Standpunkt 565, 15. September 2023
Eine Publikation der Wirtschaftskammer Baselland
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8 | <strong>Standpunkt</strong> der Wirtschaft ARBEITGEBER BASELLAND <strong>15.</strong> <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />
BERUFLICHE VORSORGE<br />
Kritik an höherem<br />
BVG-Mindestzinssatz<br />
Der Schweizerische Arbeitgeberverband ist<br />
gegen eine Erhöhung des BVG-Mindestzinssatzes<br />
für das Jahr 2024. Er stellt sich damit<br />
gegen die Eidgenössische Kommission für berufliche<br />
Vorsorge (BVG-Kommission), die an<br />
ihrer Sitzung vom 4. <strong>September</strong> entschieden<br />
hat, dem Bundesrat eine Erhöhung für das Jahr<br />
2024 von 1 auf 1,25 Prozent vorzuschlagen.<br />
«Für den Schweizerischen Arbeitgeberverband<br />
ist klar, dass nicht eine Erhöhung, sondern<br />
vielmehr eine Senkung des Mindestzinssatzes<br />
in der aktuellen Ausgangslage angezeigt wäre»,<br />
schreibt der Verband auf seiner Website.<br />
Gedrückte Stimmung an den Finanzmärkten<br />
Der Arbeitgeberverband weist darauf hin, dass<br />
die Stimmung an den Finanzmärkten aufgrund<br />
der politischen und wirtschaftlichen<br />
Lage auch im zweiten Halbjahr <strong>2023</strong> gedrückt<br />
bleibt. Darum bleibe auch die Finanzierung<br />
der Leistungen in der beruflichen Vorsorge<br />
für die Pensionskassen entsprechend schwierig.<br />
Dies gelte insbesondere für das BVG-<br />
Obligatorium.<br />
«Gestützt auf die aktuelle Situation hätte der<br />
Mindestzinssatz deutlich unter der Grenze von<br />
1,0 Prozent zu liegen kommen müssen», hält<br />
der Arbeitgeberverband fest. Das letzte Wort<br />
hat der Bundesrat. Der Arbeitgeberverband<br />
hofft, dass dieser «die wirtschaftlichen Realitäten<br />
erkennt und den Mindestzinssatz entsprechend<br />
reduziert». Reto Anklin<br />
ARBEITGEBERVERBAND BASELLAND<br />
Arbeitgeber Baselland ist die Vereinigung<br />
aller der Wirtschaftskammer angeschlossenen<br />
Arbeitgeber. Die Angebote von Arbeitgeber Baselland<br />
stehen allen arbeitgebenden Mitgliedern<br />
der Wirtschaftskammer Baselland zur Verfügung.<br />
Haus der Wirtschaft<br />
Hardstrasse 1<br />
4133 Pratteln<br />
Telefon: +41 61 927 64 64<br />
E-Mails: info@arbeitgeber-bl.ch<br />
www.kmu.org/arbeitgeber-bl<br />
INDIVIDUALBESTEUERUNG – Der Kanton Basel-Landschaft reicht eine Standesinitiative ein,<br />
die eine zivilstandsunabhängige Besteuerung aller Personen fordert. Er rennt mit seiner Initiative<br />
offene Türen ein, da auf nationaler Ebene bereits drei entsprechende Vorhaben laufen.<br />
Drei Wege zu «gerechten» Steuern<br />
Der Landrat hat an seiner Sitzung<br />
vom 31. August <strong>2023</strong> entschieden,<br />
dass der Kanton Basel-Landschaft<br />
dem eidgenössischen Parlament<br />
seine Standesinitiative zur Individualbesteuerung<br />
unterbreitet. Die<br />
Entwicklungen im Kanton sind nur<br />
ein Nebenschauplatz, denn auf nationaler<br />
Ebene haben sich bereits<br />
drei Fronten positioniert.<br />
Die Individualbesteuerung gilt in<br />
der Schweiz nur für alleinstehende<br />
und unverheiratete Personen. Bei verheirateten<br />
und gleichgeschlechtlichen<br />
Paaren in einer Partnerschaft<br />
werden zur Bestimmung der Steuerbelastung<br />
die Einkommen zusammen<br />
gezählt. Das progressive<br />
Steuersystem stuft sie in eine höhere<br />
Steuerklasse ein, was zu Ungleichbehandlungen<br />
führt. Bei ungleicher Einkommensaufteilung<br />
ist die Belastung<br />
in vielen Fällen niedriger, als bei<br />
einem Ehepaar mit gleichen wirtschaftlichen<br />
Verhältnissen.<br />
Bundesrat hat Eckwerte festgelegt<br />
Mit der Individualbesteuerung sollen Paare, die im gleichen Haushalt leben, gerechter besteuert werden –<br />
unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder nicht.<br />
Bild: Shutterstock<br />
Der Bundesrat hat am 30. August<br />
<strong>2023</strong> die Eckwerte für seine Vorlage<br />
zur Individualbesteuerung festgelegt.<br />
Er will die vom Bundesgericht als<br />
verfassungswidrig gerügte Höherbelastung<br />
von Ehepaaren gegenüber<br />
unverheirateten Paaren beseitigen.<br />
Die Besteuerung soll für jede Person<br />
zivilstandsunabhängig sein, also individual<br />
besteuert. Unter anderem<br />
sollen auch die Steuersätze für tiefere<br />
und mittlere Einkommen abgesenkt<br />
und für hohe leicht erhöht werden.<br />
Die Vorlage des Bundesrates<br />
wird als Gegenvorschlag zur Steuergerechtigkeits-Initiative<br />
der FDP-<br />
Frauen eingereicht. Letztere fordert<br />
gleich wie der Bund die Einführung<br />
der Individualbesteuerung. Zusätzliche<br />
Massnahmen sieht die Initiative<br />
nicht vor, weshalb sie im Vergleich<br />
zur Vorlage des Bundes weniger<br />
weitreichend ist. Gleichzeitig<br />
sammelt die Mitte Stimmen für ihre<br />
Volksinitiative zur Abschaffung der<br />
Heiratsstrafe. Diese sieht vor, die gemeinsame<br />
Einkommenssteuer über<br />
zwei Steuerberechnungsmethoden<br />
zu berechnen – eine nach dem Ehepaarmodell<br />
und eine, als wären die<br />
beiden nicht verheiratet. Zu zahlen<br />
hätte das Paar jeweils den tieferen<br />
Beitrag. Mit dem Systemwechsel,<br />
wie es der Bundesrat und die FDP-<br />
Frauen vorsehen, ergeben sich insbesondere<br />
auch steuerliche Entlastungen<br />
für Ehepaare mit eher gleichmässiger<br />
Einkommensaufteilung.<br />
Positive Folgen für Beschäftigung<br />
Dafür wird eine Mehrbelastung für<br />
Ehepaare mit nur einem Einkommen<br />
oder einem niedrigeren Zweiteinkommen<br />
erwartet. Mit der Vorlage<br />
des Bundes wird wegen den Abfederungsmassnahmen<br />
auch für unverheiratete<br />
Paare ohne Kinder im<br />
Durchschnitt eine Entlastung erwartet.<br />
Der Initiative der Mitte wird vorgeworfen,<br />
dass sie die Heiratsstrafe<br />
zwar angeht, aber Ehepaare gegenüber<br />
Paaren im Konkubinat besserstellt.<br />
Eines ist den drei Vorstössen<br />
gemeinsam: Man erhofft sich eine<br />
positive Auswirkung auf die Beschäftigung,<br />
den Arbeitsmarkt und die<br />
Verfügbarkeit von Arbeitskräften.<br />
Spätestens wenn der Bundesrat seine<br />
Vorlage zur Individualbesteuerung<br />
und die Mitte ihre Initiative im<br />
Frühling 2024 einreichen, wird der<br />
Kampf um die «gerechte» Ausgestaltung<br />
der Ein kommenssteuer beginnen.<br />
Annika Bos<br />
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