geförderte publikationen im jahr 2006 - Gerda Henkel Stiftung
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22<br />
PRESERVATION AND CONSOLIDATION OF<br />
THE WALL PAINTINGS IN SIQ AL BARID,<br />
PETRA, JORDANIEN<br />
Biclinium von Siq al Barid, Außenaufnahme<br />
Biclinium von Siq al Barid, Eingang<br />
LEITERIN Aysar Akrawi<br />
INSTITUTION Petra National Trust, Amman<br />
FÖRDERUNG Forschungsprojekt | Die <strong>Gerda</strong> <strong>Henkel</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützt das Projekt<br />
mit Fördermitteln zur Übernahme von Personal-, Reise- und Sachkosten.<br />
neu bewilligt<br />
Die Felsenstadt von Petra in Jordanien gehört zu den großartigsten Stätten der antiken<br />
Welt. 1985 wurde das südlich der jordanischen Hauptstadt Amman liegende über<br />
zweitausend Jahre alte Zentrum des Nabatäer-Reiches und wichtigste archäologische<br />
Erbe Jordaniens in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. Petra, das spektakulär<br />
in einer engen Schlucht mit bis zu 200 Meter hohen Felswänden liegt, war als<br />
natürliche Festung strategisch günstig an einem Pass über das zerklüftete Shara-<br />
Gebirge platziert. Im sechsten Jahrhundert v. Chr. vom Nomadenvolk der Nabatäer<br />
gegründet, entwickelte sich die Stadt zu einem Zentrum des Karawanenhandels. Die<br />
Nabatäer verdankten ihren Aufstieg vor allem dem Weihrauchhandel, der sich zwischen<br />
dem Königreich Saba und Gaza am Mittelmeer abspielte. Um den Handel<br />
besser kontrollieren zu können, wurde ein Teil des Volkes sesshaft und entwickelte<br />
bald eine eigenständige Kultur, die von den Baustilen des römischen und hellenistischen<br />
Raums beeinflusst wurde. Die handelspolitische Bedeutung der Hauptstadt<br />
Petra, die von vielen Wasserquellen umgeben war, wuchs, und während des ersten<br />
Jahrhunderts v. Chr. sollen ca. 30.000 Menschen in der Stadt gewohnt haben.<br />
Im Jahre 106 n. Chr annektierten die Römer das nabatäische Reich und gliederten<br />
es als Provinz Arabia Petraea in das Imperium Romanum ein. Nachdem sich <strong>im</strong> zweiten<br />
Jahrhundert die Handelswege verändert hatten, nahm die Glanzzeit Petras ein<br />
Ende, und in den Jahren 363 und 551 n. Chr zerstörten zwei Erdbeben große Teile der<br />
Stadt. Nach 582 wurde Petra aufgegeben und in den folgenden Jahrhunderten mehrfach<br />
überschwemmt oder verschüttet. Erst 1812 stieß der Schweizer Forscher Johann<br />
Ludwig Burckhardt wieder auf die antike Metropole, als er sich auf einer Reise von<br />
Damaskus nach Kairo von den Beduinen <strong>im</strong> Süden des heutigen Jordanien einen Teil<br />
des damals unter Schutt verborgenen Ortes zeigen ließ. Heute verteilen sich in Petra<br />
auf ca. 1000 km 2 Tempel, Grabmäler, Theater und viele weitere Gebäude aus rotbraunem<br />
Sandstein, die gleichzeitig erhalten, wissenschaftlich erforscht und für den<br />
Tourismus genutzt werden.<br />
Im Mittelpunkt eines von der <strong>Stiftung</strong> unterstützten und vom Petra National Trust<br />
unter der Leitung von Aysar Akrawi gemeinsam mit der jordanischen Antikenverwaltung<br />
durchgeführten Forschungsprojekts stehen die zu verblassen drohenden Malereien<br />
in den Felsenhöhlen der antiken Siedlung Siq al Barid (»Klein-Petra«) am Rande<br />
von Petra. Die dem ersten Jahrhundert v. Chr. zuzuordnenden Fresken gehören zu den<br />
am großflächigsten erhaltenen Überresten der sonst nur in raren Beispielen überlieferten<br />
nabatäischen Wandmalerei. Das Gewölbe der Felsennische ist mit einer fein gearbeiteten,<br />
tapetenartigen Szene aus Weinreben, Blumen, Vögeln und mythologischen<br />
Figuren ausgestaltet. Die heute sichtbaren Farben variieren zwischen unterschiedlichen<br />
Grautönen für die Vögel und herbstfarbenen sowie goldenen Abstufungen für<br />
die anderen Bilder. Ähnliche Szenen finden sich zwar auch in Pompeji, Rom (Haus<br />
der Livia) und Alexandria, aber die Wandmalereien in Siq al Barid sind ein einzigartiges<br />
Beispiel für die Region und von besonderer Bedeutung für das Verständnis der<br />
von römisch-hellenistischen Elementen beeinflussten Kunst der Nabatäer. Sie bezeugen<br />
außerdem die Bedeutung von Landwirtschaft und Weinbau für die nabatäische<br />
Wirtschaft, die Popularität von Göttern aus dem semitischen und hellenistischen<br />
Raum sowie die tiefgehenden kulturellen Beziehungen zwischen den Nabatäern und<br />
ihren benachbarten Zivilisationen.<br />
Im Rahmen des geplanten Projekts sollen die Zusammensetzung und der heutige<br />
Zustand der Malereien technisch aufgenommen und dokumentiert, Proben der Gipsarbeiten<br />
hinsichtlich der Struktur der Farbschichten untersucht sowie einzelne Flächen<br />
konserviert werden. Ziel ist es, auf der Basis dieser Arbeiten einen detaillierten Plan<br />
für eine komplette Konservierung der Wandmalereien zu entwerfen und Empfehlungen<br />
für einen verbesserten Zugang zum Biclinium von Siq al Barid sowie für die wissenschaftliche<br />
Interpretation der nabatäischen Malerei insgesamt zu erarbeiten.