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FILMFEST MÜNCHEN Programmheft 2023

Das Filmfest wird 40. Hier finden Sie das ganze Programm im Überblick.

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CineMerit<br />

Barbara Sukowa<br />

Das <strong>FILMFEST</strong> <strong>MÜNCHEN</strong> ehrt Schauspielerin<br />

Barbara Sukowa mit dem CineMerit Award<br />

für ihre Verdienste um das Kino. Im Rahmen<br />

der Preisverleihung wird ihr neuester Film<br />

DALÍLAND gezeigt, in dem sie Gala Éluard Dalí,<br />

die Ehefrau des berühmten Malers, verkörpert.<br />

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Rot geschminkt die schmalen Lippen, ein dunkles Kostüm,<br />

das Haar sauber gesteckt: Gala Dalí, eigentlich die Ehefrau<br />

und Muse des Künstlers, erscheint wie eine strenge Gouvernante.<br />

Der weltbekannte Dalí kauert auf dem gefliesten<br />

Küchenfußboden seiner Strandvilla an der Costa Brava und<br />

weint wie ein Kind. Jammernd schnieft der Siebzigjährige,<br />

gespielt von Sir Ben Kingsley, bis sie endlich auftaucht:<br />

seine Gala, berühmt für ihre Geldgier, ihre außerehelichen<br />

Affären und ihren immensen Einfluss auf den größten Maler<br />

seiner Zeit.<br />

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MEISTER-<br />

HAFT<br />

KOMPLEX<br />

Maestro Dalí hat sich in den Finger geschnitten und nun<br />

laufen die Tränen der Angst, die Wunde könne sich mit<br />

Tetanus infizieren. Nur Gala, aus den Armen des Geliebten<br />

geholt, darf ihn trösten. Sie betritt die Küche. Eben noch<br />

unterkühlt, geradezu entzaubert, kniet sie nun neben ihrem<br />

Mann auf dem Boden und pustet. Sie küsst sein Wehwehchen,<br />

streichelt zart seinen Rücken. Die Melodie ihrer<br />

Stimme erklingt wie die einer Mutter, die dem Kind vor<br />

allem dadurch Trost spendet, dass sie seine Schmerzen als<br />

wichtig anerkennt.<br />

Schon in kleinen Momenten von DALÍLAND kann Barbara<br />

Sukowa ihre Figur Gala als überraschend widersprüchlich<br />

und dennoch authentisch präsentieren. Eben saß Gala<br />

noch im Auto mit dem jungen Assistenten James. Seine<br />

Perspektive führt durch den Film und blickt auf das Genie<br />

Salvador Dalí, der in den Siebzigerjahren eine Ausstellung<br />

in New York vorbereitet. „Warum hat Dalí eine alte Frau?“,<br />

schimpft Gala über die wertenden Blicke der Amerikaner.<br />

Es ist ein Film über zwei Eitle, die einander daran erinnern,<br />

dass sie alt sind. Nach 50 Jahren Ehe unvermeidlich.<br />

Im echten Leben war Gala zehn Jahre älter als Dalí, geboren<br />

1894 im russischen Kaiserreich. Barbara Sukowa zeigt<br />

uns Gala als eine stolze, sexuell befreite Frau, die dennoch<br />

mit dem Altern kämpft. Sie verleiht ihr eine Nahbarkeit, die<br />

ihr Charakter nicht selbstverständlich mitbringt. So dürfen<br />

wir erahnen, wie Jahrzehnte mit einem fordernden Malergenie<br />

gewesen sein können.<br />

Barbara Sukowa ist selbst mit einem Künstler aus New<br />

York verheiratet. Geboren 1950 in Bremen, zog sie vor<br />

dreißig Jahren nach Brooklyn. Ihre Söhne aus früheren<br />

Beziehungen nahm sie mit, bekam noch einen weiteren,<br />

inzwischen gibt es auch eine Enkeltochter. Sich für viele<br />

Wochen Filmdreh von ihren Kindern zu trennen, sei ihr<br />

immer schwergefallen. Selbst Margarethe von Trotta, mit<br />

der sie viele Projekte realisierte, habe da Überzeugungsarbeit<br />

leisten müssen, erzählt Barbara Sukowa 2020 im<br />

Tagesspiegel. Schön eigentlich, auf eine Filmographie aus<br />

so wohlüberlegten Highlights blicken zu können.<br />

Text<br />

Antonia Mahler<br />

Charakterdarstellerin war Barbara Sukowa schon in den<br />

Siebzigern. Nach der Schauspielausbildung hatte sie bereits<br />

zehn Jahre auf der Bühne Karriere gemacht, bevor sie<br />

mit den Fassbinder-Filmen BERLIN ALEXANDERPLATZ<br />

und LOLA Anfang der Achtziger zum deutschen Filmstar<br />

wurde. Ein bisschen Marilyn Monroe habe er in ihr gesehen,<br />

und die mochte er sehr, hat Barbara Sukowa vor Jahren<br />

der Zeit berichtet. Auch singend und ein wenig kindlich<br />

brillierte ihre Lola auf der Nachtclub-Bühne der „Villa Fink“<br />

und in den Armen von Armin Müller-Stahl. Fassbinders<br />

Nachkriegs-Interpretation der Lola aus DER BLAUE<br />

ENGEL, Marlene Dietrichs Aufstiegsrolle in den Schauspielolymp,<br />

punktet wieder mit langen Beinen und Singstimme.<br />

Aber eben nicht nur – die Lola im Film ist tatsächlich<br />

eine Hure und eine Heilige. Eine Mutter, Tochter,<br />

Ehefrau und Geliebte, von allem ein bisschen. Sukowa setzte<br />

damit den Grundstein für eine große Filmkarriere, die<br />

stets der Vielschichtigkeit weiblicher Figuren verschrieben<br />

sein würde.<br />

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