Neue Philharmonie München Sommer 2023
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WERKEINFÜHRUNG<br />
Dmitri Schostakowitsch (1906 – 1975)<br />
Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1<br />
in Es-dur, opus 107<br />
Nach dem bei uns gebräuchlichen gregorianischen Kalender wurde Dmitri<br />
Dmitrijewitsch Schostakowitsch am 25. September 1906 in St. Petersburg geboren.<br />
Sein Großvater war als polnischer Revolutionär nach Sibirien verbannt<br />
worden wo der Vater des Komponisten Dmitri Boleslawowitsch im Jahre 1875<br />
geboren wurde. 1899 ging dieser zum Studium der Naturwissenschaften<br />
nach St. Petersburg und wurde nach dem Abschluss dort als Chemiker im<br />
Hauptamt für Maße und Gewichte tätig. 1903 heiratete er die Pianistin Sofia<br />
Wassiljewna Kokoulin (1878 – 1955). Im selben Jahr wurde die älteste Tochter<br />
Marija (1903 – 1973) geboren, mithin die ältere Schwester von Mitja, wie<br />
der kleine Bruder genannt wurde, und gefolgt von der jüngeren Schwester<br />
Soja (1908 – 1990). Die Mutter erteilte ihren drei Kindern Klavierunterricht und<br />
Marija wurde später eine erfolgreiche Dozentin für das Pflichtfach Klavier<br />
am Leningrader Konservatorium. Im Alter von acht Jahren erhielt auch Mitja<br />
Klavierunterricht. Dabei zeigte sich, dass er sowohl über ein absolutes Gehör,<br />
als auch über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügte und spielerisch Noten<br />
lernte. Schon bald brachte er das Klavierpoem Der Soldat als erste Komposition<br />
zu Papier. Die Oktoberrevolution erlebte der Elfjährige hautnah mit und<br />
verarbeitete seine Eindrücke kompositorisch in einem Trauermarsch für die<br />
Opfer der Revolution. Noch nicht zehnjährig erhielt der Junge professionelle<br />
Unterweisung in der privaten Klavierschule von Ignaz Glasser (1850 – 1925),<br />
schon bald gefolgt vom Unterricht am Konservatorium bei Alexandra Rosanowa<br />
(1876 – 1942), wo er auch kurze Zeit Unterricht in Improvisation bei<br />
Grigori Bruni erhielt. Da die Eltern uneinig waren, ob eine Karriere als Musiker<br />
für ihren Sohn aussichtsreich sei, baten sie Alexander Siloti (1863 – 1945) um<br />
ein Urteil, einem der letzten Schüler von Franz Liszt (1811 – 1868) in Weimar,<br />
der gegenüber der Mutter ein vernichtendes Urteil abgab, wie sich Schostakowitsch<br />
Jahre später erinnerte:<br />
„Eine Karriere wird der Junge nicht machen. Er hat keine musikalische Begabung.<br />
Aber wenn er Lust hat, nun ... dann soll er eben lernen. Ich habe damals die ganze<br />
Nacht durchgeweint. (...) Da meine Mutter meine Verzweiflung sah, ging sie mit<br />
mir zu A. K. Glasunow.“<br />
Alexander Glasunow (1865 – 1936), Direktor des Petrograder Konservatoriums,<br />
empfahl dagegen die sofortige Aufnahme des erst Dreizehnjährigen als Student<br />
in dem von ihm geleiteten Institut. Maximilian Steinberg (1883 – 1946),<br />
Schüler und Schwiegersohn von Nicolai Rimski-Korsakow (1844 – 1908), war<br />
sein Lehrer für Komposition, Leonid Milolajew (1876 – 1942) sein Klavierpro-<br />
Dmitri Schostakowitsch<br />
in den 20iger Jahren.<br />
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