br />
Gerdes, Fabrice________________ 21<br />
Grabmaier, Sebastian__15, 69, 71, 79<br />
Grandi, Rolando_____________ 30 f.<br />
Grimm, Andreas_____________ 70 f.<br />
Hager, Mike____________________ 67<br />
Hahn, Katharina_______________ 14<br />
Hamacher, Patrick_____________ 66<br />
Heidekamp, Bert____________ 52 f.<br />
Heilenkötter, Hannes__________ 79<br />
Heinz, Michael H.____________ 46 f.<br />
Hermann, Klaus_______________90<br />
Hey, Thomas___________________ 13<br />
Immenkötter, Philipp__________ 37<br />
Jürgens, Kevin_______________ 69 f.<br />
Kieper, Oliver_______________69, 71<br />
Koch, Florian________________ 33 f.<br />
Langenberg, Britta_____________ 64<br />
Leipziger, Sabine_______________ 78<br />
Markovic-Sobau, Alexandra____ 18<br />
Matschke, Jens________________ 78<br />
Mayer, Brigitte_______________ 52 f.<br />
Monke, Christian____________ 54 f.<br />
Müller, Frank__________________ 21<br />
Nadella, Satya_________________ 30<br />
Naumer, Hans-Jörg__________9, 37<br />
Papaspyratos, Constantin____ 43 f.<br />
Porazik, Norbert_______________ 68<br />
Potempa, Daniel_______________ 85<br />
Putin, Wladimir________________90<br />
Radtke, Dörte_________________ 43<br />
Raffelhüschen, Bernd__________ 10<br />
Rindermann, Marc_____________ 77<br />
Ruesch, Walter________________ 89<br />
Sattler, Matthias_______________ 19<br />
Schafföner, Tobias__________ 26 ff.<br />
Schallmayer, Joachim__________ 36<br />
Scherer, Hermann_____________ 67<br />
Schmidt, Peter_______________ 72 f.<br />
Schmidt-Gallas, Dirk___________ 49<br />
Schneidemann, Herbert_______ 50<br />
Schünemann, Rolf_____________ 71<br />
Sommerer, Stefan_____________ 77<br />
Thomas, Sebastian____________ 31<br />
Trenton, Nick__________________ 67<br />
Wagner, Natalie_____________ 82 f.<br />
Wirth, Norman_________73 f., 88 f.<br />
Wolf, Manuela_________________ 15<br />
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<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
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8 | PANORAMA Meinungsmacher<br />
Starke Thesen<br />
Experten, Interviewpartner und <strong>procontra</strong>-Leser mit klaren Meinungen<br />
»Der Vertragsrechtsschutz ist<br />
das größte Risiko in der gewerblichen<br />
Rechtsschutzversicherung<br />
und für die Gesellschaften<br />
nur schwer kalkulierbar.«<br />
Christian Monke, Analyst von Franke und Bornberg,<br />
blickt auf den gewerblichen Rechtsschutz<br />
und meint, dass vor allem der Vertragsrechtsschutz<br />
schwierig darstellbar sei. Daher scheue die Branche<br />
eine vorbehaltlose Abdeckung.<br />
Das Interview auf Seite 54<br />
»Entscheidend für den<br />
Erfolg eines betrieblichen<br />
Vorsorgekonzepts<br />
ist nicht das Produkt,<br />
sondern die zu erwartende<br />
Betreuung<br />
nach Einführung.«<br />
Lars Breustedt, Vorstand des Finanzberaters<br />
Formaxx, über Ängste vor zu viel Administration,<br />
die Situation insbesondere im Mittelstand und<br />
darüber, wie Vermittler mit einem Konzept zur<br />
betrieblichen Vorsorge helfen können<br />
Mehr dazu ab Seite 12<br />
»Es ist nicht Aufgabe des Vermittlers,<br />
eine finanzielle Allgemeinbildung<br />
bei den Kunden herzustellen.«<br />
Prof. Matthias Beenken sieht Vermittler eher in der Rolle, fehlendes<br />
Wissen zu ergänzen. Hauptquelle Nummer eins – gerade für jüngere Kunden<br />
– sei ohnehin das Internet.<br />
Das Interview auf Seite 62<br />
Vanguard befürwortet Provisionsverbot<br />
Vielleicht hat Vanguard auf die Schnelle vergessen, dass ihre Fonds<br />
auch in fondsgebundenen Rentenversicherungen eingesetzt werden,<br />
die in der Regel eine Beratung benötigen? Diese muss auch entlohnt<br />
werden können, zweitrangig, ob durch Honorar oder Provision!<br />
Andreas Billmeyer, via LinkedIn<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Meinungsmacher PANORAMA | 9<br />
»Mehr Finanzbildung wagen«<br />
Finanzielle Bildung kann einen entscheidenden<br />
Beitrag zur Chancengleichheit leisten, indem sie<br />
Menschen unabhängiger von ihrer sozialen Herkunft<br />
und ihrem Bildungsstand macht. Insbesondere für<br />
Kinder und Jugendliche kann finanzielle Bildung<br />
dazu beitragen, frühzeitig ein Verständnis für den<br />
Wert von Geld und den Umgang damit zu entwickeln<br />
und so später im Leben finanzielle Herausforderungen<br />
besser meistern zu können – auch im<br />
Hinblick auf Altersarmut. Um das hier vorhandene<br />
Defizit abzubauen, ist es notwendig, dass die<br />
gesamte Finanzbranche, Bildungseinrichtungen<br />
und Politik eine größere Rolle bei der Förderung der<br />
finanziellen Bildung spielen.<br />
Kros So, via Facebook<br />
Kolumne<br />
Dr. Hans-Jörg Naumer<br />
leitet Global Capital Markets &<br />
Thematic Research von Allianz<br />
Global Investors<br />
»Stabilität in<br />
unruhigen Zeiten«<br />
»Die DAX-Konzerne haben<br />
2<strong>02</strong>2 so viel Geld verdient<br />
wie noch nie.«<br />
Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte bei der<br />
DekaBank, berichtet über die Dividendensaison 2<strong>02</strong>3<br />
und was von den DAX-Konzernen zu erwarten ist.<br />
Mehr dazu auf Seite 36<br />
»Ganzheitliche Beratung?«<br />
Grundsätzlich wird im Exklusivvertrieb der Versicherer<br />
spannend, wie der wachsende Trend zur<br />
Fokussierung (und somit aktiven Steuerung) auf<br />
bestimmte Geschäfts- und Produktsegmente mit<br />
dem gleichzeitig steigenden Anspruch auf ganzheitliche<br />
Kundenberatung in Einklang gebracht werden<br />
kann. Das wird wohl ohne jeden Zweifel der Vorteil<br />
der ungebundenen Vermittler bleiben (Anm. d. Red.:<br />
Reaktion auf den Plan der Nürnberger Versicherung,<br />
ihre AO bis 2030 zu verdoppeln).<br />
Andreas Kötterheinrich, via LinkedIn<br />
Unruhige Zeiten – Krieg in Europa, eine Pandemie, Energiepreise<br />
mit großen Ausreißern nach oben, dazu die Erkenntnis:<br />
Die Inflation ist wieder da, und sie ist gekommen, um<br />
zu bleiben. Eine zu erwartende höhere Inflation heißt aber,<br />
dass der strategische Anteil von Aktien im Portfolio<br />
überprüft und gegebenenfalls erhöht werden sollte. Das<br />
rückt auch Dividenden in den Fokus. Unsere jüngste<br />
Dividendenstudie zeigt dabei, dass die Ausschüttungspolitik<br />
der Unternehmen längst wieder in der Normalität<br />
angekommen ist. 2<strong>02</strong>3 können sich die Anleger in Europa<br />
auf einen Dividendenregen von voraussichtlich 387<br />
Milliarden Euro freuen. Auch der Beitrag von Dividenden<br />
zur Gesamtrendite von Aktien darf nicht unterschätzt<br />
werden. Bezogen auf die annualisierte Rendite über<br />
Anlagezeiträume von fünf Jahren von 1978 bis Ende 2<strong>02</strong>2<br />
konnten Dividenden auch Phasen mit Kursverlusten<br />
zumindest teilweise kompensieren. Über den gesamten<br />
Zeitraum wurde die annualisierte Gesamtrendite der<br />
Aktienanlage für den MSCI Europa zu ungefähr 35 Prozent<br />
durch den Performancebeitrag der Dividenden getragen.<br />
Doch nicht nur diese können für mehr Renditestabilität bei<br />
Aktieninvestments sorgen. Die Dividenden selbst schwanken<br />
im Allgemeinen weniger als die Konzerngewinne. Auch<br />
schwankten Aktienkurse von Unternehmen, die eine<br />
Dividende zahlten, im Schnitt weniger als von solchen, die<br />
keine Dividende ausschütteten. Hier ist zu berücksichtigen,<br />
dass der Anteil der Nichtzahler in den betrachteten Indizes<br />
über die Zeit trendmäßig abgenommen hat. Dividenden<br />
können vielleicht nicht jedem Sturm standhalten, sie<br />
können jedoch ein Maß an Verlässlichkeit aufzeigen, was<br />
gerade in unruhigen Zeiten sehr willkommen ist. Dabei<br />
leisten sie einen großen Beitrag zur Gesamtrendite.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
10 | PANORAMA Meinungsmacher<br />
Selbstbehalte<br />
Sollen GKV-Versicherte einen Eigenanteil an<br />
den Behandlungskosten zahlen?<br />
»Das Jahrzehnt des<br />
Betreuerwechsels hat<br />
begonnen.«<br />
Oliver Kieper, Vorstand Versicherungen der<br />
Netfonds Gruppe, über die wachsende Dynamik<br />
der Bestandsbörsen, die insbesondere<br />
auch von und durch Pools betrieben werden<br />
Mehr dazu auf Seite 68<br />
Um die Finanzierungslücke in<br />
der GKV zu schließen, forderte<br />
der Ökonom Bernd Raffelhüschen<br />
eine Selbstbeteiligung<br />
von 2.000 Euro von jedem Versicherten.<br />
Bei den <strong>procontra</strong>-Lesern<br />
trifft der Vorschlag auf eine<br />
knappe Mehrheit. 53 Prozent<br />
finden: Das ist eine „gute Idee“.<br />
43<br />
Auf keinen Fall<br />
5<br />
52<br />
Gute Idee<br />
<br />
Quelle: <strong>procontra</strong><br />
»Private Kassen abschaffen«<br />
Da hätte ich noch einen Vorschlag: Alle privaten<br />
Kassen abschaffen und jeder zahlt in die gesetzliche<br />
Krankenversicherung ein, auch der Herr<br />
Raffelhüschen.<br />
Joachim Schneider, via Facebook<br />
»Zwangsversteigerungen<br />
werden in diesem und im<br />
kommenden Jahr zunehmen.«<br />
Walter Ruesch, Geschäftsführer des Argetra Verlags für Wirtschaftsinformationen,<br />
erwartet eine Zunahme überschuldeter Haushalte und<br />
privater Insolvenzen. In der Folge müssten auch immer mehr Immobilienobjekte<br />
notgedrungen veräußert werden.<br />
Mehr dazu auf Seite 88<br />
»Unfassbar«<br />
Nach zehn Jahren Erfahrung zieht<br />
selbst GB eine sehr gemischte Bilanz<br />
zum Provisionsverbot. Und nun<br />
möchte gerade eine britische EU-<br />
Kommissarin im EU-Parlament diese<br />
Lösung in Europa manifestieren,<br />
und das auf Basis einer einzigen,<br />
noch dazu fehlerhaften Studie. Verbraucher<br />
und Branchenmeinungen<br />
werden nachhaltig negiert. Unfassbar,<br />
was da in Brüssel an Schaden<br />
für Verbraucher und die gesamte<br />
Branche angerichtet werden soll.<br />
Holm Diez, via LinkedIn<br />
»Jeder, der irgendwann eine Immobilie<br />
haben möchte oder bereits eine<br />
hat, kann Bausparen für sich nutzen.«<br />
Natalie Wagner, Spezialistin für Baufinanzierung beim Finanzierungsvermittler<br />
Dr. Klein, blickt auf eine deutlich gestiegene<br />
Nachfrage nach Bausparverträgen. Im Interview verrät sie,<br />
wann der Bausparer das Mittel der Wahl ist und warum sie<br />
ihn schon immer empfohlen hat.<br />
Mehr dazu auf Seite 82<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Meinungsmacher PANORAMA | 11<br />
»Rürup-Produkte<br />
stecken durch die<br />
strengen gesetzlichen<br />
Rahmenbedingungen in<br />
einem engen Korsett –<br />
insbesondere was<br />
Verfügbarkeit betrifft.«<br />
Brigitte Mayer von der Verbraucherzentrale Hessen<br />
erwähnt damit einen Punkt, der ihrer Ansicht nach<br />
vielen Sparern gar nicht bewusst ist. Sie blickt auf die<br />
Möglichkeiten zur Altersvorsorge für Selbstständige<br />
und einen aktuellen Aufhänger für die Beratung.<br />
Mehr dazu auf Seite 52<br />
»Geringerer Lebensstandard«<br />
Die mittlere Generation erfasst das Problem (Anm.<br />
d. Red.: deutlich geringerer Lebensstandard im Alter<br />
bei lediglich gesetzlicher Rente) gerade erst theoretisch.<br />
Praktisch vorgesorgt wird von einer Minderheit.<br />
Muss man sich ja auch leisten können.<br />
Andreas Riesebeck, via Facebook<br />
GESUNDHEITSRISIKEN PRÜFEN?<br />
SCHRECKLICH<br />
LEICHT.<br />
»Der Rückenwind,<br />
den Aktien jahrelang<br />
bewertungsseitig dank<br />
der niedrigen Zinsen<br />
hatten – der ist weg.«<br />
Tobias Schafföner, Head of Multi-Asset bei Flossbach<br />
von Storch, im Investmenttalk bei <strong>procontra</strong>. Wie verlässlich<br />
waren Absolute-Return-Strategien im Krisenjahr<br />
2<strong>02</strong>2 und was kommt 2<strong>02</strong>3 auf die Märkte zu?<br />
Mehr dazu auf Seite 26<br />
Dank automatisierter<br />
Risikoprüfung bei der LV 1871.<br />
MEHR ENTDECKEN:<br />
lv1871.de/partnerservice<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
12 | TITELTHEMA Betriebliche Vorsorge<br />
Mit Fürsorge in die Betriebe<br />
Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen – vor allem auf Mitarbeiterebene.<br />
Wie Vermittler dafür ein attraktives Konzept zur betrieblichen Vorsorge schnüren, was in<br />
der Betreuung zu beachten ist und was die Belegschaft als wirkliche Fürsorge empfindet<br />
ST STEFAN TERLIESNER MH MATTHIAS HUNDT<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Betriebliche Vorsorge TITELTHEMA | 13<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
Wie Unternehmen betriebliche Zusatzleistungen implementieren können<br />
Welche Zuschüsse als Wertschätzung wahrgenommen werden<br />
Warum eine Gesamtlösung für Mitarbeiter den größten Mehrwert liefert<br />
Der Fachkräftemangel wirkt als Begriff mitunter<br />
schon überstrapaziert. Überall hört man davon,<br />
überall scheint er ein Dauerzustand, der kaum zu<br />
ändern ist bzw. sich von allein regeln wird. Doch<br />
aus dem Mangel an Fachkräften ist längst ein<br />
Mangel an Arbeitskräften insgesamt und eines<br />
der größten Unternehmensrisiken geworden. Die<br />
Gefahr, allein aufgrund fehlender Wo-Manpower<br />
zu scheitern, betrifft vor allem den Mittelstand.<br />
Im Wettbewerb um Arbeitskräfte können Vermittler<br />
unterstützen, die Betriebe mit einem<br />
stimmigen Gesamtkonzept zur betrieblichen Vorsorge<br />
„rauszuputzen“, damit diese bei der Wahl<br />
des Arbeitgebers von potenziellen Interessenten<br />
den entscheidenden Zuschlag bekommen. Denn<br />
dieser hängt immer weniger nur vom Lohnstreifen<br />
ab – die Belegschaft wünscht sich ein attraktives<br />
Gesamtpaket von ihrem Arbeitgeber.<br />
Betriebliche Zusatzleistungen zum Gehalt wie<br />
Altersvorsorge (bAV), Krankenversicherung<br />
(bKV) und Arbeitskraftabsicherung (bAKS) sind<br />
ein echtes Plus im Wettbewerb um die besten<br />
Fachkräfte. „Diese Produkte sind hervorragend<br />
geeignet, um Mitarbeiter anzuwerben und an<br />
sich zu binden“, sagt Thomas Hey, stellvertretender<br />
Vorsitzender der Kommission Arbeit<br />
und Soziales beim Mittelstandsverband BVMW,<br />
gegenüber <strong>procontra</strong>. Der Grund ist klar: Mit diesem<br />
Angebot präsentiert sich ein Unternehmen<br />
als fürsorglicher Arbeitgeber und jeder seiner<br />
Mitarbeiter spürt: „Mein Chef kümmert sich um<br />
mich.“ Das kommt gut an.<br />
Mittelstand aufpeppen<br />
Der Bedarf daran ist riesig. Laut einer Umfrage<br />
der Deutschen Industrie- und Handelskammer<br />
haben 53 Prozent der befragten Betriebe Schwierigkeiten<br />
bei der Stellenbesetzung – ein Rekordwert.<br />
„Der Fachkräftemangel im Mittelstand<br />
ist dramatisch“, betont Hey (siehe Grafik). Im<br />
Gegensatz zu Großkonzernen mit ihren bekannten<br />
Namen, ihren zahlreichen Möglichkeiten der<br />
Karriereförderung und ausgeklügelten Benefit-<br />
Systemen hätten es kleine und mittlere Unternehmen<br />
schwerer, qualifizierte Mitarbeiter für<br />
sich zu begeistern. Aber auch jeder Mittelständler<br />
könne ein zu seinem Bedarf passendes Vorsorgemodell<br />
entwickeln lassen und damit im „War of<br />
Talents“ nicht nur mit den Großen mithalten,<br />
sondern obsiegen.<br />
Im Bereich der bAV etwa gebe es gut einsetzbare<br />
Baukastenmodelle. Mit der Einrichtung sei es<br />
Fachkräftemangel im<br />
verarbeitenden Gewerbe<br />
Datenverarbeitungsgeräte 59,5<br />
Herstellung von Metallerzeugnissen 48,5<br />
Maschinenbau 45,3<br />
Druckerzeugnisse; Ton-, Bild- und Datenträger 44,2<br />
Herstellung von Kraftwagen und -teilen 41,3<br />
Herstellung elektrischer Ausrüstungen 39,9<br />
Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren 39,0<br />
Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln 38,5<br />
Holzgewerbe 31,6<br />
Glasindustrie 27,3<br />
Herstellung von Papier, Pappe und Waren daraus 25,5<br />
Metallerzeugung und -bearbeitung 23,6<br />
Herstellung chemischer Erzeugnisse 16,4<br />
ifo-Konjunkturumfragen, Januar 2<strong>02</strong>3, Anteil der Unternehmen in %<br />
Quelle: ifo Institut<br />
Illustration: Roman Kulon
14 | TITELTHEMA Betriebliche Vorsorge<br />
aber nicht getan. Aus Sicht eines<br />
Mittelständlers entscheidend sei die<br />
professionelle Betreuung danach. Es<br />
bedürfe eines Dienstleisters, der das<br />
Vorsorgesystem „up to date“ halte. Das<br />
sei heute viel zu selten der Fall. Und<br />
dies sei ein wichtiger Grund, weshalb<br />
viele kleine und mittlere Unternehmen<br />
keine Vorsorge anbieten.<br />
Ohne Betreuung<br />
keine Umsetzung<br />
So sieht das auch Florian Dismann,<br />
Geschäftsführer von Finanzmakler<br />
Bodensee Konzept: „Dass Benefits angeboten<br />
werden müssen, um auf dem<br />
Arbeitsmarkt nicht den Anschluss zu<br />
verlieren, wissen die Unternehmen.<br />
Ihnen fehlt aufgrund der Komplexität<br />
jedoch ein klarer Fahrplan.“ Lars<br />
Breustedt, Vorstand des Finanzberaters<br />
Formaxx, ergänzt: „Ängste vor zu<br />
viel Administration müssen abgebaut<br />
werden. Entscheidend für eine Umsetzung<br />
sind nicht nur das Konzept<br />
und das Produkt, sondern vor allem<br />
die zu erwartende Betreuung nach<br />
Einführung der betrieblichen Vorsorge.“<br />
Hier liegt die Chance für Makler. In<br />
der Kommunikation mit dem Arbeitgeber<br />
sollten sie deutlich machen,<br />
dass sie ihm und allen Mitarbeitern<br />
auch nach der Einrichtung einer betrieblichen<br />
Vorsorge mit Rat und Tat<br />
zur Seite stehen. „Es braucht den Profi,<br />
der die Aufgabe managt“, betont<br />
Hey. Das könne jemand im Unternehmen<br />
sein oder – was bei kleineren<br />
Mittelständlern effizienter erscheine<br />
– ein externer Dienstleister.<br />
Benefits bekannt machen<br />
Ihren Betreuungsdienst anzubieten<br />
und zu erklären, ist eine wichtige Aufgabe<br />
von Maklern. Natürlich müssen<br />
sie dabei nicht nur die Interessen<br />
des Arbeitgebers berücksichtigen,<br />
sondern ebenso die Bedürfnisse der<br />
53 %<br />
der Betriebe sind von<br />
Personalengpässen betroffen<br />
Quelle: DIHK-Fachkräftereport<br />
Arbeitnehmer. Jene kommen auch in<br />
Vorstellungsgesprächen zur Sprache.<br />
In Zeiten des Fachkräftemangels<br />
sollte ein Arbeitgeber daher bereits<br />
an dieser Stelle sein betriebliches<br />
Vorsorgemodell erläutern – oder eben<br />
von einem Makler erklären lassen.<br />
Hierauf weist Katharina Hahn von<br />
der internationalen Personalberatung<br />
Hays hin: „Die Bewerber müssen<br />
wissen, welche Benefits zur Verfügung<br />
stehen.“ Studien belegten, dass<br />
insbesondere die bAV ein wichtiges<br />
Motiv bei der Entscheidung für einen<br />
Arbeitgeber sei.<br />
Laut einer Umfrage des Maklers Aon<br />
unter jüngeren Bewerbern ist für<br />
»Entscheidend<br />
ist die Betreuung nach<br />
Einführung der betrieblichen<br />
Vorsorge.«<br />
Lars Breustedt<br />
Vorstand des<br />
Finanzberaters Formaxx<br />
77 Prozent eine Betriebsrente sehr<br />
wichtig bzw. eher wichtig. Gleichzeitig<br />
wünschten die 18- bis 35-jährigen in<br />
einem persönlichen Gespräch über<br />
das Angebot informiert zu werden.<br />
Daher sollten Makler einem Arbeitgeberkunden<br />
anbieten, bereits einem<br />
Bewerber das Vorsorgemodell zu<br />
erklären, und zwar über das passende<br />
Medium, also vis-à-vis oder per Video-<br />
Chat – je nachdem, ob und wie es der<br />
Kandidat wünscht.<br />
Persönlich und digital<br />
Erst im weiteren Verlauf sind dann<br />
digitale Tools unerlässlich. Über<br />
Portale lässt sich der Aufwand für<br />
alle Beteiligten minimieren, und<br />
über eine App können Arbeitnehmer<br />
den Stand ihrer Betriebsrente und<br />
Hochrechnungen abrufen. Ohnehin<br />
sollten Makler einem Arbeitgeber und<br />
seinen Mitarbeitern klarmachen: Der<br />
technische Fortschritt war in den vergangenen<br />
rund fünf Jahren so rasch,<br />
dass die zugegebenermaßen komplexe<br />
Verwaltung von Vorsorgeverträgen<br />
heutzutage auf effiziente Weise zu bewerkstelligen<br />
ist. Anwender müssen<br />
nicht einmal mehr Software installieren.<br />
Stattdessen nutzen Unternehmen,<br />
Arbeitnehmer und Vermittler<br />
internetbasierte Lösungen, die eine<br />
schnelle und automatisierte Abwicklung<br />
der Verwaltung ebenso ermöglichen<br />
wie Prognoserechnungen und<br />
gesetzeskonformes Meldewesen.<br />
Neben speziellen Onlineangeboten<br />
von Versicherern wie Allianz (Firmen-<br />
Online) und Gothaer (bAV-Cockpit)<br />
gibt es unabhängige Software-as-a-<br />
Service-Plattformen (siehe Tabelle<br />
Seite 16). Xempus zum Beispiel vernetzt<br />
alle Beteiligten in der betrieblichen<br />
Vorsorge. Für Arbeitnehmer<br />
werden bAV und bKV verständlich.<br />
Arbeitgeber informieren und verwalten<br />
online. Vermittler beraten digital<br />
bis zum Abschluss. Und Versicherer<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Betriebliche Vorsorge TITELTHEMA | 15<br />
bieten kundenorientierte Prozesse.<br />
Eigenen Angaben zufolge tummeln<br />
sich auf Xempus mehr als 30 Produktgeber,<br />
über 60 Vertriebe und rund<br />
23.500 Vermittler. Das Basismodell<br />
für bAV- und bKV-Beratung koste Intermediäre<br />
rund 40 Euro pro Monat.<br />
Maklers Meinung<br />
»Makler müssen<br />
Ängste abbauen«<br />
Luis Miguel Barquero da Silva,<br />
Versicherungsradar24.de<br />
Fast alle Chefs ahnen, dass eine<br />
Betriebsrente Vorteile für ihre<br />
Mitarbeiter hat. Dass gerade kleine<br />
Firmen dennoch oft sagen: „Hör mir<br />
bloß mit dem Thema bAV auf!“, liegt<br />
an der Angst, in eine Kostenfalle zu<br />
tappen. Das erlebe ich in Erstgesprächen<br />
immer wieder. Dabei geht es<br />
nicht nur um den hohen Verwaltungsaufwand,<br />
der sich mit diversen<br />
Plattformen in den Griff bekommen<br />
lässt, sondern vor allem um Veränderungen<br />
im Steuer-, Sozialversicherungs-<br />
und Arbeitsrecht, aber auch<br />
einfach um die Weiterentwicklung<br />
scheiden, hängt letztlich von deren<br />
Präferenzen ab.<br />
Was die meisten Portale verbindet, ist,<br />
dass sich mit ihrer Hilfe die Bearbeitungszeit<br />
einzelner Arbeitsschritte<br />
minimiert. Eine lange Einarbeitung<br />
ist in der Regel nicht notwendig, da<br />
von Sachverhalten. Ein einmal<br />
aufgesetztes Vorsorgesystem kann<br />
schnell in Schieflage geraten. Um den<br />
Überblick zu behalten, brauchen<br />
Arbeitgeber die notwendigen<br />
Kenntnisse und Ressourcen. Ein<br />
Makler – im Verbund mit Steuer- und<br />
Rechtsberatern – kann dabei eine<br />
große Hilfe sein. Arbeitgeber brauchen<br />
die Sicherheit, mit dem Thema<br />
nicht alleingelassen zu werden. Wenn<br />
es Maklern gelingt, die Ängste<br />
abzubauen und Vertrauen zu schaffen,<br />
ist der Weg zur Einrichtung einer<br />
betrieblichen Vorsorge frei.<br />
Arbeitnehmer wünschen<br />
hohen Zuschuss<br />
Damit wäre ein schlagendes Argument<br />
gegen die Einführung eines<br />
betrieblichen Vorsorgesystems (weitgehend)<br />
entkräftet. Ohnehin haben<br />
Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch<br />
auf Entgeltumwandlung, die sich<br />
wachsender Beliebtheit erfreut. Laut<br />
der aktuellen bAV-Studie von Deloitte<br />
nutzten 2<strong>02</strong>2 bereits 47 Prozent der<br />
Befragten dieses Vorsorgeinstrument,<br />
während in den Jahren bis 2019 die<br />
Quote zwischen 20 und 25 Prozent<br />
schwankte.<br />
Das BRSG trägt seinen Teil zur Entwicklung<br />
bei, etwa den verpflichtenden<br />
Zuschuss des Arbeitgebers. Ob<br />
Chefs mit diesem Mindestzuschuss<br />
Fachkräfte akquirieren können, muss<br />
allerdings bezweifelt werden. „Unsere<br />
Befragung legt nahe, dass ein Zuschuss<br />
von 50 Prozent die höchste<br />
Wirkungskraft hätte“, betonen die<br />
Berater von Deloitte. Die Erfüllung<br />
der Zuschusspflicht ist also kein<br />
Alleinstellungsmerkmal, mit dem<br />
man groß werben kann. Weitere Stellschrauben<br />
seien Flexibilität wie zum<br />
Beispiel Auszahlungsoptionen, ein<br />
angemessener Chancen-Risiko-Mix<br />
und – erneut dieser Wunsch – eine<br />
gute Kommunikation.<br />
Komplexität ist beherrschbar<br />
Etliche Makler dürften Xempus kennen.<br />
Pools wie BCA und Jung, DMS &<br />
Cie. jedenfalls nutzen Xempus. „Viele<br />
Unternehmen, die gerne betriebliche<br />
Vorsorge anbieten würden, beklagen<br />
fehlende Transparenz“, erläutert<br />
Sebastian Grabmaier, Chef von Jung,<br />
DMS & Cie. Und weiter: „Geeignete<br />
digitale Tools lösen dieses Problem.“<br />
Sein Pool biete den Vertriebspartnern<br />
mit Plug-InSurance zusätzlich eine<br />
eigene digitale Plattform für betriebliche<br />
Vorsorgeprodukte an. Für welche<br />
digitale Lösung sich Anwender ent-<br />
die Funktionen fast selbsterklärend<br />
sind. „Digitalisierung ist ein wichtiger<br />
Faktor zur Verbreitung der betrieblichen<br />
Vorsorge“, betont Manuela Wolf<br />
von den Versicherungsforen Leipzig.<br />
In der bAV etwa müsse ein Arbeitgeber<br />
in den meisten Fällen Verträge<br />
mit mehreren Versicherern verwalten.<br />
Gerade der damit verbundene administrative<br />
Aufwand schrecke viele<br />
Chefs ab. Aber: „Ein digitaler Dienstleister,<br />
über den alle Geschäftsvorfälle<br />
anbieterübergreifend bearbeitet werden,<br />
entlastet die Personalabteilung“,<br />
erklärt Wolf.<br />
Instrument zur<br />
Fachkräfteakquise<br />
Aussagen von Marktteilnehmern<br />
bestätigen: Für Arbeitnehmer ist die<br />
Höhe des Zuschusses zur Betriebsrente<br />
ein entscheidender Faktor bei der<br />
Wahl des Arbeitgebers; eine komplett<br />
arbeitgeberfinanzierte Vorsorge ist<br />
aus ihrer Sicht der Idealfall. Mit der<br />
Wahl der Zuschusshöhe verfügen<br />
Chefs über ein effektives Instrument<br />
der Personalpolitik. Die Angst vor<br />
hohen Kosten ist meist unbegründet.<br />
Denn ein Zuschuss von 20 Prozent ist<br />
aufwandsneutral. Dazu Makler und<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
16 | TITELTHEMA Betriebliche Vorsorge<br />
bAV-Profi Dismann: „Wir schauen<br />
uns die komplette Entgeltstruktur an<br />
und zeigen auf, dass für einen Arbeitgeber<br />
locker mehr als 20 Prozent<br />
möglich sind.“ Die Vertriebspartner<br />
der Gothaer zum Beispiel empfehlen<br />
Arbeitnehmern – sofern es ins gesamte<br />
Vorsorgekonzept passt – einen<br />
Zuschuss zur bAV nach paritätischem<br />
Modell. Wandelt der Arbeitnehmer<br />
zum Beispiel 100 Euro um, legt der<br />
Chef 100 Euro drauf. Nach Aussagen<br />
der Gothaer „wird dieses Prinzip von<br />
Mitarbeitenden als Gratifikation<br />
wahrgenommen – ohne großen Kosten-Mehraufwand<br />
für Arbeitgeber“.<br />
Ein Zuschuss von 15 Prozent sei ohnehin<br />
Pflicht. Durch die Erhöhung des<br />
Arbeitgeberbeitrags würden „clevere<br />
Chefs die Pflicht zur Chance machen“.<br />
Beratung und Vermittlung leicht gemacht<br />
Dienstleister Dienstleistung Zielgruppe<br />
pxtra (MLP) Portal für Auswahl und Verwaltung von Zusatzleistungen AG<br />
ePension AG-Portal<br />
ePension bAV-Office<br />
*<br />
Axa, Allianz, ALH Gruppe, Swiss Life, HDI, Versicherungskammer Bayern<br />
AG = Arbeitgeber, AN = Arbeitnehmer, bAV = betriebliche Altersversorgung<br />
für Arbeitgeber<br />
Vorteile einer bAV richtig adressieren<br />
Teil eines modernen Vergütungssystems<br />
mit individuellen<br />
Gestaltungsoptionen<br />
Kostengünstige Alternative<br />
zu Gehaltserhöhungen<br />
Arbeitgeberzuschüsse sind als<br />
Betriebsausgabe absetzbar<br />
Rechtssichere Gestaltung bis<br />
zur Versorgungslösung<br />
Schlanke Verwaltung durch<br />
digitale Dienste<br />
Portal für betriebliche Vorsorgelösungen im Corporate Design<br />
des Versicherers<br />
White-Label-Tool für bAV-Verträge aller Versicherer<br />
für AG-Kunden des Vermittlers<br />
für Arbeitnehmer<br />
Schließung einer Rentenlücke<br />
Lösung mit Beitragsgarantie<br />
und Renditechance<br />
Steuer- und Sozialabgabenersparnis<br />
AG, Vermittler<br />
Vermittler<br />
bAV-Cockpit (Gothaer) Online Self-Service für Geschäftsvorfälle rund um bAV AG, Vermittler<br />
Xempus<br />
eVorsorge<br />
Penseo<br />
Ausgewählte Digitaltools und Plattformangebote im Überblick<br />
Plug-InSurance (eVorsorge;<br />
Jung, DMS & Cie.)<br />
Plattform zur Vernetzung aller Beteiligten in der<br />
betrieblichen Vorsorge<br />
Bestandsverwaltung, Self-Service-Beratung,<br />
White-Label-Portale für AGs und deren AN<br />
Plattform für bAV mit Zugriff für Arbeitgeber,<br />
Arbeitnehmer und Vermittler<br />
Plattform für Vermittler für betriebliche Vorsorgelösungen<br />
AG, AN, Vermittler,<br />
Versicherer<br />
Versicherer, Vermittler,<br />
Vertriebe<br />
Vermittler<br />
Vermittler<br />
FirmenOnline (Allianz) Komplettlösung für betriebliches Vorsorgemanagement AG, AN<br />
Wayly (u. a. mehrere<br />
Versicherer* als Partner)<br />
Lösung für die Beratung und den Abschluss<br />
betrieblicher Vorsorgeoptionen<br />
AG, AN, Vermittler<br />
Quelle: eigene Recherche<br />
Dank Förderung und Arbeitgeberzuschuss<br />
höhere Rente als bei<br />
privater Rente<br />
Persönliche Beratung durch<br />
bAV-Experten<br />
Quelle: Gothaer, eigene Anpassungen<br />
Starkes Duo: bAV und bKV<br />
Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt<br />
verbessern Arbeitgeber, wenn sie<br />
neben einer bAV auch eine bKV<br />
anbieten; und kommen dann noch<br />
Leistungen wie betriebliche Berufsunfähigkeits-<br />
und betriebliche<br />
Pflegeversicherung hinzu, entsteht<br />
ein kaum zu toppendes Gesamtpaket.<br />
Umfragen wie zum Beispiel von infas<br />
quo aus dem Jahr 2<strong>02</strong>1 belegen die<br />
Beliebtheit auch solcher Zusatzleistungen<br />
bei der Belegschaft.<br />
Vor allem die bKV boomt. Ende 2<strong>02</strong>2<br />
boten 22.300 Betriebe ihren Mitarbeitern<br />
eine Krankenzusatzpolice<br />
an – ein Plus von 22,5 Prozent gegenüber<br />
dem Vorjahr (siehe Grafik). Laut<br />
Verband der Privaten Krankenversicherung<br />
profitieren aktuell 1,76<br />
Millionen Beschäftigte von der Zusatzleistung.<br />
Der Anstieg hier betrage<br />
11,5 Prozent. Den Unterschied bei den<br />
Wachstumsraten erklärt Holger Eich,<br />
Chef-Mathematiker des Verbands, damit,<br />
dass zunehmend auch Betriebe<br />
mit wenigen Beschäftigten die bKV<br />
nutzen. Denn eine Zahnzusatzversorgung<br />
zum Beispiel könne jedem<br />
Unternehmen angeboten werden. Die<br />
Daten sind auch ein deutlicher Hinweis,<br />
dass sich immer mehr Firmen<br />
für Fachkräfte attraktiver machen.<br />
Gesunde Belegschaft,<br />
geringe Fehlzeiten<br />
Gerade weil Unternehmen die bKV<br />
als Instrument der Mitarbeitergewinnung/-bindung<br />
entdeckt haben,<br />
bemühen sich die Versicherer um<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Betriebliche Vorsorge TITELTHEMA | 17<br />
»Es entsteht eine<br />
emotionale Bindung«<br />
Interview mit Dariush Ansari, Geschäftsleiter Network Box<br />
<strong>procontra</strong>: Wie finden und binden Sie<br />
gute Leute?<br />
Dariush Ansari: Als wir vor zehn Jahren<br />
als Start-up mit zwei, drei Beschäftigten<br />
anfingen, stand für uns der<br />
Aufbau des Unternehmens im Fokus.<br />
Probleme konnte mir jeder direkt mitteilen,<br />
und in der engen Zusammenarbeit<br />
habe ich meist schnell gemerkt,<br />
wenn jemand unzufrieden war. Zu<br />
dieser Zeit war es leicht, eine Lösung<br />
im Sinne der Mitarbeiter zu finden.<br />
Inzwischen besteht unser Team aus 32<br />
Personen. Ich bin zwangsläufig nicht<br />
mehr so nah bei jedem einzelnen Mitarbeiter<br />
und habe auch nicht die Zeit,<br />
mich um alles zu kümmern. Dennoch<br />
möchte ich unsere Fürsorge für die Belegschaft<br />
erlebbar machen. Seit 2<strong>02</strong>2<br />
bieten wir deshalb für Mitarbeiter<br />
über den Betrieb eine Altersvorsorge<br />
und eine Krankenversicherung an.<br />
<strong>procontra</strong>: Kleine und mittlere Firmen<br />
machen eher einen Bogen um das<br />
Thema. Wieso Sie nicht?<br />
Ansari: Ich war anfangs auch skeptisch.<br />
Aber die Vorsorgeberaterin hat<br />
mich überzeugt. Der Aufwand ist sehr<br />
gering. Die Einrichtung einer betrieblichen<br />
Krankenversicherung ist schnell<br />
erledigt, da ich als Arbeitgeber nur Ja<br />
oder Nein sagen muss und dann das<br />
Angebot finanziere. Aber auch die<br />
Betriebsrente war schnell eingerichtet.<br />
Fast 80 Prozent der Belegschaft<br />
hatten sich für eine Betriebsrente entschieden;<br />
für den Rest kam sie altersbedingt<br />
nicht mehr infrage. Die Beraterin<br />
hat jeden Mitarbeiter in einem<br />
Einzelgespräch über die Auswirkungen<br />
einer persönlich gestalteten Betriebsrente<br />
auf sein laufendes Einkommen<br />
und sein Einkommen im Alter informiert.<br />
Bei neuen Mitarbeitern haben<br />
wir die Vorsorgeberatung zu einem<br />
Bestandteil des Onboarding-Prozesses<br />
gemacht; sie dauert 20 bis 30 Minuten.<br />
Bisher hat jeder neue Mitarbeiter<br />
das Komplettpaket angenommen.<br />
<strong>procontra</strong>: Die bKV zahlen Sie allein.<br />
Wie viel geben Sie zur Betriebsrente<br />
dazu?<br />
Ansari: Der Pflichtzuschuss von<br />
15 Prozent ist aus meiner Sicht viel zu<br />
wenig. Daher habe ich mich für ein<br />
paritätisches Modell entschieden.<br />
Wenn ein Arbeitnehmer aus seinem<br />
Bruttoentgelt zum Beispiel 100 Euro<br />
umwandelt, lege ich als Arbeitgeber<br />
den gleichen Betrag obendrauf.<br />
Speziell bei uns schöpfen alle Arbeitnehmer<br />
den maximal beitragsfrei<br />
möglichen Betrag von 141 Euro voll<br />
aus; mit meinem paritätischen Anteil<br />
also 282 Euro. Nach Berücksichtigung<br />
der staatlichen Förderung zahlt mein<br />
Mitarbeiter aus seinem Nettogehalt<br />
oft nur einen zweistelligen Betrag ein,<br />
insgesamt fließen aber fast 300 Euro<br />
in seine Betriebsrente.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie sieht die Betreuung<br />
aus?<br />
Ansari: Falls Verwaltungsarbeit anfällt,<br />
nutzt unsere Personalmitarbeiterin<br />
dafür ein digitales Tool des Versicherers.<br />
Sämtliche Formulare lassen<br />
sich damit einfach und mit wenigen<br />
Klicks ausfüllen; sogar ein Austritt aus<br />
dem Unternehmen.<br />
<strong>procontra</strong>: … den Sie mit Ihrem Angebot<br />
einer betrieblichen Vorsorge ja<br />
möglichst vermeiden wollen. Gelingt<br />
Ihnen das?<br />
Ansari: Ja. Seit Einführung der<br />
betrieblichen Vorsorge hat uns kein<br />
Mitarbeiter verlassen. Ohnehin ist die<br />
Fluktuation bei Network Box sehr<br />
gering. Wir wachsen und müssen gute<br />
Leute akquirieren; vor allem dabei hilft<br />
uns das Angebot einer Premium-Krankenzusatzversicherung<br />
und einer<br />
attraktiven Betriebsrente. Der Vorteil<br />
der bKV ist, dass sie im Alltag der<br />
Mitarbeiter erlebbar ist, also bei jedem<br />
Arztbesuch und bei Maßnahmen zur<br />
Förderung der Gesundheit. Dann heißt<br />
es: „Großartig, mein Chef tut wirklich<br />
etwas für mich und meine Familie, die<br />
ich mitversichert habe.“ So entsteht<br />
eine emotionale Bindung zum Unternehmen.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
18 | TITELTHEMA Betriebliche Vorsorge<br />
25.000<br />
20.000<br />
15.000<br />
10.000<br />
Boomendes Segment<br />
Unternehmen, die eine<br />
AG-finanzierte bKV anbieten<br />
5.000<br />
3.848<br />
0<br />
13.500<br />
2015 2<strong>02</strong>0 2<strong>02</strong>1 2<strong>02</strong>2<br />
Quelle: PKV-Verband, Stand: Januar 2<strong>02</strong>3<br />
beim Arbeitgeber<br />
+ 580 %<br />
18.200<br />
22.300<br />
Einfache Kalkulation und Verwaltung<br />
durch einheitliche Umlage-<br />
Beiträge<br />
Direkt erlebbarer Mehrwert<br />
Imagesteigerung als Chef, der<br />
Wert auf die Gesundheit seiner<br />
Mitarbeiter legt<br />
Beitragsbefreiung bei Ausfallzeiten<br />
(z. B. Elternzeit) möglich<br />
Günstige Tarife, die Ihre<br />
Mitarbeiter nur über Sie erhalten<br />
Argumente für die bKV<br />
(arbeitgeberfinanziert)<br />
ein attraktives Angebot. Hierauf<br />
weist das Institut für Vorsorge und Finanzplanung<br />
hin. Demnach sind die<br />
Versicherer bei den Produkten „sehr<br />
stark aufgestellt“. Im Trend lägen<br />
Budgettarife. Dabei können Arbeitnehmer<br />
Gesundheitsleistungen bis<br />
zu einem bestimmten Betrag pro Jahr<br />
in Anspruch nehmen. Anbieter sind<br />
zum Beispiel Arag, Gothaer, Hallesche<br />
und SDK.<br />
„Wir bieten bKV ab zehn Mitarbeitern<br />
an“, sagt Alexandra Markovic-Sobau,<br />
Vertriebsleiterin bei Hallesche Kranken,<br />
auf Anfrage. Für Arbeitgeber bedeute<br />
eine gesündere Belegschaft weniger<br />
krankheitsbedingte Fehlzeiten.<br />
Auch die Mitarbeiter hätten Vorteile:<br />
keine Gesundheitsprüfung, keine<br />
Wartezeit, keine Ausschlüsse, eine<br />
große Leistungsauswahl, Facharzttermin-Service,<br />
ärztliche Videotelefonie<br />
etc. Zudem seien alle Leistungen aus<br />
der bKV steuerfrei (siehe Kasten).<br />
beim Arbeitnehmer<br />
Die bKV setzt dort an, wo die<br />
gesetzliche Krankenversicherung<br />
aufhört<br />
Verzicht auf Wartezeit möglich<br />
Verzicht auf Gesundheitsprüfung<br />
(GP) möglich; Vorerkrankungen<br />
mitversichert; * Weiterversicherung<br />
bei Ausscheiden aus dem<br />
Unternehmen ohne GP möglich<br />
Günstige Mitversicherung<br />
von Angehörigen möglich –<br />
ggf. ohne GP<br />
Quelle: Gothaer, eigene Anpassungen<br />
Nur<br />
5 %<br />
der Unternehmen bieten heute<br />
eine bKV an. Das Marktpotenzial<br />
ist extrem groß.<br />
Relevant sind nur Unternehmen mit mehr als zehn<br />
Mitarbeitern. Quelle: Gothaer, Statistisches Bundesamt<br />
Arbeitskraft der<br />
Mitarbeiter absichern<br />
Mit Blick auf bKV als Instrument im<br />
Kampf gegen den Fachkräftemangel<br />
betont Michael Bastian, Bereichsleiter<br />
Vertrieb bei der Allianz Private<br />
Krankenversicherung und der Allianz<br />
Leben: „Die Leistungen sind kurzfristig<br />
erlebbar. Für die Belegschaft<br />
wird eine hohe unternehmerische<br />
Wertschätzung greifbar.“ Bastian<br />
zufolge lässt sich die offen gezeigte<br />
Anerkennung des Chefs für seine<br />
Mitarbeiter weiter steigern, wenn<br />
die bKV mit Bausteinen der bAKS<br />
kombiniert wird. Der Arbeitgeber fördere<br />
über bKV die Gesundheit seiner<br />
Belegschaft; und zwar über Präventions-<br />
und Vorsorgeleistungen, die<br />
die gesetzliche Kasse nicht abdecke.<br />
Sollten Mitarbeiter erkranken, könnten<br />
sie – abhängig vom vereinbarten<br />
Paket – weitere bKV-Leistungen in Anspruch<br />
nehmen. Und falls Krankheit<br />
oder Unfall zu einer längeren Pause<br />
zwängen, greife nach sechs Wochen<br />
die Arbeitskraftabsicherung.<br />
Für Letztere könne zum Beispiel eine<br />
betriebliche Berufsunfähigkeitspolice<br />
(bBU) sorgen, die dann die vereinbarte<br />
Monatsrente auszahle. Im Ergebnis<br />
ermögliche der Arbeitgeber für seine<br />
Mitarbeiter einen Rundum-Schutz.<br />
Der Versicherer Swiss Life nennt auf<br />
Anfrage weitere Aspekte: Deren bBU<br />
lasse sich in der Regel ohne Risikoprüfung<br />
zum Einheitstarif für alle bis<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Betriebliche Vorsorge TITELTHEMA | 19<br />
zum Alter von 63 Jahren abschließen.<br />
Und bei einer rein arbeitgeberfinanzierten<br />
BU könnten Führungskräfte<br />
eine weitaus höhere BU-Rente absichern<br />
– zu den gleichen Konditionen<br />
wie für die komplette Belegschaft.<br />
BU-Police rundet das Paket ab<br />
Für einige Berufsgruppen, etwa körperlich<br />
Tätige, kommt statt einer bBU<br />
eher ein Grundfähigkeitsschutz oder<br />
Erwerbsminderungsrente infrage.<br />
Hierauf weist Matthias Sattler, Leiter<br />
Vertrieb der Alte Leipziger Leben, hin:<br />
„So eine bAKS ist deutlich günstiger<br />
als die private Vorsorge.“ Denn wie<br />
in der bAV würden die Beiträge aus<br />
dem Bruttogehalt gezahlt, mit den<br />
bekannten Effekten auf Steuern und<br />
Sozialabgaben.<br />
Insgesamt also haben Unternehmen<br />
zahlreiche Möglichkeiten, ihre<br />
»Eine betriebliche<br />
Arbeitskraftabsicherung<br />
ist<br />
deutlich günstiger<br />
als die private<br />
Vorsorge.«<br />
Matthias Sattler<br />
Vertrieb der Alte Leipziger<br />
Lebensversicherung<br />
Attraktivität als Arbeitgeber zu<br />
steigern. Den größten Mehrwert<br />
erzielen sie, wenn sie Benefits<br />
kombinieren. Die so zum Ausdruck<br />
gebrachte betriebliche Fürsorge kann<br />
die Mitarbeiterzufriedenheit steigern,<br />
der Fluktuation entgegenwirken und<br />
im Kampf um Fachkräfte überzeugen.<br />
Etliche Leistungen sind direkt<br />
erlebbar. So fühlen sich die Mitarbeiter<br />
in allen Lebenslagen besser<br />
versorgt – und sind mit dem Betrieb<br />
emotional verbunden.<br />
Weiter im Thema<br />
Besuchen Sie<br />
ab 3. Mai den<br />
profino-Kongress<br />
zur betrieblichen<br />
Vorsorge<br />
Nichts ist so wertvoll<br />
wie Kunden, die bleiben.<br />
Deswegen sind wir besonders stolz, im Branchen-Ranking des<br />
Marktforschungsinstituts YouGov den ersten Platz zu belegen.<br />
Wir bedanken uns bei allen, die dazu beigetragen haben!<br />
Film ab für<br />
Kundentreue!<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
20 | PANORAMA Vertriebsunterstützung<br />
Booster für die Beratung<br />
Gesprächsaufhänger und Neues für Ihre Produktpalette<br />
MB MAILIN BARTKNECHT AW ANNE MAREILE WALTER<br />
uniVersa<br />
Neuer Kfz-Tarif grenzt Fahrzeugnutzer<br />
nicht mehr ein<br />
Die uniVersa Versicherungen bieten mit Flexxdrive (U2<strong>02</strong>3) einen neuen<br />
Kfz-Tarif an. Darin wird der Fahrerkreis nicht mehr eingegrenzt. Bislang<br />
mussten die Nutzer genau benannt werden, etwa der Kunde, seine Partnerin<br />
und Kinder, die im selben Haushalt leben. Im neuen Tarif genügen<br />
die Geburtsdaten des jüngsten und des ältesten Fahrers. Alle Fahrer zwischen<br />
den genannten Geburtsdaten können dann jederzeit das Fahrzeug<br />
nutzen. Für Familien und Kunden mit mehreren Fahrzeugen wird eine<br />
verbesserte Zweitwagenregelung angeboten, über die eine vorteilhafte<br />
Sondereinstufung mit bis zu vier schadenfreien Jahren (bisher drei) für<br />
das hinzukommende Fahrzeug möglich ist. Zudem entfällt das Mindestalter.<br />
Unter anderem kann auch ein Rabattschutz eingeschlossen werden.<br />
Barmenia<br />
Neues Produktkonzept<br />
zur Kindervorsorge<br />
Die Barmenia bietet<br />
mit ihrem „Passendfür-Kinder-Schutz“<br />
ein Komplettpaket für<br />
Eltern zur Absicherung<br />
ihrer Kinder. Ob Krankheit,<br />
Invalidität, Unfall<br />
oder finanzielle Vorsorge<br />
– es gibt nur einen<br />
Gesundheitsfragenkatalog,<br />
der sich dynamisch an der gewählten Produktkombination<br />
ausrichtet. Neben einer individuellen Produktzusammenstellung<br />
bietet die Barmenia auch vorkonfigurierte<br />
Produktlösungen. Die gesamte Prozessstrecke wird über<br />
eine Oberfläche gesteuert. Dies ermöglicht Vermittlern eine<br />
einmalige Erfassung von Personen- und Gesundheitsdaten<br />
der Kunden.<br />
DWS<br />
Fonds für Metaverse-Aktien<br />
Der jüngst gestartete Aktienfonds DWS Invest Metaverse investiert<br />
in Unternehmen, die wichtige Beiträge zum Aufbau<br />
und Betrieb des Metaversums leisten oder künftig von diesem<br />
profitieren könnten. Das Metaversum gilt als die nächste<br />
Entwicklungsstufe des Internets und soll aus dauerhaften,<br />
dreidimensionalen virtuellen Welten bestehen, in denen<br />
Menschen immersive Erfahrungen gleichzeitig miteinander<br />
machen und teilen können. Die Aktien, in die das Fondsvermögen<br />
investiert werden soll, kommen dabei aus drei Bereichen.<br />
Da sind zum einen die Ersteller virtueller Inhalte. Ein<br />
zweiter Schwerpunkt sind Unternehmen, die dazu beitragen,<br />
dass die für das Metaverse erforderliche Rechenleistung zur<br />
Verfügung steht. Die dritte Gruppe besteht aus den Herstellern<br />
von Geräten zur Verbindung mit dem Metaverse wie<br />
Virtual-Reality-Brillen. Das Fondsmanagement wählt die 40<br />
bis 80 Aktien für den DWS Invest Metaverse aus einem weltweiten<br />
Universum aus, infrage kommen dabei sowohl Large<br />
Caps als auch Small und Mid Caps.<br />
Fotos: skynesher
Vertriebsunterstützung PANORAMA | 21<br />
GEV<br />
Nachhaltige Wohngebäudeversicherung<br />
Zum 1. Mai bringt die<br />
GEV eine neue Wohngebäudeversicherung<br />
auf den Markt. Die<br />
Protect+Wohngebäudeversicherung<br />
bietet neben einigen<br />
Leistungsverbesserungen<br />
zum Beispiel<br />
die optionalen Module<br />
Elementar, Glasbruch<br />
und Soforthilfe. Mit<br />
der Neuauflage ab Mai<br />
ergänzt die GEV den Versicherungsschutz um nachhaltige Aspekte wie einen<br />
Energie-Bonus, der 10 Prozent Beitragsnachlass für besonders energieeffiziente<br />
Gebäude bietet, oder einen Photovoltaik-Zusatzschutz. Auch die Partnerschaft<br />
mit bessergrün zählt zu den nachhaltigen Aspekten. Demnach werden die Beiträge<br />
in nachhaltige Kapitalanlagen investiert. Zudem wird für jeden Vertrag mit<br />
dem Zusatzmodul „Pro Klima“ ein Baum gepflanzt.<br />
Axa<br />
Neue Produkte<br />
im Maklermarkt<br />
Die Axa fokussiert mit ihrer neuen<br />
Produktreihe „Privat-Schutz“ speziell<br />
die Anforderungen der Vermittlung<br />
durch Makler. Die Produkte (unter<br />
anderem PHV, Hausrat, Wohngebäude)<br />
sind einfach und übersichtlich in drei<br />
Stufen gegliedert. Dadurch sind die<br />
Produkte in allen gängigen Vergleichsprogrammen<br />
optimal abgesichert. So<br />
sollen eine schnelle Orientierung und<br />
bedarfsgerechte Beratung ermöglicht<br />
werden. Voll digitale Prozesse sollen die<br />
Tarifierung, Angebotserstellung und den<br />
Abschluss schnell und einfach machen.<br />
Im Schadensfall informiert das digitale<br />
Schadentracking in Echtzeit über den<br />
Stand der Bearbeitung.<br />
VGH: Vorstandswechsel<br />
Zum 1. Januar 2<strong>02</strong>4 wird<br />
Dr. Fabrice Gerdes (41) neuer<br />
Vertriebsvorstand der VGH<br />
Versicherungen in Hannover.<br />
Er folgt damit auf Frank Müller<br />
(63), der nach mehr als 30<br />
Jahren Tätigkeit für die VGH<br />
im 65. Lebensjahr in den Ruhestand<br />
tritt.<br />
der Investitionsschwerpunkt<br />
liegt auf der krisen resisten ten<br />
Grundversorgung der Menschheit.<br />
Allianz: Invest in<br />
Offshore-Windpark<br />
Die Allianz investiert in den<br />
960-MW-Offshore-Windpark<br />
He Dreiht in der deutschen<br />
Nordsee und erwirbt eine<br />
Beteiligung in Höhe von<br />
16,6 Prozent. Nach Inbetriebnahme<br />
voraussichtlich Ende<br />
2<strong>02</strong>5 kann der Windpark rund<br />
1,1 Millionen Haushalte mit<br />
sauberer Energie versorgen.<br />
durch Cyberangriffe schärfen<br />
und so die Sicherheit ihrer<br />
Unternehmen erhöhen.<br />
Inno Invest:<br />
Neuer Maklerpool<br />
Das Darmstädter Wertpapierinstitut<br />
Inno Invest steigt in<br />
die Maklerpool-Branche ein.<br />
Dafür positioniert sich das<br />
Unternehmen mit der Marke<br />
Inno-Maklerpool mit einem<br />
offensiven Preismodell am<br />
Markt. Fondsvermittler sollen<br />
zukünftig nur noch maximal<br />
5 Prozent anstatt der marktüblichen<br />
10 Prozent abgeben.<br />
ab sofort ein neuer Partner für<br />
Security-Awareness-Schulungen<br />
zur Verfügung.<br />
Huk: Spenden für<br />
umweltbewussten Fahrstil<br />
Telematik-Kunden der Huk-<br />
Coburg können mit Eco Drive<br />
Spenden sammeln. In der<br />
App „Mein Auto“ wird eine<br />
umweltbewusste Fahrweise<br />
mit Punkten belohnt. Diese<br />
werden am Jahresende in<br />
einen Geldbetrag umgewandelt.<br />
Im letzten Jahr kamen so<br />
850.000 Euro für den guten<br />
Zweck zusammen.<br />
Habona Invest:<br />
Neuer Aktienfonds<br />
Habona Invest hat den Aktienfonds<br />
Habona Basic Needs<br />
aufgelegt. Der aktiv gemanagte<br />
UCITS-Fonds umfasst circa<br />
50 gleich gewichtete Titel –<br />
Continentale: Cyberschulungen<br />
für Firmenkunden<br />
Die Continentale Sachversicherung<br />
bietet ihren Firmenkunden<br />
als Ergänzung zum<br />
Tarif KuBuS Cyber kostenlose<br />
Awareness-Schulungen an.<br />
Diese sollen das Bewusstsein<br />
der Belegschaft für Gefahren<br />
Gothaer: Kooperation<br />
mit IT-Spezialisten<br />
Die Gothaer Versicherung<br />
erweitert ihr Dienstleister-<br />
Netzwerk im Bereich Cyberversicherung<br />
um den IT-Sicherheitsspezialisten<br />
Network<br />
Box. Für die Unternehmerkunden<br />
der Gothaer steht damit<br />
Fotos: ah fotobox, Olezzo
22 | PANORAMA Vertriebsunterstützung<br />
Fakten für Vertrieb und Stammtisch<br />
Immer reicher<br />
+4,8 %<br />
Trotz Krise und Rekordinflation:<br />
Reiche werden<br />
in Deutschland immer<br />
reicher. Zu diesem<br />
Ergebnis kommt die<br />
aktuelle Private-Banking-Studie<br />
der Unternehmensberatung<br />
ZEB.<br />
So sei 2<strong>02</strong>2 das verwaltete Vermögen von Kunden<br />
mit liquiden Einlagen über 500.000 Euro trotz<br />
des Einbruchs an den Kapitalmärkten auf 7,2 Billionen<br />
Euro gestiegen – ein Plus von 4,8 Prozent im<br />
Vergleich zum Vorjahr. Dabei nahmen Investments<br />
in Wertpapiere leicht ab, während die Vermögen<br />
in Immobilien zulegten.<br />
Zu wenig Schutz gegen Naturgefahren<br />
Nur etwa die Hälfte aller Wohngebäude in Deutschland ist gegen<br />
Naturgefahren versichert. Das teilt der Branchenverband GDV mit und<br />
rät Hausbesitzern, ihr Eigentum vor Beginn der Starkregensaison im<br />
Mai gegen Überflutungen mit einer Elementarschadenversicherung<br />
abzusichern. Die meisten Starkregenereignisse im Zeitraum von 2001<br />
bis 2<strong>02</strong>1 registrierte der Versichererverband im Juli (230 Ereignisse<br />
im Durchschnitt). Es folgen die Monate Juni (226) und August (158).<br />
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez<br />
Jeder 5.<br />
Deutsche<br />
besitzt keine private Haftpflichtversicherung.<br />
Laut einer Umfrage<br />
im Auftrag von Check24 sparen<br />
sich knapp 20 Prozent der Bundesbürger<br />
eine solche Police. Von den<br />
Besitzern einer PHV wechselten<br />
38 Prozent in der Vergangenheit<br />
bereits einmal die Police.<br />
ChatGPT in der Finanzwelt<br />
Die KI-Software ChatGPT ist in aller Munde und wird auch von Finanzprofis fleißig<br />
eingesetzt. Wie der Berufsverband der Investment Professionals in Deutschland<br />
(DVFA) mitteilt, haben 35 Prozent der<br />
Verbandsmitglieder mithilfe von ChatGPT<br />
bereits Texte verfasst. Für die Auswertung<br />
von Finanzdaten und die Vorhersage<br />
von Anlageentscheidungen sei ChatGPT<br />
indes kaum geeignet: Als „gutes“ Vehikel<br />
stuften es derzeit nur 3 Prozent der Befragten<br />
ein.<br />
Mentale Probleme<br />
Junge Frauen sind am häufigsten von psychischen<br />
Erkrankungen, wie Depressionen,<br />
Angst- oder Essstörungen, betroffen.<br />
Das zeigt der aktuelle „Mental Health<br />
Report“ der Axa. Darin gaben 41 Prozent<br />
der befragten Frauen zwischen 18<br />
und 34 Jahren an, mental erkrankt zu<br />
sein. Damit liegt Deutschland unter den<br />
untersuchten europäischen Ländern zusammen<br />
mit Großbritannien an der Spitze. Zum<br />
Vergleich: In Frankreich liegt die Quote der psychisch<br />
erkrankten Frauen bei 19 Prozent.<br />
41 %<br />
Provisionsverbot trifft<br />
auf offene Ohren<br />
Viele Verbraucher fänden ein Provisionsverbot auf<br />
europäischer Ebene gut. In einer Umfrage der Quirin<br />
Privatbank stimmen 63 Prozent der<br />
Teilnehmer für die Einführung eines<br />
Provisionsverbots. Dabei wird die<br />
Honorarberatung aber nicht unbedingt<br />
als bessere Alternative<br />
eingestuft: 74 Prozent schreckt<br />
die zu zahlende Vergütung ab.<br />
Unabhängig beraten werden<br />
wollen hingegen:<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Fondspolice<br />
neu beraten.<br />
Garantielos glücklich!<br />
Mehr Chance für weniger Garantie.<br />
Denken Sie die Beratung von Fondspolicen neu! In Zeiten<br />
von Inflation gewinnt der Kaufkrafterhalt an Bedeutung.<br />
Dafür braucht es weniger Beitragsgarantien – für mehr<br />
Renditechancen. Die Lösung: Chancenreiches Fondsinvestment,<br />
renditestark und vor allem passgenau auf unterschiedliche<br />
Kundengruppen zugeschnitten. Wir liefern Ihnen mit der<br />
Condor Fondspolice viele Möglichkeiten für Ihren Erfolg!<br />
Informieren Sie sich hier:<br />
www.makler-leuchttuerme.de/Fondspolice
INVESTMENTS<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Wasserfonds<br />
werden immer<br />
beliebter<br />
Das investierte Vermögen hat sich in den<br />
letzten fünf Jahren fast verdreifacht.<br />
Immer mehr Anleger investieren hierzulande in<br />
Wasserfonds. Nach einer Analyse von Scope lag<br />
das in diesen Fonds verwaltete Vermögen Ende<br />
Februar 2<strong>02</strong>3 bei rund 25,7 Milliarden Euro. Dabei<br />
entfallen 85 Prozent (circa 22 Milliarden Euro) des<br />
verwalteten Vermögens auf 16 aktiv gemanagte<br />
Fonds, während die restlichen 15 Prozent (rund<br />
3,8 Milliarden Euro) in insgesamt fünf ETFs investiert<br />
wurden. Wie das Analysehaus weiter<br />
ermittelte, hat sich in Deutschland innerhalb von<br />
fünf Jahren das in Wasserfonds investierte Vermögen<br />
fast verdreifacht. Aktuell stehen Anlegern<br />
in Deutschland 21 Investmentfonds zum Thema<br />
Wasser zur Verfügung.<br />
Weitere Themen<br />
Investmenttalk mit Flossbach von Storch 26<br />
KI als cleverer Investment-Case 30<br />
Fondsanalyse: Aktiv versus passiv 32<br />
Dividenden stabilisieren jedes Depot 36<br />
Foto: Chunyip Wong
26 | INVESTMENTFONDS Multi-Asset-Fonds<br />
»Wir haben die Dynamik der<br />
Inflation unterschätzt«<br />
2<strong>02</strong>2 war auch für Flossbach von Storch ein schwieriges Börsenjahr. Tobias Schafföner,<br />
Head of Multi-Asset, blickt zurück und schildert seine Erwartungen für 2<strong>02</strong>3.<br />
JW JAN F. WAGNER<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
Gründe für die Performance im Jahr 2<strong>02</strong>2<br />
Warum Indexfonds nicht zu jedem Anleger passen<br />
Wie die Nachhaltigkeitsstrategie im Unternehmen aussieht<br />
Erwartungen für die Kapitalmärkte 2<strong>02</strong>3<br />
<strong>procontra</strong>: Sämtliche Multi-Asset-Fonds von Flossbach<br />
von Storch haben 2<strong>02</strong>2 an Wert eingebüßt. Wo<br />
bleibt das Absolute-Return-Versprechen?<br />
Tobias Schafföner: Ein solches Versprechen, wenn<br />
man es denn überhaupt so nennen darf, gilt nicht<br />
für ein einziges Kalenderjahr. So etwas wäre schlicht<br />
unseriös! Unser Anspruch ist es, über die Zeit, also<br />
»Unser Anspruch ist, über die Zeit, also<br />
über mindestens drei bis fünf Jahre,<br />
auskömmliche Renditen zu erzielen.«<br />
über mindestens drei bis fünf Jahre, auskömmliche<br />
Renditen zu erzielen. Daran lassen wir uns messen –<br />
und das ist uns in der Vergangenheit auch gelungen.<br />
2<strong>02</strong>2 war insofern ein außergewöhnliches Jahr, als<br />
man sich als Investor nirgendwo verstecken konnte.<br />
Der deutliche Inflations- und Zinsanstieg hat eben<br />
nicht nur die Aktienbewertungen zum Teil deutlich<br />
gedrückt, sondern auch zu einem historischen<br />
Crash am Anleihemarkt geführt. Insofern hat es<br />
auch anleihelastige Portfolios getroffen – und damit<br />
Anleger, die davon ausgegangen waren, ihr Geld sei<br />
besonders konservativ investiert.<br />
<strong>procontra</strong>: Ihre Multi-Asset-Fonds habe eine hohe<br />
Goldbeteiligung und setzen auf nichtzyklische<br />
Aktien wie Nestlé, Berkshire Hathaway oder Reckitt<br />
Benckiser. Hat das nicht geholfen?<br />
Schafföner: Doch, sie haben gepuffert. Vor allem<br />
aber der starke US-Dollar, den wir aus Diversifikationsgründen<br />
nur partiell abgesichert hatten; der<br />
Anteil der US-Währung innerhalb der Portfolios ist<br />
vergleichsweise hoch. Wir hatten zudem frühzeitig<br />
die Duration unserer Anleihebestände reduziert,<br />
um Risiken zu begrenzen. Eine „schwarze Null“ und<br />
mehr wären in diesem Umfeld aber nur möglich<br />
gewesen, wenn wir Extrempositionen eingenommen<br />
hätten. Und das widerspricht unserer Anlagephilosophie.<br />
Insofern sind wir niemals zufrieden mit<br />
einem Jahr, das unseren Anlegern Verluste gebracht<br />
hat, ganz im Gegenteil. Was wir unterschätzt haben,<br />
war die Dynamik des Inflationsanstiegs sowie die<br />
Reaktion der Notenbanken darauf und – damit<br />
einhergehend – den Bewertungsdruck auf Aktien,<br />
insbesondere die Tech-Titel. Darunter nicht nur die<br />
zweite und dritte Reihe, sondern auch die Schwergewichte.<br />
Das hat Performance gekostet. Die von<br />
Ihnen angesprochenen Unternehmen haben sich<br />
dagegen gut gehalten, weil sie über Preissetzungsmacht<br />
verfügen, also die Inflation vergleichsweise<br />
gut an ihre Kunden weitergeben können. Das hat<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Multi-Asset-Fonds INVESTMENTFONDS | 27<br />
der Markt honoriert. Mehr denn je wird<br />
es in Zukunft deshalb darauf ankommen,<br />
Unternehmen auszuwählen, die<br />
genau das können. Der Rückenwind,<br />
den der Aktienmarkt jahrelang bewertungsseitig<br />
dank der niedrigen Zinsen<br />
hatte – der ist weg.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie haben Sie Ihre Multi-Asset-Fonds<br />
aufgestellt?<br />
Schafföner: Wir haben die Aktienquoten<br />
reduziert und Anleihen, deren<br />
Chance-Risiko-Profil sich signifikant<br />
verbessert hat, hinzugenommen.<br />
Bundesanleihen etwa, aber auch<br />
höher rentierliche Unternehmenstitel.<br />
Erstklassige Staatsanleihen können<br />
ein Portfolio mittlerweile zwar wieder<br />
diversifizieren und stabilisieren. Damit<br />
werden Sie nach vorne schauend die<br />
Inflation aber nicht schlagen können,<br />
selbst wenn die Inflationsraten – wovon<br />
wir ausgehen – wieder ein Stück<br />
zurückkommen werden. Genau das ist<br />
aber unser Auftrag: Kaufkraft erhalten.<br />
Insofern braucht es langfristig Anlagen,<br />
die über ein entsprechendes Renditepotenzial<br />
verfügen. Dazu zählen nicht<br />
zuletzt erstklassige liquide Sachwerte,<br />
allen voran die Aktien guter Unternehmen,<br />
dazu Gold als Versicherung.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie sahen die Mittelbewegungen<br />
2<strong>02</strong>2 aus?<br />
Schafföner: In Summe sind uns in<br />
unseren Publikumsfonds weitere rund<br />
600 Millionen Euro anvertraut worden.<br />
Das ist in so einem Jahr ein großer Vertrauensbeweis<br />
– und dafür sind wir sehr<br />
dankbar. Wir sind in der Pflicht, dieses<br />
Vertrauen auch zu rechtfertigen.<br />
<strong>procontra</strong>: Kritiker würden 2<strong>02</strong>2 als<br />
Beweis nehmen, dass sich aktive Fonds<br />
nicht unbedingt besser schlagen als der<br />
Markt. Ein ETF wäre daher vorzuziehen.<br />
Schafföner: So einfach ist es leider<br />
nicht. Indexfonds sind zwar eine kostengünstige<br />
Alternative, aber nicht für<br />
MOF- Zusammensetzung<br />
Edelmetall<br />
Renten<br />
Angaben in %,<br />
Stand 3/2<strong>02</strong>3<br />
15<br />
12<br />
Kasse<br />
9<br />
64<br />
Aktien<br />
Quelle: Flossbach von Storch<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
28 | INVESTMENTFONDS Multi-Asset-Fonds<br />
jedermann geeignet. Die Auswahl des<br />
passenden Index ist eine sehr aktive<br />
Entscheidung. Es braucht Erfahrung und<br />
eine ordentliche Portion Kursschwankungstoleranz,<br />
gerade in hektischen<br />
Börsenphasen. Viele haben die nicht;<br />
was dazu führt, dass oft zum schlechtestmöglichen<br />
Zeitpunkt, nahe des<br />
Tiefs, entnervt verkauft wird – und die<br />
langfristige Performance leidet. ETFs<br />
verkommen so leider oft zu Trading-Instrumenten.<br />
Ein guter Portfoliomanager<br />
übernimmt die Auswahl der Instrumente,<br />
die für spezifische Kundenbedürfnisse<br />
angemessen sind. So kann es auch<br />
gelingen, Rücksetzer abzufedern – nicht<br />
immer, aber möglichst oft. Er schont<br />
die Nerven seiner Anleger, auch weil er<br />
erklärt, was er tut und warum er es tut<br />
– und überzeugt sie so hoffentlich, in<br />
Krisenphasen eben nicht eilig zu verkaufen,<br />
sondern langfristig dabeizubleiben.<br />
Das rechtfertigt unseres Erachtens die<br />
höheren Gebühren, die im Übrigen auch<br />
dazu dienen, diejenigen zu bezahlen,<br />
die die Anleger beraten und die Fonds<br />
verkaufen. Schlussendlich haben beide<br />
Varianten, der ETF ebenso wie der aktiv<br />
gemanagte Fonds, ihre Daseinsberechtigung<br />
– eben weil sie unterschiedliche<br />
Kundenbedürfnisse adressieren.<br />
<strong>procontra</strong>: Trotz der sinkenden gesetzlichen<br />
Rente sparen immer noch zu<br />
wenige Deutsche mit Aktien oder Fonds,<br />
um fürs Alter besser gewappnet zu sein.<br />
Wann werden die Deutschen aktienfreundlicher?<br />
Schafföner: Da wage ich keine Prognose.<br />
Viele Deutsche sind vom Zusammenbruch<br />
des Neuen Marktes<br />
zur Jahrtausendwende traumatisiert.<br />
Andere können die Volatilität von Aktien<br />
schlicht nicht ertragen. Wichtig ist deshalb,<br />
möglichst früh Finanzbildung zu<br />
vermitteln, idealerweise schon in der<br />
Schule. Zu erklären, dass die Börse kein<br />
Casino ist und langfristige Geldanlage<br />
keine Zockerei. Eine wichtige Rolle<br />
spielen dabei auch die eben angesprochenen<br />
Berater. Was sicherlich positiv<br />
ist: Die jüngere Generation scheint dem<br />
Thema Aktien und Kapitalmarkt viel<br />
offener gegenüberzustehen. Auch wenn<br />
da viel Spielerei dabei ist – und das oft<br />
nicht viel mit langfristigem Investieren<br />
zu tun hat. Aber die Hemmschwelle zum<br />
Kapitalmarkt ist in dieser Generation<br />
eindeutig niedriger. Man sieht es auch<br />
»Der Rückenwind,<br />
den der Aktienmarkt<br />
jahrelang bewertungsseitig<br />
dank<br />
der niedrigen Zinsen<br />
hatte – der ist weg.«<br />
an den Zahlen: Laut deutschem Aktieninstitut<br />
haben wir inzwischen knapp 13<br />
Millionen Aktionäre in Deutschland.<br />
<strong>procontra</strong>: Mit dem Thema Nachhaltigkeit<br />
könnte man besonders die neue<br />
Generation von Anlegern gewinnen,<br />
denen das Thema sehr wichtig ist. Wie<br />
setzt Flossbach von Storch da an?<br />
Schafföner: Als Treuhänder unserer<br />
Kunden müssen wir Chancen und<br />
Risiken gegeneinander abwägen – und<br />
das Beste in ihrem Sinne entscheiden.<br />
Das Thema Nachhaltigkeit ist dabei sehr<br />
wichtig, darf aber niemals Selbstzweck<br />
werden, wohl wissend, dass man mit<br />
einer Spende an eine karitative Einrichtung<br />
mitunter mehr Gutes tut als<br />
mit einem Investment in Unternehmen<br />
A oder B. Letztlich geht es auch beim<br />
Thema Nachhaltigkeit vor allem um den<br />
langfristigen ökonomischen Erfolg. Der<br />
Fokus unserer Analyse liegt deshalb auf<br />
dem G in ESG, der Unternehmensführung.<br />
Ein schlecht geführtes, unprofi-<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Multi-Asset-Fonds INVESTMENTFONDS | 29<br />
tables Unternehmen hat am Ende des<br />
Tages keinerlei Ressourcen, sich um<br />
die anderen Dinge, um das E und das<br />
S (Umwelt und Soziales, Anm. d. Red.)<br />
zu kümmern. Insofern folgen E und S<br />
unseres Erachtens dem G. Wir nehmen<br />
das Thema und unsere Verantwortung<br />
als Investor sehr ernst und sprechen<br />
regelmäßig mit dem Management der<br />
Unternehmen, an denen wir beteiligt<br />
sind. Wir weisen auf mögliche Missstände<br />
hin und versuchen, konstruktive<br />
Sparringspartner zu sein.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Ausschlüsse gibt es<br />
für die Fonds?<br />
Schafföner: Wir schließen Unternehmen<br />
aus, die Umsätze mit kontroversen<br />
Waffen erwirtschaften. Das Gleiche gilt<br />
für Tabakunternehmen und Firmen, die<br />
mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes<br />
mit Kohle generieren. Ausgeschlossen<br />
sind zudem Unternehmen, die mehr<br />
als 10 Prozent ihres Umsatzes mit<br />
Rüstungsgütern erwirtschaften oder<br />
schwere Verstöße gegen die Prinzipien<br />
des UN Global Compact ohne positive<br />
Perspektive haben. Staatliche Emittenten<br />
sind ausgeschlossen bei einem<br />
unzureichenden Scoring in Bezug auf<br />
den Freedom House Index (sprich „nicht<br />
frei“, Anm. d. Red.).<br />
<strong>procontra</strong>: Die sogenannte Nachhaltigkeitspräferenzabfrage<br />
soll auch dem<br />
nachhaltigen Investieren einen Schub<br />
geben. Sind Ihre Produkte dafür qualifiziert?<br />
Schafföner: Alle unsere Publikumsfonds<br />
fallen unter Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung<br />
und berücksichtigen<br />
die negativen Auswirkungen der<br />
Portfoliounternehmen, die sogenannten<br />
„Principle Adverse Impacts“. Dabei<br />
verlassen wir uns nicht auf externe<br />
ESG-Ratings von Unternehmen, sondern<br />
nutzen zuallererst unser hauseigenes<br />
Research. Das hat auch damit zu tun,<br />
dass die externen Ratings meist oberflächlichen<br />
Schwarz-Weiß-Mustern, also<br />
„investierbar oder nicht investierbar“,<br />
folgen, während wir versuchen, die<br />
ESG-Themen differenzierter zu sehen.<br />
<strong>procontra</strong>: Was erwartet uns in diesem<br />
Börsenjahr, nachdem das letzte Jahr so<br />
schlecht war?<br />
Schafföner: Bei Punktprognosen sind<br />
wir generell vorsichtig – die können nur<br />
schiefgehen. Niemand weiß, was<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
Angaben in %<br />
innerhalb eines Jahres alles passieren<br />
wird. Es gibt aber durchaus Gründe für<br />
Optimismus. Zwar ist der Bewertungsrückenwind<br />
der niedrigen Zinsen weg –<br />
dafür wachsen die nominalen Unternehmensgewinne<br />
aber mit der Inflation. Die<br />
großen Risiken haben sich außerdem<br />
bisher nicht materialisiert. Wir haben<br />
weiterhin keine tiefe Rezession in<br />
Europa. China hat zudem seine Zero-Covid-Politik<br />
beendet. Im Fokus dürfte<br />
aber vor allem die Inflationsentwicklung<br />
stehen und die Reaktion der Notenbanken<br />
darauf. Investoren werden sich<br />
vermutlich von einer Notenbanksitzung<br />
zur nächsten hangeln und immer<br />
wieder versuchen, das Ende des<br />
Zinserhöhungszyklus auszuloten. Mal<br />
wird es gefühlt nah sein, so wie zu<br />
Beginn des Jahres, und die Kurse<br />
Multiple Opportunities (MOF) performt<br />
Wertentwicklung p. a. des FvS-Flaggschiffs<br />
11,24<br />
6,20 2,31<br />
3,97<br />
-5,06<br />
20,42<br />
-12,45<br />
2017 2018 2019 2<strong>02</strong>0 2<strong>02</strong>1 2<strong>02</strong>2 2<strong>02</strong>3<br />
Quelle: Flossbach von Storch<br />
steigen, mal in weiter Ferne, und sie<br />
fallen. Wir gehen aber davon aus, dass<br />
die Notenbanken die Inflationsbekämpfung<br />
weiter ernst nehmen und deshalb<br />
auch keine schnelle Zinswende nach<br />
unten einläuten. Deutlichere Rücksetzer<br />
sind deshalb am Markt nicht ausgeschlossen,<br />
was sicherlich auch die eine<br />
oder andere Anlagegelegenheit für<br />
Investoren ergeben wird, wobei die<br />
Bäume am Aktienmarkt zunächst nicht<br />
in den Himmel wachsen werden.<br />
Dr. Tobias Schafföner ist seit 2012 Portfoliomanager bei Flossbach<br />
von Storch und heute verantwortlich für das Management der Multi-Asset-Fonds.<br />
2<strong>02</strong>2 wurde er zudem zum Partner ernannt. Nach<br />
seinem Abschluss als Diplom-Volkswirt an der Universität zu Köln<br />
promovierte er 2<strong>02</strong>0 an der Universität Bremen.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
30 | INVESTMENTFONDS Künstliche Intelligenz<br />
Intelligente Beimischung?!<br />
Künstliche Intelligenz erreicht dank ChatGPT & Co. die breite Gesellschaft und immer<br />
mehr Fondskonzepte. Wie Anleger am Megatrend teilhaben können<br />
ST STEFAN TERLIESNER<br />
ChatGPT ist in aller Munde. Der vom<br />
US-Start-up OpenAI entwickelte<br />
sprachbasierte Chatbot markiert eine<br />
Zeitenwende für die künstliche Intelligenz<br />
(KI). Innerhalb von nur fünf<br />
Tagen luden mehr als eine Million<br />
Nutzer die kostenlose Version von der<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Welche Chancen KI-Fonds<br />
gerade jetzt ermöglichen<br />
Welche Anlagevehikel<br />
infrage kommen<br />
Für welchen Anlagehorizont<br />
und Risikotyp die<br />
Produkte geeignet sind<br />
Firmenwebsite herunter. In nicht einmal<br />
zwei Monaten verzeichnete das<br />
Programm mehr als 100 Millionen<br />
Nutzer – ein Rekord.<br />
Wettlauf der Konzerne<br />
Rolando Grandi, Fondsmanager des<br />
Echiquier Artificial Intelligence vom<br />
Vermögensverwalter LFDE, erklärt,<br />
was der Chatbot der neuen Generation<br />
so alles kann: „Die Anwendung<br />
generiert sekundenschnell Text in<br />
mehreren Sprachen, beantwortet Fragen,<br />
fasst lange Dokumente zusammen<br />
und schreibt sogar Quellcodes.“<br />
Letzteres bedeutet, dass ChatGPT<br />
selbst Software entwickeln kann, die<br />
von einer Maschine ausgelesen und<br />
in Bild und Funktion übersetzt wird.<br />
„Damit beginnt das goldene KI-Zeitalter“,<br />
wie es Microsoft-Chef Satya Nadella<br />
ausdrückt. Der Softwaregigant<br />
hat mehr als zehn Milliarden US-Dollar<br />
in OpenAI gepumpt. Die Google-<br />
Mutter Alphabet konterte kürzlich<br />
mit dem eigenen KI-Chatbot „Bard“,<br />
der sich auch an ein breites Publikum<br />
richtet. Und in China kündigte der<br />
Internet-Riese Baidu einen Konkurrenzdienst<br />
an.<br />
Exponentielles Wachstum<br />
„Ein beschleunigter technologischer<br />
Wettlauf hat begonnen. Anwendungen<br />
mit vergleichbaren Fähigkeiten<br />
im Bereich Sprachalgorithmen verbreiten<br />
sich immer schneller“, sagt<br />
Grandi. Diese Algorithmen benötigten<br />
Illustration: Roman Kulon
Künstliche Intelligenz INVESTMENTFONDS | 31<br />
sehr viel Rechenleistung und seien<br />
damit „ein Segen“ für Anbieter wie<br />
Nvidia, AWS von Amazon und Azure<br />
von Microsoft. Laut dem Fondsmanager<br />
folgt die Entwicklungsgeschwindigkeit<br />
von KI einem Gesetz, das<br />
eine Verdopplung alle sechs Monate<br />
vorsieht. Grandi bezieht sich dabei auf<br />
Angaben von Google. Und laut einer<br />
IBM-Studie werden 120 Millionen Arbeitsplätze<br />
verschwinden, aber auch<br />
in allen Branchen neue Jobs entstehen.<br />
Damit sei KI endgültig zu einer<br />
„disruptiven Technologie“ geworden.<br />
Für Anleger, die in diesen Trend investieren<br />
möchten, bietet sich der<br />
Kauf von Anteilen an KI-Fonds an.<br />
Eine Auswahl zeigt die nebenstehende<br />
Tabelle. Aktuell liegen alle Fonds<br />
deutlich im Plus. Dem weltweiten<br />
Kurseinbruch im letzten Jahr konnten<br />
aber auch sie sich nicht entziehen.<br />
Gleichwohl kann sich ein Investment<br />
als Depotbeimischung lohnen, wenn<br />
Anleger von Beginn an eine Haltedauer<br />
von zehn Jahren planen. Hierauf<br />
sollten Berater hinweisen.<br />
Bereits 2017 ist Allianz Global Investors<br />
(AGI) auf den KI-Zug aufgesprungen.<br />
Die Allianz-Konzerntochter stuft ihr<br />
Anlagevehikel in die höchste Risikoklasse<br />
7 ein. Fonds dieser Kategorie<br />
hatten in der Vergangenheit eine sehr<br />
hohe Volatilität, das heißt, der Wert<br />
des Sondervermögens ist bisher stark<br />
gestiegen und gefallen. Auch dies müssen<br />
Berater ihren Kunden erklären.<br />
»Das goldene<br />
KI-Zeitalter hat<br />
begonnen.«<br />
Satya Nadella,<br />
Chief Executive Officer<br />
von Microsoft<br />
In Intelligenz investieren<br />
Ausgewählte KI-Fonds<br />
Fondsname ISIN Rendite pro Jahr lfd. Kosten<br />
lfd. Jahr 1 Jahr 3 Jahre<br />
Echiquier Artificial<br />
Intelligence * LU1819480192 16,6 –34,5 –2,0 1,70<br />
DWS Artificial<br />
Intelligence * LU1863263429 14,3 –13,1 7,9 1,60<br />
Allianz Global Artificial<br />
Intelligence ** LU1597246039 12,8 –23,9 11,5 1,23<br />
Deka-Künstliche<br />
Intelligenz * LU2339791803 10,6 –15,0 k. A. 1,47<br />
AI Leaders (Monega) * DE000A2PF0M4 10,4 –16,3 5,3 1,37<br />
*<br />
thesaurierend, ** ausschüttend_Angaben in % Quelle: Morningstar, Stand: 6.3.2<strong>02</strong>3<br />
und KI spielen auch in dieser Branche<br />
künftig eine entscheidende Rolle.<br />
Das Auto der Zukunft ist eher ein<br />
rollender Computer. Weitere Schwergewichte<br />
sind der Chiphersteller On<br />
Semiconductor sowie der Internetkonzern<br />
Meta.<br />
Topwerte im Monega-Fonds sind<br />
Nvidia, ein Anbieter von Grafikprozessoren<br />
und KI-Computing, sowie<br />
Elmos Semiconductor, ein deutscher<br />
Halbleiterhersteller mit zuletzt<br />
kräftigem Wachstum. In der KI-Branche<br />
geht es eben lebhaft zu. Und mit<br />
Technologien wie ChatGPT nehmen<br />
Tempo und Dynamik noch zu.<br />
Software überall<br />
auf dem Vormarsch<br />
Dem Risiko stehen auf lange Sicht<br />
entsprechende Chancen gegenüber:<br />
Laut AGI-Fondsmanager Sebastian<br />
Thomas verspricht die Ausrichtung<br />
auf KI-Aktien ein hohes Renditepotenzial.<br />
Auf den ersten Blick überraschend<br />
ist der E-Auto-Bauer Tesla<br />
mit fast 6 Prozent die größte Position<br />
im Fonds. Die Erklärung: Software<br />
Das Entwicklungstempo der<br />
Technologie verspricht hohe<br />
Gewinne<br />
Künstliche Intelligenz (KI) wird<br />
nahezu jeden Lebensbereich<br />
erfassen<br />
Auf lange Sicht sind die Risiken<br />
kalkulierbar<br />
KI-Fonds fürs Depot?<br />
Privatanleger können mit hohen<br />
Volatilitäten nicht umgehen<br />
Wettkampf zwischen USA und<br />
China bei KI birgt politische<br />
Risiken<br />
Themenfonds engen das<br />
Anlagespektrum ein und sind<br />
daher generell riskanter<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
32 | INVESTMENTFONDS Aktiv vs. passiv<br />
Auf der Suche nach Rendite<br />
Aktive Fonds sind teurer und oftmals auch performanceschwächer<br />
als ihre passiven Pendants, verlautbaren viele Studien. Doch der Ansatz greift zu kurz.<br />
IR IMKE REIHER<br />
Illustration: Roman Kulon
Aktiv vs. passiv INVESTMENTFONDS | 33<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
Wo aktives Management klare Vorteile besitzt<br />
Wie Gebühren die Outperformance beeinflussen<br />
Warum eine Schwarz-Weiß-Denke sich nicht rechnet<br />
Lieber aktiv oder passiv investieren? Diese Frage<br />
stellen sich Anleger bereits seit vielen Jahren.<br />
Schaut man sich zwei aktuelle Studienergebnisse<br />
von Scope (Aktiv-versus-passiv-Studie 2<strong>02</strong>2) und<br />
Morningstar (European Active/Passive Barometer<br />
2<strong>02</strong>3) an, scheint die Antwort klar. Denn<br />
unterm Strich schaffte es nur ein Drittel der<br />
aktiven Fondsmanager, ihren jeweiligen Vergleichsindex<br />
zu schlagen – und zwar kurz- wie<br />
langfristig. Der Überraschungseffekt innerhalb<br />
der Branche dürfte sich in Grenzen halten. Ähnliche<br />
Schlagzeilen gibt es schließlich regelmäßig.<br />
Dabei ist klar: Sämtliche Vergleiche sind immer<br />
zu relativieren, da sie nie das große Ganze zeigen,<br />
sondern nur einen Ausschnitt. Und dieser hängt<br />
stark von den gewählten Parametern ab – beispielsweise<br />
der Benchmark. „Beide Strategien<br />
haben ihre Vor- und Nachteile, die man nicht<br />
gegeneinander aufrechnen sollte“, meint Florian<br />
Koch, Analyst und Autor der Scope-Studie.<br />
Wichtig ist aber, das Für und Wider zu kennen.<br />
Bei passiven Produkten landet man hier sehr<br />
schnell bei den günstigeren Kosten, da die Vergütung<br />
eines Managements entfällt. Das ist vielen<br />
Anlegern bekannt. Weniger klar ist vielen aber,<br />
dass jene oft auch der Grund für eine bessere<br />
Performance-Ratio sind. Diesen Punkt sollten<br />
Berater im Kundengespräch gezielt ansprechen,<br />
da er das schlechtere Abschneiden vieler aktiver<br />
Fondsmanager in Relation setzt. Denn bei niedrigen<br />
Gebühren wäre die Netto-Rendite-Bilanz eine<br />
entsprechend bessere.<br />
Aktiv ist flexibler<br />
Natürlich wird sich an den proportional höheren<br />
Kosten für aktive Fonds in der Tendenz nichts ändern<br />
– die Manager arbeiten schließlich nicht unentgeltlich.<br />
Auf der anderen Seite bieten sie dafür<br />
aber entscheidenden (menschlichen) Mehrwert,<br />
da sie ihre Investments flexibler und zeitnah an<br />
unterschiedliche Marktszenarien anpassen und<br />
selektives Stockpicking nutzen können, während<br />
passive Produkte an den zugrunde liegenden Vergleichsindex<br />
gekoppelt bleiben.<br />
Gerade in Baisse-, Seitwärts- und Nischenmärkten<br />
kann das ein entscheidender Vorteil sein,<br />
weil sich (Klumpen-)Risiken und Schwankungen<br />
abfedern und verlustreiche Assets abbauen lassen.<br />
Und auch bei Themenfonds hat ein aktives<br />
Management in der Theorie die besseren Karten,<br />
»Beide Strategien haben ihre<br />
Vor- und Nachteile, die man nicht<br />
gegeneinander aufrechnen sollte.«<br />
weil es spezifisches und eigenes Markt-Knowhow<br />
bei der Portfoliozusammensetzung berücksichtigen<br />
und Benchmark-unabhängig umsetzen<br />
kann. Der Grad der Flexibilität hängt dabei vom<br />
Produkttyp ab, wobei die Manager von Multi-<br />
Asset-Fonds das Risiko breiter diversifizieren<br />
können. Aktien- und Rentenfondsmanager investieren<br />
hingegen tendenziell monothematisch.<br />
„Wenn Manager einen guten Job machen, kann<br />
sich das stark rentieren“, unterstreicht Koch.<br />
Beide Ansätze ergänzen sich<br />
Florian Koch, Analyst bei Scope<br />
So weit die Theorie. In der Praxis geht das mitunter<br />
aber nur bedingt auf, wie sich 2<strong>02</strong>2 zeigte, als<br />
der breite Markt ins Minus rauschte und aktiven<br />
Managern nur begrenzt Optionen zum Gegensteuern<br />
bot. In einigen Märkten zeigten sich<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
34 | INVESTMENTFONDS Aktiv vs. passiv<br />
»Aktiv nicht gegen passiv ausspielen«<br />
Interview mit Florian Koch, Analyst bei Scope<br />
<strong>procontra</strong>: Aktive Fonds können ihren<br />
Mehrwert in Krisenzeiten ausspielen.<br />
Was lief 2<strong>02</strong>2 falsch?<br />
Florian Koch: Eigentlich sind aktive<br />
Fonds dazu prädestiniert, in Krisenzeiten<br />
einen Mehrwert für Anleger<br />
rauszuholen. Das hat 2<strong>02</strong>2 aber oft<br />
nicht geklappt. Ein möglicher Grund<br />
ist, dass Aktienfondsmanager auch in<br />
schwachen Börsenphasen im Regelfall<br />
überwiegend investiert bleiben. Sie<br />
können zwar defensivere Titel auswählen,<br />
halten aber für gewöhnlich keine<br />
hohe Bargeldquote. Deshalb waren sie<br />
den Querelen an den Aktienmärkten so<br />
stark ausgeliefert. Und 2<strong>02</strong>2 war nun<br />
mal eines der schwächsten Börsenjahre<br />
seit der Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
2008. Allerdings wurden im Rahmen<br />
der Studie auch nur Aktienfonds ausgewertet.<br />
Bei Multi-Asset- und Rentenfonds<br />
kann die Bilanz anders aussehen.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Erkenntnisse und<br />
Überraschungen hat die Studie aufgezeigt?<br />
Koch: Value hat wieder besser abgeschnitten<br />
als Growth und Industrietanker<br />
besser als Technologiewerte.<br />
Eine Überraschung war, dass kleinere<br />
Fonds in Deutschland 2<strong>02</strong>2 tendenziell<br />
besser abgeschnitten haben als<br />
Schwergewichte, anders, als das in<br />
der Vergangenheit oft der Fall war. Im<br />
Schnitt hatten die Fonds, die den Vergleichsindex<br />
übertreffen konnten, nur<br />
ein Volumen von 90 Millionen Euro.<br />
Die Großen haben es nicht geschafft,<br />
rechtzeitig zu drehen. Gut abgeschnitten<br />
haben erneut Fonds der Peergroup<br />
Aktien Asia Pacific ex Japan, die zum<br />
wiederholten Male die höchste Outperformance-Ratio<br />
innerhalb der acht<br />
ausgewerteten Peergroups aufwiesen.<br />
Grund hierfür ist, dass sie schlecht<br />
laufende chinesische Aktien niedriger<br />
gewichtet haben als der Vergleichsindex.<br />
<strong>procontra</strong>: Aktiv oder passiv investieren<br />
– was ist nun de facto lukrativer?<br />
Koch: Klare Vorteile aktiver Fonds sind<br />
zweifellos ihr Research und womöglich<br />
sogar ein Management vor Ort. Dafür<br />
gehen höhere Kosten mitunter deutlich<br />
zulasten der Rendite. Allerdings<br />
zeigt sich gerade ein Trend, dass die<br />
Kostenquote bei aktiven Fonds zurückgeht.<br />
Einen eindeutigen Gewinner gibt<br />
es trotzdem nicht. Man sollte aktive<br />
Strategien auch nicht gegen passive<br />
ausspielen, da beide ihre Vor- und<br />
Nachteile haben und sich sinnvoll ergänzen<br />
können. In jedem Fall wichtig<br />
sind eine Kosten- und Performance-<br />
Transparenz.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Fonds können Berater<br />
ihren Kunden empfehlen?<br />
Koch: Natürlich hat niemand eine<br />
Glaskugel, aber Factsheets, die<br />
Historie und bisherige Wertentwicklung<br />
von Fonds und deren Volumina<br />
sind gute Orientierungshilfen, um<br />
aussichtsreiche Fonds zu finden. Ein<br />
Fondsvolumen von 100 Millionen Euro<br />
spricht beispielsweise dafür, dass eine<br />
gewisse Substanz dahintersteckt.<br />
Zudem gibt es namhafte Fondsgesellschaften<br />
und Manager, die langfristig<br />
mit guter und solider Performance<br />
überzeugen.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Aktiv vs. passiv INVESTMENTFONDS | 35<br />
Kosten machen den Unterschied<br />
Beispielhafte Wertentwicklung einer Rendite von 7 Prozent p. a.<br />
Unterstellte Kosten: QPB: 1,61 % p. a. Aktiver Aktienfonds: 2,50 %<br />
360.000<br />
340.000<br />
320.000<br />
300.000<br />
280.000<br />
260.000<br />
240.000<br />
220.000<br />
200.000<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
Jahre<br />
QPB Vermögensverwaltung Markt (100 % Aktien-ETFs)<br />
aktiver globaler Aktienfonds<br />
Angaben in €, Anlagesumme: 200.000 € Quelle: Quirin Bank, Stand 10/2<strong>02</strong>2<br />
die Vorteile aktiven Managements<br />
trotzdem deutlich, etwa bei Fonds<br />
mit türkischen und kanadischen<br />
Aktien sowie bei US-Value-Titeln. Und<br />
auch bei Anleihen- und Rentenfonds<br />
gelang es vielen aktiven Managern,<br />
ihren Vergleichsindex zu übertreffen,<br />
indem sie die Laufzeiten der Bonds<br />
verkürzten oder Währungsdifferenzen<br />
verstärkt ausnutzten, etwa beim<br />
japanischen Yen, beim britischen<br />
Pfund oder bei lokalen Schwellenländer-Devisen.<br />
Die Herausforderung für Berater<br />
liegt darin, die Vorteile aktiven<br />
Managements im Kundengespräch<br />
anschaulich herauszuarbeiten, ohne<br />
den Mehrwert passiver Produkte zu<br />
schmälern oder auszusparen. Das ist<br />
weder nötig noch sinnvoll, denn die<br />
beiden Strategien können sich gut<br />
ergänzen. Stattdessen sollten die Gebühren<br />
offen angesprochen werden,<br />
da sie beim Produktkauf natürlich<br />
eine zentrale Rolle spielen und die<br />
Rendite maßgeblich beeinflussen. Es<br />
»Nur einem Drittel<br />
der aktiven Fondsmanager<br />
gelang<br />
es 2<strong>02</strong>2, ihren Vergleichsindex<br />
zu<br />
schlagen.«<br />
Aktiv-versus-passiv-Studie 2<strong>02</strong>2<br />
Scope Fund Analysis<br />
Long Story short<br />
gilt, zu relativieren. Denn selbst teure<br />
Produkte können sich rentieren,<br />
wenn das Performance-Plus entsprechend<br />
hoch ausfällt.<br />
Berater müssen diese guten finden,<br />
und jeder hat dafür wohl seine eigene<br />
Strategie. Anhaltspunkte sind – neben<br />
dem Anbieter – aussagekräftige<br />
Kennziffern wie die Wertentwicklung,<br />
Volumina und Gebührenstruktur<br />
eines Fonds, aber auch Factsheets,<br />
Ratings und ein gutes Gespür für<br />
langfristige Zukunftsthemen wie<br />
Nachhaltigkeit, Robotik, KI und<br />
Medizintechnologie.<br />
Benchmark-Autonomie punktet in Baisse- und Nischen-Märkten<br />
Gebühren beeinflussen Outperformance-Ratio signifikant<br />
Aktive und passive Strategien können sich gut ergänzen<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
36 | INVESTMENTFONDS Dividendenfonds<br />
Dividendenflut fürs Depot<br />
Wenn der Frühling erwacht, ist die Ausschüttungssaison nicht weit. Auch dieses Jahr<br />
sprechen die Rekordsummen erneut dafür, die Strategie stärker in Betracht zu ziehen.<br />
ST STEFAN TERLIESNER<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Welche Ausschüttungen<br />
2<strong>02</strong>3 zu erwarten sind<br />
Welchen Stabilitätsbeitrag<br />
Dividenden im Portfolio leisten<br />
Welche Bedeutung Dividenden<br />
für die Gesamtrendite haben<br />
Aktionäre können sich auf einen<br />
warmen Dividendenregen freuen.<br />
Nach Schätzungen des Vermögensverwalters<br />
Janus Henderson schütten<br />
Unternehmen in diesem Jahr<br />
weltweit 1,6 Billionen US-Dollar an<br />
ihre Eigentümer aus – ein erneuter<br />
Rekord. Eine weitere Bestmarke<br />
stellten voraussichtlich auch europäische<br />
Aktiengesellschafften auf. Der<br />
Fondsanbieter Allianz Global Investors<br />
rechnet hier mit einem leichten<br />
Anstieg der Dividendensumme auf<br />
387 Milliarden Euro.<br />
Kontinuität ist wichtig<br />
Freuen könnten sich auch auf<br />
Deutschland fokussierte Anleger. So<br />
prognostiziert die DekaBank einen<br />
kräftigen Anstieg der Ausschüttungssumme<br />
der DAX-Konzerne um<br />
8,6 Prozent auf 54,5 Milliarden Euro.<br />
Hinzu kämen 7,5 Milliarden Euro<br />
aus dem MDAX. „Die DAX-Konzerne<br />
haben 2<strong>02</strong>2 so viel Geld verdient wie<br />
noch nie“, konstatiert Joachim Schallmayer,<br />
Leiter Kapitalmärkte bei der<br />
DekaBank. Basis der Ausschüttungen<br />
im Jahr 2<strong>02</strong>3 sind bekanntlich die<br />
Gewinne des Jahres 2<strong>02</strong>2.<br />
„In einem wirtschaftlich und geopolitisch<br />
herausfordernden Jahr haben<br />
sich die Unternehmensgewinne in<br />
der Breite gut gehalten“, erläutert Jörg<br />
de Vries, Chief Investment Officer<br />
Equity Europe bei Allianz Global Investors.<br />
Und weiter: „Hinzu kommt,<br />
dass die Dividendenpolitik vieler<br />
Unternehmen auf stetige, mitunter<br />
sogar stetig steigende Ausschüttungen<br />
abzielt.“ Gerade diese Aussage<br />
unterstreicht den hohen Performance-<br />
und Stabilitätsbeitrag von<br />
Dividenden zu Aktienportfolios.<br />
Illustration: Roman Kulon
Dividendenfonds INVESTMENTFONDS | 37<br />
Ausgleich für »annus horribilis«<br />
So war das Jahr 2<strong>02</strong>2 mit Blick auf die<br />
Entwicklung der Aktienkurse ein „annus<br />
horribilis“. „In derartigen Jahren<br />
können Dividendenzahlungen aus<br />
Anlegersicht Kursverluste zumindest<br />
zum Teil, manchmal sogar in Gänze<br />
auffangen“, sagt auch Hans-Jörg<br />
Naumer, Leiter Kapitalmarktanalyse<br />
bei Allianz Global Investors. Gerade<br />
Privatanleger unterschätzen häufig<br />
die Bedeutung der Dividende für die<br />
Gesamtrendite von Aktien. Hierauf<br />
sollten Finanzberater hinweisen –<br />
und dies mit Zahlen belegen. Philipp<br />
Immenkötter vom Flossbach von<br />
Storch Research Institute hat in einer<br />
Studie ermittelt, dass in den vergangenen<br />
20 Jahren 52,2 Prozent des geschaffenen<br />
Werts am deutschen Aktienmarkt<br />
durch Dividenden erzielt<br />
wurden. Auf Kursgewinne entfielen<br />
40,9 Prozent, der Rest auf Aktienrückkäufe.<br />
Zu den größten Wertschaffern<br />
hierzulande gehören Allianz, BASF,<br />
BMW, Deutsche Telekom, Mercedes-<br />
Benz und Volkswagen – alles auch<br />
große Dividendenzahler.<br />
Tipp für die Kunden<br />
Durch die Wiederanlage der Ausschüttungen<br />
können Kunden den<br />
Zinseszinseffekt nutzen und langfristig<br />
höhere Gesamtrenditen erzielen.<br />
Als Anlagevehikel bieten sich thesaurierende<br />
Fonds an; hier erfolgt die<br />
Wiederanlage automatisch. Ohnehin<br />
sind Fonds das Instrument der Wahl,<br />
wenn es um Vermögensaufbau geht.<br />
Denn die hohe Dividendenrendite<br />
einer einzelnen Aktie kann auch in<br />
die Falle führen. Oft handelt es sich<br />
um angeschlagene Unternehmen,<br />
deren Aktienkurs deshalb niedrig<br />
ist, die aber ihre Ausschüttung noch<br />
nicht gekürzt oder gestrichen haben.<br />
In solchen Fällen ist die Dividendenrendite<br />
als Quotient aus erwarteter<br />
Dividende und Kurs hoch.<br />
»Die DAX-Konzerne<br />
haben 2<strong>02</strong>2 so<br />
viel Geld verdient<br />
wie noch nie.«<br />
Joachim Schallmayer,<br />
Leiter Kapitalmärkte<br />
bei der DekaBank<br />
Fonds für Dividenden-Fans<br />
Wertentwicklung gemäß der annualisierten Performance für drei Jahre<br />
Namen ISIN Rendite pro Jahr lfd. Kosten<br />
*<br />
thesaurierend, ** ausschüttend_Angaben in % Quelle: Morningstar, Stand: 10.3.2<strong>02</strong>3<br />
Besser als der Index<br />
Ein Fonds, der in diesem Jahr sein<br />
20-jähriges Jubiläum feiert, ist der DJE<br />
Dividende & Substanz, der von Jan<br />
Ehrhardt verwaltet wird. Nach<br />
Angaben des Anbieters DJE Kapital<br />
hat das Sondervermögen seit Auflage<br />
einen durchschnittlichen jährlichen<br />
Wertzuwachs von 9 Prozent erzielt.<br />
Ehrhardt hebt hervor, „dass wir als<br />
aktive Fondsmanager den Vergleichsindex<br />
auch nach Kosten deutlich<br />
schlagen konnten“. Anleger, die<br />
investiert sind, können sich in den<br />
kommenden Wochen über einen<br />
warmen Dividendenregen freuen.<br />
Ist eine Dividendenstrategie sinnvoll?<br />
Ausschüttungen tragen<br />
wesentlich zur Aktien -<br />
rendite bei<br />
Dividendenfonds investieren<br />
in Qualitätsunternehmen<br />
Regelmäßige Einnahmen<br />
von rund 3 Prozent<br />
3 Jahre 5 Jahre 10 Jahre<br />
JP Morgan Global<br />
Dividende EUR * LU0329201957 17,5 11,9 10,4 1,81<br />
Acatis Value und<br />
Dividende ** AT0000A146T3 9,0 7,4 k. A. 1,56<br />
DWS Top Dividende * DE0009848119 8,0 6,4 7,0 1,45<br />
DJE Dividende &<br />
Substanz * LU0159550150 7,9 4,3 6,2 1,92<br />
LBBW Dividenden<br />
Strategie Eurland ** DE0009780411 4,0 –2,0 3,9 1,73<br />
Auswahl von Dividendenaktien<br />
bedarf eines (kostenintensiven)<br />
Profis<br />
Fonds müssen zum<br />
Investmentziel passen<br />
Rezession kann Ausschüttungen<br />
nachhaltig belasten<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
VERSICHERUNGEN<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Lebensver-<br />
sicherer setzen<br />
auf Biometrie<br />
Positive Prognosen für BU- und<br />
Grundfähigkeitspolicen<br />
Die Inflation und die damit verbundene Kaufzurückhaltung<br />
haben Einfluss auf die Stimmung<br />
der deutschen Lebensversicherer. Nach einer<br />
aktuellen Analyse des Ratinghauses Assekurata<br />
ruht die Hoffnung der Versicherer momentan auf<br />
dem Biometriegeschäft, vor allem auf dem mit<br />
BU- und Grundfähigkeitsversicherungen. Ebenso<br />
ist die Erwartungshaltung bei Risikolebensversicherungen<br />
leicht positiv – auch wenn hier davon<br />
ausgegangen wird, dass die sinkende Immobiliennachfrage<br />
Tribut fordern wird. Am schlechtesten<br />
sind die Erwartungen in Bezug auf das Geschäft<br />
mit klassischen Garantieprodukten sowie mit<br />
Pflegeversicherungen und Dread-Disease-Policen.<br />
Weitere Themen<br />
Neuer Vergleichsrechner am Markt 40<br />
Gewinnquoten in der PKV 42<br />
Bürgerrente statt Riester-Reform? 46<br />
Unterversicherung vermeiden 48<br />
Neue Impulse für die Basisrente 52<br />
Neues Rechtsschutz-Rating 54<br />
Foto: peterschreiber.media
40 | VERSICHERUNGEN Vergleichsrechner<br />
»Der Markt braucht einen<br />
unabhängigen Vergleicher«<br />
Der ehemalige softfair-Chef Matthias Brauch bringt einen neuen Vergleichsrechner<br />
an den Markt und will damit wirkliche Unabhängigkeit bieten.<br />
MT MARTIN THALER<br />
<strong>procontra</strong>: Mit Ihrer neuen Firma Comparit<br />
wollen Sie neue Vergleichsrechner<br />
für Makler auf den Markt bringen. Warum<br />
braucht es noch eine solche Firma?<br />
Matthias Brauch: Wir haben am Markt<br />
derzeit eine aus Sicht des unabhängigen<br />
Maklers sehr unbefriedigende<br />
Situation: Die drei Vollsortimenter am<br />
Markt – also die Vergleicher, die alle Versicherungssparten<br />
abdecken – befinden<br />
sich in der Hand einzelner Branchenakteure.<br />
softfair gehört zur Gruppe<br />
rund um die Fonds Finanz, Morgen &<br />
Morgen zu Jung, DMS & Cie. und Franke<br />
und Bornberg zur Swiss Life Gruppe.<br />
Gerade bezogen auf den letztgenannten<br />
Vergleicher finde ich es – gelinde<br />
gesagt – schwer zu verstehen, dass<br />
ein Vergleicher überhaupt in der Hand<br />
eines Versicherungsunternehmens sein<br />
kann. Als Makler stellt man sich da doch<br />
die Frage: Welcher Anbieter arbeitet<br />
ausschließlich für mich? Der Markt für<br />
einen unabhängigen Vergleicher ist aus<br />
meiner Sicht zurzeit unbesetzt, und ich<br />
glaube, wenn man es richtig angeht,<br />
gibt es eine große Chance, diese Lücke<br />
zu füllen. Der Markt braucht mindestens<br />
einen unabhängigen Vergleicher.<br />
<strong>procontra</strong>: Unabhängigkeit ist ja ein<br />
großes Wort. Wie wollen Sie die denn<br />
sicherstellen?<br />
Brauch: Wir garantieren unsere Un-<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
Die Motivation für einen neuen Vergleichsrechner<br />
Wie die Unabhängigkeit des Rechners gewahrt bleibt<br />
Welche USPs der Rechner mitbringen wird<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Vergleichsrechner VERSICHERUNGEN | 41<br />
abhängigkeit zum einen durch mehrere<br />
Investoren, zum anderen durch unser<br />
Konstrukt.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie sieht Ihre Firmenstruktur<br />
konkret aus?<br />
Brauch: 51 Prozent der Firmenanteile<br />
werden den Gründern gehören, also mir<br />
und den Mitarbeitern. Konkret: 26 Prozent<br />
der Anteile werden durch meine<br />
Firma gehalten, 25 Prozent von einer<br />
Mitarbeiter-KG. Die anderen 49 Prozent<br />
verteilen sich auf mehrere Marktteilnehmer,<br />
in dem Fall: die Maklerpools Netfonds,<br />
blau direkt und Maxpool. Für den<br />
Eintritt weiterer Pools, Vertriebe und<br />
Großmakler sind wir offen und wollen<br />
im ersten Halbjahr 2<strong>02</strong>4 mit den ersten<br />
Produkten auf weitere Pools, Vertriebe<br />
und Maklerunternehmen zugehen.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie weit sind Ihre Pläne<br />
fortgeschritten?<br />
Brauch: Am 2. Januar dieses Jahres<br />
haben wir die Entwicklung gestartet.<br />
Wir haben die Positionen des CEO, CTO<br />
sowie des COO bereits besetzt und verfügen<br />
über eine Entwicklertruppe, die<br />
wir im Laufe der kommenden Monate<br />
sukzessiv erweitern werden. Derzeit haben<br />
wir sechs Angestellte, weitere zehn<br />
Personen kommen bis zum 1. September<br />
hinzu. Bis Mitte 2<strong>02</strong>4 wird das Team<br />
zwischen 30 und 40 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter zählen.<br />
<strong>procontra</strong>: Ist es das Ziel, noch in diesem<br />
Jahr ein fertiges Produkt auf den<br />
Markt zu bringen?<br />
Brauch: Ja, wir wollen bis Ende des<br />
Jahres mit einem Lebensvergleichsprogramm<br />
auf den Markt gehen. Es soll<br />
erst einmal biometrische Risiken, also<br />
Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherungen,<br />
umfassen. Vielleicht<br />
schaffen wir aber auch ein bisschen<br />
mehr.<br />
<strong>procontra</strong>: Ihr Ziel bleibt es aber, dass<br />
das Vergleichsprogramm letztlich alle<br />
Sparten umfasst?<br />
Brauch: Mit diesem Ziel sind wir angetreten.<br />
Ich halte es auch für die einzige<br />
Möglichkeit, als Vergleichsprogrammanbieter<br />
am Markt zu bestehen. Nutzer<br />
der Programme verstehen zu Recht<br />
nicht, warum sie mit verschiedenen<br />
Herstellern am Markt reden müssen,<br />
wenn es um Schnittstellen und einheitliche<br />
Oberflächen geht. Wir wollen uns<br />
jedoch auf die Sparten der Privatversicherung<br />
beschränken.<br />
<strong>procontra</strong>: Soll es außer der Sicherstellung<br />
der eigenen Unabhängigkeit<br />
noch weitere Punkte geben, mit denen<br />
Sie sich von der Konkurrenz abgrenzen<br />
wollen?<br />
Brauch: Bislang war es häufig so, dass<br />
die digitalen Antragsstrecken lediglich<br />
ein Abfallprodukt des Vergleichs waren.<br />
Wir wollen jedoch von Anfang an in<br />
digitalen Strecken zwischen Versicherer<br />
»Der Markt für<br />
einen unabhängigen<br />
Vergleicher ist aus<br />
meiner Sicht zurzeit<br />
unbesetzt.«<br />
und Makler denken, auf diesen Strecken<br />
setzen wir dann den sachlich fundierten<br />
und unabhängigen Vergleich auf. Das ist<br />
unsere fachliche Vision, die technische<br />
Vision ist unter anderem, dass wir einen<br />
API-first-Ansatz verfolgen. Zur Nutzerfreundlichkeit<br />
kommt damit auch die<br />
„Developer Experience“. Hier kommt<br />
uns natürlich zugute, dass wir ohne<br />
irgendwelche Altlasten auf der grünen<br />
Wiese anfangen können. Der Traum<br />
eines jeden Technikers.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie sieht es mit Ihrer Finanzierung<br />
aus?<br />
Brauch: Wir sind über die kommenden<br />
drei Jahre komplett ausfinanziert,<br />
sodass wir in dieser Zeit keinen Euro<br />
Umsatz machen müssten. Wir suchen<br />
aber nach weiteren Interessenten und<br />
wollen, wie bereits erwähnt, dazu auch<br />
mit einem Angebot auf die Branche<br />
zugehen. Dadurch fließt aber kein<br />
weiteres Geld in die Firma – stattdessen<br />
wird lediglich das investierte Kapital<br />
der jetzigen Investoren abschmelzen.<br />
Eine Kapitalerhöhung hätte sonst zur<br />
Folge, dass die Anteile der Gründer<br />
und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />
abschmelzen – das wollen wir ausdrücklich<br />
nicht. Schließlich sollen die Mitarbeiter:innen<br />
auch zukünftig das Sagen<br />
über die Firma haben. Wir planen, unseren<br />
Break-Even ausschließlich über die<br />
Lizenzgebühren für unsere Vergleichsprogramme<br />
zu erhalten.<br />
<strong>procontra</strong>: Ist der Markt groß genug für<br />
einen weiteren Mitbewerber?<br />
Brauch: Der Markt verträgt gerade in<br />
der jetzigen Zeit einen weiteren Player,<br />
der sich mit der Neutralität ja momentan<br />
auch ein Alleinstellungsmerkmal<br />
sichert. Ich habe aus der Branche dazu<br />
bislang auch ausschließlich positive<br />
Rückmeldungen bekommen. Und<br />
irgendjemand muss es ja machen: die<br />
„Nischigkeit“ des Marktes ist manchmal<br />
eben ein Hindernis für neue Akteure, in<br />
diesen Markt einzusteigen. Rechnet<br />
man alle Vergleicher im B2B-Bereich<br />
zusammen, kommt man auf ein<br />
Umsatzvolumen von circa 50 Millionen<br />
Euro. Das sind natürlich keine Summen,<br />
die für große Player interessant sind. Es<br />
braucht also eine gewisse Leidenschaft,<br />
sich in diesem Segment zu engagieren.<br />
Diese Leidenschaft ist allen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern der Comparit<br />
zu eigen.<br />
Weiter im Thema<br />
Das vollständige<br />
Interview lesen<br />
Sie auf<br />
<strong>procontra</strong>-online.de<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
42 | VERSICHERUNGEN Private Krankenversicherung<br />
BAP trotz Gewinnen?!<br />
Die meisten privaten Krankenversicherer machen dauerhaft satte Gewinne. Warum<br />
zeitgleich die Beiträge erhöht werden, sollten Makler ihren Kunden erklären können.<br />
FB FLORIAN BURGHARDT<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Gewinnsituation der privaten<br />
Krankenversicherer<br />
Warum Gewinne und BAP<br />
sich nicht ausschließen<br />
Wofür PKV ihre Erträge<br />
verwenden<br />
Beitragsanpassungen (BAP) sind die<br />
Achillesferse der privaten Krankenversicherung.<br />
Allen Leistungen zum<br />
Trotz: Wenn alle paar Jahre ein Brief<br />
ins Haus flattert, der darüber informiert,<br />
dass der monatliche Beitrag<br />
um mehrere zehn oder sogar um<br />
mehr als 100 Euro steigt, entsteht<br />
Erklärungsbedarf bei den Privatversicherten.<br />
Abfangen muss dies nicht<br />
selten der Vermittler, was angesichts<br />
steigender Gewinne der Versicherer<br />
auch schnell zum heiklen Krisengespräch<br />
werden kann. Der eine oder<br />
andere Kunde schaut eben doch auf<br />
die versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote<br />
(VEQ) seines privaten Krankenversicherers.<br />
„Diese ist mit dem<br />
versicherungstechnischen Ergebnis<br />
im Komposit-Bereich vergleichbar.<br />
Ihr Prozentwert drückt den Gewinnanteil<br />
an den Beitragseinnahmen des<br />
PKV-Unternehmens aus, der nach<br />
Abzug sämtlicher Leistungen sowie<br />
Abschluss- und Verwaltungskosten<br />
übrig bleibt, wobei in der PKV auch<br />
die Veränderung der Alterungsrückstellung<br />
berücksichtigt wird“, erklärt<br />
Illustration: Eleonora Mavromati
Private Krankenversicherung VERSICHERUNGEN | 43<br />
Abdulkadir Cebi, Bereichsleiter Analyse und Bewertung<br />
bei der Assekurata Assekuranz Rating-<br />
Agentur GmbH. Eine Quote zwischen 10 und 15<br />
Prozent hält er dabei für ein stabiles Geschäftsmodell<br />
in stürmischen Zeiten. Quoten von über<br />
15 Prozent, so Cebi, seien hingegen nicht zwingend<br />
notwendig.<br />
Auffällige Einsteigertarife<br />
Diese sind jedoch keine Seltenheit mehr (siehe<br />
Grafik). Laut „Branchenmonitor Krankenversicherung“<br />
der V.E.R.S. Leipzig GmbH erzielten im<br />
Geschäftsjahr 2<strong>02</strong>1 (aktuellere Geschäftszahlen<br />
liegen zu den meisten Unternehmen noch nicht<br />
vor) 16 der 25 größten privaten Krankenversicherer<br />
eine VEQ von über 15 Prozent. Im Jahr 2<strong>02</strong>0<br />
waren es noch elf, im Jahr 2019 acht. Auf Sechsjahressicht<br />
(Geschäftsjahre 2016 bis einschließlich<br />
2<strong>02</strong>1) kommen neun Unternehmen auf eine<br />
durchschnittliche jährliche VEQ von über 15 Prozent:<br />
LKH (20,99), R+V (18,73), Alte Oldenburger<br />
(17,38), Generali Kranken (ehemals Central 17,24),<br />
DKV (17,15), LVM (16,51), uniVersa (16,25), Württembergische<br />
(15,39) und Union Kranken (15,09).<br />
Aber wie lassen sich vor dem Hintergrund solch<br />
langfristig hoher Gewinnquoten überhaupt noch<br />
Beitragserhöhungen rechtfertigen? Laut BdV-<br />
Chefökonom Constantin Papaspyratos muss<br />
man hier mehrere Faktoren berücksichtigen<br />
(siehe Zusatzinterview). Am wichtigsten sei es,<br />
dass jedes Tarifkollektiv eines PKV-Anbieters gesondert<br />
betrachtet werden müsse, wodurch sich<br />
die BAP parallel zu den hohen Gewinnquoten<br />
erklären ließen. Ein Problem sieht Papaspyratos<br />
in sogenannten Einsteigertarifen, die noch vor<br />
einigen Jahren vielfach verkauft wurden. Diese<br />
seien „sehr knapp kalkuliert“ und hätten auf<br />
junge, gesunde Selbstständige abgezielt. Das habe<br />
sich aber gerächt, weil es in diesen relativ kleinen<br />
Kollektiven Jahre später immer wieder zu heftigen<br />
Beitragssprüngen gekommen sei. Laut dem<br />
Verbraucherschützer haben unter anderem diese<br />
Einsteigertarife die PKV zu ihrem „Teuer-Image“<br />
und zur BAP-Angst vieler Menschen geführt.<br />
Über die RfB zum Kunden?!<br />
Beim PKV-Verband teilt man diese Auffassung<br />
nicht. „Wir haben keinen Einblick in die Tarifkalkulation<br />
der Unternehmen, gehen aber davon<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
PKV-Gewinnquoten im Vergleich<br />
2016 2017 2018 2019 2<strong>02</strong>0 2<strong>02</strong>1<br />
R+V LKH DKV Debeka<br />
Marktdurchschnitt<br />
versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote<br />
der privaten Krankenversicherer in % <br />
»Eine versicherungsgeschäftliche<br />
Ergebnisquote von über 15 Prozent<br />
ist nicht zwingend notwendig.«<br />
Abdulkadir Cebi<br />
Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata<br />
aus, dass alle solide kalkuliert sind. Dafür gibt<br />
es strenge Kalkulationsvorgaben, die von einem<br />
unabhängigen Treuhänder überwacht werden“,<br />
heißt es auf unsere Nachfrage. Eine Quersubventionierung<br />
zwischen profitablen und defizitären<br />
Tarifen sei in der PKV übrigens nicht möglich, betont<br />
deren Dachverband. Auf diesem Weg lassen<br />
sich BAP also nicht verhindern.<br />
Doch was machen die Krankenversicherer mit<br />
besonders hohen VEQ eigentlich mit ihren<br />
Gewinnen? „Der Anteil des Überschusses,<br />
welcher der Rückstellung für Beitragsrückerstattung<br />
zugeführt wird, lag bei uns in den letzten<br />
drei Jahren zwischen 92 und 93 Prozent“, so<br />
LKH-Sprecherin Dörte Radtke. Ähnlich erklärten<br />
sich auch die vier anderen Unternehmen mit<br />
einer VEQ über 17 Prozent auf unsere Nachfrage.<br />
Aus den RfB-Töpfen werden nicht nur die<br />
Prämien für leistungsfreie Kunden ausgeschüt-<br />
Quelle: Branchenmonitor<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
44 | VERSICHERUNGEN Private Krankenversicherung<br />
tet, sondern auch BAP komplett vermieden<br />
oder abgemildert. Vermittler können ihren<br />
Kunden also erklären, dass BAP immer gezielt bei<br />
defizitären Tarifen eingesetzt werden und nicht<br />
aufgrund paralleler Gewinne des Unternehmens<br />
vermeidbar sind. Die Profite wiederum kommen<br />
größtenteils allen Versicherten zugute.<br />
Long Story short<br />
Tarifkollektive werden gesondert betrachtet,<br />
Quersubventionierung ist nicht erlaubt<br />
Gewinne und BAP schließen sich daher nicht aus<br />
Gewinne werden zur BAP-Vermeidung verwendet<br />
»Viele Einsteigertarife rächen sich noch heute«<br />
Wie sich PKV-Beitragserhöhungen trotz konstant satter Gewinne der Versicherer erklären lassen,<br />
erläutert Constantin Papaspyratos, Chefökonom des Bundes der Versicherten.<br />
<strong>procontra</strong>: Ein Drittel der PKV-Anbieter<br />
fährt seit mindestens fünf Jahren<br />
über 15 Prozent Gewinn ein. Wie<br />
lassen sich da Beitragserhöhungen<br />
rechtfertigen?<br />
Constantin Papaspyratos: Das kann<br />
man pauschal nicht beurteilen. In der<br />
versicherungsgeschäftlichen Ergebnisquote<br />
steckt auch das Geschäft<br />
mit Zusatzversicherungen drin, und<br />
innerhalb eines privaten Krankenversicherers<br />
muss jedes Kollektiv gesondert<br />
betrachtet werden. Viele Tarife<br />
eines Unternehmens können Gewinne<br />
„abwerfen“, während anderen ein<br />
relativ altes Versichertenkollektiv<br />
zugrunde liegt, das viele Leistungen<br />
in Anspruch nimmt und dadurch<br />
eine hohe Schadenquote produziert.<br />
Dann erhalten die Kunden aus diesem<br />
Kollektiv bei der nächsten Gelegenheit<br />
eine Beitragserhöhung, obwohl das<br />
Unternehmen insgesamt gute Gewinne<br />
einfährt. Ein anderes Beispiel wäre<br />
ein „Einsteigertarif“, der mit vielen<br />
jungen, gesunden Leuten und entsprechend<br />
einem niedrigen Beitragsniveau<br />
gestartet ist. Wenn die Versicherten<br />
dann zunehmend Leistungen beanspruchen,<br />
kommen auch hier die BAP.<br />
<strong>procontra</strong>: Haben wir in der PKV ein<br />
Problem mit solchen Einsteigertarifen?<br />
Papaspyratos: Dieses Thema hat<br />
sich in den letzten 15 Jahren deutlich<br />
verbessert. Vorher kursierten viele<br />
Angebote à la „PKV für unter 200<br />
Euro monatlich“. Einige Gesellschaften<br />
hatten es damit vor allem auf junge<br />
Selbstständige mit relativ geringem<br />
Einkommen abgesehen. Diese Einsteigertarife<br />
waren sehr knapp kalkuliert.<br />
Man hatte erwartet, dass diese<br />
Menschen entweder zurück in die GKV<br />
gehen oder dass sie in leistungsstärkere<br />
Tarife wechseln. Da jedoch relativ<br />
viele Menschen in diesen Tarifen<br />
blieben und die Schadenquote mit<br />
dem Alter anstieg, waren die BAP hier<br />
sehr hoch und sind es teilweise immer<br />
noch. Zudem sind die BAP auch ein<br />
Zinsthema. Wenn der Tarif mit einem<br />
Rechnungszins kalkuliert wurde, den<br />
der Versicherer später nicht mehr erwirtschaften<br />
kann, treibt auch das die<br />
Beiträge nach oben.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie beurteilen Sie die teils<br />
hohen Gewinne der PKV-Anbieter?<br />
Papaspyratos: Hier muss man darauf<br />
schauen, wie ein privater Krankenversicherer<br />
mit seinen Erträgen umgeht,<br />
um Beitragserhöhungen zu dämpfen<br />
– zum Beispiel über Limitierungsmittel.<br />
Wenn Teile des Gewinns dafür<br />
hergenommen werden, ist das<br />
unkritisch. Zumal sich Versicherungsvereine<br />
nicht einfach neues Kapital<br />
beschaffen können wie Aktiengesellschaften.<br />
Letztere wiederum müssen<br />
Dividenden zahlen, um für neue<br />
Aktienausgaberunden zur Kapitalbeschaffung<br />
attraktiv zu bleiben.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Stuttgarter | ANZEIGE<br />
Sixpack zum Renten-Checkup ‘23<br />
Inflation, turbulente Kapitalmärkte und wirtschaftliche Sorgen erhöhen die Unsicherheit bei Kunden<br />
und erfordern vor allem Information und Aufklärung durch den Vermittler.<br />
Der „Renten-Checkup ‘23“ der Stuttgarter eröffnet 6 neue Wege mit Beratungsansätzen in der Vorsorge.<br />
Drei turbulente Jahre liegen hinter uns, die die<br />
Welt als Ganzes und auch die Lebenswelt jedes<br />
Einzelnen verändert haben. Pandemie, volatile<br />
Kapitalmärkte, hohe Inflation und politische<br />
Unsicherheiten vergrößerten die Sorgen vieler<br />
Kunden und erschwerten die Beratung zur<br />
privaten Altersvorsorge. Doch der Blick gehört<br />
nach vorn, Richtung Zukunft. Denn die Notwendigkeit,<br />
die Einkommenslücke im Alter zu<br />
schließen, bleibt weiterhin hoch.<br />
Rente? Einmal durchchecken bitte!<br />
Die Stuttgarter unterstützt Sie, Ihre Kunden<br />
gerade jetzt zu beraten.<br />
Unter dem Motto „Einmal durchchecken bitte“<br />
bietet sie Ideen und Impulse. Ausgestattet mit<br />
Impulspräsentationen, unterhaltsamen Social-<br />
Media-Content für Ihre Kanäle, Mailingvorlagen<br />
oder Argumentationsleitfäden gestalten Sie<br />
Ihre Kundenansprache effektiver sowie Ihre Beratung<br />
anschaulicher und geben der privaten<br />
Altersvorsorge ein zeitgemäßes Update.<br />
DIESES SIXPACK MIT VERTRIEBSANSÄTZEN WURDE FÜR SIE GESCHNÜRT:<br />
PAKET 1<br />
»Vorsorge-Checkup ’23 in Zeiten<br />
hoher Inflation.«<br />
Die hohe Inflation gefährdet die private<br />
Altersvorsorge. Ein Checkup der<br />
Vorsorgesituation und ein Upgrade<br />
laufender Verträge gewährleisten<br />
Ihren Kunden den Kaufkrafterhalt im<br />
Alter.<br />
PAKET 4<br />
»Geschenkte Zukunft bringt die<br />
Basisrente auf den Tisch.«<br />
Beiträge zur Basisrente können seit<br />
2<strong>02</strong>3 komplett steuerlich abgesetzt<br />
werden. Damit lassen sich die<br />
Zielgruppen der gutverdienenden<br />
Arbeitnehmer und Selbstständigen<br />
hervorragend aktivieren.<br />
PAKET 2<br />
»Vorsorge? Menschenskinder! –<br />
um die Kindergelderhöhung clever<br />
zu nutzen.«<br />
Die Erhöhung des Kindergelds ist oft<br />
noch nicht fest verplant und wirkt wie<br />
ein „Bonus“. Ein guter Zeitpunkt, Eltern<br />
die Potenziale einer Kindervorsorge<br />
vorzustellen und den „Einkommensbonus“<br />
in die Zukunft der Kinder zu<br />
investieren.<br />
PAKET 5<br />
»Zukunft schenken – Steuern sparen<br />
zeigt Alternativen zum Vererben auf.«<br />
Steuern belasten die Weitergabe von<br />
Vermögen. Zeigen Sie auf, wie diese<br />
Kosten gesenkt werden können, und<br />
nutzen Sie die langfristige Erbschaftsplanung<br />
als Vertriebspotenzial.<br />
PAKET 3<br />
»Beruhigend gute Vorsorge, wenn die<br />
Kapitalmärkte verrücktspielen.«<br />
Es herrscht nach wie vor oft Skepsis<br />
gegenüber kapitalmarktorientierter<br />
Vorsorge. Zeitgemäße Produkte kombinieren<br />
gewünschte Sicherheit und<br />
nötige Ertragschancen.<br />
PAKET 6<br />
»Investition mit Steuervorteil für die<br />
Verwendung höherer Einmalbeträge.«<br />
Einmalbeträge und private Altersvorsorge<br />
matchen perfekt. Dabei sind<br />
Fondspolicen gegenüber Fondsinvestments<br />
– trotz Vertragskosten – bei<br />
längerer Laufzeit häufig die bessere<br />
Wahl.<br />
Downloaden Sie jetzt Ihr Vertriebs-Sixpack unter: checkup23.stuttgarter.de
46 | VERSICHERUNGEN pro/contra<br />
Bürgerrente statt<br />
Riester-Reform?<br />
Mit einer Bürgerrente wollen die deutschen Lebensversicherer die geförderte private<br />
Altersvorsorge neu beleben. BVK-Präsident Michael H. Heinz und GDV-Hauptgeschäftsführer<br />
Jörg Asmussen vertreten zu dem Thema kontroverse Ansichten.<br />
pro<br />
Es ist gut, dass der Dialog zur privaten<br />
Altersvorsorge in der Fokusgruppe<br />
Altersvorsorge der Bundesregierung<br />
nun gestartet ist. Die geförderte private<br />
Altersvorsorge ist reformfähig und hat<br />
eine Reform verdient – zügig und mit<br />
Blick für die echten Bedürfnisse der<br />
Bürgerinnen und Bürger.<br />
Die deutschen Lebensversicherer wollen<br />
mit ihrem Konzept einer Bürgerrente<br />
die geförderte private Altersvorsorge<br />
neu beleben. Die Bürgerrente soll<br />
einfacher, verständlicher, nachhaltiger<br />
und renditestärker sein: Sie soll höhere<br />
Erträge abwerfen, als sie heute mit<br />
Riester möglich sind. Dafür ist es aus<br />
Sicht der Versicherer nötig, den derzeit<br />
vorgeschriebenen 100-prozentigen<br />
Kapitalerhalt zu Rentenbeginn aufzuweichen<br />
– ohne jedoch völlig auf eine<br />
Absicherung zu verzichten. Die Verrentung<br />
des angesparten Vermögens bleibt<br />
Kernelement der geförderten privaten<br />
Altersvorsorge.<br />
Regelmäßige Anpassung der Zulagen<br />
Die Förderung soll mit der Bürgerrente<br />
einfacher und verständlicher werden.<br />
Die Idee: Zu jedem eingezahlten Euro<br />
legt der Staat 50 Cent obendrauf. Zahlt<br />
»Mit der Bürgerrente<br />
lässt sich<br />
die staatlich<br />
geförderte private<br />
Altersvorsorge<br />
künftig deutlich<br />
günstiger gestalten.«<br />
Jörg Asmussen,<br />
Hauptgeschäftsführer des GDV<br />
eine Kundin beispielsweise 1.000 Euro<br />
pro Jahr in den Vertrag ein, gibt es<br />
500 Euro als Förderung dazu. So<br />
einfach. Ebenfalls sollte es künftig über<br />
die Kopplung an die Beitragsbemessungsgrenze<br />
eine regelmäßige Anpassung<br />
der Zulagen geben.<br />
Mit der Bürgerrente sollte der Kreis der<br />
Förderberechtigten nach Ansicht der<br />
Versicherer auch um die Gruppe der<br />
Selbstständigen erweitert werden, die<br />
nicht rentenversicherungspflichtig sind.<br />
Ein Standardprodukt, weniger Dokumentationsaufwand,<br />
schlankere<br />
Prozesse zwischen Anbietern und<br />
staatlichen Förderstellen, digitale<br />
Vertriebsmöglichkeiten: All das senkt<br />
die Kosten. Mit der Bürgerrente ließe<br />
sich die private Altersvorsorge deutlich<br />
günstiger gestalten – ohne auf den<br />
Service einer persönlichen Beratung zu<br />
verzichten. Die Vermittler sorgen für ein<br />
größeres Verständnis des Produkts und<br />
mithin für dessen hohe Verbreitung.<br />
Ein breites Beraternetzwerk vor Ort ist<br />
für die große Verbreitung individueller<br />
Vorsorgelösungen zentral. Von den<br />
Dörfern bis zu den Städten begleiten<br />
Beraterinnen und Berater die Menschen<br />
über die wechselnden Lebensumstände<br />
hinweg, oft über viele Jahre, teilweise<br />
sogar generationenübergreifend ein<br />
Leben lang. Sie analysieren die persönliche<br />
Situation mit Blick auf Einkommensentwicklung,<br />
familiäre Situation<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
pro/contra VERSICHERUNGEN | 47<br />
und Lebensziele, sie helfen rechtzeitig<br />
Absicherungs- und Versorgungslücken<br />
zu erkennen und übernehmen die<br />
Lotsenfunktion mit Blick auf die<br />
unterschiedlichen Vorsorgelösungen.<br />
Wichtig: Bei der Bürgerrente handelt es<br />
sich nicht um einen fertigen Produktvorschlag.<br />
Sie ist vielmehr ein Konzept, wie<br />
die staatlich geförderte Altersvorsorge<br />
ausgestaltet sein sollte. Den Rahmen<br />
dafür muss die Politik bestimmen. Das<br />
heutige System ist rund 20 Jahre alt,<br />
ohne grundlegende Änderung bisher.<br />
Eine zeitgemäße Weiterentwicklung ist<br />
schon lange überfällig.<br />
contra<br />
Mit Skepsis begegnet der Bundesverband<br />
Deutscher Versicherungskaufleute<br />
(BVK) den Plänen, ein neues Altersvorsorgeprodukt<br />
unter dem Namen „Bürgerrente“<br />
einzuführen. Seit über zwei<br />
Jahrzehnten sorgen rund 16 Millionen<br />
Vorsorgesparer fürs Alter mit Riester-<br />
Renten vor. Jetzt ein neues System<br />
einzuführen, würde diese Menschen<br />
vor den Kopf stoßen und das Signal aussenden,<br />
dass das private Altersvorsorgesystem<br />
versagt hat. Das könnte dazu<br />
führen, dass sich Kunden vollends von<br />
der privaten Vorsorge verabschieden.<br />
Bedenklich ist auch, dass die „Bürgerrente“<br />
als ein Standardprodukt von der<br />
Stange konzipiert ist. Dieses kann aber<br />
den vielen individuellen Lebenslagen<br />
von Menschen nicht entsprechen, was<br />
zur Folge hätte, dass viele mit einem<br />
Vertrag vorsorgen würden, der ihren<br />
Wünschen und ihrer Lebenslage gar<br />
nicht entspricht. Auch das hätte gravierende<br />
Folgen für die Akzeptanz und das<br />
Vertrauen.<br />
Digitale Vertriebswege bringen<br />
das Fass zum Überlaufen<br />
Da nutzt auch der Vorschlag nichts, dass<br />
jede privat eingezahlte Euro mit<br />
weiteren 50 Prozent vom Staat bezuschusst<br />
werden soll. Doch so spendabel<br />
soll die „Bürgerrente“ auch wiederum<br />
nicht sein. Denn die förderfähigen<br />
Beiträge werden bis zu 4 Prozent der<br />
Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen<br />
Rentenversicherung begrenzt.<br />
Dass sogar auch beratungslose digitale<br />
»Einem Verbraucherschutzgedanken,<br />
wonach kein Vertrieb<br />
ohne Beratung<br />
stattfinden dürfe,<br />
entspricht das in<br />
keiner Weise.«<br />
Michael H. Heinz,<br />
Präsident des Bundesverbands<br />
Deutscher Versicherungskaufleute<br />
Vertriebswege möglich sein sollen, ist<br />
der Tropfen, der das Fass überlaufen<br />
lässt. Einem Verbraucherschutzgedanken,<br />
wonach kein Vertrieb ohne<br />
Beratung stattfinden dürfe, entspricht<br />
das in keiner Weise.<br />
Statt eines neuen, ungewissen Konstrukts<br />
möchten wir die Chancen der<br />
Riester-Rente ausbauen, um sie<br />
einfacher und renditestärker zu<br />
machen. Man könnte ihr umständliches<br />
Zulagenverfahren entbürokratisieren,<br />
die Förderzulagen inflationsbereinigt<br />
dynamisieren. Auch die 100-prozentige<br />
Beitragsgarantie könnte abgesenkt<br />
werden und somit den Anbietern<br />
ermöglichen, bessere Ertragsoptionen<br />
an den Kapitalmärkten zu nutzen.<br />
Die Deckelung der steuerlichen Höchstfördergrenze<br />
von Altersvorsorgebeiträgen<br />
könnte außerdem angehoben<br />
werden. Für eine Reform der Riester-<br />
Rente wäre die Öffnung für weitere<br />
Bevölkerungsgruppen eine sinnvolle<br />
Option. Und Geringverdiener würde die<br />
Anhebung des Schonvermögens bei<br />
privaten Renten motivieren, ihr knappes<br />
Geld fürs Alter beiseitezulegen.<br />
All diese Vorschläge ließen sich hier und<br />
heute anwenden. Hier gilt es ein<br />
Potenzial von 16 Millionen Vorsorgesparerinnen<br />
und -sparern zu heben. Dafür<br />
unterbreitete der BVK der „Fokusgruppe<br />
private Altersvorsorge“ des Bundesministeriums<br />
der Finanzen konstruktive<br />
Vorschläge. Die Politik müsste nun nur<br />
den Mut haben, die totgesagte Riester-<br />
Rente zu reformieren.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
48 | VERSICHERUNGEN Bestands-Check<br />
Inflationäre Gefahr<br />
Durch Preissteigerungen geraten viele Versicherungspolicen auf den Prüfstand.<br />
Vermittler müssen aufklären, damit existenzielle Risiken weiter abgedeckt bleiben<br />
und eine Unterversicherung vermieden wird.<br />
IR IMKE REIHER<br />
Illustration: Eleonora Mavromati
Bestands-Check VERSICHERUNGEN | 49<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
Wo Tariferhöhungen zu erwarten sind<br />
Warum Unterversicherung als Thema an Brisanz gewinnt<br />
Welche Anknüpfungspunkte Berater nutzen können<br />
Die Inflation führt dazu, dass immer mehr<br />
Menschen über Kürzungen beim Versicherungsschutz<br />
nachdenken. „Wenn Einsparungen nötig<br />
sind, landen viele schnell bei Versicherungen“,<br />
hat Dirk Schmidt-Gallas, Leiter der globalen<br />
Versicherungs-Practice bei Simon-Kucher, beobachtet.<br />
Im Oktober 2<strong>02</strong>2 veröffentlichte die<br />
Unternehmensberatung eine Studie, in der die<br />
Folgen der Inflation für Versicherer und Kunden<br />
untersucht wurden. Das Ergebnis verdeutlicht<br />
die Brisanz für die Branche: 65,7 Prozent der Befragten<br />
gaben an, dass ihr Zahlwille für Versicherungen<br />
gesunken ist.<br />
Schlechte Nachrichten für Versicherer, die selbst<br />
mit erhöhtem Preisdruck kämpfen und Wege<br />
finden müssen, diesen weiterzugeben. Gerade<br />
in der Schaden- und Unfallversicherung sind die<br />
Summen im Leistungsfall, wegen anziehender<br />
Preise für Material und Manpower sowie häufiger<br />
Naturkatastrophen, stark gestiegen. Ohne<br />
Prämienerhöhungen geht das nicht. Das hat sich<br />
in den letzten Monaten schon bei Kfz-Policen<br />
gezeigt, wo sich einige Tarife um 10 bis 30 Prozent<br />
verteuerten. Zwei Anbieter, die vorgeprescht<br />
sind, sind Allianz und E+S Rück. Und auch bei<br />
Wohngebäudepolicen stehen Preissprünge an.<br />
Zum einen wegen des Anpassungsfaktors, den<br />
Versicherer weitergeben müssen, wenn Gebäude<br />
zum gleitenden Neuwert versichert sind (2<strong>02</strong>3:<br />
fast 15 Prozent). Zum anderen durch Prämienanpassungen.<br />
Manche Anbieter wie die Gothaer<br />
Allgemeine und VHV nutzen bereits beide Optionen,<br />
andere dürften folgen. „Jedes Haus wird sich<br />
mit der Inflation beschäftigen müssen“, meint<br />
Frank Gehring, Partner und Versicherungsexperte<br />
bei Simon-Kucher. „Wir gehen davon aus, dass<br />
sich das Preisniveau bei Schadenkosten nach<br />
»Jedes Haus wird sich mit der Inflation<br />
beschäftigen müssen.«<br />
oben bewegt und ein Marktphänomen wird und<br />
Versicherer in puncto Beitragsanpassungen zunehmend<br />
auch in den Bestand gehen werden.“<br />
Makler: Prioritätenliste erstellen<br />
Berater sollten die Teuerungen nutzen, um beim<br />
Kunden eine Bestandsaufnahme anzuregen<br />
– mit dem Ziel, Einsparpotenzial aufzuzeigen,<br />
ohne wichtigen Schutz zu riskieren. Hier liegt<br />
eine große Gefahr: „Die hohe Inflation wird oft<br />
nur kurzfristig gesehen, wirkt sich aber langfristig<br />
aus und birgt die Gefahr einer Unterversicherung<br />
in bestehenden Policen“, warnt<br />
Schmidt-Gallas. „Man muss bedenken, dass der<br />
Absicherungsbedarf bei Abschluss niedriger war<br />
und andere Berechnungsparameter zugrunde<br />
gelegt wurden.“<br />
Frank Gehring<br />
Partner und Versicherungsexperte bei Simon-Kucher<br />
Anhand einer Liste können Berater die einzelnen<br />
Versicherungen durchgehen und vor Stolperfallen<br />
warnen. „Während manche Kunden beim<br />
Thema Hausrat überlegen, ob sie die Kosten im<br />
Schadensfall nicht selbst tragen könnten, sind sie<br />
gut beraten, essenzielle Policen wie eine Altersvorsorge,<br />
Haftpflicht oder eine BU-Police besser<br />
nicht aufzukündigen“, betont Gehring.<br />
Sparpotenzial können Berater anderswo auf-<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
50 | VERSICHERUNGEN Bestands-Check<br />
»Basisabsicherungen auf Prüfstand«<br />
Dr. Herbert Schneidemann,<br />
Vorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV)<br />
<strong>procontra</strong>: Wie macht sich die<br />
Inflation im Versicherungsgeschäft<br />
bemerkbar?<br />
Dr. Herbert Schneidemann: Die<br />
aktuelle Entwicklung ist dynamisch,<br />
zeigt aber noch keine galoppierende<br />
Inflation. Grundsätzlich betreffen<br />
allgemeine Teuerungen alle Wirtschaftszweige.<br />
Die Inflation hat einen<br />
gravierenden Einfluss auf das Versicherungsgeschäft<br />
und macht sich je<br />
nach Sparte an verschiedenen Stellen<br />
bereits bemerkbar. So sind etwa die<br />
Schadenkosten in der Schaden- und<br />
Unfallversicherung wegen der extremen<br />
Erzeugerpreisinflation zuletzt<br />
stark gestiegen. Das führte und führt<br />
entsprechend zu kurzfristigen Preisanpassungen<br />
in den einzelnen Tarifen.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie und wo geben Versicherer<br />
erhöhte Kosten weiter?<br />
Schneidemann: Kostensteigerungen<br />
sind in der Schadenregulierung im<br />
Bereich der Schaden- und Unfallversicherung<br />
zu beobachten. Das wird<br />
zu höheren Beiträgen führen oder hat<br />
dies bereits getan. So haben viele zum<br />
Jahreswechsel die ersten Auswirkungen<br />
in Form gestiegener Beiträge zur<br />
Kfz-Versicherung bemerkt. Mit weiteren<br />
kurzfristigen Preisanpassungen<br />
wird aufgrund der schnell gestiegenen<br />
und weiter steigenden Schadenkosten<br />
zu rechnen sein.<br />
<strong>procontra</strong>: Inwieweit ändert sich das<br />
Verhalten von Policenkunden durch<br />
die Inflation?<br />
Schneidemann: Wir gehen bei einer<br />
länger anhaltenden, erhöhten Inflation<br />
davon aus, dass mancher Versicherungsnehmer<br />
aus Kostengründen auch<br />
bei sinnvollen Basisabsicherungen<br />
Abstriche machen wird. Kürzungen<br />
bei der privaten Altersvorsorge, der<br />
Arbeitskraftabsicherung oder bei<br />
Basisabsicherungen wie der privaten<br />
Haftpflichtversicherung sollten jedoch<br />
sehr gut abgewogen werden.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie groß ist die Rabatt-Bereitschaft<br />
bei Wechselandrohung?<br />
Schneidemann: Auf aktuarielle,<br />
kalkulatorische Berechnungen können<br />
Wechselandrohungen keine Auswirkungen<br />
haben, da sie nach festen<br />
Regeln und Richtlinien erfolgen. Was<br />
die spezifische und letztendliche<br />
Preisfindung einzelner Unternehmen<br />
angeht, mag die Reaktion auf konkretes<br />
Kundenverhalten unterschiedlich<br />
gehandhabt werden. Dazu haben wir<br />
aber keine Informationen und bewerten<br />
das auch nicht.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie und wo lässt sich bei<br />
Policen am sinnvollsten sparen?<br />
Schneidemann: Welche Policen in der<br />
jeweiligen Lebenssituation des<br />
Versicherungsnehmers als notwendig<br />
gelten können, muss individuell<br />
bewertet werden. Genauso wie der<br />
Preisvergleich im Markt, der abhängig<br />
von den eigenen Anforderungen,<br />
Angeboten und Leistungsbestandteilen<br />
erfolgt. Es gibt viele Produkte mit<br />
unterschiedlichen Preisen und<br />
Leistungsmerkmalen. Eine grundsätzliche<br />
Möglichkeit zur Einsparung<br />
könnte auf Verbraucherseite eine<br />
Anpassung der Selbstbehalte sein.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Bestands-Check VERSICHERUNGEN | 51<br />
Stabil hohes Niveau<br />
Inflationsrate in Deutschland<br />
10<br />
9<br />
8<br />
8,6 8,8 8,8<br />
8,1<br />
8,7 8,7<br />
7<br />
6<br />
5,9<br />
6,3<br />
7,0<br />
6,7 6,7<br />
7,0<br />
5<br />
4<br />
4,3<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Feb<br />
2<strong>02</strong>2<br />
März<br />
2<strong>02</strong>2<br />
Apr<br />
2<strong>02</strong>2<br />
Mai<br />
2<strong>02</strong>2<br />
Jun<br />
2<strong>02</strong>2<br />
Jul<br />
2<strong>02</strong>2<br />
Aug<br />
2<strong>02</strong>2<br />
Sep<br />
2<strong>02</strong>2<br />
Okt<br />
2<strong>02</strong>2<br />
Nov<br />
2<strong>02</strong>2<br />
Dez<br />
2<strong>02</strong>2<br />
Jan<br />
2<strong>02</strong>3<br />
Feb<br />
2<strong>02</strong>3<br />
Angaben in % Quelle: Statista, Stand: 3/2<strong>02</strong>3<br />
zeigen. Etwa indem sie Altverträge<br />
auf unnötige Zusatzleistungen überprüfen<br />
und mit neuen, womöglich<br />
besseren Angeboten vergleichen.<br />
Weitere Sparoptionen sind zudem<br />
eine höhere Selbstbeteiligung, Jahres-<br />
Prämienzahlungen, eine Kreditbündelung<br />
oder Vereinbarungen wie eine<br />
Werkstattbindung bei der Kfz-Police.<br />
Kündigungen vermeiden<br />
Bevor eine Police aus finanziellen<br />
Gründen gekündigt wird, sollten Berater<br />
Alternativen wie einen Verkauf<br />
oder Ruhigstellen aufzeigen. Nicht<br />
immer ist eine Kündigung die beste<br />
Wahl, selbst wenn die Police nicht<br />
(mehr) nötig ist. Gerade bei einer<br />
Lebensversicherung summieren sich<br />
die Nachteile schnell. Denn neben<br />
einem Betrag für den bisherigen<br />
Risikoschutz müssen auch die Kosten<br />
für Vertrieb und Verwaltung abgetreten<br />
werden. Zudem entfallen weitere<br />
»Die hohe Inflation<br />
wird oft nur kurzfristig<br />
gesehen, birgt<br />
aber langfristig die<br />
Gefahr einer Unterversicherung.«<br />
Dirk Schmidt-Gallas<br />
Simon-Kucher<br />
Long Story short<br />
Überschüsse und der Schlussbonus.<br />
Mit einem guten Berater können<br />
Kunden auch in Zeiten hoher Inflation<br />
gewinnen. Diesen Mehrwert gilt<br />
es zu vermitteln, wobei Fachwissen<br />
und Ehrlichkeit Pluspunkte sind. Das<br />
sollten Berater klar kommunizieren,<br />
falls sie bei selbst verkauften Policen<br />
Abstriche vorschlagen. Schließlich<br />
hat die Inflation viele Vorzeichen<br />
geändert. „Früher ging es in erster<br />
Linie um Wohlstandsaufbau, jetzt<br />
geht es mehr um existenzielle<br />
Absicherung“, so Schmidt-Gallas.<br />
Tarif-Erhöhungen bleiben Thema – auch im Bestandsgeschäft<br />
Inflation kann langfristig und unwissentlich zu Unterversicherung führen<br />
Bedürfnis nach Zusatzversicherungen und -leistungen steigt<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
52 | VERSICHERUNGEN Altersvorsorge für Selbstständige<br />
Die Kür kommt vor der Pflicht<br />
Der Zwang zur Altersvorsorge für Selbstständige steht weiter im Raum.<br />
Neue Impulse, der Pflicht zuvorzukommen, liefert die Basisrente.<br />
CF CARLA FRITZ<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
Aufhänger für die Altersvorsorgeberatung von Selbstständigen<br />
Check von Familien-/Vermögensverhältnissen vor einem Abschluss<br />
Inwiefern Insolvenzschutz und Liquidität ein zweischneidiges Schwert sind<br />
Der Bundesarbeitsminister will sie, in ein Versorgungswerk einzahlen<br />
möglichst bald. Die Präsidentin der noch pflichtversichert sind, haben<br />
Deutschen Rentenversicherung fordert<br />
sie, noch in dieser Legislaturperi-<br />
steuerbegünstigt fürs Alter vorzusor-<br />
ja faktisch keine andere Möglichkeit,<br />
ode: die verpflichtende Altersvorsorge gen.“ Für ihn einer der Hauptgründe,<br />
für Selbstständige. Diskutiert wird sie die Basisrente zu empfehlen: „Nur<br />
gefühlt schon eine halbe Ewigkeit. wenn es sich tatsächlich steuerlich<br />
Aber: Pflicht hin oder her, es liegt vor rechnet.“ Andernfalls könne man<br />
allem im eigenen Interesse, schon<br />
vorher aktiv zu werden, sekundiert<br />
vom Makler.<br />
Einen neuen Impuls für das Beratungsgespräch<br />
lieferte hier jüngst die<br />
Ankündigung des Bundesfinanzministers,<br />
die volle steuerliche Absetzbarkeit<br />
von Rentenbeiträgen und<br />
damit auch zur staatlich geförderten<br />
privaten Basisrente um zwei Jahre<br />
auf 2<strong>02</strong>3 vorzuziehen. Im Maximum<br />
wären das derzeit jährlich 26.528 Euro<br />
und gerechnet mit den ursprünglich<br />
abzugsfähigen 96 Prozent des Rentenbeitrags<br />
25.467 Euro.<br />
auch in eine ganz normale Fondsrente<br />
einzahlen – mit weniger Einschränkungen,<br />
einer größeren Fonds- und<br />
Tarifauswahl und viel mehr Flexibilität.<br />
„Rürup-Produkte stecken durch die<br />
strengen gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
in einem engen Korsett<br />
– insbesondere was Verfügbarkeit betrifft.“<br />
Vielen Sparern sei das aber oft<br />
gar nicht bewusst, so Brigitte Mayer<br />
von der Verbraucherzentrale Hessen.<br />
Regelmäßiges Erstaunen, wenn sie<br />
dann hören: Der Vertrag ist gegen<br />
Kapitalabfindung nicht kündbar und<br />
auch nicht abtretbar oder beleih-<br />
Nicht nur ein Rechenexempel<br />
„Durch die steuerlichen Vorteile entsteht<br />
teils ein großer Renditekick“,<br />
sagt Makler Bert Heidekamp aus<br />
Berlin, auch mit Blick auf die eigene<br />
Absicherung über „Rürup“. „Selbstständige<br />
und Freiberufler, die weder<br />
Illustration: Eleonora Mavromati
Altersvorsorge für Selbstständige VERSICHERUNGEN | 53<br />
bar und folglich nicht einsetzbar als<br />
Sicherheit für einen Kredit. In einem<br />
Extremfall habe das zur Privatinsolvenz<br />
geführt: „Dem Betreffenden war<br />
in der Pandemie die Selbstständigkeit<br />
weggebrochen und die Baufinanzierung<br />
implodiert.“ In dieser Situation<br />
hätte er die über 400.000 Euro aus<br />
seinem Rürup-Rentenvertrag dringend<br />
gebraucht.<br />
In anderen Konstellationen könnten<br />
Gläubiger so allerdings auch nicht<br />
auf die Altersvorsorge eines insolventen<br />
Selbstständigen zugreifen. Diese<br />
Pfändungssicherheit in der Ansparphase<br />
sowie eine mögliche Beitragsbefreiung<br />
bei Berufsunfähigkeit hält<br />
Heidekamp in seiner Betrachtung<br />
der Basisrente – neben dem Steuereffekt<br />
– ebenfalls zugute. „Blindlings,<br />
allein aufgrund dieser Pluspunkte,<br />
sollte man sie aber nicht empfehlen,<br />
sondern immer abhängig von der<br />
Einzelsituation.“<br />
Blick in die Glaskugel<br />
Wer weiß schon, was die Zeit bringt?<br />
Nicht wenige Rürup-Sparer haben –<br />
wie Mayer feststellt – insofern auch<br />
ein Problem mit der Vererbung. „Bei<br />
der gesetzlichen Rente haben alle<br />
verinnerlicht: Nur der Ehepartner<br />
oder die Kinder können im Todesfall<br />
des Sparers unter ganz engen Voraussetzungen<br />
etwas bekommen.“ Bei der<br />
Basisrente „als Ersatzprodukt für die<br />
gesetzliche Rente“ sei das insoweit<br />
auch identisch, jedoch dort mit der<br />
Einschränkung: Die Vererbung muss<br />
von Anfang an vertraglich vereinbart<br />
sein. „Später geht nichts mehr, wenn<br />
man vielleicht heiratet oder Kinder<br />
bekommt.“<br />
Vieles müsse – wie Heidekamp betont<br />
– deshalb vorher auf den Prüfstand:<br />
Familien- und Vermögensverhältnisse,<br />
Lebensplanung, Risikoneigung<br />
und bestehende Risiken. Gibt es<br />
beispielsweise Immobilienbesitz und<br />
Steuervorteile einer Basisrente in der Ansparphase<br />
60.000<br />
24.000<br />
die Absicht, dort zu investieren? Oder<br />
will der Kunde sein Unternehmen<br />
demnächst umbauen und muss deshalb<br />
vielleicht irgendwann an sein<br />
Kapital? Dann könne ein Rürup-Vertrag<br />
nicht das einzige Standbein sein.<br />
„Diese Vertragsform raubt Liquidität<br />
dann, wenn man sie braucht“, unterstreicht<br />
Mayer.<br />
mit Basisrente<br />
2.669<br />
Spielräume und Garantien<br />
Sollte die Entscheidung pro Rürup-<br />
Rente fallen, geht es im Weiteren um<br />
Kostenstrukturen und den Vergleich<br />
von Fonds, Tarifen, Garantien und<br />
Vereinfachte Beispielrechnung<br />
6.415<br />
Jahreseinkommen Jahresprämie Basisrente Einkommenssteuer Steuervorteil p. a.<br />
Selbstständige/-r: 2 Kinder (1 Kinderfreibetrag), Steuerkl. III, ohne Berücksichtigung Freibeträge, alte BL,<br />
PKV ohne Zuschuss, Brutto-Jahreseink. 60.000 €, Ehepartner/-in (St-Kl. V) 35.000 €<br />
Ablaufleistungen. „In den neueren<br />
Tarifen der Basisrente – ohne Garantieverpflichtung<br />
– lässt sich der Garantieanteil<br />
für die eingezahlten Beiträge<br />
zugunsten der Rendite viel besser<br />
steuern“, vergleicht Heidekamp. „Je<br />
jünger der Sparer, umso größer der<br />
Spielraum bis hin zum gänzlichen<br />
Garantieverzicht.“ Je kürzer die<br />
Laufzeit des Vertrags bis zur Rente,<br />
umso wichtiger werde allerdings<br />
zumindest eine Teilgarantie. Die<br />
Kundschaft da wie dort mit Nettotarifen<br />
abzuholen gehört zu seinem<br />
strategischen Beratungskonzept.<br />
Lohnt sich eine Basisrente<br />
für Selbstständige?<br />
Steuerlich geförderte<br />
Altersvorsorge<br />
Hohe Rendite durch<br />
Steuervorteile<br />
Beitragsbefreiung<br />
bei BU möglich<br />
60.000<br />
ohne Basisrente<br />
9.084<br />
Rechnet sich ohne<br />
Steuervorteile nicht<br />
Nur in engen Grenzen<br />
vererbbar<br />
Kapital nicht frei<br />
verfügbar<br />
0<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
54 | VERSICHERUNGEN Rechtsschutz<br />
»Vertragsrechtsschutz nur<br />
schwer kalkulierbar«<br />
Der gewerbliche Rechtsschutz rückt in den Fokus. Doch maßgebliche Risiken werden zum<br />
Teil gar nicht versichert. Analyst Christian Monke von Franke und Bornberg im Interview<br />
CF CARLA FRITZ<br />
<strong>procontra</strong>: Krisenzeiten sind Rechtsschutzzeiten.<br />
Da kommt Ihr neues Rating zur Rechtsschutzversicherung<br />
für Unternehmer und Selbstständige<br />
gerade recht.<br />
Christian Monke: So könnte man fast sagen. Aber<br />
das war nicht der Grund dafür, sondern – nach<br />
Ratings in Cyber, Betriebshaftpflicht und Inhaltsversicherung<br />
für KMU – vielmehr die Fortsetzung<br />
im gewerblichen Bereich, um den wir uns jetzt seit<br />
circa vier Jahren kümmern. Nachfragen von Versicherer-<br />
wie auch Vertriebsseite signalisieren auch<br />
hier Bedarf an neutraler Einschätzung von dritter<br />
Seite zur Qualität der Produkte, nach mehr Transparenz<br />
und verlässlicher Orientierung.<br />
<strong>procontra</strong>: Was kann und sollte ein solches Rating<br />
leisten und der Makler, der es nutzt, folglich erwarten?<br />
Monke: Es geht dabei nicht um unsere Wunschvorstellungen.<br />
Das Rating soll einen umfänglichen Blick<br />
auf Markt und Angebote liefern. Die Beitragsseite<br />
bleibt außen vor. Wir prüfen allein die Leistungsseite:<br />
Was ist in den Versicherungsbedingungen<br />
enthalten? Ist alles verlässlich, rechtssicher und<br />
nachvollziehbar beschrieben? Bewerten können wir<br />
nur das, was tatsächlich in den Vertragsunterlagen<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
Was das Rating leisten kann und was nicht<br />
Warum Vertrags-RS im Rating den höchsten Stellenwert hat<br />
Was privater Rechtsschutz gewerblichem voraushat<br />
»Im Vergleich mit Privatrechtsschutz<br />
beobachten<br />
wir oft einen abgeschwächten<br />
Leistungsumfang.«<br />
zu finden ist. Auch sehr gute Produkte können daher<br />
noch Deckungslücken haben.<br />
Wie sich die Gesellschaften im Schadenfall verhalten,<br />
können wir hier nicht prüfen. Auch wenn<br />
Vermittler das verständlicherweise gern hätten und<br />
uns darauf, teils auch kritisch, ansprechen. Stichworte<br />
hierzu: Servicequalität und Zahlungsbereitschaft.<br />
Und: Unsere Ratingurteile sind Pauschalaussagen.<br />
Wir können nicht auf jede Kundensituation<br />
eingehen. Das sollte im Rahmen einer Beratung<br />
geschehen.<br />
<strong>procontra</strong>: Auch die gewerbliche Rechtsschutzversicherung<br />
lässt viele Kombinationsmöglichkeiten zu.<br />
Wie bauen sich die Angebote typischerweise auf?<br />
Monke: Je nach Produkt registrieren wir entweder<br />
verschiedene fixe Tariflinien mit unterschiedlichen<br />
Leistungsniveaus von Basis, Komfort, Premium –<br />
diese Dreiteilung machen grundsätzlich viele Gesellschaften.<br />
Oder es gibt hinzuwählbare Bausteine.<br />
In beiden Varianten müssen die für Selbstständige<br />
besonders wichtigen Leistungen wie Vertrags- oder<br />
Strafrechtsschutz fast immer gegen Mehrbetrag<br />
ergänzt werden.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Rechtsschutz VERSICHERUNGEN | 55<br />
<strong>procontra</strong>: … sofern das Angebot diese<br />
Möglichkeit hergibt. Anders als im<br />
privaten Rechtsschutz ist das Vertragsrisiko<br />
im Gewerbe bekanntlich meist ein<br />
No-Go. Um Konflikte mit Kunden und<br />
Lieferanten oder Dienstleistern machen<br />
viele Rechtsschutzanbieter immer noch<br />
einen großen Bogen. Wie bewerten Sie<br />
dieses Manko – und wie schlägt sich das<br />
im Rating nieder?<br />
Monke: Der Vertragsrechtsschutz ist<br />
das größte Risiko in der gewerblichen<br />
Rechtsschutzversicherung und für die<br />
Gesellschaften aufgrund der möglichen<br />
sehr hohen Schäden nur schwer kalkulierbar.<br />
Daher scheut sich die Branche<br />
vor einer vorbehaltlosen Abdeckung.<br />
Einige Anbieter am Markt gibt es aber<br />
doch. Allerdings wird die Leistungshöhe<br />
gedeckelt.<br />
Für die Höchstnote FFF+ verlangen wir<br />
im Rating neben einer hohen Gesamtqualität,<br />
das heißt einer entsprechend<br />
hohen Punktzahl, auch Leistungen<br />
im Vertrags- sowie im Steuer- und<br />
Sozialrechtsschutz und binden diese<br />
außerdem an einen Mindeststandard.<br />
Rechtsstreitigkeiten um Verträge beispielsweise<br />
müssen demnach europaweit<br />
versichert sein.<br />
<strong>procontra</strong>: Nur eine kleine Spitzengruppe<br />
mit der Höchstnote FFF+ für<br />
„hervorragend“ und FFF für „sehr gut“,<br />
aber ein großes Mittelfeld mit „gut“<br />
und „befriedigend“: Überrascht Sie die<br />
Auswertung der untersuchten rund 60<br />
Tarifvarianten fürs Gewerbe?<br />
Monke: Eine solche Verteilung ist bei<br />
einem Erstrating nicht ungewöhnlich.<br />
Unterliegen Sparten nicht der externen<br />
Qualitätskontrolle durch Ratings, ist<br />
für die Versicherer auch kein Anreiz da,<br />
die Produkte möglichst kundenfreundlich<br />
zu gestalten. Zudem fehlen häufig<br />
Standards beim Leistungsumfang und<br />
bei der Formulierung der Versicherungsbedingungen.<br />
Das war anfänglich auch<br />
bei der Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
nicht anders.<br />
<strong>procontra</strong>: Inwiefern hakt es sonst<br />
noch bei gewerblichen Rechtsschutzversicherungen?<br />
Monke: Gerade im Vergleich mit privaten<br />
Rechtsschutzverträgen beobachten<br />
wir häufig einen abgeschwächten<br />
Leistungsumfang. Maßgebliche Risiken,<br />
auch über den Vertragsrechtsschutz<br />
hinaus, werden teilweise gar nicht oder<br />
mit geringeren Summen versichert.<br />
<strong>procontra</strong>: Konkret: Wo ist denn im<br />
Kleingedruckten insbesondere noch<br />
„Luft nach oben“?<br />
Monke: Es gibt keinen einheitlichen<br />
Trend. Antidiskriminierung, Urheberrecht,<br />
Kartellrecht, Mediation, das ist in<br />
einer Reihe von Tarifen gar nicht<br />
versichert – und wenn, dann meist nur<br />
in den Top-Tarifen, und das in sehr<br />
unterschiedlicher Höhe. Abstriche gibt<br />
es auch beim Arbeitsrecht – etwa wenn<br />
es um Rechtsstreit mit Gewerkschaften<br />
geht. Deutliche Abstufungen sehen wir<br />
auch bei der weltweiten Absicherung<br />
mit Deckungssummen ab 200.000 Euro<br />
bis unbegrenzt. Eines fällt aber in der<br />
Tat auf: Anders als im privaten Bereich<br />
beschränkt sich der Rechtsschutz im<br />
Gewerbe vielfach nur auf den gerichtlichen<br />
Bereich. Außergerichtlicher<br />
Schutz steht nicht so sehr im Fokus.<br />
Weiter im Thema<br />
Alle Ergebnisse des<br />
Ratings über gewerblichen<br />
Rechtsschutz<br />
Foto: Franke und Bornberg
56 | FOKUS Canada Life<br />
Mein Leben.<br />
Besser versichert.<br />
Höhere<br />
Sofortrente<br />
für Ihre Kunden<br />
Ab sofort ist unsere Sofortrente noch attraktiver.<br />
Wir haben für Ihre Neukunden seit dem 27.<strong>02</strong>.2<strong>02</strong>3 die Rentenfaktoren unserer<br />
GARANTIE INVESTMENT RENTE deutlich erhöht. Und das Beste: Die garantierte<br />
Rente kann weiter steigen. Mehr Informationen erhalten Sie über den QR-Code.<br />
Canada Life Assurance Europe plc, Niederlassung <strong>procontra</strong> FOKUS für Deutschland, in Zusammenarbeit Canada mit CANADA Life Assurance LIFE Europe plc<br />
Hohenzollernring 72, 50672 Köln, AG Köln, www.canadalife.de<br />
unterliegt der Aufsicht der Bundesanstalt<br />
Telefon: 061<strong>02</strong>-306-1900, Telefax: 061<strong>02</strong>-306-1901,<br />
für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)<br />
Maklerservice@canadalife.de, www.canadalife.de<br />
und der Central Bank of Ireland.<br />
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Canada Life FOKUS | 57<br />
FOKUS<br />
CANADA LIFE<br />
Liquidität + Altersvorsorge<br />
= Sofortrente!<br />
Fast 50 Milliarden Euro an Kapitalleistungen,<br />
ein Plus von knapp 4 Prozent<br />
gegenüber dem Vorjahr, haben die<br />
deutschen Lebensversicherer 2<strong>02</strong>1 an<br />
ihre Kunden überwiesen. Eine gewaltige<br />
Menge Geld, das eine sinnvolle<br />
„Anschlussverwendung“ braucht.<br />
Das Gleiche gilt für die noch größere<br />
Summe der Erbschaften: Barvermögen<br />
macht annähernd die Hälfte der rund<br />
400 Milliarden Euro aus, die hierzulande<br />
jährlich an die nächste Generation<br />
weitergegeben werden. Hinzu kommen<br />
geerbte Immobilien, die nicht benötigt<br />
und daher – auf bekanntermaßen hohem<br />
Preisniveau – veräußert werden.<br />
Die Generation der Erben ist auch ebenjene,<br />
die mit großen Sorgen auf den<br />
eigenen Ruhestand blickt, wie eine Allensbach-Umfrage<br />
für den Versicherer-<br />
Gesamtverband GDV kürzlich erbracht<br />
hat. „Nur noch 30 Prozent der 30- bis<br />
59-Jährigen bezeichnen die eigene Absicherung<br />
fürs Alter als ausreichend. Vor<br />
fünf Jahren waren es noch 38 Prozent“,<br />
nennt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg<br />
Asmussen ein Hauptfazit.<br />
Nahe liegt es also, beide Stränge<br />
zusammenzuführen: vorhandene<br />
Liquidität für die Sicherung des<br />
Lebensstandards im Alter einzusetzen.<br />
Ein bewährtes Vehikel dafür sind<br />
Sofortrenten gegen Einmalbeitrag, die<br />
schon Jahrzehnte vor Rentenantritt<br />
abgeschlossen werden können. Ihr<br />
bestechender Vorteil liegt in der<br />
Absicherung des Langlebigkeitsrisikos,<br />
wie sie nur Versicherungsprodukte<br />
bieten können. Ihr Nachteil: Garantien<br />
kosten unweigerlich Geld, also Rendite<br />
aufs Kapital. Attraktiv sind folglich vor<br />
allem fondsgebundene Einmalbeitragsprodukte,<br />
bei denen das Geld auch in<br />
Foto: Tom Merton<br />
der Rentenbezugsphase weiterhin<br />
„arbeiten“ kann. Wie das praktisch<br />
risikofrei funktioniert, macht die<br />
Canada Life als Spezialistin für fondsgebundene<br />
Lösungen mit ihrer GARANTIE<br />
INVESTMENT RENTE vor. Gewinne der<br />
ausgewählten Fonds erhöhen die<br />
Rentenleistungen dauerhaft, und zwar<br />
bis ans Lebensende, auch wenn die<br />
Performancekurve des Portfolios mal<br />
nach unten zeigt. Doch schon die<br />
Einstiegsrenten gehören zu den<br />
marktweit höchsten. Mehr dazu im<br />
Interview auf den Folgeseiten.<br />
Sorgenfrei den Ruhestand<br />
genießen:<br />
Eine fondsgebundene<br />
Sofortrente verbindet<br />
die Sicherheit<br />
lebenslanger Rentenzahlungen<br />
mit den<br />
Ertragschancen der<br />
Kapitalmärkte.<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit CANADA LIFE<br />
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58 | FOKUS Canada Life<br />
»30 bis 44 Prozent höhere<br />
garantierte Einstiegsrenten«<br />
Canada Life hat die Garantie-Renten ihres fondsgebundenen Einmalbeitragsprodukts<br />
GARANTIE INVESTMENT RENTE deutlich angehoben. Dr. Igor Radović, Direktor Produkt-<br />
und Vertriebsmanagement Canada Life Deutschland, über Gründe und Auswirkungen<br />
SW SEBASTIAN WILHELM<br />
<strong>procontra</strong>: Sie haben die Garantie-<br />
Renten im Rahmen der GARANTIE<br />
INVESTMENT RENTE erhöht. Für Leser,<br />
die dieses Produkt noch nicht kennen:<br />
Was steckt dahinter?<br />
Dr. Igor Radović: Viele Menschen<br />
vernachlässigen, dass regelmäßige<br />
<strong>Ausgabe</strong>n auch im Alter anfallen und am<br />
einfachsten durch regelmäßige Einnahmen<br />
in Form einer Rente abzudecken<br />
sind. Die GARANTIE INVESTMENT<br />
RENTE ist eine fondsgebundene Sofortrente<br />
für alle, die schon über Erspartes<br />
verfügen und es als Einmalbeitrag gut<br />
und sicher für ihre Zusatzrente anlegen<br />
wollen. Hierfür eignen sich zum Beispiel<br />
Gelder aus auslaufenden Lebensversicherungen,<br />
Fondsdepots oder Immobilienverkäufen.<br />
Kunden können mit der<br />
Lösung ihre Rente dann sofort beziehen,<br />
aber auch aufschieben. Egal wofür man<br />
sich entscheidet: Wer jetzt einsteigt,<br />
sichert sich durch unsere aktuelle Erhöhung<br />
besonders gute Garantie-Renten<br />
– mit die höchsten am Markt. Und das<br />
lebenslang.<br />
<strong>procontra</strong>: Ab welchem Alter können<br />
Ihre Kunden einsteigen?<br />
Radović: Ab 60 Jahren kann man die<br />
sofort beginnende Variante nutzen<br />
und bezieht dann direkt seine Rente.<br />
In die aufgeschobene Variante können<br />
Kunden schon ab 40 Jahren einsteigen<br />
und den Rentenbezug bis zu 20 Jahre<br />
aufschieben.<br />
<strong>procontra</strong>: Was hat sich nun konkret für<br />
die Kunden geändert?<br />
Radović: Mit 60 Jahren beginnt für viele<br />
das Alter, in dem sie die operative Planung<br />
und Gestaltung ihres Ruhestands<br />
angehen. Und genau diese Altersgruppe<br />
profitiert ganz besonders von unserem<br />
Produktupdate: Wir haben die Einstiegsrenten<br />
deutlich erhöht. Kunden<br />
»65-Jährige<br />
bekommen für<br />
100.000 Euro nun<br />
307,64 Euro lebenslange<br />
Monatsrente.«<br />
zwischen 62 und 67 Jahren erhalten im<br />
Durchschnitt sage und schreibe 30 Prozent<br />
mehr garantierte Einstiegsrente als<br />
vorher. 60-Jährige erhalten sogar eine<br />
44 Prozent höhere Einstiegsrente.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie wirkt sich das beispielhaft<br />
bei einem Einmalbeitrag von<br />
100.000 Euro aus?<br />
Radović: 65-Jährige bekommen dafür<br />
nun 307,64 Euro lebenslange Monatsrente.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie ist ein solch satter Garantiezuschlag<br />
kalkulatorisch möglich?<br />
Radović: Die Rentenhöhen werden<br />
maßgeblich von den Zinsen am Kapitalmarkt<br />
bestimmt. Durch die seit einiger<br />
Zeit steigenden Zinsen konnten wir<br />
die Rentenfaktoren in der GARANTIE<br />
INVESTMENT RENTE schnell nach oben<br />
anpassen. Davon profitieren die neu einsteigenden<br />
Kunden – mit lebenslanger<br />
Wirkung. Wir haben die Zinsentwicklung<br />
genutzt und ihre positive Auswirkung an<br />
Kunden weitergegeben. Das ist übrigens<br />
typisch für Canada Life.<br />
<strong>procontra</strong>: Wo werden die Kundengelder<br />
angelegt und wer managt sie?<br />
Radović: Auch bei Rentenbeginn<br />
erstreckt sich der voraussichtliche<br />
Anlagehorizont über einige Jahrzehnte,<br />
deshalb ist eine gute Beimischung von<br />
Sachwerten wie Aktien durchaus sinnvoll.<br />
Es gibt in der GARANTIE INVEST-<br />
MENT RENTE drei Portfolios, die Sachwerte<br />
und Anleihen in unterschiedlicher<br />
Zusammensetzung mixen. Fondsmanager<br />
ist Setanta, eine Fondsgesellschaft,<br />
die wie wir zur kanadischen Great-West-<br />
Gruppe gehört. Setanta hat sich bereits<br />
durch cleveres Value-Investing bewährt<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit CANADA LIFE<br />
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Canada Life FOKUS | 59<br />
Dr. Igor Radović,<br />
Direktor Produktund<br />
Vertriebsmanagement<br />
Canada Life<br />
Deutschland<br />
und wurde für ihre Investmentkompetenz<br />
in der Altersvorsorge mehrfach mit<br />
dem Irish Pension Award ausgezeichnet.<br />
Bei der GARANTIE INVESTMENT RENTE<br />
werden Fonds angeboten, in Form<br />
dreier Portfolios: „Chance“ mit einem<br />
Aktien-Anleihen-Verhältnis von 50 zu 50<br />
Prozent, „Ausgewogen“ mit 30 Prozent<br />
Aktien und „Defensiv“ mit nur noch 20<br />
Prozent, der Rest sind Anleihen. Der<br />
Kunde kann hier beim Abschluss je nach<br />
Risikoneigung seine Wahl treffen. Wenn<br />
er möchte, kann er später aber auch in<br />
ein risikoärmeres Profil wechseln. Die<br />
Fonds haben zudem den Vorteil, dass<br />
ihre Zusammensetzung jederzeit nachvollziehbar<br />
ist und die Wertentwicklung<br />
jederzeit auf unserer Website sichtbar<br />
ist.<br />
<strong>procontra</strong>: Was passiert, wenn Kurse<br />
und Portfoliowert sinken, was bei einer<br />
guten Performance?<br />
Radović: Die GARANTIE INVESTMENT<br />
RENTE leistet in erster Linie eine lebenslange,<br />
kalkulierbare Rente, die nie fallen<br />
kann. Gleichzeitig ist die Anlage mit<br />
einer guten Portion Aktien versehen,<br />
was bei dem voraussichtlichen Anlagehorizont<br />
sehr viel Sinn ergibt, Schwankungen<br />
sind daher unvermeidlich.<br />
Einer der wichtigsten Produktvorteile<br />
für Kunden ist: Sie können von guten<br />
Kapitalmarkt-Ergebnissen profitieren,<br />
gleichzeitig sind ihre Renten aber vor<br />
Negativresultaten immer geschützt. So<br />
können die Renten auch bei Talfahrten<br />
an der Börse nicht fallen – und zwar<br />
ganz gleich, welches Portfolio Kunden<br />
gewählt haben. Läuft es aber gut, können<br />
sie sogar höhere Renten erhalten.<br />
Das funktioniert so: Die Kunden sind<br />
dauerhaft in ihre Portfolios investiert –<br />
und zwar sowohl in der Aufschub- als<br />
auch in der Rentenphase. Am jährlichen<br />
Stichtag des Abschlusses betrachten<br />
wir die Wertentwicklung im gewählten<br />
Portfolio. Bei einer ausreichenden<br />
Steigerung erhalten Kunden dann eine<br />
Rentenerhöhung. Die gilt auch, wenn<br />
sie in der Aufschubphase erzielt wurde.<br />
Das Besondere: Diese Steigerungen<br />
sind dann wieder lebenslang garantiert,<br />
genau wie vorher die Einstiegsrente.<br />
Wie Sie sehen, kommt dem Kunden<br />
auch hier unsere Kapitalmarkt-Expertise<br />
zugute – denn zwischen der<br />
garantierten Rente und der schwankenden<br />
Fondsanlage greifen wir auf<br />
Absicherungsinstrumente zurück. Die<br />
Möglichkeit, bei guter Performance<br />
Rentensteigerungen mitzunehmen,<br />
genießen Kunden übrigens schon seit<br />
der Einführung des Produkts vor über<br />
zehn Jahren. Und daran hat sich nichts<br />
geändert. In der angelsächsischen Welt,<br />
aus der Canada Life ja kommt, zählt<br />
profitable Kapitalanlage als wichtige<br />
Kompetenz in der Altersvorsorge. Denn<br />
ihr Erfolg ist ein wichtiger Faktor für<br />
ein ausreichendes Einkommen im Alter.<br />
Dieses Prinzip machen wir für deutsche<br />
Kunden zugänglich. Dafür ist die GA-<br />
RANTIE INVESTMENT RENTE ein echtes<br />
Paradebeispiel.<br />
<strong>procontra</strong>: Das Leben birgt Überraschungen<br />
– wie flexibel reagiert die<br />
GARANTIE INVESTMENT RENTE darauf,<br />
wenn ein Kunde in Liquiditätsnot gerät?<br />
Radović: Die GARANTIE INVESTMENT<br />
RENTE bietet hier sehr flexible Konditionen:<br />
Kunden können jederzeit Entnahmen<br />
tätigen – kostenfrei. Sie können<br />
das gesamte Guthaben oder auch nur<br />
Teile entnehmen. Man muss keine<br />
Wartezeiten nach dem Abschluss<br />
beachten, es spielt auch keine Rolle, ob<br />
man seine Rente schon bezieht oder<br />
noch in der Aufschubphase ist. Die<br />
Rente verringert sich nach einer<br />
Entnahme prozentual – je nachdem, wie<br />
viel man entnommen hat. Diese<br />
Beweglichkeit kommt vielen Kunden<br />
entgegen. Gerade in der Übergangsphase<br />
zur Rente wollen viele Menschen<br />
einfachen Zugriff auf ihr Geld. Man<br />
möchte sich das eine oder andere Extra<br />
gönnen, aber auch in Notfällen das<br />
nötige Kleingeld parat haben – für sich<br />
oder auch für andere, wie Kinder oder<br />
Enkel.<br />
CANADA LIFE | Hohenzollernring 72 | 50672 Köln | 061<strong>02</strong>-30619-00 | www.canadalife.de<br />
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BERATER<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Klimawandel<br />
versetzt Anleger<br />
in Sorge<br />
Auch geopolitische Spannungen<br />
treiben viele Menschen um.<br />
Die Folgen des Klimawandels beeinflussen einen<br />
Großteil der Deutschen hinsichtlich ihrer Geldanlage.<br />
Das ist das Ergebnis einer Studie, die<br />
die Gothaer zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitut<br />
forsa durchgeführt hat. Darin<br />
gaben 85 Prozent der rund 1.000 Befragten an,<br />
dass ihnen die finanziellen Auswirkungen des<br />
Klimawandels große Sorge bereiten. 72 Prozent<br />
haben Bedenken, dass die Preise und Alltagskosten<br />
weiter ansteigen und somit ihre Geldanlagen<br />
entwertet werden. 71 Prozent der Befragten fürchten<br />
zudem, dass aufgrund geopolitischer Spannungen<br />
die Preise weiter steigen und sich ihre<br />
finanzielle Situation verschlechtert.<br />
Weitere Themen<br />
Finanzbildung beim Kunden fördern? 62<br />
Bestandsbörsen bei Maklerpools 68<br />
Notfallplan im Todesfall des Maklers 72<br />
Die Suche nach dem perfekten MVP 76<br />
Foto: NiseriN
62 | BERATER Finanzwissen<br />
»Der Hebel in Sachen<br />
Finanzbildung ist nicht groß«<br />
Ob und wie informierte Kunden Einfluss auf den Beratungserfolg haben können,<br />
erklärt Wirtschaftsprofessor Matthias Beenken.<br />
HP HANNAH PETERSOHN<br />
<strong>procontra</strong>: Sind aufgeklärtere Kunden<br />
ein Grundstein für den Beratungserfolg?<br />
Prof. Matthias Beenken: Ich glaube,<br />
dass Kunden mit einem besseren Überblick<br />
auch bessere Entscheidungen<br />
treffen. Sie bereuen ihre Käufe eher seltener<br />
und bleiben ihren Entscheidungen<br />
länger treu. Und sie werfen dem Berater<br />
im Nachhinein womöglich seltener eine<br />
Falschberatung vor.<br />
<strong>procontra</strong>: Also schließen Kunden mit<br />
hoher Finanzbildung nicht mehr ab?<br />
Beenken: Vielleicht wählen sie andere<br />
Produkte. Eventuell setzt der gebildete<br />
Kunde seinen Verkäufer eher unter<br />
Druck und sagt: „Aktiv gemanagte<br />
Fonds kosten mehr. Ich hätte gerne<br />
einen ETF und möglichst niedrige Kosten.“<br />
Bei dieser Klientel hat ein Verkäufer<br />
mehr Mühe, den Kunden zufriedenzustellen.<br />
<strong>procontra</strong>: Ein ETF bringt weniger<br />
Provision. Bedeuten klügere Kunden<br />
demnach sogar weniger Gewinn?<br />
Beenken: Ich vermute, dass solche Kunden<br />
gar nicht erst zu einem klassischen<br />
Vermittler gehen. Sie eröffnen eher<br />
über eine Direktbank ein Depot oder<br />
lassen es via FinTech und Robo-Advisor<br />
managen. Das sind Kunden, die für eine<br />
Bank oder einen klassischen Vermittler<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Ob Kunden mit Finanzwissen<br />
zu mehr Umsatz führen<br />
Wie Berater ihre Kunden<br />
am besten schulen<br />
Welche Rolle das Kundenalter<br />
für die Beratung spielt<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Finanzwissen BERATER | 63<br />
verloren sind, da verdienen sie nichts.<br />
<strong>procontra</strong>: Wenn Finanzvermittler<br />
etwas verkaufen wollen, mit dem sie<br />
gut verdienen können, ist das nicht das<br />
Beste für die Kunden?<br />
Beenken: Das ist eine Frage der Kundentypologie.<br />
Es gibt Kunden, die an<br />
eine bestimmte Entwicklung glauben<br />
und bereit sind, höhere Kosten für einen<br />
aktiv gemanagten Themenfonds in Kauf<br />
zu nehmen.<br />
<strong>procontra</strong>: Stoßen Makler eher bei<br />
jüngeren oder bei älteren Kunden auf<br />
ein ausgeprägtes Finanzwissen?<br />
Beenken: Forschungen zeigen, dass<br />
Vorbildung und Alter nicht miteinander<br />
korrelieren. Es geht um die Frage nach<br />
dem Bildungsstand. Das zieht sich quer<br />
durch die Altersklassen. Mit einem anderen<br />
Bildungshintergrund interpretiert<br />
man Erfahrungen anders.<br />
<strong>procontra</strong>: Sollte der Makler seinen<br />
Bestand hinsichtlich des Finanzwissens<br />
klassifizieren nach Laien, Fortgeschrittenen,<br />
Profis – und diese Zielgruppen<br />
dann individuell ansprechen?<br />
Beenken: Auf jeden Fall, das ist sinnvoll.<br />
Er muss aber auch wissen, wie<br />
beratungs- oder betreuungsaffin der<br />
Kunde ist und was er tun muss, um die<br />
Kundenbindung zu stärken.<br />
<strong>procontra</strong>: Sollten Finanzberater das<br />
Finanzwissen ihrer Kunden schulen?<br />
Beenken: Nein, es ist nicht ihre Aufgabe,<br />
eine finanzielle Allgemeinbildung<br />
bei den Kunden herzustellen. Aber natürlich<br />
bleibt ihnen letzten Endes nichts<br />
anderes übrig, als fehlendes Wissen<br />
zu ergänzen. Und das ist ja auch Teil<br />
der Eignungsprüfung. Berater müssen<br />
nach den bisherigen Erfahrungen und<br />
Kenntnissen der Kunden fragen. Das<br />
geschieht auch im eigenen Interesse.<br />
Denn dann können sie anschließend<br />
gegebenenfalls risikoreichere Produkte<br />
verkaufen. Wissensvermittlung ist aber<br />
nicht per se Aufgabe des Beraters, sondern<br />
eher ein Verkaufsinstrument.<br />
<strong>procontra</strong>: Sind jüngere oder ältere<br />
Kunden offener für eine Wissensvermittlung<br />
durch den Berater?<br />
Beenken: Das ist weniger eine Frage<br />
des Alters, sondern eher eine des<br />
Bildungsstands. Ein älterer Kunde fragt<br />
vielleicht gezielter nach. Er schließt<br />
nicht das Erstbeste, das ihm empfohlen<br />
wird, ab. Er setzt sich erst einmal mit<br />
dem Thema auseinander.<br />
»Eventuell setzt der<br />
gebildete Kunde<br />
seinen Verkäufer<br />
eher unter Druck.«<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Kanäle funktionieren<br />
für eine Wissensvermittlung gut?<br />
Beenken: Es wird immer behauptet,<br />
dass es vor allem junge Menschen seien,<br />
die sich eine digitale Ansprache wünschen.<br />
Das ist nicht meine Erfahrung.<br />
Das wollen eher diejenigen zwischen<br />
40 und 55 Jahren. Sie stehen im Beruf,<br />
haben eine gewisse Vorbildung und<br />
wenig Zeit, sie brauchen Informationen<br />
schnell und effizient und entscheiden<br />
zügig. Junge Kunden überlegen länger,<br />
sie tun sich schwerer mit der Entscheidung.<br />
Sie haben noch nicht so viel Geld,<br />
und davon etwas zur Seite zu legen, ist<br />
ein großer Schritt. Die Beratungsaffinität<br />
verläuft wie in einer Kurve: Sie ist<br />
zu Beginn groß bei den jungen, eher<br />
unerfahrenen Kunden und dann wieder<br />
Long Story short<br />
bei den älteren Kunden, die bestimmte<br />
Zusammenhänge nicht kennen.<br />
<strong>procontra</strong>: Vertrauen Anleger anderen<br />
Quellen nicht ohnehin mehr als einem<br />
Finanzberater?<br />
Beenken: Das ist tatsächlich so. Im<br />
Rahmen einer Studie haben wir festgestellt,<br />
dass die wichtigste Quelle für die<br />
Informationsbeschaffung das Internet<br />
ist. Erst danach kommen Familie, Freunde<br />
und dann die Berater. Der Hebel in<br />
Sachen Finanzbildung ist also gar nicht<br />
so groß.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie können Berater finanzielles<br />
Wissen vertrauensvoll vermitteln,<br />
ohne belehrend zu wirken?<br />
Beenken: Kunden hören auf die Zwischentöne,<br />
wenn sie über ein Produkt<br />
aufgeklärt werden. Sie informieren<br />
sich vorher im Internet, was ein guter<br />
Berater sagen sollte. Ankersätze, die<br />
zur transparenten Beratung gehören<br />
und das Vertrauen stärken. Und dann<br />
überprüfen sie genau, ob sie etwas<br />
davon wiedererkennen. Der Berater<br />
sollten keine Monologe halten, sondern<br />
geschickt fragen. Er muss den Kunden<br />
dazu bringen, selbst zu erkennen, was<br />
ihm bei seiner Finanzentscheidung<br />
wichtig ist.<br />
<strong>procontra</strong>: Sollten Berater also bestimmte<br />
Fragen antizipieren?<br />
Beenken: Das sage ich schon lange: Es<br />
kann doch nicht sein, dass man als<br />
Verkäufer nicht wahrnimmt, welche<br />
Informationen es im Internet gibt.<br />
Berater tun gut daran, sich darüber zu<br />
informieren, was Verbrauchern von<br />
anderen Stellen empfohlen wird. Darauf<br />
muss man vorbereitet sein.<br />
Wissensvermittlung nicht grundlegende Aufgabe des Beraters<br />
Versierte Kunden kaufen eher riskantere Produkte<br />
Geschickte Fragetechnik des Beraters ist essenziell<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
64 | SO IST , S RECHT <br />
So ist , s Recht<br />
Relevante Urteile, die Makler kennen sollten<br />
AW ANNE MAREILE WALTER<br />
Steuer<br />
Mehr Klarheit bei<br />
Krypto-Gewinnen<br />
Gewinne aus Krypto-Anlagen unterliegen<br />
der Steuerpflicht. Während des<br />
Krypto-Booms 2014 hatte ein Anleger<br />
für 23.000 Euro Kryptowährungen<br />
erworben, die er 2017 für 3,4 Millionen<br />
Euro veräußerte. Nachdem er diesen<br />
Gewinn nicht versteuern wollte, das Finanzamt<br />
aber Einkommenssteuern von<br />
1,4 Millionen Euro verlangte, entschied<br />
der Bundesfinanzhof: Kryptowährungen<br />
sind Wirtschaftsgüter, die bei Anschaffung<br />
und Veräußerung innerhalb eines<br />
Jahres zu versteuern sind.<br />
Bundesfinanzhof, IX R 3/22<br />
Equal Pay<br />
Verhandlungssache?!<br />
Verhandlungsgeschick darf laut<br />
Bundesarbeitsgericht kein Grund für<br />
ungleiches Gehalt sein. In einem Metallunternehmen<br />
hatte eine Mitarbeiterin<br />
festgestellt, dass zwei männliche<br />
Kollegen mehrere Hundert Euro mehr<br />
verdienten als sie – trotz gleicher Arbeit.<br />
Der Arbeitgeber rechtfertigte dies in<br />
einem Fall mit längerer Betriebszugehörigkeit,<br />
im anderen mit besserem<br />
Verhandlungsgeschick. Laut BAG wurde<br />
die Klägerin wegen ihres Geschlechts<br />
diskriminiert. Ihr stehen nun 14.500<br />
Euro Lohnnachzahlung zu.<br />
Bundesarbeitsgericht, 8 AZR 450/21<br />
Riester<br />
Streit um gekürzte Rente<br />
Der Rentenanspruch eines Riester-Sparers darf nicht einseitig gekürzt<br />
werden. Das hat das Landgericht Köln entschieden. Geklagt hatte ein Kölner,<br />
der 2006 bei der Zurich Deutscher Herold eine fondsgebundene Riester-Versicherung<br />
abgeschlossen hatte. Bei Vertragsabschluss wurde vereinbart, dass<br />
ihm zu Rentenbeginn je angesparte 10.000 Euro eine Monatsrente in Höhe<br />
von 37,34 Euro ausgezahlt werde. Im Jahr 2017 wurde der Mann über eine<br />
Absenkung des Rentenfaktors informiert. Dies führte zu einer um ein Viertel<br />
reduzierten Rente. Aus Sicht der Richter ist diese Vertragsbedingung unwirksam,<br />
auch darf der Versicherer das Kapitalmarktrisiko nicht einseitig auf den<br />
Kunden abwälzen.<br />
Landgericht Köln, 26 O 12/22<br />
»Hochgerechnet auf eine durchschnittliche<br />
Rentenbezugsdauer von 20 Jahren ergibt<br />
sich hieraus eine Summe von 29.000 Euro,<br />
die dem Sparer entgeht.«<br />
Britta Langenberg, Vorsorgeexpertin Bürgerbewegung Finanzwende<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Wir machen’s. Einfach.<br />
Alle sprechen<br />
von Prävention<br />
und Gesundheitsvorsorge.<br />
Wir geben Ihren<br />
Kunden mit<br />
Coach:N einen<br />
digitalen Trainer<br />
an die Hand.<br />
Harald Rosenberger<br />
Mitglied des Vorstands<br />
Einkommensschutz in die Zukunft gedacht:<br />
vertrieb.nuernberger.de/eks4future<br />
Personen- und Funktionsbezeichnungen stehen<br />
für alle Geschlechter gleichermaßen.
66 | BERATER Weiterbildung<br />
»Ich wünsche mir mehr<br />
Fingerspitzengefühl«<br />
Patrick Hamacher, Geschäftsführer von Hamacher Versicherungsmakler,<br />
spricht im profino-Podcast über die fehlende Empathie in der Versicherungsbranche.<br />
profino: Was treibt Sie als Makler derzeit<br />
am stärksten um?<br />
Patrick Hamacher: Digitalisierung. Besonders<br />
was die Dateneinspielung und<br />
die Datenweitergabe an den Versicherer<br />
angeht. Viele beschreiben sich als<br />
digitale Versicherer, aber letzten Endes<br />
braucht man dann doch noch Formular<br />
B und C und muss das im Original unterschreiben,<br />
weil digitale Unterschriften<br />
nicht anerkannt werden. Das sollte<br />
vielleicht ein bisschen smarter gehen.<br />
Und was mich auch umtreibt, ist die<br />
Kommunikation, die Art und Weise vieler<br />
Versicherer den Kunden gegenüber.<br />
Ich glaube, da könnte es ein bisschen<br />
empathischer zugehen.<br />
profino: Man liest ja meistens nur<br />
Negativbeispiele in der Presse, aber ist<br />
das wirklich so weitverbreitet, wie man<br />
Abonnieren Sie den profino-Podcast,<br />
um keine Folgen zu verpassen!<br />
»Von Versicherern<br />
kommen immer nur<br />
Texte, die ein Rechtsanwalt<br />
geschrieben<br />
hat, ohne Mitgefühl<br />
oder Einfühlungsvermögen.«<br />
Das Interview ist ein Auszug aus der<br />
22. Folge des profino-Podcasts „Wir reden<br />
unsere Branche selbst schlecht“ mit Patrick<br />
Hamacher. Wie es weitergeht,<br />
können Sie auf<br />
Podcast-Plattformen<br />
wie Spotify, Apple- oder<br />
Google-Podcast hören.<br />
denkt, oder gibt es auch positive Gegenbeispiele<br />
aus Ihrer Erfahrung?<br />
Hamacher: Natürlich gibt es positive<br />
Gegenbeispiele. Gerade dann, wenn<br />
der Schaden bezahlt wird. Dann ist<br />
es egal, was da im Anschreiben steht.<br />
Wenn bezahlt wird, ist es positiv. Wenn<br />
aber nicht bezahlt wird, dann muss ich<br />
mit meinem Kunden auf einer menschlichen<br />
Ebene kommunizieren. Seitens<br />
des Versicherers kommen immer nur<br />
Texte, die ein Rechtsanwalt geschrieben<br />
hat, ohne ein bisschen Mitgefühl<br />
oder Einfühlungsvermögen. Ich würde<br />
mir wünschen, dass da ein bisschen<br />
daran gedacht wird. Wir arbeiten mit<br />
Menschen, und diese Menschen haben<br />
meistens irgendwelche Schicksale erlebt<br />
oder haben gerade finanzielle Nöte,<br />
warum sie uns brauchen. Da ein bisschen<br />
mehr Fingerspitzengefühl walten<br />
zu lassen, würde ich mir wünschen.<br />
profino: Um den Bogen zu spannen:<br />
Steht „Makler mit Cap“ nur für das Äußere<br />
oder verkörpern Sie damit inhaltlich<br />
eine neue Generation der Makler?<br />
Hamacher: Ja, äußerlich sehe ich<br />
anders aus, aber das hat nichts mit<br />
meinem Fachwissen zu tun oder mit der<br />
Art und Weise, wie man mit anderen<br />
Menschen umgeht. Ich habe das große<br />
Glück, dass durch mein äußeres<br />
Erscheinungsbild die Kunden zu mir<br />
kommen, die das gut finden. Somit<br />
ziehe ich die Klientel an, die zu mir<br />
passt.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Weiterbildung BERATER | 67<br />
Buchtipps<br />
Lesenswertes für Makler<br />
Inside NFT: Stars,<br />
Storys, Strategien<br />
FinanzBuch Verlag<br />
Bestsellerautor Mike Hager legt nach. Im Anschluss<br />
an seinen „Spiegel“-Bestseller „Reich mit NFTs“ wirft<br />
er einen Blick hinter die Kulissen der NFT-Szene und<br />
lässt den Leser mit Porträts und O-Tönen bekannter<br />
Künstler und Investoren an exklusivem NFT-Wissen<br />
und unterhaltsamen Storys teilhaben. Es ist<br />
das ideale Handbuch für alle, die tiefer in die Szene<br />
eintauchen und über das Basiswissen, das Einführungsbände<br />
liefern, hinausgehen wollen. Zahlreiche<br />
Abbildungen machen „Inside NFT“ nicht nur zu<br />
einem einmaligen Blickfang,<br />
sondern auch zum<br />
idealen Geschenkbuch<br />
für alle, die sich für<br />
moderne Anlageformen,<br />
DeFi und die Krypto-<br />
Welt interessieren. Ein<br />
kurzer Überblick zu<br />
Beginn des Buches holt<br />
auch Einsteiger ab und<br />
vermittelt die wichtigsten<br />
Grundbegriffe.<br />
Stop Overthinking<br />
FinanzBuch Verlag<br />
In der heutigen, durch Reizüberflutung und<br />
Überstimulation geprägten Welt leben viele<br />
Menschen in einem selbst verursachten<br />
mentalen Gefängnis: Sie stecken in unendlichen<br />
negativen Gedankenschleifen fest<br />
und machen sich damit das Leben im Alltag<br />
schwer.<br />
Dieses Buch erklärt, was im Gehirn vorgeht,<br />
wenn es zu solchen erschöpfenden Denkmustern<br />
kommt, wie man sich der Auslöser dafür bewusst wird und<br />
wie man diese Negativspiralen beenden kann. Der renommierte Autor<br />
Nick Trenton liefert detaillierte und bewährte Techniken, die helfen,<br />
das Gehirn neu zu verdrahten, Gedanken zu kontrollieren und mentale<br />
Gewohnheiten zu ändern. Er zeigt, wie man seine inneren Ängste<br />
erkennt, Stressattacken überwindet und den Fokus auf Entspannung<br />
legen kann. Letztendlich bietet er einen Weg zur Freisetzung neuen<br />
Potenzials im Leben.<br />
Pole Position<br />
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Die optimale Positionierung der eigenen<br />
Marke ist im Business eine der größten Herausforderungen:<br />
Wie und wo erreicht man<br />
seine Kundschaft am besten? Wie sticht<br />
man aus der Masse hervor? Und was ist der<br />
passende USP?<br />
„Vergesst den USP!“, sagt Hermann Scherer.<br />
In seinem neuesten Buch gibt er Einblicke<br />
in seinen persönlichen Lebensweg und<br />
schildert, wie er trotz verschiedenster Widrigkeiten seine eigene<br />
Erfolgsgeschichte geschrieben und die Gewinnerformel zur richtigen<br />
Positionierung gefunden hat. In diesem Buch finden sich die wichtigsten<br />
Learnings aus 30 Jahren Scherer-Expertise für mehr Aufmerksamkeit<br />
und Sichtbarkeit. Denn was nutzt es, gut zu sein, wenn kaum<br />
jemand es weiß?<br />
Termine,<br />
Termine<br />
Im Mai startet der<br />
profino-Kongress zur<br />
betrieblichen Vorsorge.<br />
Gespickt mit Diskussionen<br />
und Fachvorträgen<br />
erhalten Vermittler<br />
neue Impulse zur Firmenkundenberatung.<br />
Wann Was Wo<br />
24.-25.04.23 MCC Zukunftsmarkt AltersVorsorge 2<strong>02</strong>3 Berlin<br />
26.-27.04.23 insureNXT Köln<br />
27.-29.04.23 20. IGVM Versicherungsmaklerforum Fulda<br />
03.05.23 Start Kongress betriebliche Vorsorge profino<br />
05.05.23 Aruna Komposit-Tag Berlin<br />
<strong>02</strong>.06.23 <strong>procontra</strong> 03/23 Briefkasten<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
68 | BERATER Bestandsbörsen von Maklerpools<br />
Bestandskarussell dreht sich<br />
Pools treten vermehrt als Akteure in der Bestandsübertragung auf. Mit Börsen oder<br />
Maklerrenten versuchen sie Bestände langfristig zu sichern. Was tut sich im Markt?<br />
OL OLIVER LEPOLD<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Wie Bestandsbörsen der Pools<br />
für Makler funktionieren<br />
Welche Alternative es zum<br />
Bestandsverkauf gibt<br />
Was Pools jungen Maklern raten,<br />
die Bestände kaufen möchten<br />
„Bestandskauf – alles Wichtige auf<br />
einen Blick“, steht auf der Agenda.<br />
Der Vortragsraum ist gut gefüllt<br />
auf der MMM 2<strong>02</strong>3, der Fachmesse<br />
der Fonds Finanz in München. Das<br />
Thema ist in aller Munde. Viele, insbesondere<br />
jüngere Fachbesucher<br />
stellen konkrete Fragen, denn der<br />
Pool erklärt sein Modell. Er kauft als<br />
Unternehmen Maklerbestände an<br />
und gibt sie an seine Makler in Form<br />
einer Prämie weiter, und zwar unentgeltlich.<br />
„Der Begriff Bestandsbörse<br />
ist also nicht ganz zutreffend, denn<br />
der Pool kauft und unser Maklerpartner<br />
betreut“, sagt Norbert Porazik, geschäftsführender<br />
Gesellschafter von<br />
Fonds Finanz. Infrage kommen nur<br />
Partner mit Gold- oder Diamondstatus,<br />
die sowohl regional als auch von<br />
der Ausrichtung her zum erworbenen<br />
Bestand passen.<br />
Denn der Match muss stimmen.<br />
„Bevor Fonds Finanz den vollständigen<br />
Kaufpreis übernimmt, wird<br />
er gemeinsam mit dem Verkäufer<br />
ermittelt. Sind sich die beiden<br />
Parteien einig, kauft Fonds Finanz<br />
den Bestand und überträgt ihn an<br />
den ausgewählten Makler. Dieser<br />
neue Betreuer erhält zunächst nur<br />
eine Bestandscourtage in Höhe von<br />
1 Prozent“, erklärt der Poolchef. Der<br />
Bestand wird erst dann, wenn neue<br />
Illustration: Roman Kulon
Bestandsbörsen von Maklerpools BERATER | 69<br />
Abschlüsse erfolgen, schrittweise<br />
mit einer Courtage von 100 Prozent<br />
vergütet. Dieses Modell, zu dem auch<br />
noch zwei weitere Optionen für alle<br />
angeschlossenen Partner (Initiativund<br />
Unterstützungskauf) gehören,<br />
kann sich Fonds Finanz leisten, weil<br />
mit Hg Capital seit 2<strong>02</strong>2 ein finanzstarker<br />
Partner hinter dem Pool steht.<br />
Mittlerweile bieten viele Pools Unterstützung<br />
beim Bestandsver- und<br />
-ankauf ihrer Makler an. Sie konkurrieren<br />
dabei mit erfahrenen Bestandsdienstleistern,<br />
die die Konkurrenz<br />
mitunter skeptisch sehen (siehe<br />
Interview).<br />
Win-win-win-Situation<br />
Ein Bestandskauf gilt bei verantwortungsvoller<br />
Durchführung als Winwin-win-Situation.<br />
„Es ermöglicht<br />
Maklern, ihr Lebenswerk zu kapitalisieren,<br />
um so den eigenen Ruhestand<br />
zu finanzieren. Gleichzeitig kann der<br />
verkaufende Makler seinen Kunden<br />
zusichern, dass sie weiterhin von<br />
einem Nachfolger vertrauensvoll<br />
beraten werden. Und der Pool sichert<br />
sich Einnahmen, weil der Bestand bei<br />
ihm bleibt“, bringt es Dr. Sebastian<br />
Grabmaier, Vorstandsvorsitzender<br />
von Jung, DMS & Cie. (JDC), auf den<br />
Punkt. JDC hat bereits seit 2015 mit<br />
dem Maklerrentenmodell „DMR<br />
Deutsche Makler Rente“ mehr als 50<br />
langjährigen Vertriebspartnern die<br />
Bestände abgekauft. 2<strong>02</strong>2 wurde gemeinsam<br />
mit Bain Capital und Great<br />
West die Summitas Gruppe gegründet,<br />
die unter anderem Bestände von<br />
Gewerbemaklern erwirbt. „Kleinere<br />
Bestände bieten wir aber auch unseren<br />
regionalen Partnern an, die uns<br />
signalisiert haben, dass sie sich eine<br />
Vergrößerung vorstellen können“, so<br />
Grabmaier.<br />
Auch der Markt wird perspektivisch<br />
immer größer: „Das Jahrzehnt des Betreuerwechsels<br />
hat begonnen. In den<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
»Das Modell muss<br />
zum Makler passen,<br />
nicht umgekehrt.«<br />
Kevin Jürgens<br />
Phönix Maxpool<br />
Nachwuchs gesucht<br />
Im Durchschnitt gehört der Großteil der Vermittlerschaft zur Generation 50plus.<br />
bis 29 30 bis 39 40 bis 49 50 bis 59 60 bis 65 über 65<br />
Angaben in % Quelle: Betriebswirtschaftliche Strukturen des Versicherungsvertriebs, BVK-Strukturanalyse 2<strong>02</strong>0/2<strong>02</strong>1<br />
nächsten fünf bis sieben Jahren werden<br />
Tausende Vermittelnde in Rente<br />
gehen und Bestände hinterlassen.<br />
Wahrscheinlich stehen bald rund 150<br />
Millionen Verträge ohne Betreuer aus<br />
Fleisch und Blut da“, schätzt Oliver<br />
Kieper, Vorstand Versicherungen der<br />
Netfonds Gruppe. Der Pool unterhält<br />
keine offene Börse, aber unterstützt<br />
seine Partner, sobald er Kenntnis<br />
erlangt von Bestandskauf- oder -verkaufswünschen.<br />
„Wo es geht, sind wir<br />
behilflich, die Parteien miteinander<br />
bekannt zu machen, und begleiten<br />
das Geschäft“, so Kieper.<br />
Seit Kurzem mit einer digitalen Bestandsbörse<br />
im Markt ist Maxpool.<br />
„Es funktioniert wie eine Partnerbörse<br />
im Internet. Wünsche eingeben,<br />
Angebote ansehen, und wenn<br />
es passt, erfolgt ein Match“, sagt<br />
Kevin Jürgens, Vertriebsvorstand<br />
der Phönix Maxpool Gruppe. Der<br />
verkaufswillige Makler trägt dazu<br />
in eine vorgegebene Oberfläche die<br />
Daten seines Bestands und seinen<br />
Wunschpreis ein. Die Bestandsübertragungsexperten<br />
des Pools prüfen,<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
70 | BERATER Bestandsbörsen von Maklerpools<br />
ergänzen fehlende Informationen<br />
und klären Details. Später plant das<br />
Pool-Team parallel zur Vertragsunterzeichnung<br />
und Kaufpreiszahlung die<br />
Bestandsübertragung und begleitet<br />
beide Parteien als kostenlosen Service<br />
so lange, bis der letzte Vertrag den<br />
Bestandsinhaber gewechselt hat.<br />
„Im Zuge dieses Prozesses machen<br />
wir den Makler auch auf Alternativen<br />
zum Verkauf aufmerksam, wie<br />
eine Verrentungsoption etwa über<br />
unsere ‚Chancenorientierte Rente‘.<br />
Das Modell muss zum Makler passen,<br />
nicht umgekehrt“, betont Jürgens. Die<br />
Maxpool-Bestandsbörse soll künftig<br />
auch nicht angeschlossenen Maklern<br />
offenstehen.<br />
»Aggressive Konditionen<br />
triggern«<br />
Andreas W. Grimm, Gründer des Resultate Instituts,<br />
über das aktive Agieren von Pools in der Bestandsübertragung<br />
<strong>procontra</strong>: Immer mehr Pools starten<br />
Bestandsbörsen. Wie beurteilen Sie<br />
diese Dienstleistung?<br />
Andreas Grimm: Es ist nachvollziehbar,<br />
weil alle Pools versuchen ihre<br />
Bestände zu sichern. Wir sehen bisher<br />
aber keine wirklich erfolgreiche<br />
Initiative am Markt. Wir haben selbst<br />
versucht eine Börse aufzubauen und<br />
diese wieder eingestellt. Ein Bestandsverkäufer<br />
ist in der Regel mit<br />
dem selbst gesteuerten Prozess des<br />
Bestandsverkaufs überfordert. Wer<br />
sich dazu entschließt, wird geradezu<br />
überrannt mit Angeboten, denn die<br />
Nachfrage ist riesig. Er braucht dann<br />
ein Verfahren, um aus der Masse die<br />
richtigen Kandidaten herauszufiltern.<br />
Leider wird stattdessen oft aus dem<br />
Bauch heraus entschieden. Der Pool<br />
steht tendenziell eher im Lager des<br />
Käufers, denn er möchte den Bestand<br />
erhalten bzw. gewinnen. Ein echter<br />
Marktplatz müsste aber neutral sein.<br />
<strong>procontra</strong>: Was kann ein Pool besser<br />
als erfahrene Bestandsdienstleister?<br />
Grimm: Ein Pool kann einen Bestand<br />
von einem angeschlossenen Makler<br />
zum anderen unbürokratisch übertragen,<br />
ohne sich mit den ganzen Datenschutzbeauftragten<br />
der Gesellschaften<br />
auseinandersetzen zu müssen. Bei den<br />
Blind Pools bekommen die Produktgeber<br />
das gar nicht mit. Der Bestandsverkauf<br />
sollte aber so ablaufen, dass man<br />
nicht sofort öffentlich in den Markt<br />
geht, sondern erst die Zielsetzung<br />
des Maklers klärt. Also seine Lebensplanung,<br />
welchen Beitrag sein Unternehmen<br />
für die spätere Lebensführung<br />
bringen muss und wie die Übergabe<br />
funktionieren kann. Gibt es Übertragungshemmnisse?<br />
Das ist ein riesiger<br />
Katalog, den wir mit dem Makler besprechen<br />
müssen. Erst wenn das alles<br />
geklärt ist, sollte man in die Platzierung<br />
gehen. Pools tun sich da schwerer, weil<br />
sie auch eigene Interessen verfolgen<br />
müssen. Wir kooperieren beispielsweise<br />
mit BCA, FondsKonzept, Sachpool,<br />
Amex- und Qualitypool, Fondsnet und<br />
Fonds Finanz, bei denen wir mit ihren<br />
Maklern Orientierungsgespräche zu<br />
Beginn des Prozesses führen.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Relevanz haben<br />
die Pool-Angebote?<br />
Grimm: Wir kennen mehrere Börsen,<br />
manche sind schon seit Jahren am<br />
Markt. Wie bei unserem eigenen<br />
Versuch einer Börse ist bei den<br />
Poolbörsen die Zahl der Projekte, die<br />
wir sehen, recht gering, weil Emotionalität,<br />
der Aufwand und die Angst,<br />
etwas falsch zu machen, viele verkaufswillige<br />
Makler zögern lassen. Wir<br />
sehen aber auch, dass ein Teil der<br />
Makler über aggressive Konditionen im<br />
Stil von „Wir bezahlen 100 Prozent<br />
Maklerrente“ oder „Faktor 4 auf die<br />
Bestandscourtage“ leicht getriggert<br />
werden und statt zur Börse direkt auf<br />
den betreffenden Käufer zugehen.<br />
Pointiert monetäre oder emotionale<br />
Motive im Stil von „Wir kümmern uns“<br />
funktionieren auch gut.<br />
Foto: Christoph Vohler
Bestandsbörsen von Maklerpools BERATER | 71<br />
Verrentung als Alternative<br />
„Die wesentliche Frage ist doch:<br />
Reicht das Geld aus einem Verkauf<br />
aus, um langfristig einen angenehmen<br />
Lebensabend zu verbringen,<br />
oder sind laufende Einnahmen<br />
vernünftiger?“, betont Rolf Schünemann,<br />
Vorstandsvorsitzender der BCA<br />
AG. Denn die Bewertungsverfahren<br />
hätten sich kaum verändert, ein Verkauf<br />
bringe selten mehr als zwei bis<br />
drei Jahrescourtagen. Auch die BCA<br />
bietet daher eine Maklerrente an, bei<br />
der der Bestand auf die Servicegesellschaft<br />
des Pools übertragen wird und<br />
der Makler dafür – je nach Modell<br />
– bis zu fünf Jahre lang 100 Prozent<br />
der Courtage erhält. Danach werden<br />
lebenslang entweder 90 Prozent der<br />
Courtage oder 80 Prozent ausgezahlt,<br />
wenn der Hinterbliebenenschutz gewählt<br />
wurde.<br />
Auch für die jüngeren Käufer haben<br />
die Pools Ratschläge und Tipps.<br />
„Schauen Sie genau hin. Sind Maklermandate<br />
und -verträge vorhanden?<br />
Wie aktuell sind Kundendaten inklusive<br />
Telefonnummer und Mailadresse?<br />
Und liegen Gesprächs- und Beratungsprotokolle<br />
vor?“, nennt Kieper<br />
wesentliche Parameter. „Wir achten<br />
beim Erwerb auf eine hohe Digitalisierungsquote,<br />
einen hohen Anteil an<br />
wiederkehrenden Personenversicherungs-<br />
und Investmentfondserlösen,<br />
geringe Provisionen in Stornohaftung<br />
und generell gut gepflegte Daten und<br />
korrekte Adressen“, sagt Grabmaier<br />
und empfiehlt das auch den jungen<br />
Kollegen. Und besonders wichtig:<br />
Risiken sollten analysiert, gewichtet,<br />
eingeschätzt und priorisiert werden,<br />
rät BCA. „Nicht kalkulierbare Risiken<br />
sollten zudem ausgeschlossen, das<br />
heißt der Bestand dann allein aus<br />
haftungsrechtlichen Gründen nicht<br />
gekauft werden“, meint Schünemann.<br />
Einig sind sich alle Pools, dass letzten<br />
Endes der Kauf eines Unternehmens<br />
grundsätzlich sehr zeit- und kostenintensiv<br />
ist. Daher geht es kaum ohne<br />
fachliche Unterstützung. Ob über eine<br />
Bestandsbörse oder mithilfe eines<br />
klassischen Bewertungsdienstleisters,<br />
ist individuell zu prüfen.<br />
Weiter im Thema<br />
Das vollständige<br />
Interview mit<br />
Andreas Grimm<br />
vom Resultate Institut<br />
lesen Sie auf<br />
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72 | BERATER Nachlassregelung<br />
Ich packe meinen Notfallkoffer<br />
... und nehme mit?! Bei den meisten Maklern bleibt der Koffer leider leer, denn sie haben<br />
ihr Lebenswerk nicht ausreichend abgesichert. Zum Leidwesen ihrer Hinterbliebenen<br />
HP HANNAH PETERSOHN<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Was zum Notfallplan gehört<br />
Warum eine Umfirmierung<br />
sinnvoll ist<br />
Ob Hinterbliebene haften<br />
müssen<br />
Es heißt: Der Schuster hat die<br />
schlechtesten Schuhe. Die Redewendung<br />
lässt sich auch auf Makler<br />
anwenden, denn sie haben offenbar<br />
die schlechteste Vorsorge. „Leider hat<br />
von zehn Maklern oft nur einer an<br />
einen Notfallplan gedacht“, kritisiert<br />
Peter Schmidt. Er berät Makler, damit<br />
ihr Lebenswerk nach ihrem Tod nicht<br />
verloren geht. Doch genau das passiert<br />
Schmidt zufolge oft. „Das Thema<br />
wird ausgeblendet.“<br />
Er berichtet von einer Witwe, die<br />
sich nach dem Tod ihres Mannes<br />
von einem Anwalt beraten ließ. „Er<br />
hat ihr gesagt, sie solle die Kunden<br />
Illustration: Roman Kulon
Nachlassregelung BERATER | 73<br />
und Versicherer darüber informieren, dass die<br />
Maklerverträge bzw. Courtagevereinbarungen<br />
erloschen seien.“ Damit habe er ihr den Rat gegeben,<br />
auf ein mögliches Erbe zu verzichten. Denn<br />
der Verkauf des Bestands wäre, weil es sich in<br />
dem Fall um eine GmbH handelte, noch möglich<br />
gewesen. „Das Motiv des Anwalts war der Schutz<br />
der Mandantin vor möglichen Haftungsfällen.<br />
Doch Nachfahren müssen nicht haften“, erklärt<br />
der Berater. Bei einer solchen Falschberatung können<br />
Anwälte oder Unternehmensberater auf Schadensersatz<br />
verklagt werden, warnt Rechtsexperte Norman Wirth<br />
(siehe Interview).<br />
Welche Probleme ohne eine konkrete Nachlassregelung<br />
entstehen können, ist Wirth zufolge „extrem vielfältig“<br />
und abhängig davon, ob der Makler als Einzelunternehmer<br />
tätig war oder eine GmbH geführt hat. Bei Einzelkämpfern<br />
ohne Notfallplan erlöschen tatsächlich die<br />
»Ohne Plan erlöschen die<br />
Maklerverträge«<br />
Warum Makler dringend einen Notfallplan brauchen,<br />
der ihren Nachlass regelt, erklärt Rechtsanwalt Norman Wirth.<br />
<strong>procontra</strong>: Angenommen, ein Makler<br />
verstirbt plötzlich und hat sich vorher<br />
nicht um einen Notfallplan für den<br />
Nachlass gekümmert: Welche Probleme<br />
können für die Erben und Kunden<br />
entstehen?<br />
Norman Wirth: Das ist extrem vielfältig.<br />
Wenn keine konkreten Vorkehrungen<br />
getroffen wurden, erlöschen beim<br />
Tod des Maklers die Maklerverträge<br />
und Maklervollmachten. In der Regel<br />
reichen die normalen Willensbekundungen<br />
in einem privaten Testament<br />
für das Unternehmen nicht. Bei der<br />
Vererbung von Gesellschaftsanteilen<br />
kann es zu Ärger kommen, wenn Erben<br />
damit in das Unternehmen eintreten,<br />
die zuvor nichts mit der Branche zu<br />
tun hatten und dann eventuell falsche<br />
oder willkürliche Entscheidungen<br />
treffen. In diesem Fall ist es besser,<br />
wenn Erben eine monetäre Abfindung<br />
erhalten – auf der Grundlage einer<br />
exakten Regelung zur Bewertung.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Vorsorge sollten<br />
Makler treffen, um diese Probleme zu<br />
verhindern?<br />
Wirth: Wir reden über Basics, die<br />
jeder Unternehmer beachten sollte.<br />
Es braucht einen Notfallplan – digital<br />
oder analog – für den Fall der<br />
Fälle, also quasi einen Notfallordner.<br />
So etwas gibt zum Beispiel über die<br />
Industrie- und Handelskammern oder<br />
auch branchenspezifischer, bei den<br />
entsprechenden Beratern. Eine gute<br />
Vorsorge besteht im Wechsel vom<br />
Einzelunternehmer zur juristischen<br />
Rechtsform. Im Gesellschaftsvertrag<br />
sollten Regelungen für den Notfall<br />
festgehalten werden, also für das<br />
Ausscheiden wegen Krankheit oder<br />
Alter, mit Angaben zur Abfindung und<br />
Wertermittlung. Wer es vorzieht, als<br />
Einzelunternehmer tätig zu sein, sollte<br />
mindestens auf einen State-of-the-<br />
Art-Maklervertrag achten, sowie auf<br />
eine korrekte Maklervollmacht, die<br />
Datenschutzeinwilligung der Kunden<br />
und eine konkrete Rechtsnachfolge,<br />
ergänzt durch ein Unternehmertestament.<br />
<strong>procontra</strong>: Welchen Ausgang nehmen<br />
strittige Fälle, wenn kein Notfallplan<br />
vorliegt?<br />
Wirth: Solche Streitigkeiten schreien<br />
quasi nach einer Einigung, die kostensparend<br />
auch außergerichtlich<br />
möglich sein sollte. Wenn es um einen<br />
Streit nach einer Unternehmensübergabe<br />
oder einem Verkauf geht, ist das<br />
eine juristische Feinarbeit an den<br />
vorhandenen Unterlagen entlang. Und<br />
oft ist auch psychologisches Geschick<br />
gefragt. Schließlich sind diesen Fällen<br />
häufig dramatische Ereignisse, wie<br />
eine schwere Krankheit oder ein<br />
plötzlicher Tod, vorausgegangen.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
74 | BERATER Nachlassregelung<br />
Maklers Meinung<br />
»An den Notfall wird<br />
selten gedacht«<br />
Dr. Peter Schmidt,<br />
Unternehmensberater und<br />
Nachfolgeexperte<br />
Maklerverträge. Die Kunden werden<br />
nicht weiter betreut. „Auch die<br />
Courtageverträge erlöschen meistens<br />
im Todesfall“, so Berater Schmidt.<br />
Erben haben dann keinen Anspruch<br />
auf das Geld, der einstige Umsatz löst<br />
sich in Luft auf. Jedoch zahlen manche<br />
Versicherer auch nach dem Tod<br />
des Maklers noch ein halbes Jahr oder<br />
sogar unbefristet Courtagen weiter.<br />
„Aber nur auf der Grundlage, dass die<br />
Kunden weiter betreut werden.“<br />
Hat der Makler im Vorhinein keinen<br />
Sehr oft agieren Versicherungsmakler<br />
als Einzelunternehmer.<br />
Zum Start in die Selbstständigkeit<br />
überwiegt erst einmal der<br />
Fokus auf das wirtschaftliche<br />
Überleben. An den Notfall wird<br />
selten gedacht. Immer noch<br />
glauben viele, dass ein privates<br />
Testament auch die Themen<br />
rund um den Gewerbebetrieb<br />
regelt. Ein weitverbreiteter<br />
Irrtum! Privatleben und Firma<br />
sollten für den Fall einer<br />
Insolvenz oder gerichtlichen<br />
Auseinandersetzung finanziell<br />
und materiell getrennt sein.<br />
Eine Firma kann weiterverkauft<br />
werden, Erben können einen<br />
neuen Geschäftsführer suchen.<br />
Die GmbH einer schwer<br />
erkrankten Maklerin konnte<br />
mithilfe eines Notars zügig<br />
verkauft werden. Anschließend<br />
konnte sie sich in Ruhe ihrer<br />
medizinischen Behandlung und<br />
Genesung zuwenden. Und: Bei<br />
den Beratungen der Makler als<br />
Einzelunternehmer auf dem<br />
Weg zur juristischen Rechtsform<br />
gibt es einen entscheidenden<br />
Vorteil: Für die meisten Beratungen<br />
können Fördermittel des<br />
BAFA in Höhe von bis zu 1.750<br />
Euro abgerufen werden.<br />
Nachfolger bestimmt, gehört der Bestand<br />
dem Versicherer. Dieser kann<br />
einen anderen Makler beauftragen<br />
oder seine Ausschließlichkeitsvermittler<br />
auf die Verträge ansetzen.<br />
Eine Firma stirbt nicht<br />
Bei einer GmbH ist der Fall etwas anders<br />
gelagert: Dann fließt die Firma in<br />
die Erbmasse, denn eine Firma stirbt<br />
nicht. Alle Verträge, sowohl mit den<br />
Kunden als auch mit dem Versicherer,<br />
gehen in das Erbe über. „Eine GmbH<br />
ist schnell verkauft, dann sind weder<br />
das Geld noch die Verträge weg“, betont<br />
Schmidt. Ab einem Umsatz von<br />
100.000 Euro pro Jahr sollten Makler<br />
über eine Umfirmierung vom Einzelunternehmer<br />
zu einer juristischen<br />
Rechtsform nachdenken.<br />
»Leider hat von zehn Maklern<br />
oft nur einer einen Notfallplan.«<br />
„Eine gute Vorsorge besteht im<br />
Wechsel vom Einzelunternehmer zur<br />
juristischen Rechtsform“, rät auch<br />
Wirth. Wer eine GmbH gründet, muss<br />
Dr. Peter Schmidt<br />
Unternehmensberater<br />
einen Gesellschaftsvertrag aufsetzen,<br />
in dem die Regelungen für den<br />
Notfall festgehalten werden sollten.<br />
Einzelunternehmer sollten auf eine<br />
korrekte Maklervollmacht und eine<br />
konkrete Rechtsnachfolge achten.<br />
Doch was gehört alles in den sprichwörtlichen<br />
Notfallkoffer? „An sich<br />
reden wir über Basics, die jeder<br />
Unternehmer beachten sollte“, erklärt<br />
der Anwalt. Grundlegend ist ein<br />
Notfallordner – digital oder analog.<br />
Darin enthalten: alle wichtigen Verträge,<br />
Informationen zu Bankkonten,<br />
Computer-Passwörter, Courtagevereinbarungen<br />
und Musterverträge, die<br />
der Makler über die Jahre aufgesetzt<br />
hat. Checklisten gibt es über die Industrie-<br />
und Handelskammern oder<br />
aber auch branchenspezifischer bei<br />
Beratern wie Schmidt.<br />
Das klingt eigentlich simpel. Umso<br />
unverständlicher ist es, warum<br />
Makler sich so selten darum kümmern.<br />
„Schließlich sind ihnen doch<br />
weder ihre Kunden noch ihre Familie<br />
egal“, wundert sich Schmidt.<br />
Weiter im Thema<br />
Berater Peter<br />
Schmidt erklärt<br />
im <strong>procontra</strong>-Interview,<br />
was ohne<br />
Notfallplan<br />
passieren kann.<br />
Foto: Dr. Peter Schmidt Consulting & Coaching – Unternehmensberatung
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76 | BERATER Maklerverwaltungsprogramme<br />
Wechsel mit Hürden<br />
Wenn das „alte“ Maklerverwaltungsprogramm (MVP) zur Belastung wird,<br />
reifen die Gedanken an einen Wechsel. Welche Voraussetzungen dabei nötig sind<br />
USK UWE SCHMIDT-KASPAREK<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Wie ein MVP<br />
funktionieren sollte<br />
Welche Hürden beim<br />
Umstieg anstehen<br />
Welche Vorbereitung<br />
beim Umstieg sinnvoll ist<br />
Ohne Automatisierung geht heute<br />
nichts mehr. Auch nicht im Büro<br />
eines Versicherungsmaklers. Dieser<br />
Tatsache sind sich die Akteure mittlerweile<br />
bewusst, wie eine Umfrage<br />
zeigt. „Die Zahl der MVP-Verweigerer<br />
geht kontinuierlich zurück – 2<strong>02</strong>2<br />
waren es nur noch rund 5 Prozent“,<br />
so die Studie „IT-Prozesse im Maklerunternehmen“<br />
der deutsche-versicherungsboerse.de<br />
(dvb). Befragt wurden<br />
über 970 Versicherungsmakler.<br />
Je nach MVP gibt es sehr unterschiedliche<br />
Leistungsniveaus. Die eierlegende<br />
Wollmilchsau ist dabei bis heute<br />
nicht erfunden. Daher müssen Versicherungsmakler<br />
ihr persönliches<br />
MVP auswählen. Die Anforderungen<br />
sind – je nach Geschäftsmodell –<br />
höchst heterogen. Aus den Kommentaren<br />
der Studie lassen sich aber<br />
generelle Kritikpunkte entnehmen:<br />
fehlende Weiterentwicklung, veraltete<br />
Technologie und Probleme im<br />
Daten- und Dokumentenaustausch.<br />
Daher erwägen immerhin rund<br />
22 Prozent „ernsthaft“ einen Wechsel<br />
ihres MVP.<br />
Illustration: Eleonora Mavromati
Maklerverwaltungsprogramme BERATER | 77<br />
Auswahl der Systeme<br />
Anbieter<br />
mb Support<br />
assfinet (Acturis)<br />
Smart InsurTech<br />
vfm<br />
DEMV (Fonds Finanz)<br />
Jung, DMS & Cie.<br />
Finass<br />
Smart InsurTech<br />
artBase! Software<br />
V-D-V<br />
blau direkt<br />
digital broking<br />
Produkt<br />
openViva c2<br />
ams.5<br />
FinanzOffice<br />
Keasy<br />
Professional works<br />
iCRM<br />
Finass<br />
Smart Admin<br />
onlineSuite<br />
aB-Agenta<br />
OfficeBase<br />
Ameise<br />
MeinMVP<br />
Quelle: dvb; MVP-Navigator; 03/2<strong>02</strong>3<br />
Nutzerverhalten entscheidend<br />
Wohin nun gehen? Mit einer Roadshow<br />
zieht der Pool Fonds Finanz<br />
derzeit durch die Lande und verspricht,<br />
dass das MVP „Professional<br />
works“ der Tochter Deutscher Maklerverbund<br />
(DEMV) den Verwaltungsaufwand<br />
„bereits jetzt um bis zu 70<br />
Prozent reduziert“. Doch Vorsicht:<br />
Bei der Verwaltungsersparnis spielt<br />
das individuelle Nutzerverhalten des<br />
Maklers eine große Rolle. So steht<br />
das „Vermissen“ wesentlicher Funktionen<br />
zwar an erster Stelle, wenn es<br />
um den Wunsch geht, das MVP zu<br />
wechseln. Doch auch das Verhältnis<br />
von „Kosten und Leistungsfähigkeit“,<br />
„Qualität des Supports“, Vertrauen in<br />
die „Zukunftsfähigkeit des Systems“<br />
und „Geschäftspolitik“ des Herstellers<br />
können eine ausschlaggebende Rolle<br />
spielen. So müssen Poolplattform-<br />
Systeme vielfach auf den kleinsten<br />
gemeinsamen Nenner ihrer Anwender<br />
abzielen. Für Assekuradeure,<br />
Konzeptmakler oder Zielgruppenspezialisten<br />
könnte das zu wenig sein.<br />
Daher müssen bei einem Umstieg<br />
nicht nur die Leistungen betrachtet<br />
werden, sondern auch die Politik des<br />
Herstellers.<br />
Wie groß die Bandbreite der Funktionen<br />
ist, zeigt der MVP-Navigator<br />
der dvb. Möglich ist es hier online, 26<br />
Funktionen der Programme abzufragen.<br />
Der Navigator ist durchaus<br />
eine erste gute Annährung, welches<br />
MVP für das jeweilige Unternehmen<br />
infrage kommt. Alle Navigator-Fragen<br />
lassen sich auch für andere – dort<br />
nicht dargestellte – MVPs adaptieren.<br />
Hürde – Datenmigration<br />
„Wir weisen sehr klar darauf hin,<br />
dass es einen ‚reibungslosen‘ Umstieg<br />
nicht gibt“, sagt Marc Rindermann,<br />
Chef von assfinet, die das MVP „AMS“<br />
betreibt. Ein Wechsel der Software<br />
sei immer mit Datenverlust und viel<br />
Aufwand auf Vermittlerseite verbunden.<br />
assfinet, die vor allem Digitalisierungen<br />
für Mittelstandsmakler mit<br />
Schwerpunkt Gewerbe- und Industriegeschäft<br />
durchführt, rechnet bei<br />
einem Umstieg je nach Geschäftsfeld<br />
mit Projektlaufzeiten von sechs<br />
Monaten bis zu zwei Jahren. 13 der<br />
15 von uns befragten aktiven großen<br />
MVP-Hersteller beantworteten Fragen<br />
zum Umstieg. Einig sind sich die<br />
Unternehmen darin, dass die Datenmigration<br />
eine der größten Hürden<br />
beim Wechsel ist. So verhindern<br />
manche Hersteller einen einfachen<br />
Zugriff auf ihre Datenbank. „Eine<br />
rechtzeitige optimale Vorbereitung<br />
der Daten ist unerlässlich, um den<br />
eigentlichen Umstellungsprozess mit<br />
minimalem Zeitaufwand zu realisieren“,<br />
erläutert Stefan Sommerer<br />
von der vfm-gruppe.de, die das MVP<br />
„Keasy“ anbietet. Bei Versdirekt, die<br />
das cloudbasierte MVP „4open/digital“<br />
entwickelt hat, gibt es Importfilter,<br />
die an die Kundenbedürfnisse<br />
angepasst werden können. artBase!<br />
(„aB-Agenta“) verspricht sogar die<br />
Maklers Meinung<br />
»Sauberer Datenbestand<br />
erleichtert Umstieg«<br />
Thomas Diepenbrock,<br />
Geschäftsführer der<br />
Diepenbrock Versicherungsmakler<br />
GmbH & Co. KG<br />
Der Weg zum Umstieg war von<br />
vielen Überlegungen und Abwägungen<br />
geprägt. Bei der Wahl des<br />
neuen MVP-Anbieters war uns<br />
insbesondere wichtig, dass das<br />
Unternehmen möglichst inhabergeführt<br />
und absolut „maklerminded“<br />
ist. Voraussetzung war für uns eine<br />
persönliche Betreuung bei zeitnahen<br />
Umsetzungen unserer Änderungswünsche.<br />
Zudem war für uns<br />
klar, dass vor einer endgültigen<br />
Entscheidung eine Testphase mit<br />
weitreichender Datenübernahme<br />
erfolgen muss, um genau einzuschätzen,<br />
was ein Umstieg bedeutet.<br />
Am Ende zeigte sich: Mit einer<br />
soliden Vorbereitung und Säuberung<br />
des Datenbestands vor dem<br />
Wechsel ist ein Umstieg gut zu<br />
bewältigen. Aus meiner Sicht bleibt<br />
aber wichtig, dass man auf keinen<br />
Fall den menschlichen Faktor<br />
unterschätzen darf.<br />
Beim Start mit dem neuen MVP<br />
fühlen sich viele Mitarbeiter so, als<br />
müssten sie die Arbeit mit einem<br />
für sie unbekannten Werkzeug neu<br />
erlernen. Erst mit zunehmender<br />
Routine in einer vorgangsbezogenen<br />
Bearbeitung wächst die<br />
Neugierde auf die vielen neuen<br />
Funktionen und Möglichkeiten.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
78 | BERATER Maklerverwaltungsprogramme<br />
Daten- und Dokumentenübernahme,<br />
also beispielsweise von PDFs und<br />
E-Mails, aus 53 Systemen. Bei Novosys<br />
EDV („U-Makler“) wird jeweils ein<br />
individuelles Übernahmeprogramm<br />
geschrieben. Geschäftsführer Jens<br />
Matschke beruhigt aber: „Diese Art<br />
der individuellen Datenübernahme<br />
ist bei uns bezahlbar. Nach einer Analyse<br />
der Daten machen wir in 98 Prozent<br />
der Fälle einen Festpreis.“<br />
Hürde – Wille zur Veränderung<br />
„Die wahre Herausforderung ist es,<br />
dass Makler die über Jahre gewohnten<br />
Arbeitsabläufe durchbrechen und<br />
sich auf ein neues System einlassen“,<br />
erläutert Geschäftsführer Karsten<br />
Allesch von DEMV („Professional<br />
works“). Dies bestätigt Matti Bargfried,<br />
Chef von CoDie software products<br />
(„CoDieBoard“). Viel zu selten<br />
würden die wichtigsten Geschäftsprozesse<br />
im alten und in den konkurrie-<br />
»Fokus auf die Datenaufbereitung legen«<br />
Interview mit Sabine Leipziger, Geschäftsführerin der Incon GmbH & Co. Assekuranz KG aus München<br />
<strong>procontra</strong>: Wie lange hat Ihr Haus<br />
überlegt, aus dem alten MVP auszusteigen?<br />
Sabine Leipziger: Rund zwei Jahre<br />
hatten wir das Thema auf der Agenda<br />
und sind trotz hoher Unzufriedenheit<br />
nicht tätig geworden.<br />
<strong>procontra</strong>: Was gab dann den letzten<br />
Anstoß?<br />
Leipziger: Wir haben uns extern beraten<br />
lassen und so einen individuellen<br />
Anforderungskatalog erstellt. Dabei<br />
lag ein Hauptfokus nicht nur auf dem<br />
Funktionsumfang, sondern auch auf<br />
einer hohen Dienstleistungsorientierung<br />
des neuen MVP-Anbieters.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie lange hat die Migration<br />
der Daten ins neue MVP gedauert?<br />
Leipziger: Es mussten mehrere<br />
Terabyte an Daten und Dokumenten<br />
migriert werden. Der finale Datentransfer<br />
hat daher vier Tage gedauert.<br />
An diesen Tagen war das Arbeiten nur<br />
sehr eingeschränkt möglich. Denn<br />
während der Übertragungszeit durfte<br />
im alten Programm nichts mehr geändert<br />
werden. Dieses Problem wird jeder<br />
Umsteiger haben. Wir hatten aber<br />
durch zwei Test-Datenübernahmen im<br />
Vorfeld mögliche Risiken minimiert.<br />
Der Zeitbedarf war klar und auch so im<br />
Team eingeplant.<br />
<strong>procontra</strong>: Gab es im Nachgang<br />
Probleme?<br />
Leipziger: Schlecht gelaufen sind Altlasten<br />
in den Daten, die zu einem doch<br />
nennenswerten Aufwand an Nachbearbeitung<br />
führten. Wir empfehlen<br />
Kolleginnen und Kollegen, die den<br />
Umstieg wagen wollen, im Vorfeld<br />
noch stärker den Fokus auf die Aufbereitung<br />
der Daten zu legen, damit<br />
möglichst mit einer bereinigten Basis<br />
gestartet werden kann.<br />
<strong>procontra</strong>: Und was lief besonders<br />
gut?<br />
Leipziger: Die von uns gewählte Schulungsstrategie<br />
war sehr erfolgreich.<br />
Bereits vor dem eigentlichen Umstieg<br />
wurden einige Schlüssel-Mitarbeiter<br />
aus den jeweiligen Teams auf die neue<br />
Software geschult. Das war Gold wert.<br />
Denn später wurde in zweimal täglich<br />
stattfindenden Meetings durch dieses<br />
Support-Team des neuen MVP alle<br />
aufkommenden Fragen beantwortet.<br />
Davon profitierte die gesamte Belegschaft.<br />
Gleich von Beginn an konnte<br />
sie so auf ein solides, firmeninternes<br />
Wissensfundament zurückgreifen und<br />
nach der Umstellung sehr schnell wieder<br />
eine gute Produktivität erreichen.<br />
<strong>procontra</strong>: Was ist Ihr Fazit nach<br />
erfolgreichem Umstieg?<br />
Leipziger: Wer das neue Potenzial voll<br />
ausschöpfen will, muss die Bereitschaft<br />
haben, alle eigenen Prozesse<br />
und Abläufe auf den Prüfstand zu<br />
stellen und mit den Automatisierungsmöglichkeiten<br />
des neuen Maklerverwaltungsprogramms<br />
auch neu zu<br />
denken.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Maklerverwaltungsprogramme BERATER | 79<br />
renden neuen Systemen gegenübergestellt oder<br />
durchdachte Fragebögen formuliert. Bargfried:<br />
„Das ist in etwa so, als würde man beim Autokauf<br />
das Auto nur von außen betrachten, aber nie eine<br />
Probefahrt machen.“ In die gleiche Kerbe schlägt<br />
Sebastian Grabmaier, Vorstandsvorsitzender von<br />
Jung, DMS & Cie. („iCRM“). „Die Herausforderung<br />
ist weniger, eine neue Technologie zu verstehen,<br />
sondern vielmehr, die eigene Arbeitsweise anzupassen.“<br />
Auto.<br />
Ausflug.<br />
Ausgezeichnet.<br />
EINFACH AUF DEN PUNKT.<br />
Wie unsere ausgezeichnete Kfz-Versicherung.<br />
Umstieg läuft<br />
Anscheinend gelingt den aktiven MVP-Herstellern<br />
die Vermittlung der neuen digitalen Welt<br />
ganz gut. „Für das Jahr 2<strong>02</strong>2 konnten wir rund<br />
3.650 neue Nutzer gewinnen“, freut sich etwa<br />
Hannes Heilenkötter, Chief Technology Officer<br />
bei blau direkt. Ein Plus von fast 30 Prozent. Fast<br />
alle Anbieter, die Zahlen lieferten, sind zweistellig<br />
gewachsen. Zwar kann die vfm-Gruppe („Keasy“)<br />
nur eine Steigerung von etwas über 8 Prozent<br />
vermelden. Dafür konnten in den ersten drei<br />
Monaten dieses Jahres bereits 23 Unternehmen<br />
gewonnen werden.<br />
Der Wechsel des MVP bleibt ein Mega-Akt, bei<br />
dem gute Planung das A und O für den Erfolg<br />
und die Akzeptanz in der Belegschaft für das<br />
neue System ist.<br />
Nur<br />
5 %<br />
der Makler arbeiten ohne MVP.<br />
Long Story short<br />
Sechs Monate bis zwei Jahre kann ein<br />
MVP-Umstieg dauern<br />
Makler müssen den Willen zur<br />
Veränderung mitbringen<br />
Die Daten müssen vor der Migration<br />
aufbereitet werden<br />
Auch<br />
günstig für<br />
Motorräder<br />
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<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
SACHWERTE<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Wohnungspreise<br />
im Sinkflug<br />
Hohe Finanzierungskosten<br />
und Inflation sorgen für Umbruch.<br />
Die Preise für Wohnimmobilien fallen so stark<br />
wie seit Jahren nicht mehr. Laut dem Häuserpreisindex<br />
des Statistischen Bundesamts sind die<br />
Preise in Deutschland im vierten Quartal 2<strong>02</strong>2<br />
um 3,6 Prozent gegenüber dem letzten Quartal<br />
des vorausgegangenen Jahres gesunken.<br />
Zuletzt hatte es 2010 einen solchen Rückgang gegeben.<br />
Auch bei Betrachtung kürzerer Vergleichszeiträume<br />
zeigt sich der sinkende Trend: Vom<br />
dritten zum vierten Quartal 2<strong>02</strong>2 gingen die Preise<br />
um 5 Prozent zurück. Ursache der Entwicklung<br />
sind laut Destatis die gestiegenen Baufinanzierungskosten<br />
sowie die anhaltend hohe Inflation.<br />
Weitere Themen<br />
Bausparen lohnt sich wieder 82<br />
Senioren als Kreditnehmer 84<br />
Markt der Zwangsversteigerungen 88<br />
Foto: Acilo
82 | SACHWERTE Immobilienfinanzierung<br />
»Die richtige Summe wählen«<br />
Das hohe Zinsniveau sorgt für einen Run aufs Bausparen: Natalie Wagner, Spezialistin für<br />
Baufinanzierung beim Finanzierungsvermittler Dr. Klein, über die Hintergründe<br />
AW ANNE MAREILE WALTER<br />
Die Zinswende hat zu einer Renaissance<br />
des Bausparens geführt. 578.000 neue<br />
Bausparverträge mit einem Volumen<br />
von 41,4 Milliarden Euro wurden 2<strong>02</strong>2<br />
bei den Landesbausparkassen abgeschlossen<br />
– ein Plus von 26 Prozent<br />
im Vergleich zu 2<strong>02</strong>1 in Bezug auf die<br />
Vertragszahl sowie ein Zuwachs von<br />
47 Prozent bei der Bausparsumme.<br />
Die Bereitschaft breiter Bevölkerungsschichten,<br />
für die eigenen vier Wände<br />
zu sparen, scheint ungebrochen.<br />
<strong>procontra</strong>: Für 2<strong>02</strong>2 melden die Landesbausparkassen<br />
Rekordzahlen bei der<br />
Anzahl neu abgeschlossener Bausparverträge.<br />
Können Sie diese Entwicklung<br />
aus Ihrer eigenen Beratungspraxis<br />
bestätigen?<br />
Natalie Wagner: Ja, auch bei uns ist die<br />
Nachfrage seit einem Dreivierteljahr angestiegen.<br />
Davor war sie eher rückläufig.<br />
Viele Kunden hinterfragten den Sinn<br />
des Bausparens, da die Kreditzinsen bei<br />
den Banken in den vergangenen Jahren<br />
im stetigen Sinkflug begriffen waren.<br />
Jetzt hat man aber festgestellt, dass die<br />
Zinsen auch steigen können und dass<br />
die Bausparkassen ihre Zinssätze noch<br />
gar nicht angepasst haben und viele<br />
noch mit einer Eins vor dem Komma<br />
unterwegs sind – da ist die Nachfrage<br />
plötzlich sehr viel größer geworden.<br />
<strong>procontra</strong>: Wann empfehlen Sie für den<br />
Traum vom Eigenheim einen Bausparvertrag?<br />
Wagner: Jeder, der irgendwann eine Immobilie<br />
haben möchte oder bereits eine<br />
hat, kann Bausparen für sich nutzen:<br />
fürs Kaufen oder Bauen, für Anschlussfinanzierungen,<br />
für Kinderverträge und<br />
zum Modernisieren und Renovieren.<br />
Ich habe das Bausparen schon immer<br />
empfohlen, weil ich ein sicherheitsorientierter<br />
Mensch bin. Jetzt wird es<br />
von den Kunden wieder mehr entdeckt,<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Gründe für Nachfrage-Hype<br />
nach Bausparern<br />
Für welche Kunden<br />
Bausparverträge sinnvoll sind<br />
Vergleich zu klassischen<br />
Finanzierungsmethoden<br />
Foto: Dr. Klein
Immobilienfinanzierung SACHWERTE | 83<br />
weil es aktuell hier bessere Konditionen<br />
als bei der klassischen Baufinanzierung<br />
gibt. Vor der Zinswende waren die Konditionen<br />
ähnlich wie bei der Bank. Da<br />
wurden die Verträge nicht abgeschlossen,<br />
um sich einen günstigeren Zinssatz<br />
zu sichern, sondern um sich den<br />
Zinssatz auf Dauer zu sichern. Bei der<br />
Bank werden Zinssätze oft über einen<br />
Zeitraum von 10 oder 15 Jahren vereinbart.<br />
Wer sich eine längere Zinsbindung<br />
wünscht, hat aber immer schon mit<br />
dem Bausparer arbeiten können.<br />
<strong>procontra</strong>: Ist der Bausparer demnach<br />
aktuell das Mittel der Wahl, um die<br />
Eigenheimfinanzierung auf sichere Füße<br />
zu stellen?<br />
Wagner: Ja, wenn der Kunde eine lange<br />
Zinsbindung möchte. Es gibt natürlich<br />
auch solche, die unbedingt eine Zinsbindung<br />
von 10 bis 15 Jahren möchten<br />
oder die sagen: In den nächsten 20<br />
Jahren bin ich ganz sicher schuldenfrei.<br />
Da brauche ich nicht mit dem Bausparer<br />
um die Ecke zu kommen. Nur, wenn ein<br />
Kunde nicht davon ausgeht, superschnell<br />
schuldenfrei zu werden, und<br />
eine lange Sicherheit wünscht – dann ist<br />
Bausparen das Richtige.<br />
<strong>procontra</strong>: Was sind weitere Vorteile<br />
gegenüber anderen Finanzierungsmethoden?<br />
Wagner: Bausparen hilft mir nicht am<br />
Anfang, denn in der Sparphase tilge ich<br />
nichts, wenn ich einen Bausparer in die<br />
Finanzierung einbaue. Aber nach hinten<br />
raus, in der Darlehensphase, tilge ich<br />
dafür umso schneller. Und das zu einem<br />
richtig guten Zinssatz, der bereits jetzt<br />
feststeht. Und ich habe eine größere<br />
Flexibilität als bei klassischen Finanzierungen,<br />
indem ich zum Beispiel jederzeit<br />
Sondertilgungen in beliebiger Höhe<br />
leisten kann. Hinzu kommt: Wenn ich<br />
den Bausparer bei einer vermieteten<br />
Immobilie einsetze, kann ich steuerlich<br />
mehr absetzen als bei einem Annuitäten-Darlehen.<br />
Ich kann zudem von<br />
Tag eins bis zu dem Tag, an dem ich<br />
»Viele Bausparkassen<br />
haben ihre<br />
Zinssätze noch gar<br />
nicht angepasst und<br />
sind noch mit einer<br />
Eins vor dem<br />
Komma unterwegs.«<br />
schuldenfrei bin, ausrechnen, wie hoch<br />
die monatliche Rate ist, wie hoch die<br />
Gesamtkosten sind, welchen Zinssatz<br />
ich bezahle. Bei einem Kredit kann ich<br />
das nur für die Zeit der Zinsbindung,<br />
meistens sind das 10 bis 15 Jahre.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Tücken schlummern<br />
in dieser Finanzierungsmethode? Was<br />
müssen Kunden bei Vertragsabschluss<br />
beachten?<br />
Wagner: Wichtig ist es, die richtige Bausparsumme<br />
zu wählen. Das wird häufig<br />
falsch gemacht. Im Nachhinein lässt<br />
sich die Bausparsumme nicht mehr<br />
vergrößern. Viele Kunden haben als<br />
Vorsorge einen 50.000-Euro-Bausparvertrag<br />
abgeschlossen. Aber was wollen<br />
Sie mit 50.000 Euro, wenn Sie eine<br />
300.000- oder 400.000-Euro-Immobilie<br />
finanzieren wollen? Dann bekomme<br />
ich für das Geld vielleicht die Tiefgarage.<br />
Ein anderer wichtiger Punkt: Nicht<br />
jede Bank arbeitet mit jeder Bausparkasse<br />
zusammen. Man muss vorher also<br />
genau prüfen, bei welcher Bank man<br />
finanzieren möchte. Und: Bausparer<br />
müssen regelmäßig überprüft werden.<br />
Vielleicht sind die Zinsen wieder<br />
gesunken und ich brauche den Vertrag<br />
nicht mehr? Eine Rate oder Sondertilgung<br />
wurde vergessen? Spätestens drei<br />
Jahre, bevor der Vertrag ausläuft, sollte<br />
man ihn checken.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie erleben Sie in Ihrer<br />
Beratung die Folgen von Inflation und<br />
teuren Baukrediten – hat die Nachfrage<br />
nach Immobilienfinanzierungen insgesamt<br />
nachgelassen?<br />
Wagner: Die Nachfragen als solche sind<br />
nicht so stark zurückgegangen. Aber es<br />
häufen sich die Gespräche, bei denen<br />
am Ende herauskommt: Die Finanzierung<br />
ist monatlich nicht machbar, die<br />
Kunden können sich ihren Immobilienwunsch<br />
mit der aktuellen Zinsrate nicht<br />
leisten. Das gab es vor einem Dreivierteljahr<br />
in dem Ausmaß nicht. Auf der<br />
anderen Seite gibt es aber auch immer<br />
mehr Kunden, die sagen: Gerade weil<br />
alles teurer wird, will ich mich nicht<br />
auch noch mit steigenden Mieten<br />
herumschlagen.<br />
Stellt Bausparen die Finanzierung<br />
auf sichere Füße?<br />
Aktuell bessere Konditionen<br />
als bei Finanzierung über die<br />
Bank<br />
Passend bei Wunsch nach<br />
langer Zinsbindung<br />
Monatliche Rate ist von Tag<br />
eins an exakt zu berechnen<br />
Wer schnell schuldenfrei wird,<br />
sollte auf andere Methoden<br />
setzen<br />
Bausparsumme wird häufig<br />
zu niedrig vereinbart<br />
Lange Vorausplanung nötig, da<br />
keine Tilgung in der Sparphase<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
84 | SACHWERTE Kredite für Senioren<br />
Solvent und würdig<br />
Der Finanzierungsbedarf von Menschen ab 60 steigt, sie bekommen heute bessere<br />
Konditionen als die jüngere Klientel. Wie Vermittler hier ansetzen können<br />
CK CHRISTINA KEPPEL<br />
Illustration: Eleonora Mavromati
Kredite für Senioren SACHWERTE | 85<br />
Was Sie erfahren werden:<br />
Welche Kreditkonditionen für Kunden 60+ möglich sind<br />
Wie sich die Rückzahlquote älterer Kreditnehmer gestaltet<br />
Wie Banken mit Kreditanfragen von Senioren umgehen<br />
Zum Renteneintritt die überfällige Renovierung<br />
angehen, die alte Solaranlage austauschen oder<br />
endlich die freie Zeit nutzen und mit dem Wohnmobil<br />
auf große Fahrt gehen. Für viele Menschen<br />
fängt mit 60 ein neuer Lebensabschnitt an – und<br />
der will finanziert sein. Trotz vorhandenem<br />
Vermögen fehlen dazu manchmal die Bargeldreserven.<br />
Vieles ist zuvor beispielsweise in die<br />
Immobilie oder in die Rentenvorsorge geflossen.<br />
Also: Ein Kredit muss her! Doch haben es Ältere<br />
nicht schwerer, an Kredite zu kommen, und gibt<br />
es überhaupt geeignete Produkte? Fragen, die ein<br />
Berater gut klären kann.<br />
Fakt ist: Spezifische überregionale Seniorenkredit-Offerten<br />
gibt es nicht. Das ist auch gar<br />
nicht nötig, denn Finanzierungsvorhaben dieser<br />
Altersgruppe umfassen in der Regel Renovierungen,<br />
Modernisierungen, Liquidität für lang<br />
gehegte Träume oder Umschuldungen. Dafür<br />
eignen sich insbesondere Ratenkredite gut. Und:<br />
Menschen kurz vor dem Ende der Erwerbstätigkeit<br />
oder nach Eintritt ins Rentenalter sind bei<br />
Banken zunehmend gern gesehene Kundinnen<br />
und Kunden.<br />
Auswertungen der Vergleichsportale Check24<br />
und Verivox zeigen: Die Angebote der Banken an<br />
ältere Kreditnehmer sind im Vergleich mit Kunden<br />
der Portale aller anderen Altersgruppen im<br />
Durchschnitt sogar etwas günstiger. So zahlten<br />
Kreditnehmer über 65 Jahre laut Verivox im Jahr<br />
2<strong>02</strong>2 gemittelt einen Kreditzins in Höhe von 2,85<br />
Prozent, während alle anderen Kunden für die<br />
Produkte im Schnitt einen gemittelten Zins von<br />
3,19 Prozent zahlten – also 0,34 Prozent mehr.<br />
Auch wenn die Nachkommastellen-Differenz auf<br />
den ersten Blick nicht sehr hoch erscheint, beträgt<br />
sie immerhin stattliche 11 Prozent. Check24<br />
kommt sogar auf eine Nachkommastellen-Differenz<br />
von durchschnittlich 0,4 Prozent zugunsten<br />
der Kreditnehmer über 65.<br />
Interessant für Berater: Der vergünstigte Seniorenkredit<br />
hat keinen Ausnahmecharakter,<br />
sondern existiert bereits seit Jahren. Dabei haben<br />
sich die Konditionen für Kreditnehmer über 65<br />
Jahren im Lauf der Zeit sogar verbessert: So lag<br />
die Differenz des mittleren Zinses im Jahr 2018<br />
noch bei 0,1 Prozent, im Jahr 2<strong>02</strong>0 schon bei 0,15<br />
Prozent und hat sich seither mehr als verdoppelt.<br />
»Berater müssen gemeinsam mit dem<br />
Kunden herausfinden, was ihnen<br />
wichtig ist und was zu ihrer finanziellen<br />
Situation passt. Das trifft auf<br />
Kreditnehmer jeden Alters zu.«<br />
Solvente Kunden ab 60<br />
Stefan Potempa<br />
Dr. Klein<br />
Der günstigere Zins für betagte Kreditnehmer<br />
hat seine Gründe. Ältere verfügen über ein<br />
krisensicheres und regelmäßiges Einkommen:<br />
Kurzarbeit, Krankheitsausfälle oder Firmenpleiten<br />
können der Rente nichts anhaben. Oft<br />
können sie zudem eine Immobilie oder andere<br />
Vermögenswerte vorweisen. Auch wenn Immobilien<br />
nicht als Sicherheiten für Ratenkredite<br />
verwendet werden, erhöhen sie die Kreditwürdigkeit<br />
eines Kunden in der Bewertung der Bank.<br />
Kurzum: Ältere gelten als solvente Kunden.<br />
Der Markt wächst, und Ältere haben eine gute<br />
Zahlungsmoral. Laut dem Risiko- und Kredit-<br />
Kompass 2<strong>02</strong>2 der Schufa liegt die Rückzahlquote<br />
bei Ratenkrediten ab dem Alter von<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
86 | SACHWERTE Kredite für Senioren<br />
49 Jahren bei gut 98 Prozent oder höher. Die<br />
durchschnittliche Kredithöhe eines Ratenkredits<br />
stieg laut Schufa, wie im Vorjahr, insbesondere<br />
bei Kreditnehmern ab einem Alter von 60 Jahren<br />
an. Und: Die Zahl der potenziellen Kunden in<br />
Rente wächst. Ältere Menschen leben heute länger<br />
und bleiben länger fit, ihr Anteil an der Bevölkerung<br />
nimmt zu. Diese Trends werden sich<br />
nicht umkehren. Für Berater und Makler bietet<br />
das die Chance, sich in einem Marktsegment zu<br />
positionieren, das auch zukünftig eine stabile<br />
Nachfrage verspricht.<br />
»Baufinanzierung mit<br />
60+ keine Seltenheit«<br />
Daniel Potempa, Berater für Baufinanzierung bei Dr. Klein<br />
<strong>procontra</strong>: Ist es für ältere Menschen<br />
grundsätzlich schwieriger, einen Kredit<br />
aufzunehmen?<br />
Daniel Potempa: Nein, schwieriger<br />
ist es nicht. Es gibt zwar Banken, die<br />
Altersgrenzen definiert haben. Bis<br />
dahin muss ein Kredit dann wieder<br />
abgetragen sein, etwa zum 75. oder<br />
80. Lebensjahr. Aber das ist nicht bei<br />
allen Banken so. Oft ist die Grenze<br />
aber auch kein Problem: Meistens<br />
nutzen Ältere einen Ratenkredit für<br />
einen Fahrzeugkauf, für Sanierungen<br />
an der eigenen Immobilie oder auch<br />
zur freien Verwendung. Das sind verhältnismäßig<br />
niedrigere Summen und<br />
die Laufzeit beträgt in der Regel nicht<br />
mehr als zehn Jahre. Das schafft man<br />
gut bis zum 80. Lebensjahr.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Vorteile bringen<br />
ältere Kreditnehmer für Banken mit?<br />
Potempa: Ältere Menschen haben<br />
in den letzten Berufsjahren oft gute<br />
Einkommen. Rentner wiederum haben<br />
ein sicheres Einkommen und vielleicht<br />
sogar eine Immobilie, die fast oder<br />
ganz abbezahlt ist. Die wird beim<br />
Ratenkredit zwar nicht belastet, fließt<br />
aber positiv in die Bewertung ein. Es<br />
ist auch nicht selten, dass Menschen<br />
über 60, die über Eigenkapital und<br />
eine lastenfreie Immobilie verfügen,<br />
eine Baufinanzierung abschließen.<br />
<strong>procontra</strong>: Ergeben sich daraus niedrigere<br />
Zinsen für ältere Menschen?<br />
Potempa: Kunden, die sichere Einkommen<br />
vorweisen und einen zum<br />
Einkommen passenden Ratenkredit<br />
beantragen, kommen in der Bewertung<br />
der Banken immer besser weg.<br />
Sie können im Vergleich zu Kunden mit<br />
schlechteren Voraussetzungen je nach<br />
Institut vielleicht 1 bis 1,5 Prozentpunkte<br />
beim Kreditzins gutmachen.<br />
Ältere Menschen mit soliden finanziellen<br />
Verhältnissen profitieren da eher<br />
als jüngere, die noch nicht so lange im<br />
Job sind, vielleicht gerade eine Familie<br />
gründen oder eine Immobilie finanzieren<br />
und deshalb weniger Einkommen<br />
zur Verfügung haben.<br />
<strong>procontra</strong>: Worauf kommt es bei der<br />
Beratung älterer Kreditnehmer an?<br />
Potempa: Es kommt auf die Prioritäten<br />
der Kunden an und auf das<br />
monatlich zur Verfügung stehende<br />
Haushaltseinkommen. Darin unterscheiden<br />
sich ältere Kreditnehmer<br />
nicht von allen anderen. Die monatliche<br />
Tilgung muss zum verfügbaren<br />
Einkommen passen. Davon hängen<br />
auch Kredithöhe und Tilgungsrate ab.<br />
Ratenkredite können jederzeit<br />
vollständig abgelöst werden, im<br />
Gegensatz beispielsweise zur Baufinanzierung.<br />
Bei manchen, nicht bei<br />
allen Angeboten, wird dabei allerdings<br />
eine Gebühr fällig. Das macht dann<br />
unter Umständen die Ersparnis durch<br />
einen niedrigeren Zinssatz wieder<br />
zunichte. Ältere Kreditnehmer sollten<br />
sich also auch fragen: Wie wichtig ist<br />
mir diese Flexibilität? All das trifft auf<br />
Kreditnehmer jedes Alters zu. Berater<br />
müssen gemeinsam mit dem Kunden<br />
herausfinden, was ihnen wichtig ist<br />
und was zu ihrer finanziellen Situation<br />
passt.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
Kredite für Senioren SACHWERTE | 87<br />
Ältere Kunden mit hohen Rückzahlquoten<br />
98,5<br />
98,4<br />
98,6<br />
98,4<br />
98,5<br />
98,4<br />
98,0<br />
98,1<br />
98,1<br />
97,8<br />
97,5<br />
97,6<br />
97,3<br />
97,0<br />
97,1<br />
97,0<br />
18-19 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-74 > 74<br />
Quelle: Statista 2<strong>02</strong>1<br />
Gleiche Kriterien für alle<br />
Vergleichsportale sprechen ältere Menschen<br />
mittlerweile gezielt mit Informationsseiten an.<br />
Die Anbieter wissen: Die Voraussetzungen für<br />
ältere Kreditnehmer sind gut und werden immer<br />
besser. Portale wie Verivox und Check24 werten<br />
jährlich die Daten aller Kreditanfragen über Webseiten<br />
aus, auch im Hinblick auf das Alter der<br />
Kunden. So kommt Verivox zu dem Schluss, dass<br />
ältere Kreditnehmer auf ihre Kreditanfragen<br />
genauso häufig Finanzierungsangebote erhalten<br />
wie jüngere Antragsteller. Laut Daten von Verivox<br />
stellen sich Banken zudem zunehmend auf Kreditnehmer<br />
im Rentenalter ein: Die Laufzeit der<br />
Ratenkredite für Antragsteller ab 65 ist zwischen<br />
den Jahren 2018 und 2<strong>02</strong>2 stärker angestiegen als<br />
bei jüngeren Kreditnehmern.<br />
Einige Banken halten weiter Altersgrenzen fest,<br />
doch liegen diese meist zwischen 75 und 80 Jahren.<br />
Ab Renteneintritt bleiben dann immer noch<br />
gut zehn Jahre, um einen Kredit zu tilgen. Viele<br />
Banken bewerten Kunden über 60 inzwischen<br />
allerdings nicht anders als andere Kunden und<br />
vergeben Kredit ohne Altersgrenzen. Der Vergleich<br />
lohnt sich daher in jedem Fall, nicht immer<br />
ist die Hausbank die beste Alternative. „Eine<br />
Altershöchstgrenze für Kundinnen und Kunden,<br />
die einen Ratenkredit erhalten möchten, gibt es<br />
bei uns nicht“, sagt ein Sprecher der Norisbank.<br />
Entscheidend für die Kreditvergabe an ältere<br />
56 Monate<br />
durchschnittliche Laufzeit<br />
von Ratenkrediten bei Menschen zwischen 65 und 69<br />
Menschen sei, wie bei allen Kunden, das Zusammenspiel<br />
aus Kreditwürdigkeit und monatlichen<br />
Einnahmen und <strong>Ausgabe</strong>n. „Grundsätzlich sind<br />
die Faktoren für eine Kreditentscheidung für<br />
alle Altersgruppen identisch“, so der Sprecher<br />
der Norisbank. Die Chancen für Ältere auf dem<br />
Kreditmarkt stehen also gut.<br />
Für Berater bietet das Geschäft mit älteren<br />
Kreditnehmern einen guten Anknüpfungspunkt<br />
und langfristiges Wachstumspotenzial – dafür<br />
sorgt auch die Demografie.<br />
Long Story short<br />
Finanzierungsbedarf älterer Kreditnehmer nimmt zu<br />
Menschen über 60 gelten als solvente und zuverlässige Klientel<br />
Ältere Kreditnehmer bekommen oft bessere Konditionen<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
88 | SACHWERTE Zwangsversteigerungen<br />
Drei, zwei, eins – meins!<br />
Zwangsversteigerungen könnten zunehmen, da Haushaltsbudgets knapper und (Anschluss-)<br />
Finanzierungen oft nicht mehr stemmbar werden. Was bei Auktionen zu beachten ist<br />
ST STEFAN TERLIESNER<br />
Mit einem Tipp können Finanzberater<br />
möglicherweise ein drängendes<br />
Problem eines Kunden lösen: „Versuchen<br />
Sie Ihr Glück doch mal bei<br />
einer Zwangsversteigerung. Immerhin<br />
haben Gerichte im vergangenen<br />
Jahr mehr als 12.000 Einheiten für<br />
eine Auktion anberaumt – vor allem<br />
Familienhäuer und Eigentumswohnungen.“<br />
Bekanntlich ist der „normale“<br />
Weg zum Eigenheim für viele<br />
Familien und Einzelpersonen wegen<br />
der anhaltend hohen Zinsen, Inflation<br />
und Bau- sowie Materialkosten<br />
versperrt. Daher kann ein solcher<br />
Hinweis äußerst hilfreich sein.<br />
dann auch eine gehörige Portion<br />
Glück dazu.<br />
Tatsächlich sind auf Zwangsversteigerungsterminen<br />
meist mehrere<br />
Kaufinteressenten zugegen. „Insgesamt<br />
waren 15 bis 20 Personen im Gerichtssaal“,<br />
berichtet ein erfolgreicher<br />
Käufer, der namentlich nicht genannt<br />
werden möchte. „Schnell waren nur<br />
noch vier, drei und dann zwei Bieter<br />
im Rennen, bis ich den Zuschlag<br />
bekam.“ Ein wenig nervös sei er<br />
gewesen, sagt der neue Immobilienbesitzer.<br />
Aber es habe sich gelohnt.<br />
Tatsächlich liegt der Kaufpreis einer<br />
zwangsversteigerten Immobilie nicht<br />
selten deutlich unter dem Verkehrswert.<br />
Keine rechtlichen Bedenken<br />
Rechtlich steht dem nichts entgegen,<br />
bestätigt Norman Wirth, Rechtsanwalt<br />
und Geschäftsführender<br />
Vorstand des AfW – Bundesverband<br />
Finanzdienstleistungen, auf Anfrage:<br />
„Ich sehe keinen Grund dafür, warum<br />
Finanzberaterinnen oder -berater<br />
nicht auf Zwangsversteigerungen<br />
hinweisen könnten.“ Natürlich gehöre<br />
Was Sie erfahren<br />
werden:<br />
Preisniveau von Immobilien bei<br />
einer Zwangsversteigerung<br />
Auskünfte über Auktionen<br />
Warum Zwangsversteigerungen<br />
zunehmen<br />
Illustration: Roman Kulon
Zwangsversteigerungen SACHWERTE | 89<br />
Selbst Kontakt anbahnen<br />
Die Gefahr eines Fehlkaufs schwingt<br />
immer mit. Verbraucherschützer<br />
betonen, dass der Erwerb nur anhand<br />
von Papierunterlagen erfolgt. Man<br />
kaufe praktisch die Katze im Sack.<br />
Um das Risiko zu reduzieren, können<br />
Interessenten versuchen, auf eigene<br />
Faust eine Innenbesichtigung mit<br />
den Eigentümern oder Mietern zu<br />
vereinbaren. Auf jeden Fall sollten<br />
sich Kaufwillige das beim Amtsgericht<br />
befindliche Grundbuch und das<br />
Gutachten ansehen. Für die Einsichtnahme<br />
benötigt man das vom Gericht<br />
vergebene Aktenzeichen für die<br />
Immobilie.<br />
Um zu erfahren, welche Objekte<br />
zwangsversteigert werden, können Interessenten<br />
zum Beispiel im Zwangsversteigerungsportal<br />
der Landesjustizverwaltungen<br />
nachschauen. Die<br />
Internetseite dazu lautet: zvg-portal.<br />
de. Einfacher zu nutzen und ebenfalls<br />
recht umfassend sind die Onlineübersichten<br />
von zum Beispiel argetra.de<br />
und zwangsversteigerung.net.<br />
Mehr Privatinsolvenzen<br />
erwartet<br />
Walter Ruesch, Geschäftsführer<br />
des Argetra Verlags für Wirtschaftsinformationen,<br />
geht von einem<br />
Anstieg der Zwangsversteigerungen<br />
in diesem und im kommenden Jahr<br />
aus. Er begründet seine Prognose im<br />
Argetra-Jahresbericht 2<strong>02</strong>2 mit einer<br />
zu erwartenden Zunahme überschuldeter<br />
Haushalte. Das Bundesverbraucherschutzministerium<br />
sowie<br />
Schuldnerberatungen hätten bereits<br />
vor vermehrten Privatinsolvenzen<br />
gewarnt. Wirtschaftskrisen wirken<br />
sich verzögert auf Verbraucher aus,<br />
berichtet Ruesch. Vor allem finanzschwache<br />
Haushalte litten unter den<br />
Pandemiefolgen, steigenden Energiekosten<br />
und allgemeiner Inflation.<br />
Ruesch berichtet auch, dass nur die<br />
Angaben in %<br />
Was unter den Hammer kommt<br />
Anberaumte Zwangsversteigerungen nach Objektarten im Jahr 2<strong>02</strong>2<br />
Garagen und Sonstige<br />
Grundstücke<br />
Gewerbeobjekte,<br />
Mehrfamilienhäuser<br />
Eigentumswohnungen<br />
16<br />
»Zwangsversteigerungen<br />
sind eine<br />
interessante<br />
Möglichkeit zum<br />
Erwerb eines bezahlbaren<br />
Eigenheims<br />
oder Immobilieninvestments.«<br />
Norman Wirth<br />
Geschäftsführender Vorstand<br />
AfW – Bundesverband<br />
Finanzdienstleistungen<br />
Hälfte der eröffneten Verfahren im<br />
Gerichtssaal landen. „Der Rest wird<br />
vor der Versteigerung freihändig<br />
verkauft.“ Auch das kann ein nützlicher<br />
Hinweis sein. Wer den Gläubiger<br />
kennt – in der Regel eine Bank –, kann<br />
den Direktkauf eines für die Zwangsversteigerung<br />
vorgesehenen Objekts<br />
prüfen. Sind alle Beteiligten, also<br />
auch der Schuldner, einverstanden,<br />
erwirbt der Käufer auf diese Weise<br />
das Objekt mitunter ebenfalls<br />
Quelle: Argetra<br />
deutlich unter dem Marktwert. Der<br />
Abschlag ist dann vermutlich nicht so<br />
hoch wie bei einer Zwangsversteigerung,<br />
aber dafür ist die Chance viel<br />
größer, zum Zuge zu kommen.<br />
Ein Eigenheim ersteigern?<br />
Alternativer Weg in einem leer<br />
gefegten Immobilienmarkt<br />
Der Zuschlagspreis liegt in der<br />
Regel deutlich unter Marktwert<br />
Vorfeld-Erwerb möglich<br />
15<br />
21<br />
2<br />
46<br />
Ein- und Zweifamilienhäuser<br />
Eine Objektbesichtigung vor<br />
Kauf ist mitunter schwierig<br />
Ohne selbst gesetztes Preislimit<br />
droht finanzielle Überforderung<br />
Die Chance, am Gericht den<br />
Zuschlag zu bekommen,<br />
ist eher gering<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
90 | PRIVAT GEFRAGT <br />
»Ich starte den Tag<br />
mit 100 bis 150 Liegestützen«<br />
Zum Frühstück gibt es bei mir<br />
Müsli/Porridge/Obst/Gemüse,<br />
Leitungswasser.<br />
Die Homeoffice-Kultur<br />
empfinde ich als<br />
tolle Ergänzung zu einem zeitgemäßen<br />
Arbeiten.<br />
Diese neue Kompetenz habe ich mir<br />
(Corona-bedingt) angeeignet:<br />
Onlineberatung auf allen Kanälen und<br />
Weltklasseniveau bei FIFA 21.<br />
Meine wahre Leidenschaft ist<br />
meine Familie und alles interessante<br />
Neue.<br />
Klaus Hermann,<br />
Geschäftsführer KH Versicherungen GmbH<br />
Jahrgang 1972, glücklich verheiratet,<br />
vier fantastische Kinder<br />
Meine Freizeit verbringe ich<br />
am liebsten damit:<br />
Sport (Tennis, Wandern, Klettern, Ski,<br />
Tauchen, Fußball, Kampfsport).<br />
Mein erstes Geld habe ich verdient als<br />
Austräger einer Wochenzeitung.<br />
Das Thema Nachhaltigkeit liegt<br />
mir am Herzen, weil<br />
wir in der Tat die letzte Generation sind,<br />
die die schlimmsten Folgen des Klimawandels<br />
noch verhindern kann und<br />
muss. Aufgeben ist keine Option.<br />
Am meisten Überwindung kostet mich<br />
Menschen zuzuhören, die mit Entlastungsargumenten<br />
versuchen, ihr<br />
Nichthandeln in Sachen Klima- und<br />
Umweltschutz zu erklären.<br />
Ich würde gern mal einen Tag lang<br />
tauschen mit …, um dann Folgendes<br />
zu tun:<br />
Wladimir Putin … um den fürchterlichen<br />
Krieg in der Ukraine zu beenden, auf<br />
die Knie fallend um Entschuldigung zu<br />
bitten und meinen Vorgänger nach Den<br />
Haag zu überstellen.<br />
Ihre Meinung bitte<br />
Onlineberatung sollte auch<br />
unabhängig von der Corona-Pandemie<br />
weiter vorangetrieben<br />
werden.<br />
Beim Thema Altersvorsorge<br />
hat die deutsche Politik<br />
versagt.<br />
Finanzanlagenprodukte nach<br />
Artikel 8 + 9 leisten einen großen<br />
Beitrag zu einer nachhaltigeren<br />
Welt.<br />
Wahrer Luxus ist für mich<br />
sauberes Wasser aus der Leitung, die<br />
Freiheit, meine Meinung ohne Ängste<br />
äußern zu dürfen, und dass ich mir<br />
immer Pommes und Chips kaufen kann,<br />
wann mir danach ist (mein größter<br />
Wunsch als Kind).<br />
Meine nächste Reise geht dahin:<br />
Malawi – ein Entwicklungs- und Klimaschutzprojekt,<br />
das ich mit großer Unterstützung<br />
aus meiner geliebten Versicherungsbranche<br />
umsetzen kann.<br />
Meine erste Tat zu Beginn eines<br />
Arbeitstages:<br />
Fenster auf und 100 bis 150 Liegestütze.<br />
Die Musik drehe ich lauter bei<br />
Depeche Mode und allem, was etwas<br />
Independent ist.<br />
Das macht mich als Versicherungsmakler<br />
aus:<br />
mit Spaß bei Arbeit und mit Ernst in der<br />
Sache.<br />
Der größte Missstand in der Finanzund<br />
Versicherungsbranche ist<br />
die zu große Menge an grünem Marketing<br />
und zu wenige ernsthafte Absichten.<br />
ESG ist für die meisten Entscheider<br />
eine Pflicht und keine Passion.<br />
… so könnte der Missstand behoben<br />
werden:<br />
Unsere Branche darf nicht in erster Linie<br />
dem Profit dienen, sondern dem Wohl<br />
der Menschen. Das bezieht ausdrücklich<br />
die echten Nachhaltigkeitsbemühungen<br />
mit ein.<br />
<strong>procontra</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
„Ich investiere in den<br />
TSO Active Property III,<br />
weil ich bei dessen Wertschöpfungsmodell<br />
direkt<br />
partizipiere.“<br />
Immobilieninvestments im Südosten der USA<br />
Der TSO Active Property III investiert strategisch in Gewerbeimmobilien in einer der<br />
wachstumsstärksten Regionen der USA: dem Südosten. Das breit diversifizierte Portfolio<br />
bietet optimale Chancen, von Sachwertinvestitionen im gewerblichen Sektor zu profitieren.<br />
TSO verfolgt dabei einen erprobten und erfolgreichen Wertsteigerungsansatz. Ein starkes<br />
Netzwerk, regionale Präsenz und umfangreiche Erfahrung ermöglichen es Anlegern, seit<br />
2006 am Unternehmenserfolg teilzuhaben. Inflationsschutz, Investition in den US-Dollar und<br />
umfangreiches Co-Investment durch TSO runden das Angebot ab. Machen Sie sich ein Bild<br />
unserer Immobilien und fordern Sie unsere Portfolioübersicht an!<br />
www.tso-europe.de/anlageprodukte<br />
HINWEIS: Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Ein vollständiger<br />
Verkaufsprospekt sowie das Vermögensanlagen-Informationsblatt werden bei der TSO Active Property III, LP, 1170 Peachtree Street, Suite 2000, Atlanta, Georgia 30309,<br />
USA und bei der TSO Capital Advisors GmbH, Taunusanlage 11, 60329 Frankfurt am Main, Deutschland zur kostenlosen <strong>Ausgabe</strong> bereitgehalten und sind auf der Internetseite<br />
www.tso-europe.de veröffentlicht.
Eberhard Sautter,<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
Medizinischer<br />
Fortschritt für alle<br />
Neue<br />
KV-Zusatz –<br />
auch als<br />
bKV<br />
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und macht diese für die Versicherten zugänglich. So<br />
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