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geförderte publikationen im jahr 2006 - Gerda Henkel Stiftung

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DAS SELBSTBILDNIS IM WERK<br />

MARTIN KIPPENBERGERS<br />

Martin Kippenberger, Ohne Titel, 1988<br />

STIPENDIATIN Anne Haun, Berlin<br />

FÖRDERUNG Promotionsstipendium | Die <strong>Gerda</strong> <strong>Henkel</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützt das<br />

Dissertationsvorhaben durch die Gewährung eines Promotionsstipendiums<br />

und die Übernahme von Reise- und Sachkosten. | neu bewilligt<br />

Martin Kippenberger (1953 – 1997) zählt zu den wichtigsten Repräsentanten jener<br />

Künstlergeneration, die in den frühen 1980er Jahren <strong>im</strong> Zuge der so genannten<br />

»Wilden Malerei« ihre ersten Erfolge feierte. Er war einer der großen Exzentriker<br />

seiner Zeit und verstand sich meisterhaft auf die öffentliche Selbstinszenierung. Kippenberger<br />

wirkte als Maler und Zeichner, Bildhauer und Fotograf, Performer und Musiker,<br />

Organisator und Lehrer, Kunstsammler und Museumsdirektor; er verlegte<br />

Bücher, war Autor, hielt Vorträge und edierte Ausstellungsplakate. Mit seiner Arbeit<br />

stellte er nahezu alles in Frage, was Kunst ausmacht: die Authentizität des Kunstwerks,<br />

die Rolle des Künstlers und den Kunstbetrieb. Kippenbergers rigoroser Subjektivismus,<br />

der die Schonungslosigkeit <strong>im</strong> Umgang mit der öffentlichen Int<strong>im</strong>ität<br />

vorwegnahm und gleichzeitig mit dem Mythos vom künstlerischen Genius des<br />

20. Jahrhunderts abrechnete, ließ ihn repräsentativ für den Künstlertypus des »postmodernen<br />

Bohémien« werden.<br />

Anne Haun untersucht <strong>im</strong> Rahmen ihres Dissertationsvorhabens die umfangreiche<br />

Werkgruppe der Selbstporträts Martin Kippenbergers und ordnet sie <strong>im</strong> Hinblick<br />

auf das Gesamtœuvre wissenschaftlich ein. Ziel ist es, zunächst einen Katalog<br />

der über alle Werkphasen und in den unterschiedlichsten Medien ausgeführten Selbstbildnisse<br />

zu erstellen. Selbstbefragung und -inszenierung zogen sich wie ein roter<br />

Faden durch das Werk des Künstlers. Steht Kippenberger aber einerseits eindeutig <strong>im</strong><br />

Zentrum seiner Arbeiten, unterläuft er andererseits permanent durch variierende Bildstrategien<br />

die tradierten Repräsentationsmuster. Oft verrätselt er sein Porträt scheinbar<br />

willkürlich bis zur Unkenntlichkeit und lenkt den Betrachter bewusst ins Leere.<br />

Seine Selbstbildnisse sind gekennzeichnet durch die Wahl ironischer Bildmotivik, teilweise<br />

in Kombination mit provokant plakativen Textzitaten, die als anarchische Persiflage<br />

die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten und mit den konventionellen<br />

Tabus brechen. Die Bandbreite reicht dabei von gemalten Selbstporträts über Installationen<br />

und Multiples bis hin zu Fotos und Zeichnungen. Die schnelle Ausführung, die<br />

bewusst banal gehaltene Pointenhaftigkeit sowie die hierarchielose Verwendung von<br />

Verfahren und Materialien verdeutlichen, dass Kippenberger nicht zwischen Hochund<br />

Trivialkunst unterschied.<br />

Auf der Grundlage des zu erstellenden Katalogs der Selbstporträts möchte Frau<br />

Haun <strong>im</strong> zweiten Schritt anhand von Einzelanalysen beispielhafter Arbeiten der Frage<br />

nach den prinzipiellen Möglichkeiten und Funktionen des postmodernen Selbstbildnisses<br />

nachgehen. Dabei beschäftigt sie sich einerseits mit dem Verhältnis von<br />

Selbstdarstellung und Selbstporträt, andererseits mit der methodischen Stringenz der<br />

Darstellung und der Bedeutung der Selbstbildnisse für das Gesamtwerk des Künstlers.<br />

Abschließend wird Frau Haun zu klären versuchen, ob in den Selbstdarstellungen<br />

Martin Kippenbergers die Selbst-Reflexion <strong>im</strong> Vordergrund stand, oder ob er nicht<br />

doch vielmehr das Genre reflektierte und eine Beschäftigung mit seinen Arbeiten<br />

daher auch eine kunsthistorisch gültige Definition des Selbstporträts am Ende des<br />

20. Jahrhunderts zulässt.

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