Neue Philharmonie München Sommer 2023
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WERKEINFÜHRUNG<br />
Beethoven um 1815,<br />
Gemälde von Willibrord<br />
Joseph Mähler.<br />
bessere. Bereits 1816 erschien in der Allgemeinen musikalischen Zeitung in<br />
Leipzig eine ausführliche Beschreibung der Symphonie, die hier auszugsweise<br />
nachzulesen ist:<br />
„Das Werk zerfällt in vier wahrhaft grosse Hauptsätze. Ein Einleitung zum ersten<br />
Allegro wird gebildet durch eine Poco sostenuto, A dur, C-takt. Der geistreiche<br />
Componist weiss gleich die Theilnahme zu erregen, die Aufmerksamkeit der Zuhörer<br />
zu spannen und zu fesseln. Indem das ganze Orchester den vollen und aufs<br />
vollständigste ausgesprochenen Accord, A dur, mit einer Viertelnote anschlägt,<br />
ergreifen die Hoboen sogleich folgenden Gesang: [bestehend aus den Tönen a2,<br />
e2, cis2, fis2 und e2 in halben Notenwerten]. (...)<br />
Das zweyte Stück bildet ein Allegretto, A moll, Zweyvierteltakt, welches seit der<br />
ersten Ausführung in Wien ein Lieblingsstück aller Kenner und Nichtkenner ist, das<br />
auch den, in der Tonkunst gar nicht Unterrichteten innig anspricht, durch seine<br />
Naivität und einen gewissen geheimen Zauber alles unwiderstehlich hinreisst,<br />
und dessen Wiederholung bisher noch bei jeder Aufführung mit Enthusiasmus<br />
erzwungen worden ist. (...)<br />
Die Stelle des Menuett vertritt ein, in Beethovens eigentlicher Manier geschriebenes<br />
Scherzando u. Presto, F dur, Dreyvierteltakt, Trio, meno Presto, D dur, äußerst<br />
launig und capriciös. Gleich der erste Theil des Presto, der in F anfängt, endigt in<br />
A dur: der zweyte ist eine wahre Hasenjagd voll origineller Wendungen. (...)<br />
Im Finale, Allegro con brio, A dur, Zweyviertektakt, spukt wieder ein gewaltiger<br />
Muthwille, und alle Instrumente necken sich unaufhörlich. (...) Den zweyten Theil<br />
eröffnet der Componist in F dur, berührt im Laufe desselbe A moll, C dur, D moll, B<br />
dur, A dur, u. s. w., benutzt mit weiser Oekononie alle contrapunktische Hülfsmittel,<br />
um mit wenigem viel zu wirken, und behandelt, wie man es von ihm gewohnt ist,<br />
kein Instrument stiefväterlich.“<br />
Richard Wagner schrieb in seiner Abhandlung Das Kunstwerk der Zukunft aus<br />
dem Jahre 1850 über Beethovens 7. enthusiastisch:<br />
„Seinen Tongestalten selbst jene Dichtigkeit, jene unmittelbar erkennbare, sinnlich<br />
sichere Festigkeit zu geben, wie er sie an den Erscheinungen der Natur zu so<br />
beseligendem Troste wahrgenommen hatte, – das war die liebevolle Seele des<br />
freudigen Triebes, der uns die über Alles herrliche A-dur-Symphonie erschuf. Aller<br />
Ungestüm, alles Sehnen und Toben des Herzens wird hier zum wonnigen Übermuthe<br />
der Freude, die mit bacchantischer Allmacht uns durch alle Räume der<br />
Natur, durch alle Ströme und Meere des Lebens hinreißt, jauchzend selbstbewußt<br />
überall, wohin wir im kühnen Takte dieses menschlichen Sphärentanzes treten.<br />
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