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magaz<strong>in</strong> <strong>November</strong> 2012 Service 21<br />

mich mit Ihnen auszusprechen. In dem Falle,<br />

dass sich bei Ihnen die gleichen Gefühle bemerkbar<br />

machen sollten, wären Sie so freundlich<br />

und täten Sie mir berichten, erbitte aber<br />

strengste Diskretion, da Ehrensache.»<br />

«Willst du mit mir gehen?»<br />

Auch im Zeitalter der elektronischen Kommunikation<br />

haben handgeschriebene Liebesbriefe<br />

Konjunktur. Sie lassen sich be fühlen,<br />

sie duften und s<strong>in</strong>d manchmal wahre<br />

Kunstwerke. Und sie s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Frage<br />

des Alters. In der Grundschule floriert bis<br />

viel an Jugend <strong>in</strong>s Alter h<strong>in</strong>überzuschmuggeln.<br />

So wandelt sich das Alter zur Bestätigung des<br />

Junggewesense<strong>in</strong>s. So etwas ist nur <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>samkeit<br />

möglich. Fahren wir dankbar<br />

fort, bis die Kette sich schliesst.»<br />

<strong>Die</strong> meisten Briefe aus dem Archiv stammen<br />

von Männern. Eva Wyss nennt mögliche<br />

Gründe für diese Ungleichheit. Eventuell<br />

wissen Frauen Liebesbriefe mehr zu<br />

schätzen. Oder die Männer heben Liebesbriefe<br />

nicht auf. Mag der Inhalt von Liebesbriefen<br />

über die Jahrhunderte nicht gross<br />

variieren, so unterscheiden sie sich sprach­<br />

<strong>Die</strong> meisten Liebesbriefe werden<br />

zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er Liaison verfasst,<br />

wenn die Liebe noch frisch ist.<br />

heute die heimliche (Liebes­)Zettelwirtschaft<br />

unter der Bank. «Willst du mit mir<br />

gehen?» Darunter drei Kästchen zum Ankreuzen:<br />

Ja, Ne<strong>in</strong>, Vielleicht. <strong>Die</strong> meisten<br />

Liebesbriefe würden zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er Liaison<br />

verfasst, sagt Wyss. Wenn die Liebe frisch<br />

und die Liebenden unsicher s<strong>in</strong>d. Danach<br />

entstehen Liebesbriefe häufig zu Geburtstagen<br />

oder zu Jubiläen wie der Goldenen<br />

Hochzeit. Dass auch e<strong>in</strong> langes Zusammenleben,<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Würde gealterte Liebe, Worte<br />

zeitigt, die das Herz berühren, zeigen die<br />

Zeilen von Rodolfo an se<strong>in</strong>e Margherita zur<br />

goldenen Hochzeit 1997:<br />

«Liebe Alte, e<strong>in</strong> schönes volles Wort, dem<br />

es gel<strong>in</strong>gt, e<strong>in</strong>e grosse Zeitspanne <strong>in</strong> vier Buchstaben<br />

zusammenzufassen und zudem e<strong>in</strong><br />

wohliges Behagen von Vertrautheit verströmt.<br />

Für die Jahre – e<strong>in</strong> halbes Jahrhundert –, die<br />

dar<strong>in</strong> stecken, siehst Du eigentlich noch recht<br />

frisch und unverbraucht aus. Was wiederum<br />

zeigt, dass gerade die Vertrautheit es versteht,<br />

Alles für Ihre (Liebes-)Briefe<br />

Briefeschreiben<br />

Sie wollen e<strong>in</strong>en Brief schreiben,<br />

wissen aber nicht,<br />

wie anfangen? Besuchen Sie<br />

die Website der Post. Hier<br />

f<strong>in</strong>den Sie allgeme<strong>in</strong>e Tipps<br />

sowie Vorlagen für Liebes-<br />

und andere Briefe.<br />

Πwww.post.ch/briefeschreiben<br />

Πwww.post.ch/schreibfabrik<br />

WebStamp easy<br />

Auf jeden Brief gehört e<strong>in</strong>e<br />

Marke. Wie wärs e<strong>in</strong>mal<br />

mit e<strong>in</strong>er ganz persönlichen?<br />

Mit WebStamp easy gestalten<br />

Sie im Nu Ihre e<strong>in</strong>zigartige<br />

Marke und überraschen<br />

damit Ihre Liebsten.<br />

Πwww.post.ch/webstamp-easy<br />

Postshop.ch<br />

Alles, was es braucht für<br />

den handgeschriebenen Brief:<br />

schönes Schreibpapier,<br />

Bildkarten, Couverts, Farb-,<br />

Filz- oder Bleistifte, Kugelschreiber,<br />

Füllfedern, Tipp-Ex,<br />

Klebstoff, Brieföffner, Briefmarken.<br />

Und für das Paket:<br />

Klebeband, Packpapier,<br />

Polstermaterial, Scheren,<br />

lich doch sehr. Heute <strong>wird</strong> wohl kaum e<strong>in</strong><br />

Galan se<strong>in</strong>em «sehr geehrten Fräule<strong>in</strong>»<br />

schreiben. Der Namensgebung s<strong>in</strong>d heute<br />

ke<strong>in</strong>e Grenzen mehr gesetzt, häufig s<strong>in</strong>d sie<br />

dem Tierreich oder der Babysprache entlehnt.<br />

Im Zürcher Liebesbriefarchiv f<strong>in</strong>det<br />

sich e<strong>in</strong>e enorme Bandbreite: «Öpfelbaum»<br />

schreibt se<strong>in</strong>em «Chrälleli», der «Bleiche»<br />

se<strong>in</strong>er «Bruunen», «Schnubbel» h<strong>in</strong>terlässt<br />

Zettelchen an «Schnügge», liebe Worte werden<br />

gerichtet ans «kle<strong>in</strong>e Miau» oder gar<br />

an e<strong>in</strong> «sapperlotslausbübischtolltrolliges<br />

Wesen». Und überhaupt: Was soll man schon<br />

machen, wenn man «so bliblabala, so o<strong>in</strong>gbo<strong>in</strong>g<br />

guli, so ritschrätschtätsch verliebt» ist?<br />

Liebeskorrespondenz der Prom<strong>in</strong>enz<br />

Liebesbriefe liest jeder gerne, natürlich am<br />

liebsten die selbst erhaltenen. Doch gleich<br />

danach kommt die Liebeskorrespondenz<br />

fremder Leute, bevorzugt die von Berühmtheiten.<br />

Der deutsche Literaturkritiker<br />

Waagen, Gummibänder,<br />

Adressstempel.<br />

Πwww.post.ch/postshop<br />

Besuch im Briefzentrum<br />

Wollten Sie schon immer<br />

mal erfahren, welchen Weg<br />

Ihre Briefe zurücklegen? <strong>Die</strong><br />

Post bietet Führungen durch<br />

ihre Briefzentren <strong>in</strong> Eclépens,<br />

Zürich-Mülligen und Härk<strong>in</strong>gen<br />

an. Der Rundgang dauert<br />

gut zwei Stunden (davon ist<br />

man e<strong>in</strong>e zu Fuss unterwegs)<br />

und ist kostenlos.<br />

Πwww.post.ch/besucherfuehrungen<br />

«Ausdruck der<br />

Wertschätzung»<br />

Frau Wyss, schreiben die Leute<br />

heute andere Liebesbriefe als vor<br />

100 Jahren?<br />

Ja, es hat sich vieles geändert. <strong>Die</strong> Kosenamen<br />

etwa s<strong>in</strong>d lustiger, frecher und<br />

erotischer geworden. Seit den 1980er­<br />

Jahren schreiben auch Frauen vermehrt<br />

leidenschaftliche Liebesbriefe, seit den<br />

1990er­Jahren s<strong>in</strong>d die eher schriftlastigen<br />

Korrespondenzen wieder <strong>in</strong> Mode gekommen,<br />

dank E­Mail und den e<strong>in</strong>fachen<br />

Nutzungsmöglichkeiten des Internets.<br />

Wie viele Dokumente <strong>in</strong> Ihrem<br />

Archiv wurden als Papierbrief<br />

verschickt, wie viele elektronisch?<br />

Bis <strong>in</strong> die 1990er­Jahre wurden fast alle<br />

Liebesbotschaften als Brief verschickt,<br />

e<strong>in</strong>ige wenige benutzten Postkarten oder<br />

Fax. Mit der breiten Nutzung von E­Mail<br />

hat sich das Briefeschreiben zunehmend<br />

<strong>in</strong> die digitalisierten Medien verschoben.<br />

Hat es e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss, ob wir<br />

von Hand auf Papier schreiben?<br />

Der «E<strong>in</strong>fluss» der Form oder des Mediums<br />

ist offensichtlich. Denken Sie an<br />

den Unterschied zwischen e<strong>in</strong>em Telefongespräch<br />

und e<strong>in</strong>em Brief: Beim Telefonieren<br />

stehen Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Dialog, der<br />

Brief <strong>in</strong>szeniert das Dialogartige, <strong>in</strong>dem<br />

er sich auf bereits Gesagtes bezieht oder<br />

zukünftige Begegnungen vorwegnimmt,<br />

ist aber <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er sprachlichen Gestaltung<br />

l<strong>in</strong>ear und monologisch. Das Medium<br />

verweist auch immer auf den Schreibenden.<br />

Mit SMS gibt man sich modern, der<br />

Brief kann konservativ wirken, allerd<strong>in</strong>gs<br />

schreiben manche auch mit SMS sehr<br />

konservative Botschaften und mit Briefen<br />

sehr <strong>in</strong>novativ­künstlerische Texte.<br />

Wieso schreiben wir heute<br />

überhaupt noch Briefe, wo es doch<br />

billiger und schneller g<strong>in</strong>ge?<br />

Handschriftliche Briefe schreiben Leute<br />

aus den unterschiedlichsten Gründen:<br />

Der papierene Brief hat heute e<strong>in</strong>en anderen,<br />

höheren Stellenwert erhalten. Man<br />

kann damit e<strong>in</strong>e Wertschätzung ausdrücken.<br />

Briefe schreibt man aber auch, weil<br />

man gerne schreibt oder weil man im<br />

Schreiben auch malen, zeichnen, basteln<br />

möchte. E<strong>in</strong>en Brief legt man gern irgendwo<br />

h<strong>in</strong>, als Objekt, aufs Kopfkissen, auf<br />

den Frühstückstisch, <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Paket.<br />

Eva Lia Wyss ist Privatdozent<strong>in</strong><br />

für deutsche Sprachwissenschaft<br />

an der Universität Zürich.

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