3_2023 Leseprobe
Ausgabe 3_2023 des BIOGAS Journals, herausgegeben vom Fachverband Biogas e.V.
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POLITIK<br />
BIOGAS JOURNAL | 3_<strong>2023</strong><br />
Inflation Reduction Act:<br />
Europa und die USA im Clinch<br />
Die Erneuerbare-Energien-Branche hofft auf Unterstützung aus dem „Green Deal<br />
Industrial Plan“. Europa antwortet damit auf den „Inflation Reduction Act“ der USA.<br />
Von Bernward Janzing<br />
Der Name führt in die Irre. Ob der im August<br />
2022 von US-Präsident Joe Biden<br />
unterzeichnete Inflation Reduction Act<br />
(IRA) die Inflation in den USA wirklich<br />
reduzieren wird, muss sich erst noch zeigen.<br />
Sicher ist hingegen, dass der Staat im Rahmen<br />
des IRA viel Geld verteilen will. 370 Milliarden Dollar<br />
sollen in Form von Subventionen und Steuergutschriften<br />
ausgereicht werden.<br />
Die Gelder sind teilweise daran geknüpft, dass Unternehmen<br />
heimische Produkte verwenden oder diese<br />
selbst in den USA produzieren. Speziell stehen beim<br />
IRA grüne Technologien und kritische Rohstoffe im<br />
Fokus. Das Programm gilt als die größte Investition<br />
im Kampf gegen den Klimawandel in der Geschichte<br />
der USA.<br />
US-Klima-Protektionismus?<br />
Aber es ist eben in erster Linie ein Industrieprojekt.<br />
„Die USA wollen mit dem Inflation Reduction Act<br />
vor allem die heimische Wirtschaft stützen, sie resilienter<br />
gegen Lieferengpässe machen und sich als<br />
Technologieführer positionieren“, sagt Josefin Meyer<br />
vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung<br />
(DIW). Rund 60 Prozent aller Steuervergünstigungen<br />
beinhalteten eine sogenannte Local-Content-<br />
Bestimmung. Elektroautos und Batterien, die in<br />
den USA hergestellt werden, sollen mit Subventionen<br />
gefördert werden, ebenso Unternehmen, die<br />
Windräder oder Solaranlagen mit US-Stahl herstellen.<br />
Manche sprechen bereits von „Klima-Protektionismus“.<br />
Allerdings kämen bisher 76 Prozent der kritischen<br />
Rohstoffe aus Ländern, die kein Freihandelsabkommen<br />
mit den USA haben, weiß das DIW. Auch „ausgewählte<br />
grüne Technologien wie Photovoltaik, Windturbinen<br />
oder Lithium-Batterien“ stammten zu mehr<br />
als der Hälfte aus Nicht-Freihandelsländern, so eine<br />
Analyse des Instituts. Somit bestünden Abhängigkeiten<br />
der USA, die „nicht kurzfristig gelöst werden können“.<br />
Die USA hätten jetzt nur drei Möglichkeiten:<br />
„Entweder ziehen sie die Produktion dieser Technologien<br />
in die USA, sie lockern ihre Bedingungen oder<br />
sie schließen länder- und sektorspezifische Verträge,<br />
die Ausnahmeregelungen vorsehen.“<br />
Unternehmen in Europa sehen sich durch den IRA<br />
nun ein Stück weit ausgebootet. „In der EU hat das<br />
Gesetz Sorgen über die Zukunft des Investitionsstandorts<br />
Europa ausgelöst“, berichtet der Bundesverband<br />
der Deutschen Industrie (BDI). Auch der<br />
Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und<br />
Handelskammer (DIHK), Martin Wansleben, nannte<br />
den IRA eine „gigantische Herausforderung“.<br />
Europa wehrt sich mit GDIP<br />
Da der IRA stark den Klimaschutz und Energietechnologien<br />
im Fokus hat, sind speziell auch die entsprechenden<br />
Wirtschaftszweige in Deutschland alarmiert.<br />
Die Branche der Erneuerbaren in Deutschland<br />
mahnt nun eine entsprechende Antwort aus Europa<br />
an. Eine erste Positionierung der EU-Kommission ist<br />
mit dem Anfang Februar vorgestellten „Green Deal<br />
Industrial Plan“ (GDIP) bereits erfolgt. Dieser ist<br />
als Konter der Bestrebungen der USA zu verstehen<br />
und soll europäische Unternehmen davon abhalten,<br />
Standorte außerhalb der EU aufzubauen, um in den<br />
USA tätig sein zu können. Vorwürfe des Handelsprotektionismus<br />
und eine Benachteiligung europäischer<br />
Unternehmen stehen im Raum.<br />
Die Kommission propagiert nun ein „Netto-Null-Industrie-Gesetz“,<br />
also ein Gesetz über eine CO 2<br />
-neutrale<br />
Industrie. Damit soll ein Rechtsrahmen geschaffen<br />
werden, der „vereinfachte und beschleunigte<br />
Genehmigungsverfahren, die Förderung europäischer<br />
strategischer Projekte und die Entwicklung von Normen<br />
zur Unterstützung des Ausbaus von Technologien<br />
im gesamten Binnenmarkt unterstützt“.<br />
Zugleich will die Kommission es den Mitgliedstaaten<br />
erleichtern, die notwendigen Beihilfen zur Beschleunigung<br />
des grünen Wandels zu gewähren und<br />
die Verwendung bestehender EU-Mittel zur Finanzierung<br />
von Innovationen, Herstellung und Einführung<br />
sauberer Technologien erleichtern. Ein in diesem Zusammenhang<br />
oft genutzter Begriff ist die „Superabschreibung“,<br />
die ein besonders schnelles steuerliches<br />
Absetzen von Investitionskosten ermöglicht. Zugleich<br />
erklärte die Kommission, sie prüfe auch „Möglichkeiten<br />
für eine stärkere gemeinsame Finanzierung auf<br />
EU-Ebene zur Förderung von Investitionen in die Herstellung<br />
von CO 2<br />
-neutralen Technologien.“<br />
FOTO: ADOBE STOCK_COMOFOTO<br />
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