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Standpunkt 565, 15. September 2023

Eine Publikation der Wirtschaftskammer Baselland

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10 | <strong>Standpunkt</strong> der Wirtschaft KMU-POLITIK <strong>15.</strong> <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

KLIMASTRATEGIE – In einem Handlungspostulat verlangt Landrätin Christine Frey (FDP) vom Regierungsrat,<br />

die Strategie anzupassen. Anreizsysteme statt Verbote sollen im Vordergrund stehen.<br />

Für Anreize und Technologieoffenheit<br />

Die im Dezember 2022 von der<br />

Baselbieter Regierung veröffentlichte<br />

Klimastrategie verfolgt das Ziel, die<br />

Emissionen bis 2050 auf Netto-Null<br />

zu senken. Besonders die Art und<br />

Weise, wie dieses ehrgeizige Ziel erreicht<br />

werden soll, hat im bürgerlichen<br />

Lager für Unmut gesorgt. Im<br />

anschliessenden Vernehmlassungsverfahren<br />

äusserten unter anderem<br />

die Wirtschaftskammer, der Hauseigentümerverband<br />

Baselland und<br />

die Energie Liga ihre Bedenken. Von<br />

stark ideologisiertem Inhalt, teurer<br />

Verbotskultur und Missachtung des<br />

Volkswillens ist die Rede.<br />

Mit einem Vorstoss mit dem Titel<br />

«Klimastrategie: Technologieoffenheit<br />

statt Verbote und Vorschriften»<br />

hat die FDP-Landrätin Christine Frey<br />

den Ball wieder aufgenommen. In<br />

der Einleitung des Handlungspostulates,<br />

das an der letzten Landratssitzung<br />

vom 31. August eingereicht<br />

worden ist, kritisiert die Freisinnige,<br />

dass der Landrat die Klimastrategie<br />

der Regierung bloss zur Kenntnis<br />

nehmen könne. Das Parlament sei<br />

im ganzen Ausarbeitungsprozess der<br />

Energiestrategie zu keiner Zeit konsultiert<br />

worden, um seine Ideen und<br />

Meinungen zur Erreichung der<br />

Klima neutralität bis 2050 einzubringen.<br />

Wohlstandsverlust befürchtet<br />

Die von «ideologisch motivierten<br />

Ankündigungen von Verboten und<br />

Vorschriften» durchtränkte Klimastrategie<br />

baue auf den Zielen Verzicht<br />

und Technologievorschriften<br />

auf, was rückwärtsorientiert sei und<br />

dem Baselbiet Wohlstandsverlust<br />

bringen würde, ist im Handlungspostulat<br />

zu lesen. Diese Denkweise<br />

würde die dringend benötigte Innovation<br />

zur Bekämpfung eines Klimawandels<br />

unnötig einschränken. Laut<br />

Christine Frey braucht es das Gegenteil:<br />

Ein deutliches Signal für die<br />

Schaffung von Rahmenbedingungen,<br />

die eine jederzeit ausreichend<br />

verfügbare, preisgünstige und immer<br />

nachhaltiger werdende Energieversorgung<br />

gewährleisten.<br />

Die Landrätin fordert die Regierung<br />

unter anderem auf, die Strategie<br />

dahingehend anzupassen, dass<br />

Anreizsysteme statt Verbote und<br />

Pflichten im Vordergrund stünden.<br />

Zudem soll die Verfügbarkeit von<br />

genügend und preisgünstiger Energie,<br />

die immer nachhaltiger produ-<br />

Landrätin Christine Frey fordert Rahmenbedingungen, die eine jederzeit ausreichend verfügbare, preisgünstige<br />

und immer nachhaltiger werdende Energie versorgung gewährleisten.<br />

Bild: Archiv<br />

ziert werde, sichergestellt werden.<br />

Gegenüber dem <strong>Standpunkt</strong> der<br />

Wirtschaft untermauert Christine<br />

Frey ihre Argumente. Es sei unverständlich,<br />

weshalb der Regierungsrat<br />

bei der Erarbeitung der Klimastrategie<br />

von den heute verfügbaren<br />

Technologien ausgegangen sei und<br />

offenbar technischen Fortschritt für<br />

unmöglich halte. Dabei gehe es ausschliesslich<br />

um Elektrifizierung und<br />

Verzicht. «Beim Thema Verzicht<br />

strebt man einen eigentlichen gesellschaftlichen<br />

Umbau an – sei es in<br />

Bezug auf unsere Mobilität, unsere<br />

Arbeitsweise oder unsere Ernährung»,<br />

sagt Frey. «Diese Ausrichtungen<br />

widersprechen der bisherigen<br />

kantonalen Energiepolitik, die Anreizsysteme<br />

und Technologieoffenheit<br />

als Handlungsmaximen kennt.»<br />

Erfolgreiches Anreizsystem<br />

Ein herausragendes Beispiel für ein<br />

erfolgreiches Anreizsystem, so die<br />

FDP-Landrätin, sei das Basel bieter<br />

Energiepaket. Dank dessen hätten<br />

Hausbesitzer in den letzten Jahren<br />

auf freiwilliger Basis beträchtliche<br />

Summen in die Steigerung der Energieeffizienz<br />

und die Nutzung erneuerbarer<br />

Wärmequellen investiert.<br />

Durch diese Freiwilligkeit seien im<br />

schweizweiten Vergleich beeindruckende<br />

Einsparungen bei CO 2 -Emissionen<br />

erzielt worden.<br />

Christine Frey ist überzeugt, dass,<br />

wenn im Bereich des Gebäudesektors<br />

mehr erreicht werden soll, wie<br />

es die Klimastrategie vorsieht, die<br />

Anreize verstärkt werden sollten. Sie<br />

betont, dass die Einführung einer<br />

Verbotskultur kontraproduktiv wäre.<br />

«Anreize statt Verbote – das ist der<br />

beste Weg.» Loris Vernarelli<br />

ABSTIMMUNG DEPONIEABGABE<br />

Wirtschaftsrat einigt<br />

sich auf Stimmfreigabe<br />

Während die National- und Ständeratswahlen<br />

Ende Oktober die öffentliche Debatte dominieren,<br />

wirft der nächste Abstimmungstermin am<br />

19. November bereits seine Schatten voraus. An<br />

jenem Herbstsonntag, an dem keine eidgenössischen<br />

Vorlagen angesetzt sind, stimmen die<br />

Stimmberechtigten über zwei Vorlagen zum selben<br />

Thema ab: die Änderung der Kantonsverfassung<br />

sowie des Umweltschutzgesetzes Basel-<br />

Landschaft in Bezug auf die Einführung einer<br />

kantonalen Deponieabgabe. Der Wirtschaftsrat,<br />

das Parlament der Wirtschaftskammer, hat einstimmig<br />

beschlossen, keine Parole zu fassen.<br />

Im Baselbiet gelangen jährlich rund eine Million<br />

Tonnen Bauabfälle auf Deponien. Statt die<br />

Gruben mit Bauabfällen zu füllen, könnte ein<br />

Grossteil zu hochwertigen Recycling-Baustoffen<br />

aufbereitet und als Rohstoffe in den Baustoffkreislauf<br />

zurückgeführt werden. Eine Deponieabgabe<br />

soll diesen Prozess unterstützen.<br />

Regierung legt Höhe der Abgabe fest<br />

Die Lenkungssteuer − zwischen 0 und 50 Franken<br />

pro Tonne deponierte Abfälle – soll dem<br />

Kanton ermöglichen, im Bedarfsfall gezielt in<br />

den Baustoffkreislauf einzugreifen. Die Höhe<br />

des Betrags wird vom Regierungsrat festgelegt,<br />

der das Ziel verfolgt, einen sorgfältigen Umgang<br />

mit dem knappen Deponieraum und den<br />

wertvollen Ressourcen zu etablieren. Die Einnahmen<br />

aus der Deponieabgabe werden für<br />

Rückstellungen zur Finanzierung von altlastenrechtlichen<br />

Aufgaben verwendet.<br />

Zur Einführung einer Deponieabgabe ist eine<br />

Änderung der Kantonsverfassung sowie die<br />

Revision des kantonalen Umweltschutzgesetzes<br />

erforderlich. Da es sich bei der Deponieabgabe<br />

um eine Lenkungssteuer und nicht um<br />

eine Lenkungsabgabe handelt, muss in der Verfassung<br />

eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen<br />

werden. Wenn eine der beiden oder gleich beide<br />

Vorlagen abgelehnt werden sollten, kann<br />

die Deponieabgabe nicht eingeführt werden.<br />

Zu grosses Spannungsfeld<br />

In ihrer Vernehmlassungsantwort zum «Massnahmenpaket<br />

zur Förderung des Baustoffkreislaufs<br />

Regio Basel» im Februar 2021 hatte sich<br />

die Wirtschaftskammer kritisch zur Einführung<br />

einer Deponieabgabe geäussert. Aus Sicht des<br />

Wirtschaftsverbands sei die Lenkungssteuer<br />

nicht zielführend. So ändere eine Erhöhung der<br />

Deponiegebühren nichts daran, dass Kies aus<br />

dem grenznahen Ausland preiswerter sein wird<br />

als im Baselbiet hergestellter Recyclingkies.<br />

Dennoch hat sich der Wirtschaftsrat für<br />

Stimmfreigabe entschieden. Das Spannungsfeld<br />

und die Interessenlage innerhalb der von<br />

der Wirtschaftskammer vertretenen Mitglieder<br />

sei bei diesem Thema zu gross, als dass eine<br />

Ja- oder Nein-Parole Sinn machen würde, hiess<br />

es an der Sitzung. Während für die einen die<br />

Deponiegebühr gegen liberale Grundsätze verstosse,<br />

hätten andere Unternehmen erheblich<br />

in Aushubwaschanlagen investiert und setzten<br />

auf Recycling.<br />

Loris Vernarelli<br />

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