22 PRESERVATION AND CONSOLIDATION OF THE WALL PAINTINGS IN SIQ AL BARID, PETRA, JORDANIEN Biclinium von Siq al Barid, Außenaufnahme Biclinium von Siq al Barid, Eingang LEITERIN Aysar Akrawi INSTITUTION Petra National Trust, Amman FÖRDERUNG Forschungsprojekt | Die <strong>Gerda</strong> <strong>Henkel</strong> <strong>Stiftung</strong> unterstützt das Projekt mit Fördermitteln zur Übernahme von Personal-, Reise- und Sachkosten. neu bewilligt Die Felsenstadt von Petra in Jordanien gehört zu den großartigsten Stätten der antiken Welt. 1985 wurde das südlich der jordanischen Hauptstadt Amman liegende über zweitausend Jahre alte Zentrum des Nabatäer-Reiches und wichtigste archäologische Erbe Jordaniens in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. Petra, das spektakulär in einer engen Schlucht mit bis zu 200 Meter hohen Felswänden liegt, war als natürliche Festung strategisch günstig an einem Pass über das zerklüftete Shara- Gebirge platziert. Im sechsten Jahrhundert v. Chr. vom Nomadenvolk der Nabatäer gegründet, entwickelte sich die Stadt zu einem Zentrum des Karawanenhandels. Die Nabatäer verdankten ihren Aufstieg vor allem dem Weihrauchhandel, der sich zwischen dem Königreich Saba und Gaza am Mittelmeer abspielte. Um den Handel besser kontrollieren zu können, wurde ein Teil des Volkes sesshaft und entwickelte bald eine eigenständige Kultur, die von den Baustilen des römischen und hellenistischen Raums beeinflusst wurde. Die handelspolitische Bedeutung der Hauptstadt Petra, die von vielen Wasserquellen umgeben war, wuchs, und während des ersten Jahrhunderts v. Chr. sollen ca. 30.000 Menschen in der Stadt gewohnt haben. Im Jahre 106 n. Chr annektierten die Römer das nabatäische Reich und gliederten es als Provinz Arabia Petraea in das Imperium Romanum ein. Nachdem sich <strong>im</strong> zweiten Jahrhundert die Handelswege verändert hatten, nahm die Glanzzeit Petras ein Ende, und in den Jahren 363 und 551 n. Chr zerstörten zwei Erdbeben große Teile der Stadt. Nach 582 wurde Petra aufgegeben und in den folgenden Jahrhunderten mehrfach überschwemmt oder verschüttet. Erst 1812 stieß der Schweizer Forscher Johann Ludwig Burckhardt wieder auf die antike Metropole, als er sich auf einer Reise von Damaskus nach Kairo von den Beduinen <strong>im</strong> Süden des heutigen Jordanien einen Teil des damals unter Schutt verborgenen Ortes zeigen ließ. Heute verteilen sich in Petra auf ca. 1000 km 2 Tempel, Grabmäler, Theater und viele weitere Gebäude aus rotbraunem Sandstein, die gleichzeitig erhalten, wissenschaftlich erforscht und für den Tourismus genutzt werden. Im Mittelpunkt eines von der <strong>Stiftung</strong> unterstützten und vom Petra National Trust unter der Leitung von Aysar Akrawi gemeinsam mit der jordanischen Antikenverwaltung durchgeführten Forschungsprojekts stehen die zu verblassen drohenden Malereien in den Felsenhöhlen der antiken Siedlung Siq al Barid (»Klein-Petra«) am Rande von Petra. Die dem ersten Jahrhundert v. Chr. zuzuordnenden Fresken gehören zu den am großflächigsten erhaltenen Überresten der sonst nur in raren Beispielen überlieferten nabatäischen Wandmalerei. Das Gewölbe der Felsennische ist mit einer fein gearbeiteten, tapetenartigen Szene aus Weinreben, Blumen, Vögeln und mythologischen Figuren ausgestaltet. Die heute sichtbaren Farben variieren zwischen unterschiedlichen Grautönen für die Vögel und herbstfarbenen sowie goldenen Abstufungen für die anderen Bilder. Ähnliche Szenen finden sich zwar auch in Pompeji, Rom (Haus der Livia) und Alexandria, aber die Wandmalereien in Siq al Barid sind ein einzigartiges Beispiel für die Region und von besonderer Bedeutung für das Verständnis der von römisch-hellenistischen Elementen beeinflussten Kunst der Nabatäer. Sie bezeugen außerdem die Bedeutung von Landwirtschaft und Weinbau für die nabatäische Wirtschaft, die Popularität von Göttern aus dem semitischen und hellenistischen Raum sowie die tiefgehenden kulturellen Beziehungen zwischen den Nabatäern und ihren benachbarten Zivilisationen. Im Rahmen des geplanten Projekts sollen die Zusammensetzung und der heutige Zustand der Malereien technisch aufgenommen und dokumentiert, Proben der Gipsarbeiten hinsichtlich der Struktur der Farbschichten untersucht sowie einzelne Flächen konserviert werden. Ziel ist es, auf der Basis dieser Arbeiten einen detaillierten Plan für eine komplette Konservierung der Wandmalereien zu entwerfen und Empfehlungen für einen verbesserten Zugang zum Biclinium von Siq al Barid sowie für die wissenschaftliche Interpretation der nabatäischen Malerei insgesamt zu erarbeiten.
Biclinium von Siq al Barid, Wandmalereien 23