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FILMFEST MÜNCHEN Programmheft 2023

Das Filmfest wird 40. Hier finden Sie das ganze Programm im Überblick.

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DI 27.6. 17.00 UHR<br />

FILMMUSEUM<br />

LITTLE JOE – GLÜCK IST EIN GESCHÄFT<br />

LITTLE JOE<br />

Österreich, Vereinigtes Königreich, Deutschland, Frankreich 2019<br />

Regie Jessica Hausner Buch Géraldine Bajard, Jessica Hausner<br />

Besetzung Emily Beecham, Ben Whishaw, Kerry Fox, Kit Connor, David<br />

Wilmot Länge 105 Min. OF<br />

Jessica Hausners Filme beschäftigen sich immer wieder<br />

mit der Willensfreiheit des Menschen und seiner Manipulierbarkeit.<br />

So auch ihr englischsprachiges Debüt LITTLE<br />

JOE (2019), das in den Hauptwettbewerb in Cannes eingeladen<br />

wurde. Ein cineastischer Ritterschlag, den erstmals<br />

eine österreichische Regisseurin erhielt. Der Film ist nach<br />

HOTEL ihr zweites Genrewerk. Angelehnt an Jack Finneys<br />

Sci-Fi-Roman „Invasion of the Body Snatchers“ und dessen<br />

zahlreiche Filmadaptionen erzählt LITTLE JOE von einer<br />

alleinerziehenden Mutter, die als leitende Pflanzenzüchterin<br />

eine neue Art entwickelt, deren Duft Glück bringen<br />

soll. Während bei Finney Außerirdische für die Wesensveränderung<br />

der Menschen verantwortlich sind, ist es bei<br />

Hausner eine einfache Zimmerpflanze, die ihre Besitzer:innen<br />

scheinbar zu leeren Hüllen ihrer selbst macht. Aber wer<br />

könne schon die Wahrhaftigkeit von Gefühlen überprüfen?<br />

Emily Beechams Rolle hinterfragt zudem auf geschickte<br />

Weise das gängige Bild von Mutterschaft. Denn die Mutter<br />

liebt nicht nur ihr Kind, sondern auch ihre Arbeit respektive<br />

ihre Pflanzen. So heißt es an einer Stelle treffend: „Du bist<br />

eine gute Mutter, aber eine noch bessere Pflanzenzüchterin.“<br />

Die britische Schauspielerin gewann für ihre Rolle den<br />

Preis als beste Darstellerin in Cannes.<br />

Hausner gehört mittlerweile zu den herausragendsten und<br />

international anerkanntesten Regisseur:innen aus Österreich.<br />

2020 erhielt sie als erste Frau überhaupt eine Regieprofessur<br />

an der bis dato sehr männerdominierten Filmakademie<br />

Wien. 2021 wurde sie in die Jury in Cannes berufen.<br />

Zudem ist sie seit 2017 Mitglied der Academy of Motion<br />

Pictures Arts and Sciences und dadurch bei den Oscars<br />

stimmberechtigt.<br />

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SA 24.6. 20.30 UHR<br />

RIO 1<br />

CLUB ZERO<br />

SO 25.6. 21.00 UHR<br />

HFF AUDIMAX<br />

Österreich, Vereinigtes Königreich, Deutschland, Frankreich, Dänemark,<br />

Katar <strong>2023</strong> Regie Jessica Hausner Buch Géraldine Bajard, Jessica<br />

Hausner Besetzung Mia Wasikowska, Sidse Babett Knudsen, Amir<br />

El-Masry, Elsa Zylberstein, Mathieu Demy Länge 110 Min. OF<br />

Dass Hausner zur ersten Liga des internationalen Autorenkinos<br />

zählt, beweist auch ihre zweite Einladung in den<br />

Hauptwettbewerb in Cannes, die sie für ihren neuen Film<br />

CLUB ZERO erhielt. In der Satire spielt Mia Wasikowska<br />

eine Lehrerin an einem Eliteinternat, deren Unterricht über<br />

bewusste Ernährung drastische Auswirkungen auf ihre<br />

Schüler:innen hat. Aus ersten harmlosen Ideen entwickelt<br />

sich schnell eine Eigendynamik aus Manipulation und<br />

Radikalisierung, derer die gut situierten Eltern nicht mehr<br />

Herr werden. Nach eigenem Bekunden stammt die Inspiration<br />

für den Film aus dem Märchen vom Rattenfänger von<br />

Hameln. Und wieder ist es Hausners gekonnte Mischung<br />

aus bitterer Ironie und groteskem Unwohlsein, die den Film<br />

samt seiner formalen Strenge so faszinierend macht. CLUB<br />

ZERO ist ein zynischer Kommentar auf unsere Gesellschaft,<br />

in der sich Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung<br />

zu einer Obsession entwickeln und Fakten zunehmend ihre<br />

Bedeutung verlieren. So fragt eine der Schüler:innen in<br />

ihrem Diätwahn, warum man wissenschaftliche Beweise<br />

überhaupt für etwas brauche, das offensichtlich funktioniere.<br />

Mit ihrer Professur an der Filmakademie Wien, der wichtigsten<br />

Ausbildungsstätte des österreichischen Films, ist<br />

Jessica Hausner selbst zu einer Lehrerin an einer Eliteschule<br />

geworden. Von einer drastischen Auswirkung ganz<br />

anderer Art auf die Studierenden darf man ausgehen. Denn<br />

wer wäre besser dafür geeignet, dem Filmnachwuchs<br />

ästhetische Unerschrockenheit und künstlerische Eigenwilligkeit<br />

beizubringen, als eine Regisseurin, die genau dort<br />

vor über dreißig Jahren begann, den österreichischen Film<br />

zu erneuern?

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