Standpunkt 565, 15. September 2023
Eine Publikation der Wirtschaftskammer Baselland
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2 | <strong>Standpunkt</strong> der Wirtschaft WAHLEN <strong>15.</strong> <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />
NATIONALRATS-KANDIDIERENDE – Die Bisherigen Sandra Sollberger, Daniela Schneeberger und Thomas de Courten erklären<br />
Die drei bürgerlichen Kandidierenden<br />
Nationalrätin Sandra Sollberger und Nationalrat Thomas de Courten beim Interview im Haus der Wirtschaft.<br />
Die Wirtschaftskammer Baselland<br />
empfiehlt die beiden Nationalrätinnen<br />
Daniela Schneeberger (FDP)<br />
und Sandra Sollberger (SVP) sowie<br />
Nationalrat Thomas de Courten<br />
(SVP) zur Wiederwahl in die grosse<br />
Kammer. In unserer Diskussionsrunde<br />
mit den drei Kandidierenden<br />
werfen wir einen Blick zurück auf<br />
ihre Tätigkeit in der grossen Kammer<br />
und sprechen über KMU-Politik, das<br />
Verhältnis zur EU, die Energieversorgung<br />
und über die wichtigsten<br />
kommenden nationalen Geschäfte.<br />
<strong>Standpunkt</strong>: Daniela Schneeberger<br />
und Thomas de Courten,<br />
Sie wurden 2011 in den Nationalrat<br />
gewählt. Was waren Ihre<br />
grössten Erfolge, die Sie während<br />
dieser Zeit feiern konnten und<br />
welches politische Ereignis bleibt<br />
Ihnen im Gedächtnis?<br />
Daniela Schneeberger: Als Mitglied<br />
in der Kommission für Wirtschaft<br />
und Abgaben konnte ich bereits<br />
mehrere Erfolge verzeichnen, insbesondere<br />
im Zusammenhang mit<br />
Gesetzesänderungen. Dabei lag mein<br />
Fokus stets darauf, übermässige<br />
Regulierungen zu vermeiden und<br />
KMU Erleichterungen zu verschaffen.<br />
Mein Ansatz war stets, Gesetzgebungen<br />
auf das zu beschränken,<br />
was wirkliche Probleme löst. Während<br />
der Covid-19-Pandemie habe<br />
ich aufgrund meiner umfangreichen<br />
Erfahrung im Treuhandwesen eine<br />
bedeutende Rolle bei der Gestaltung<br />
von Massnahmen wie Kurzarbeitsund<br />
Härtefallentschädigungen übernommen.<br />
In enger Zusammenarbeit<br />
mit dem Kanton, den Bundesräten<br />
und anderen relevanten Akteuren<br />
konnte ich praxisnahe Einblicke liefern,<br />
um auf bestehende Probleme<br />
hinzuweisen und sinnvolle Verbesserungen<br />
vorzuschlagen. Politik<br />
muss wirkungsvoll sein, ich will<br />
Mehrheiten bilden und sicherstellen,<br />
dass die Interessen der KMU angemessen<br />
berücksichtigt werden. Mein<br />
Ziel ist, dass KMU von Bürokratie<br />
entlastet werden.<br />
Thomas de Courten: Meine Hauptbereiche<br />
umfassen Steuer-, Vorsorgeund<br />
Deregulierungsvorlagen. Hier<br />
konnte ich Erfolge erzielen, indem<br />
ich statistische und kontrolltechnische<br />
Vorgaben reduziert habe. Ebenso<br />
beschäftige ich mich intensiv und<br />
erfolgreich mit Berufsbildungsvorlagen.<br />
Die Aufrechterhaltung von<br />
Qualität und Effizienz ist dabei stets<br />
mein Ziel und wird auch in Zukunft<br />
eine kontinuierliche Herausforderung<br />
bleiben. Diese Schwerpunkte<br />
sind von hoher Bedeutung und erfordern<br />
Beharrlichkeit.<br />
Sandra Sollberger, Sie sind seit<br />
2015 im Nationalrat. Was waren<br />
Ihre grössten politischen Meilensteine<br />
im nationalen Parlament?<br />
Sandra Sollberger: «Meilenstein» ist<br />
ein grosses Wort. Grundsätzlich verstehe<br />
ich mich als Vermittlerin zwischen<br />
KMU und Politik. Diese beiden<br />
Seiten sprechen im Grunde genommen<br />
unterschiedliche Sprachen. Es<br />
fällt auf, dass gewerbenahe Parlamentarier<br />
vor allem in der Kommissionsarbeit<br />
immer wieder klarstellen<br />
müssen, dass das Ausfüllen eines Formulars<br />
Zeit benötigt. In der politischen<br />
Arena herrscht manchmal die<br />
Vorstellung, dass es für KMU keine<br />
Rolle spielt, ob sie ein Formular mehr<br />
oder weniger ausfüllen müssen. Erwähnen<br />
möchte ich noch das Unternehmerentlastungsgesetz,<br />
das ich<br />
nach dem Vorbild von Hansruedi Gysin<br />
im Jahr 2016, ein Jahr nach meiner<br />
Wahl, auf den Weg gebracht<br />
habe. Das Gesetz ist durch den<br />
Stände rat und wird in der nächsten<br />
Sitzungsperiode des Nationalrates behandelt.<br />
Ziel ist, Verwaltungsarbeit<br />
und Regulierungen für KMU zu reduzieren.<br />
Ein weiterer meiner Erfolge<br />
betrifft die kantonale Verkehrsinfrastruktur,<br />
aktuell insbesondere die<br />
Umfahrung Liestal der A22, für die<br />
ich mich aktiv eingesetzt habe.<br />
Sie sind Geschäftsführerin eines<br />
KMU-Betriebs. Was erachten Sie<br />
als die grössten Herausforderungen<br />
für die Baselbieter KMU?<br />
Sollberger: Ich sehe, dass wir im<br />
Kanton Basel-Landschaft nicht allein<br />
sind; landesweit stehen alle KMU<br />
vor erheblichen Herausforderungen.<br />
Insbesondere die administrative Belastung<br />
ist ein Thema. Der typische<br />
KMU-Inhaber ist ein Macher, ein<br />
Unternehmer, der arbeiten möchte.<br />
Ein Maler will malen, nicht Formulare<br />
ausfüllen. Doch die Regulierungen<br />
nehmen kontinuierlich zu. Auf<br />
der anderen Seite kämpfen wir auch<br />
mit dem Fachkräftemangel. Jeder<br />
KMU-Inhaber spürt diese Herausforderungen<br />
deutlich.<br />
«DER TYPISCHE<br />
KMU-INHABER<br />
IST EIN MACHER,<br />
EIN UNTERNEHMER,<br />
DER ARBEITEN MÖCHTE.<br />
EIN MALER WILL MALEN,<br />
NICHT FORMULARE<br />
AUSFÜLLEN.»<br />
<br />
Sandra Sollberger<br />
Frau Schneeberger, Herr de Courten,<br />
was gehört aus Ihrer Sicht zu<br />
den grössten Herausforderungen<br />
für unsere KMU? Oder anders<br />
gefragt: Was muss politisch getan<br />
werden, damit die KMU entlastet<br />
werden können?<br />
Schneeberger: Bei Firmenbesuchen<br />
ist mir aufgefallen, dass sie sich vermehrt<br />
mit Künstlicher Intelligenz,<br />
Cybersicherheit und Datenschutz<br />
auseinandersetzen müssen – diese<br />
Themen werden in der Politik noch<br />
unterschätzt. Die Gewährleistung<br />
der Versorgungssicherheit, sei es in<br />
Bezug auf Energie oder, je nach<br />
Branche, auf Medikamente und medizinische<br />
Produkte, wirft ebenfalls<br />
Probleme hinsichtlich Verfügbarkeit<br />
und Sicherheit auf. Fachkräftemangel<br />
und Personalknappheit machen<br />
mir ebenfalls Sorgen. Es ist<br />
schwierig, sowohl qualifiziertes Personal<br />
als auch generell ausreichend<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu<br />
finden.<br />
de Courten: Die übermässige Regulierung<br />
in sämtlichen Bereichen hindert<br />
KMU daran, unternehmerisch<br />
innovative Aktivitäten zu entfalten.<br />
Vieles wird behördlich verhindert<br />
statt ermöglicht. Die Notwendigkeit,<br />
fortlaufend Bewilligungen einzuholen,<br />
Kontrollen und Genehmigungen<br />
zu durchlaufen sowie Transparenz<br />
zu gewährleisten – all diese<br />
unproduktiven Aufgaben, die von<br />
der Politik den KMU oft realitätsfern<br />
und meist auch nutzlos auferlegt<br />
werden – müssen dringend reduziert<br />
werden.<br />
Wie könnte man dies erreichen?<br />
Gibt es hierzu bereits Ansätze?<br />
Sollberger: Wie bereits im Unternehmerentlastungsgesetz<br />
erwähnt, ist<br />
es von entscheidender Bedeutung,<br />
die Auswirkungen sorgfältig zu überprüfen.<br />
Diese Überprüfung sollte von<br />
Personen durchgeführt werden, die<br />
direkt in KMU involviert sind. Ein<br />
weiterer Punkt betrifft die Wahrnehmung<br />
der links-grünen Politiker, wo<br />
der Eindruck herrscht, dass KMU-<br />
Inhaber oder Gewerbetreibende<br />
potenzielle Betrüger sind. Statt mehr<br />
Raum für Innovation zu schaffen,<br />
werden sie weiterhin streng kontrolliert<br />
und eingeschränkt. Eine mögliche<br />
Lösung des Problems besteht<br />
darin, mehr KMU-Vertreterinnen<br />
und -Vertreter in die Politik zu bringen,<br />
da sie diese Situation aus erster<br />
Hand kennen und somit zu einer<br />
besseren Balance beitragen können.<br />
Schneeberger: Mit dem Wunsch,<br />
unsere Arbeit fortzuführen, werden<br />
wir bürgerliche Vertreterinnen und<br />
Vertreter darauf achten, dass bei<br />
Gesetzesänderungen, neuen Gesetzen<br />
oder politischen Botschaften<br />
die Interessen der KMU im Fokus<br />
stehen. Wenn diese gute Rahmenbedingungen<br />
haben, können sie<br />
Arbeitsplätze und Perspektiven<br />
schaffen. Das hilft allen Menschen.<br />
Hierbei ist es von grosser Bedeutung,<br />
unsere Praxiserfahrung aus<br />
den Gesprächen mit Unternehmen<br />
einzubringen und natürlich hartnäckig<br />
zu sein.<br />
Im Juni <strong>2023</strong> hat die Schweiz das<br />
Klimagesetz deutlich angenommen.<br />
Wie bringen Sie sich bei der<br />
Umsetzung der Klimaziele in<br />
Bundesbern ein?<br />
de Courten: Mit Praxisbeispielen. Es<br />
ist ein typischer Fall ideologisch geprägter<br />
Bundespolitik fern von den<br />
Alltagsrealitäten. Die Politik setzt<br />
ein Klimaziel, wie dieses erreicht<br />
werden könnte, bleibt auch nach der<br />
Volksabstimmung völlig unklar.<br />
Wenn es dann darum geht, diese<br />
Vorschläge in konkrete Massnahmen<br />
umzusetzen und die Auswirkungen<br />
auf das tägliche Leben der Menschen<br />
sowie die damit verbundenen<br />
Kosten zu berücksichtigen, wird die<br />
Herausforderung deutlich. Es ist von<br />
entscheidender Bedeutung, die praktische<br />
Umsetzbarkeit der vorgeschlagenen<br />
Massnahmen zu beleuchten<br />
und aus unternehmerischer<br />
Sicht zu prüfen, ob sie realisierbar<br />
sind.<br />
Sollberger: Zusätzlich zu all dem<br />
haben wir auch noch mit dem<br />
Energie- Denkverbot zu kämpfen, das<br />
die Restriktionen immer weiter verschärft.<br />
Wenn wir hier Fortschritte<br />
erzielen wollen, ist eine dringende<br />
Lockerung erforderlich. Auch die<br />
Diskussion über das Beschwerderecht<br />
von Verbänden, das in dieselbe<br />
Richtung geht, ist noch offen. Gleiches<br />
gilt für den Denkmalschutz. Alle<br />
Beteiligten müssen begreifen, dass<br />
sie ihren Beitrag leisten müssen. Im