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Nr. 3 September <strong>2016</strong><br />

Herbstkampagne: Bildung stärkt Menschen<br />

Unser Bildungsprojekt<br />

Hebammenschule<br />

im Südsudan. S. 6<br />

Porträt<br />

Der Indonesier Halim Pratama über seine<br />

Arbeit als Jugendkoordinator. S. 10<br />

Lesereise nach Hongkong<br />

Eindrückliches Buch mit Briefen<br />

aus dem Jahr 1920. S. 11


Editorial<br />

Herbstkampagne Bildung<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser<br />

Karin Praxmarer<br />

«Unserer Jugend soll es einmal besser<br />

gehen als uns.» So lautete die Antwort<br />

des Lehrers in einer kleinen indonesischen<br />

Dorfschule auf unsere Frage,<br />

was ihn für seine Arbeit motiviere. In<br />

seinem Dorf sind mehr als die Hälfte<br />

der Erwachsenen Analphabeten. Das will er bei der neuen Generation<br />

ändern. Lesen und schreiben sei wichtig, um in einer modernen<br />

Welt zu überleben und seine Rechte geltend zu machen.<br />

Als Beispiel nennt er die ständige Gefahr, dass Fremde mit Urkunden<br />

auftauchen, die sie als neue Besitzer grosser Landstücke<br />

ausweisen. Die Besitzurkunden sind oft nicht rechtsgültig und die<br />

Ansprüche könnten durch die Dorfbewohner leicht angefochten<br />

werden. Doch die Dorfbewohner können sich nur wehren, wenn<br />

sie lesen und sich die nötigen Informationen beschaffen können.<br />

In allen Ländern, die ich bisher bereist habe, äusserten sich Mütter<br />

und Väter gleich oder ähnlich wie der indonesische Dorflehrer<br />

zum Thema Bildung: «Es soll unseren Kindern einmal besser<br />

gehen», lautet der gängige Satz. Bildung meint aber nicht nur<br />

Lesen, Schreiben und Schulabschlüsse, sondern auch, dass Eltern<br />

ihren Kindern das weitergeben können, was ihnen lieb ist.<br />

Dazu gehören ihre Traditionen, ihr Glaube, das Wissen über die<br />

Bedeutung der Feste und des Lebens. Mission 21 fördert dieses<br />

ganzheitliche Konzept von Bildung.<br />

Der Besuch von Schulen ist in vielen Ländern ein Privileg, das<br />

sich zahlreiche Familien nicht leisten können. Dort, wo der Staat<br />

praktisch ausfällt, wie im Südsudan oder in der Kwangoregion<br />

der DR Kongo, sind es oft die Kirchen, die den Zugang zu Wissen<br />

ermöglichen. Dabei geht es um Grundschulen für Kinder, aber<br />

auch um die Ausbildung von Erwachsenen. Zum Beispiel erlernen<br />

Bäuerinnen und Bauern bessere Anbaumethoden und können<br />

damit ihre Ernährung verbessern und ihr Einkommen steigern.<br />

Bildung ist eine der wichtigsten Strategien zur Linderung und<br />

Überwindung von Armut. Die Zukunft von Kindern hängt in vielen<br />

Fällen davon ab, ob sie Wissen und Bildung auf ihren Lebensweg<br />

mitbekommen oder nicht. Nelson Mandela hat diese Tatsache<br />

auf den Punkt gebracht, als er sagte: «Das grösste Problem<br />

in der Welt ist Armut in Verbindung mit fehlender Bildung. Wir<br />

müssen dafür sorgen, dass Bildung alle erreicht.»<br />

Ihre<br />

Claudia Bandixen<br />

Direktorin Mission 21<br />

Titelbild: Das Coverbild der Aktionsbroschüre, die einmal jährlich erscheint<br />

und spannende Beiträge und Informationen rund um die Herbstkampagne<br />

beinhaltet, dieses Jahr zum Thema Bildung. Aktionsbroschüre bestellen:<br />

material@mission-21.org, Tel. 061 260 21 20<br />

Ein Leben in<br />

Unsere Herbstkampagne <strong>2016</strong> heisst<br />

«Bildung stärkt Menschen»: Bis zum<br />

1. Advent setzen wir einen speziellen<br />

Fokus auf das Thema und sammeln<br />

Geld für Menschen, die sonst kaum<br />

Zugang zu Bildung haben. Denn<br />

Bildung leistet einen wichtigen<br />

Beitrag zur Armutsbekämpfung und<br />

fördert weitere Grundrechte.<br />

2 Nachrichten 3 | <strong>2016</strong>


Ein Junge beim Unterricht an einer<br />

von Mission 21 unterstützen Schule in<br />

Kundasang, Malaysia<br />

Er ist einer von 58 Stipendiatinnen und Stipendiaten,<br />

die derzeit von der «Evangelischen Kirche<br />

in Kalimantan» (GKE) unterstützt werden.<br />

Für junge Menschen, die wie Ferdinan aus ärmlichen<br />

Verhältnissen kommen, ist das Stipendium<br />

der Kirche die einzige realistische Chance<br />

auf einen guten Arbeitsplatz. In Indonesien ist<br />

jede fünfte Person zwischen 18 und 24 Jahren<br />

arbeitslos.<br />

In vielen Partnerländern von Mission 21<br />

bleibt der Zugang zu Schulen und Ausbildungsstätten<br />

einem Grossteil der Bevölkerung verwehrt.<br />

Das extremste Beispiel ist der Südsudan,<br />

wo die Alphabetisierungsrate bei nur 27<br />

Prozent liegt. Mit unseren Projekten ermöglichen<br />

wir Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika<br />

Bildung und somit die Chance auf<br />

ein besseres Leben. Denn wer gebildet ist, kann<br />

Verantwortung für sich selbst und die Gesellschaft<br />

übernehmen.<br />

Würde dank Bildung<br />

Wir wollen Menschen stärken. Auf diesem<br />

Grundsatz fusst die gesamte Projektarbeit<br />

von Mission 21. Bildung ist dabei ein wichtiger<br />

Schlüssel. Denn durch Kenntnisse und Fähigkeiten<br />

sind Menschen in der Lage, ihr eigenes<br />

Leben zu gestalten. Zum Beispiel Ferdinan<br />

Lampon aus Zentralkalimantan: Im Dorf<br />

Loksado, wo der 21-jährige Sohn von Reisbauern<br />

herkommt, gibt es nur eine Primarschule.<br />

Dank der Partnerkirche von Mission 21 konnte<br />

Ferdinan eine weiterführende Schule besuchen<br />

und studiert nun im dritten Semester<br />

Schiffsmaschinenbau an der Universität in<br />

Banjarmasin.<br />

Verantwortung übernehmen<br />

Die theologische Aus- und Weiterbildung macht<br />

einen wichtigen Teil unserer Projektarbeit aus,<br />

aber auch die Vermittlung von formalen Grundkenntnissen<br />

wie Lesen und Schreiben wird gefördert.<br />

Für die Menschen in unseren Partnerländern<br />

verbessert eine gute Schulbildung die<br />

Aussicht auf eine Arbeitsstelle. «Bildung ist ein<br />

unverzichtbares Mittel auf dem Weg zu einer<br />

gerechteren Welt», sagt Hansueli Meier, «Armut<br />

und Perspektivenlosigkeit werden dadurch<br />

wirksam und nachhaltig reduziert.»<br />

Bildung ist mehr als ein Selbstzweck. Sie<br />

bildet die Grundlage für ein würdevolles Leben<br />

auf allen Ebenen. So ist zum Beispiel gut ausgebildetes<br />

Personal nötig, um medizinische<br />

Grundversorgung zu gewährleisten, wie eine<br />

Hebammenschule im Südsudan zeigt (siehe Seite<br />

6). Dasselbe gilt für die Landwirtschafts- und<br />

Einkommensförderung, denn eine erfolgreiche<br />

Bewirtschaftung der Erde setzt praktisches<br />

Wissen voraus.<br />

Eine internationale Lerngemeinschaft<br />

Mission 21 schreibt «Bildung» nicht nur in ihrer<br />

Projektarbeit im Süden gross, sondern auch<br />

Nachrichten 3 | <strong>2016</strong><br />

3


Herbstkampagne Bildung<br />

Mara Wirthlin<br />

Katrin Pilling<br />

Michael Schlickenrieder<br />

«Bildung macht die Welt gerechter.<br />

Denn durch Wissen<br />

werden Armut und Perspektivenlosigkeit<br />

wirksam und<br />

nachhaltig reduziert.»<br />

Hansueli Meier,<br />

Programmverantwortlicher für Chile.<br />

«Dank Mission 21 kann ich<br />

eine Ausbildung absolvieren.<br />

Ich möchte nach Abschluss<br />

des Studiums in meine Region<br />

zurückkehren und meine<br />

Familie unterstützen.»<br />

Ferdinan Lampon,<br />

Stipendiat aus Indonesien<br />

«Wenn man einander auf<br />

Augenhöhe begegnet, sind<br />

die «Fremden» plötzlich<br />

unsere Nachbarinnen und<br />

Nachbarn. Wir können so<br />

viel voneinander lernen!»<br />

Heidi Zingg-Knöpfli, Studienleiterin bei<br />

Mission 21.<br />

hier in der Schweiz: Die Abteilung «Bildung<br />

Austausch Forschung» sensibilisiert mit ihrem<br />

breiten Kursangebot Menschen aller Altersgruppen<br />

für interkulturelle und theologische<br />

Themen. Studienleiterin Heidi Zingg Knöpfli<br />

sagt: «Ich sehe mich als Brücke zwischen uns<br />

und unseren Partnern im Süden.» Denn nicht<br />

nur die Partnerländer könnten von diesem<br />

Austausch profitieren, sondern auch wir, etwa<br />

in puncto Erziehung oder Gastfreundschaft.<br />

Wenn man einander auf Augenhöhe begegne,<br />

seien die «Fremden» plötzlich nicht mehr so<br />

fremd, sagt Heidi Zingg Knöpfli, «es sind dann<br />

unsere Nachbarinnen und Nachbarn. Und genau<br />

das finde ich schön an meiner Arbeit: Diese<br />

Brückenbau-Funktion.»<br />

Der 21-jährige Ferdinan Lampon aus Indonesien<br />

ist schon jetzt eine wichtige Stütze für sein<br />

Elternhaus. Besonders nachdem sein zweiter<br />

Bruder, gerade erst 16-jährig, im vergangenen<br />

Jahr bei einem Unfall tödlich verunglückte.<br />

Das GKE-Stipendium deckt die Kosten für die<br />

Semestergebühren und Lehrmaterialien. Mit<br />

einem Teil des Geldes, das Ferdinan durch einen<br />

Nebenjob in einem Gästehaus verdient, kann er<br />

der Familie helfen. Denn seine Eltern werden<br />

allmählich zu alt für die mühevolle Farmarbeit.<br />

Und der neunjährige Bruder wird bald vor der<br />

Frage stehen, ob die Primarschule bereits das<br />

Ende seiner Ausbildung ist.<br />

Ferdinan träumt davon, nach seinem Abschluss<br />

einen Job in der Regierung Zentralkalimantans<br />

zu finden, wo er herkommt. «Ich<br />

möchte nicht in der Stadt bleiben, sondern in<br />

meine Region zurückkehren», sagt er. «Dann<br />

könnte ich meine Familie unterstützen.»<br />

| Mara Wirthlin<br />

4 Nachrichten 3 | <strong>2016</strong>


«Ich will sehen, wie wir<br />

Frauen die Männer einholen.<br />

Das ist meine persönliche<br />

Motivation, um im Bildungsbereich<br />

zu arbeiten.»<br />

Suzan Mark, Theologin.<br />

Bildung fördern,<br />

Frauen stärken<br />

Das Thema Frauenförderung durchzieht<br />

wie ein roter Faden die gesamte Projektarbeit<br />

von Mission 21. Das gilt auch für die<br />

Bildungsarbeit. Obwohl Bildung als Menschenrecht<br />

gilt, können nach Angaben der<br />

UNESCO nach wie vor 774 Millionen Erwachsene<br />

weder lesen noch schreiben. Fast zwei<br />

Drittel von ihnen sind Frauen. Deshalb sind<br />

Frauen die wichtigste Zielgruppe der Bildungsprojekte<br />

von Mission 21.<br />

Dorothee Adrian<br />

Die gute Nachricht<br />

«Bilde eine Frau aus, und du<br />

bildest eine ganze Nation aus!»<br />

Mit diesem Satz will ich deutlich machen, wie wichtig es ist, dass Frauen Bildung<br />

erhalten. Denn wenn eine Frau gebildet ist, gibt sie ihr Wissen weiter, vor allem<br />

an ihre Kinder. Ich will sehen, wie wir Frauen die Männer einholen. Das ist meine<br />

persönliche Motivation, um im Bildungsbereich zu arbeiten. In den vergangenen<br />

Jahren konnte ich beobachten, wie in Nigeria die Kluft zwischen Männern und<br />

Frauen immer kleiner wurde. Das macht mich glücklich.<br />

Als ich ein kleines Mädchen war, gingen nur die Buben aus unserem Dorf zur<br />

Schule. Mein Vater war der erste, der mit dieser Tradition brach. Er sagte: «Gott<br />

hat mir meine Kinder geschenkt. Warum sollte ich die Mädchen diskriminieren?»<br />

Also durften wir zur Schule gehen. Zuerst schlugen uns die Jungen. Doch als wir<br />

immer mehr Mädchen wurden, akzeptierten sie uns.<br />

Ich liebte die Schule. Alles war so schön und ordentlich, und rund um das Gebäude<br />

waren überall Blumen! Am liebsten mochte ich Mathematik, vor allem<br />

Arithmetik. In der weiterführenden Schule sagte ein Lehrer, es sei ein Mysterium,<br />

das man nie ganz begreifen könne. Das entmutigte mich und ich vertiefte mich<br />

nicht weiter darin.<br />

Nach der Schule heiratete ich. Als ich zwei Kinder hatte, beschloss mein Mann,<br />

Theologie zu studieren. Es war üblich, dass die Ehefrauen mit an die Universität<br />

gingen, aber separaten Unterricht erhielten. Da die anderen nicht zur Schule<br />

gegangen waren, war es für mich aber unglaublich langweilig! Ich beantragte,<br />

am Theologiestudium teilnehmen zu können. Nach einer Prüfung durfte ich mit<br />

den Männern studieren. Ich studierte insgesamt sieben Jahre Theologie, machte<br />

zuerst ein Diplom, dann den Bachelor und schliesslich den Master.<br />

Ich habe dabei gelernt, wie Gott ist: unendlich liebevoll. Er liebt jeden Menschen,<br />

egal, welcher Religion er angehört. Das hat mich berührt und demütig gemacht.<br />

Ich war früher sehr grob und störrisch, die Leute warnten meinen Mann vor der<br />

Hochzeit: «Wirst du Suzan bändigen können?» Durch das Theologiestudium<br />

habe ich eine persönliche Beziehung zu Gott entwickelt. Zu einem Gott, der nicht<br />

ausschliesst, nicht diskriminiert, sondern liebt.<br />

Eine Szene fällt mir dazu immer wieder ein: Wir waren einmal zu dritt am Flughafen,<br />

zwei von uns Frauen trugen ihre kirchliche Uniform. Dann kamen zwei<br />

Musliminnen auf uns zu, umarmten uns und sagten: «Wir lieben euch!» Diese<br />

Geste verkörperte für mich Gottes bedingungslose Liebe. Ich war auch beschämt,<br />

denn ich hatte den Eindruck, die Liebe der Musliminnen zu uns war in dem Moment<br />

tiefer als unsere zu ihnen.<br />

Ich wünsche mir, dass viele Menschen sich mit Theologie beschäftigen, damit sie<br />

Gott kennen lernen. Ich wünschte, mehr von uns Theologinnen und Theologen<br />

würden andere Religionen umarmen und sagen: «Kommt. Wir gehören zusammen!<br />

Lasst uns Gott zusammen preisen.»<br />

| Protokoll: Dorothee Adrian<br />

Suzan Mark gehört zur Kirche der Geschwister (EYN) in Nigeria.<br />

Die Theologin lehrte von 1993 bis 1996 am Kulp Bible College<br />

und war 1999 bis 2013 Leiterin des Michika Bible Colleges. 2004<br />

kehrte sie als Dozentin an das Kulp Bible College zurück. Seit<br />

2009 leitet sie die Frauenarbeit der EYN. Sie ist verheiratet und<br />

hat fünf leibliche sowie fünf Adoptivkinder.<br />

Nachrichten 3 | <strong>2016</strong><br />

5


Unser Projekt<br />

Hebammen retten Leben<br />

Jochen Kirsch<br />

Die Studentinnen<br />

der ehemaligen<br />

Hebammenschule<br />

in Leer konnten im<br />

Flüchtlingslager<br />

Kakuma ihre Ausbildung<br />

abschliessen.<br />

Im Krieg wurde die Hebammenschule unserer Partnerorganisation<br />

im Südsudan komplett zerstört, die Schülerinnen<br />

mussten fliehen. Mit viel Glück wurden sie aufgespürt und<br />

konnten ihre Ausbildung im Flüchtlingslager Lokichoggio in<br />

Kenia abschliessen.<br />

Herbstkampagne <strong>2016</strong><br />

Das Projekt «Leben für Mütter und Kinder» (Nr. 179.1022) ist eines von drei<br />

Bildungsprojekten der Herbstkampagne <strong>2016</strong>. Die weiteren Projekte sind<br />

ein Stipendienprojekt in Indonesien und ein Projekt zur Förderung benachteiligter<br />

Frauen in Chile. Einmal jährlich erscheint die Aktionsbroschüre zur<br />

Herbstkampagne. Dort finden Sie ausführliche Berichte über die anderen<br />

Kampagnenprojekte, sowie weitere Informationen und Ideen rund um das<br />

Thema Bildung. Aktionsbroschüre bestellen: material@mission-21.org, Tel.<br />

061 260 21 20<br />

Im Südsudan stirbt jedes fünfzehnte Kind, bevor<br />

es ein Jahr alt ist, viele überleben die Geburt<br />

nicht. Bei den Müttern ist die Sterblichkeitsrate<br />

noch höher. Viele dieser Todesfälle könnten vermieden<br />

werden, wenn es in jedem Dorf eine ausgebildete<br />

Hebamme gäbe. Um diesem Ziel ein<br />

Stückchen näher zu kommen, hat Mission 21 im<br />

Jahr 2005 mit ihrer Partnerorganisation PRDA<br />

(Presbyterian Relief and Development Agency)<br />

in der südsudanesischen Stadt Leer eine Hebammenschule<br />

gegründet. Die 79 Frauen, die<br />

ihre Ausbildung dort seither abgeschlossen haben,<br />

betreuen jedes Jahr über 15‘000 Geburten.<br />

Vom Krieg vertrieben<br />

Ende 2013 begannen im Südsudan bewaffnete<br />

Konflikte, weil Vertreter innerhalb der Regierungspartei<br />

einander bekämpften. Die Folgen<br />

sind gravierend: Laut Südsudanesischen Zeitungen<br />

hat der Krieg bereits über 300‘000 Menschen<br />

das Leben gekostet. Darüber hinaus sind<br />

2,3 Millionen Menschen auf der Flucht. Auch die<br />

Schülerinnen der Hebammenschule gehören<br />

zu ihnen. Bald nach Kriegsausbruch wurde die<br />

Schule komplett zerstört und die Studentinnen<br />

mussten fliehen.<br />

6 Nachrichten 3 | <strong>2016</strong>


Ulrich Kleiner (2)<br />

Die jungen Frauen lassen sich von der Begeisterung ihrer<br />

Lehrerin anstecken (hier noch in Leer).<br />

Praktischer Unterricht ist für die Ausbildung zur Hebamme<br />

wichtig.<br />

Der PRDA ist es gelungen, alle Frauen aufzuspüren<br />

und über die Grenze nach Kenia zu bringen.<br />

Die Schülerinnen haben teils Schreckliches<br />

erlebt. Nach dem Umzug wurden sie psychologisch<br />

betreut, um die Erlebnisse der Flucht zu<br />

verarbeiten. Inzwischen haben sie ihre Ausbildung<br />

abgeschlossen und sind im Berufsleben<br />

angekommen.<br />

Voller Hoffnung weiter lernen<br />

Dreh- und Angelpunkt des Projekts ist Lehrerin<br />

Kate Foi mit ihrer scheinbar nie versiegenden<br />

Energie. Sie motiviert die Schülerinnen, organisiert<br />

Praktika, sorgt für einen reibungslosen<br />

Ablauf des Alltags. Sie sagt: «Viele der Schülerinnen<br />

haben ein schlechtes Gewissen. Sie<br />

fragen sich: Wie kann ich es mir hier gut gehen<br />

lassen, während meine Familie auf der Flucht<br />

leidet?» Doch alle wissen, dass die Ausbildung<br />

sich lohnen wird. Die angehenden Hebammen<br />

studieren nicht nur Gynäkologie und Geburts-<br />

Wir brauchen Ihre Unterstützung<br />

> «Kooperationsprogramm Südsudan»<br />

Nummer: 179.1001<br />

> Spenden: Konto PC 40-726233-2, IBAN: CH58<br />

0900 0000 4072 6233 2, Betreff: «179.1001» oder<br />

online: www.mission-21.org/spenden<br />

> Information: Projektdienst,<br />

Telefon +41 (0)61 260 23 03<br />

miriam.glass@mission-21.org.<br />

Filmtipp: www.mission-21.org/hebammen<br />

hilfe, sondern auch allgemeinbildende Fächer<br />

wie Englisch und Mathematik. Die Hebammenschule<br />

geniesst bei ihren Partnern und der<br />

südsudanesischen Regierung einen guten Ruf<br />

als Ausbildungsstätte, was die Chancen der<br />

Hebammen auf einen Arbeitsplatz und ein regelmässiges<br />

Einkommen erhöht.<br />

Praktische Erfahrungen gehören dazu<br />

Im Flüchtlingslager Kakuma, rund zwei Autostunden<br />

entfernt von Lokichoggio, kommen<br />

jährlich Tausende von Kindern zur Welt. Rund<br />

200‘000 Menschen leben hier zusammen und<br />

es gibt mehrere Spitäler. Hier sammeln die angehenden<br />

Hebammen praktische Erfahrungen.<br />

In Lokichoggio bemüht man sich derweil darum,<br />

die Lebensumstände so gut wie möglich<br />

zu gestalten. Dank der Unterstützung durch<br />

Spenden, die über Mission 21 eingehen, können<br />

die Räumlichkeiten renoviert werden.<br />

Im Sommer startete ein neuer Ausbildungsjahrgang.<br />

Neue motivierte Schülerinnen stehen<br />

am Anfang ihrer Ausbildung zur Hebamme.<br />

Die Rahmenbedingungen sind nach wie vor<br />

schwierig, dennoch tun Mission 21 und ihre<br />

Partnerorganisationen alles, um diese wichtige<br />

Arbeit fortzuführen.<br />

Gerade in Zeiten des Krieges ist es entscheidend,<br />

die Projektarbeit aufrecht zu erhalten<br />

Dass die PRDA ihre Hebammenschule trotz<br />

Waffengewalt und Zerstörung weiter erfolgreich<br />

betreibt, ist der beste Beweis, dass es gelingen<br />

kann.<br />

| Miriam Glass<br />

Nachrichten 3 | <strong>2016</strong><br />

7


Mission 21 aktuell<br />

Good News aus unseren Programmen<br />

Bolivien:<br />

Internationaler Preis geht<br />

an Machaqa Amawta<br />

DR Kongo:<br />

Das Kooperationsprogramm<br />

ist in neuen Händen<br />

Die internationale «Stars Foundation» (Sterne-<br />

Stiftung) prämierte Ende 2015 die Stiftung<br />

«Machaqa Amawta», bolivianische Partnerorganisation<br />

von Mission 21. Der Direktor Isaac Ticona<br />

nahm den Preis in Höhe von 50'000 US-Dollar<br />

sowie die Auszeichnung des Sterns entgegen.<br />

Wir gratulieren unserer Partnerorganisation,<br />

mit der wir das Projekt «Gärtnern und Weben<br />

für ein besseres Leben» (Nummer 420.1017) realisieren.<br />

Das Projekt befähigt indigene Dorfgemeinschaften,<br />

ihre landwirtschaftliche Produktivität<br />

zu steigern und sich ausgewogener zu<br />

ernähren. Besondere Aufmerksamkeit bekommt<br />

bei der Arbeit der Stiftung zudem die Frauenförderung,<br />

sowie die Anerkennung und Stärkung<br />

indigener Lebensformen. Ein Aspekt, der auch<br />

für die Preisverleihung ausschlaggebend war:<br />

In der Begründung der «Stars Foundation» hiess<br />

es, Machaqa Amawta leiste einen wichtigen Beitrag<br />

für die interkulturelle Bildung; sie fördere<br />

Frauen lernen im Handwerkszentrum Vitocota, eine Strickmaschine<br />

zu bedienen.<br />

speziell die indigenen Aymara und Urus und behandle<br />

sie mit grossem Respekt. In diesem Sinne<br />

freuen wir uns weiterhin auf eine fruchtbare Zusammenarbeit!<br />

Machaqa Amawta<br />

«Er soll warten, ich bin unter der Dusche!», rief Jules Tsengele den aufgeregten<br />

jungen Männern zu, die mit dem Chef der Immigrationsbehörde vor<br />

der Tür standen. Einen höheren Würdenträger warten zu lassen, das ist in<br />

der Demokratischen Republik Kongo durchaus eine heikle Sache.<br />

Mit einem Lächeln trat Jules Tsengele, der drei Wochen vorher seine<br />

Arbeit als Koordinator von Mission 21 im Kongo aufgenommen hatte, aus<br />

dem Hotelzimmer<br />

und tauschte ein paar<br />

Worte mit dem Beamten<br />

aus. Sie kannten<br />

sich bereits, denn Jules<br />

Tsengele ging in derselben<br />

Stadt, Kasongo-Lunda,<br />

zur Schule.<br />

Er ist im Kwango<br />

aufgewachsen und<br />

spricht die Sprache<br />

und den Dialekt der<br />

lokalen Bevölkerung.<br />

Und so verlief die<br />

Anmeldung der internationalen<br />

Besuchsdelegation<br />

von<br />

Mission 21 im Kwango<br />

schnell und problemlos.<br />

Ein solcher<br />

Austausch mit den<br />

Patrizia Kieliger<br />

Jules Tsengele (im Bild rechts) wuchs im Kwango auf und<br />

kennt die Bedürfnisse und Sorgen der Bevölkerung.<br />

Behörden ist nur eine der vielen Aufgaben eines Koordinators. Jules<br />

Tsengele besucht zudem die Projekte, hilft den Koordinatoren beim<br />

Schreiben von Berichten, sowie bei der Auswertung und Wirkungsmessung.<br />

Zudem wird der gelernte Buchhalter in Kasongo-Lunda ein kleines<br />

Büro für Mission 21 einrichten, um die Arbeit der Partnerkirche Communauté<br />

Evangélique du Kwango (CEK) möglichst nahe begleiten zu können.<br />

Er ist unser erster Koordinator im Kongo, der mit seiner Familie direkt im<br />

Projektgebiet wohnt und arbeitet.<br />

Kürzlich hat Jules Tsengele die Bilanz über die ersten hundert Tage in<br />

seinem neuen Amt gezogen. Dank seiner Ausbildung an der protestantischen<br />

Universität im Kongo (UPC) ist er der Arbeit von Mission 21 bereits<br />

seit vielen Jahren verbunden. Zudem war er früher bei der CEK Buchhalter<br />

für das Projekt «HIV/Aids: Aufklärung und Bewusstseinsbildung».<br />

«Doch», sagt er, «ich war erfreut, mit welcher Wärme mir die Menschen<br />

hier im Kwango ihr Vertrauen aussprachen.» Seine fachliche Kompetenz<br />

und die Nähe zur Bevölkerung werden die Zusammenarbeit zwischen Mission<br />

21 und unserer Partnerkirche vertiefen.<br />

| Dorothee Adrian<br />

| Raymond Rohner, Programmverantwortlicher DR Kongo<br />

8 Nachrichten 3 | <strong>2016</strong>


Mission 21 aktuell<br />

Worte, die wehtun<br />

Das neue Advocacy-Programm von Mission 21 stärkt<br />

Frauen weltweit. Zum Auftakt benannten Aktivistinnen<br />

die brennendsten Probleme.<br />

Die Worte von Silvia Regina de Lima Silva tun weh. Sie erzählt von der<br />

Vergewaltigung einer 16-Jährigen in Brasilien und von den Folgen für<br />

die junge Frau. Sie spricht von «Gewalt, die den Körper verletzt, die Seele<br />

zerfrisst, die<br />

Erinnerung auslöscht<br />

und Träume<br />

in Albträume<br />

verwandelt».<br />

Doch ihre Worte<br />

spenden auch<br />

Hoffnung. Denn<br />

sie spricht von<br />

Frauen, die sich<br />

für ihre Rechte<br />

und gegen Gewalt<br />

wehren,<br />

die sich zusammengeschlossen<br />

haben und ihre<br />

Stimme erheben.<br />

Silvia Regina de Lima Silva und Sibylle Dirren vom Advocacy<br />

Team.<br />

Diese Stimmen zu stärken, ist eines der Hauptziele des neuen Advocacy-Programms<br />

von Mission 21. Es unterstützt Aktivistinnen und Aktivisten<br />

weltweit dabei, sich für Frauen-Menschenrechte einzusetzen.<br />

Frauen aus vier Kontinenten<br />

Silvia Regina de Lima Silva war eine der Rednerinnen am Anlass, bei<br />

dem das neue Programm am 29. Juni in Basel lanciert wurde. Sie leitet<br />

das Ökumenische Forschungszentrum in Costa Rica (DEI). Drei weitere<br />

Frauen berichteten auf dem Podium von ihrer Arbeit: Die tansanische<br />

Pfarrerin Melania Mrema Kyando, die sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen<br />

von HIV/Aids-Betroffenen engagiert, Yusmiati Vistamika<br />

Wangka, die gegen Menschenhandel und für die Rechte von indonesischen<br />

Hausangestellten in Hongkong kämpft und Gender-Expertin Dr.<br />

Annemarie Sancar, die von der Frauenarbeit in Uno-Gremien berichtete.<br />

Sancar betonte zum Abschluss der Veranstaltung: «Die frauenspezifischen<br />

Aspekte der Grundrechte müssen immer wieder herausgearbeitet<br />

werden». Eine Arbeit, die das Advocacy-Programm von Mission 21 weltweit<br />

vorantreiben wird.<br />

| Miriam Glass<br />

Christoph Rácz<br />

Personalia<br />

Dario Brühlmann<br />

Seit Juli <strong>2016</strong> leitet Dario<br />

Brühlmann die Abteilung<br />

Kommunikation bei<br />

Mission 21 und tritt somit in<br />

die Fussstapfen von Peter<br />

Felber, der pensioniert<br />

wurde. Dario Brühlmann<br />

studierte Theologie und<br />

Interkulturelle Studien und<br />

hat langjährige Marketing-<br />

Erfahrung. Gearbeitet hat er<br />

bisher sowohl in der Privatwirtschaft,<br />

im NGO-Bereich<br />

sowie in der Kirche – eine<br />

vielversprechende Mischung!<br />

Oliver Bader<br />

Der Germanist und Medienwissenschaftler<br />

leitet seit<br />

Juli <strong>2016</strong> das Team<br />

Fundraising der Abteilung<br />

Kommunikation von<br />

Mission 21. Zuvor hat er<br />

während 10 Jahren in verschiedenen<br />

Funktionen für<br />

Amnesty International gearbeitet<br />

und kennt sich sehr<br />

gut aus auf dem Schweizer<br />

Spendenmarkt. Herzlich<br />

Willkommen.<br />

Andrea Rhyn<br />

Die Historikerin und<br />

Pädagogin arbeitet seit<br />

Juni <strong>2016</strong> im Archiv von<br />

Mission 21. Ihre fundierte<br />

Berufserfahrung sammelte<br />

sie unter anderem im<br />

Staatsarchiv Baselland.<br />

Unser Archiv, das während<br />

mehreren Monaten verwaist<br />

war, ist also wieder in guten<br />

Händen. Wir freuen uns!<br />

Michael Auer<br />

Mara Wirthlin<br />

Alex Kaeslin<br />

Neuer Kurzfilm:<br />

«Mission 21 setzt Zeichen der Hoffnung»<br />

Der Film zeigt, wie sich «Hoffnung» in unserer<br />

Arbeit konkret ausdrückt: Durch Friedensarbeit<br />

in Indonesien, Schulungen für Kleinbäuerinnen<br />

und Kleinbauern in Bolivien, medizinische Versorgung<br />

in der abgelegenen Kwangoregion der<br />

DR Kongo und durch Bildungsangebote in Peru<br />

und Nigeria.<br />

«Poetisch und bewegend!» findet Judith Gysi,<br />

Beauftragte für Kirchgemeinden bei Mission 21.<br />

› Jahr: <strong>2016</strong>, Länge: 8:30 Min., Sprache: Deutsch<br />

Nachrichten 3 | <strong>2016</strong><br />

9


Mission 21 aktuell<br />

Persönlich<br />

Halim Pratama schwimmt<br />

gegen den Strom<br />

Als Jugendkoordinator kennt der Indonesier die Fragen und<br />

Probleme der jungen Erwachsenen auf seinem Kontinent.<br />

Frisch sieht er aus, als er morgens durch die<br />

Tür tritt: faltenfreies Hemd, die Haare perfekt<br />

in Form, auf den Lippen liegt ein offenes Lächeln.<br />

Dass er müde ist, wird Halim Pratama<br />

erst später sagen, der lange Flug von Indonesien<br />

in die Schweiz sitzt ihm noch in den Knochen.<br />

Doch der 26-Jährige lächelt den Jetlag charmant<br />

weg – ihn beschäftigen andere Probleme als die<br />

Zeitverschiebung. An diesem Tag im Juni <strong>2016</strong><br />

nimmt er zum ersten Mal als Delegierter aus<br />

Asien an der Synode teil, dem obersten Entscheidungsgremium<br />

von Mission 21.<br />

Es sind grosse Themen, die ihn als Vertreter<br />

der jungen Generation umtreiben. Die Zerstörung<br />

des Waldes steht an oberster Stelle. Die<br />

Im Rahmen der Synode trafen Halim Pratama, Jugendkoordinator für Asien (links)<br />

und Richard Offei, Jugendkoordinator für Afrika, in Basel zusammen.<br />

Halim Pratama<br />

Industrie brennt Indonesiens Wälder ab, oft mit<br />

Billigung der lokalen Verwaltungen. Die daraus<br />

entstehende Luftverschmutzung gefährdet die<br />

Gesundheit der Bevölkerung über die Landesgrenzen<br />

hinweg. Was kann ein junger Mann wie<br />

Halim Pratama dagegen tun? Er nennt sofort<br />

konkrete Beispiele: Als Koordinator des kirchlichen<br />

Jugendnetzwerks in Asien organisiert er<br />

im Herbst <strong>2016</strong> in Papua einen Workshop zur<br />

Erhaltung des Waldes. «Wir müssen die Jugendlichen<br />

heute mit dem Thema vertraut machen,<br />

damit sie morgen darauf Einfluss nehmen können»,<br />

sagt er.<br />

Nach seinem Hochschulabschluss als Ingenieur<br />

baute er eine Beratungsfirma auf. Schon<br />

im ersten Jahr erhielt er Aufträge der Regierung.<br />

Er arbeitet auch als lokaler Berater für<br />

ein Klimaschutzprogramm der deutschen Gesellschaft<br />

für internationale Zusammenarbeit<br />

(GIZ). Halim Pratama wagt es, gegen den Strom<br />

zu schwimmen. Statt wie die meisten seiner<br />

Altersgenossen eine Karriere in der Regierung<br />

oder Verwaltung anzustreben, machte er sich<br />

selbständig. Und statt wie zahlreiche Jugendliche<br />

der Kirche den Rücken zu kehren, verstärkte<br />

er sein Engagement.<br />

Der Glaube gehöre zu seinem Leben, sagt er.<br />

Als kleiner Junge begleitete er seine Mutter bei<br />

ihrer Arbeit als Krankenschwester. Mit dem<br />

Boot fuhren sie in abgelegene Dörfer. Unterwegs<br />

sangen sie Lieder über die Kraft und die Liebe<br />

Gottes. Diese Lieder haben Halim Pratama<br />

geprägt. Die Bootsfahrten sind für ihn zudem<br />

eine biographische Verbindung zur Arbeit von<br />

Mission 21, denn seine Mutter betreute Kranke<br />

in Einrichtungen der damaligen Basler Mission.<br />

So knüpft Halim Pratama mit seiner Reise zum<br />

Basler Hauptsitz von Mission 21 an die Reisen<br />

seiner frühen Kindheit an. Er werde diesen Weg<br />

fortsetzen, sagt er, am liebsten in alle Himmelsrichtungen.<br />

«Reisen fördert das Verständnis für<br />

uns selbst und andere.» Und Halim Pratama ist<br />

überzeugt: «Das ist es, was unserer Generation<br />

helfen wird: Dass wir einander verstehen.»<br />

| Miriam Glass<br />

10 Nachrichten 3 | <strong>2016</strong>


Archiv & Buch<br />

Packende Lesereise<br />

Mit Maria Schweizer nach Hongkong<br />

Mara Wirthlin<br />

Junge Erwachsene reisten für die Missionssynode nach Basel, hier beim gemeinsamen<br />

Essen und lockeren Austausch.<br />

Startschuss für<br />

Jugendbotschafter-Programm<br />

Ein Stimmengewirr in unterschiedlichen Sprachen, Pizzaduft<br />

und Musik: Der Kirchgemeinderaum in Riehen steckte<br />

voller Leben. 35 junge Erwachsene aus Österreich, Deutschland,<br />

Frankreich und der Schweiz waren Anfang Juni nach<br />

Basel gereist, um im Rahmen der Missionssynode mehr über<br />

die Möglichkeit zu erfahren, Jugendbotschafter zu werden.<br />

Es ist das erste Mal, dass Mission 21 ein solches Programm anbietet.<br />

Claudia Bandixen, Direktorin von Mission 21, sagt: «Wir verknüpfen die<br />

Jugendbewegung in Europa mit einem Austauschprogramm. Die jungen<br />

Menschen sollen erleben, was es bedeutet, über konfessionelle und kulturelle<br />

Grenzen hinweg im Gespräch zu sein.»<br />

Jeweils vier junge Erwachsene aus Frankreich, Österreich, Deutschland<br />

und der Schweiz reisen 2017 als Jugendbotschafter in eines der Partnerländer.<br />

2018 werden sie dann Gäste aus Übersee bei sich beherbergen.<br />

Wer das Dreijahresprogramm durchzieht, erhält ein Zertifikat für interkulturelle-<br />

und konfessionelle Begegnung und Dialogerfahrung.<br />

Beim ersten Kennenlernen im Juni erhielten die jungen Erwachsenen<br />

Informationen zum Programm und Einblicke in die Synode, doch auch<br />

der lockere Austausch bei Pizza und Musik hatte seinen Platz. Romana<br />

aus der Schweiz, die noch zur Schule geht, sagt rückblickend: «Das Wochenende<br />

war sehr spannend. Ich würde selbst gerne Theologie studieren<br />

und später für eine Organisation wie Mission 21 arbeiten.»<br />

Hannes aus Tübingen ist mit einer fünfköpfigen Gruppe befreundeter<br />

Theologie-Studenten angereist. Inhaltlich ist er vom Jugendbotschafter-<br />

Programm sehr überzeugt – «eine tolle Gelegenheit, sich vertieft mit einer<br />

anderen Kultur auseinanderzusetzen, ohne gleich mehrere Monate<br />

zu verreisen!»<br />

Guymy aus dem Elsass zieht es vor allem nach Lateinamerika. Was<br />

ihm an Mission 21 gefällt? «Wie bereits der Name sagt, geht es wirklich<br />

um Mission im 21. Jahrhundert. Mit Respekt den anderen gegenüber und<br />

Einbeziehung der Jugend. Das ist toll.» | Mara Wirthlin<br />

Der Sommer ist vorbei. Kaum zurück aus den Ferien,<br />

hat uns bereits der Alltag wieder. Und wir fragen<br />

uns: Was ist übrig geblieben von den Reiseeindrücken?<br />

Hat sich unser Horizont geweitet? Hatten wir<br />

genügend Zeit, um uns auf das Unbekannte vorzubereiten?<br />

Konnten wir uns auch innerlich umstellen,<br />

oder reichten die kurzen Flugstunden lediglich für<br />

ein «Powernap»?<br />

Dieses Problem war Maria Schweizer fern: Als die<br />

Ostschweizer Krankenschwester anno 1920 für die<br />

Basler Mission nach Hongkong reiste, führte ihre<br />

Reise über Genua, New York, San Francisco, Honolulu,<br />

Nagasaki und Manila. Sie dauerte sechsundachtzig<br />

Tage. Ihre Briefe, die sie während dieser Zeit<br />

schrieb, erschienen in Buchform und nehmen uns<br />

mit auf eine abenteuerliche Lesereise. Schon die<br />

Einstiegssätze ihres ersten Briefes vom 7. Januar<br />

1920 an die Familie erzählen von überraschenden<br />

und lehrreichen Situationen: «Bis Luzern ging alles<br />

gut. Dann fingen wir drei Krankenschwestern an,<br />

dem Eisenbahngott zu opfern. (…) In Chiasso war es<br />

uns natürlich Angst auf den<br />

Zoll, mit unseren Esswaren,<br />

deren es eine unheimliche<br />

Menge hatte. Glücklicherweise<br />

war der Agent von<br />

Zwilchenbart da, der gab<br />

nun dem schweizerischen<br />

und italienischen Zollbeamten<br />

den nötigen silbernen<br />

Händedruck – und siehe<br />

da: es wirkte. Kein Gepäckstück<br />

musste aufgemacht<br />

werden. Ringsum wurde<br />

nach Schokolade und Zigaretten<br />

gefragt, bei uns gar<br />

nichts.» Heute käme es uns kaum in den Sinn, einen<br />

schweizerischen Grenzbeamten zu bestechen, oder,<br />

dass wir uns bei der Eisenbahnfahrt über den Gotthard<br />

übergeben müssen.<br />

In unserer schnelllebigen Zeit ist es ein fast wundersames<br />

Erlebnis, sich in Maria Schweizers Briefe<br />

zu vertiefen, die von ihrem Grossneffen sorgfältig<br />

aufbereitet und mit wichtigen Informationen ergänzt<br />

wurden. Dieses eindrückliche Zeitdokument gibt uns<br />

die Chance, übers Reisen und unseren eigenen Zeitbegriff<br />

zu philosophieren. Und uns immer wieder die<br />

Frage zu stellen, inwiefern Reisen und Lesen bildet.<br />

> Thomas Schweizer/Maria Schweizer<br />

Glänzende Wolke: Maria Schweizer geht in die Mission<br />

1920: Bericht einer wochenlangen, beschwerlichen<br />

Reise nach China<br />

Norderstedt: Books on Demand, 2015<br />

| Claudia Wirthlin, Leiterin der Bibliothek von Mission<br />

Nachrichten 3 | <strong>2016</strong><br />

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Agenda<br />

Veranstaltungen<br />

Veranstaltungsorte<br />

Wenn nicht anders angegeben, finden die<br />

Veranstaltungen bei Mission 21 an der<br />

Missionsstrasse 21 in Basel statt.<br />

Stand up! Interreligiöses Frauenparlament<br />

Sonntag, 25. September <strong>2016</strong><br />

10.00 bis 17.30 Uhr, Haus der Religionen<br />

Europaplatz 1, 3008 Bern<br />

Workshops, Vorträge und Diskussionen<br />

im Plenum werden an dieser Tagung zum<br />

gemeinsamen Reflektieren anregen.<br />

Infos und Anmeldung:<br />

www.mission-21.org/frauenparlament<br />

buechel.sladkovic@bluewin.ch<br />

Herbstbasar<br />

27. Oktober <strong>2016</strong> 12.00-18.00 Uhr,<br />

28. Oktober 10.00-18.00 Uhr<br />

Herbstzeit ist Basarzeit! Der diesjährige<br />

Herbstbasar zum Herbstkampagnen-Thema<br />

«Bildung» lädt zum Verweilen, Schmökern<br />

und gemütlichen Austausch.<br />

Infos:<br />

pia.mueller@mission-21.org<br />

Tel. 061 260 22 53<br />

Jahresanlass «Friends of the Archives»<br />

Samstag, 29. Oktober, 14.00-17.00 Uhr<br />

Jahresanlass für Mitglieder des Gönnerclubs<br />

«Friends of the Archives» zum<br />

Thema: «Trouvaillen»<br />

Infos: andrea.rhyn@mission-21.org,<br />

Tel. 061 260 22 42<br />

Schlussbouquet «10 Jahre Woche der<br />

Religionen»<br />

Sonntag, 13. November <strong>2016</strong><br />

11.30-20.00 Uhr<br />

Tagungszentrum Oekolampad,<br />

Allschwilerplatz 22, 4055 Basel<br />

Tag der Begegnungen mit Gesprächstheater<br />

aus Sarajewo, Ideen-Workshop aus<br />

Indonesien und «Sacred-Music» aus aller<br />

Welt.<br />

Infos und Anmeldung:<br />

www.mission-21.org/woche-der-religionen,<br />

Tel. 061 260 22 67<br />

young@mission21 Jahresevent<br />

Samstag, 19. November <strong>2016</strong><br />

Junge Menschen aus der Schweiz kommen<br />

zusammen, setzen sich mit Themen einer<br />

gerechteren Welt auseinander und erleben<br />

interkulturelle Begegnungen.<br />

Infos und Anmeldung:<br />

young@mission-21.org<br />

www.mission-21.org/young<br />

TV-Tipp: SRF-«Mitenand» in Hongkong<br />

Ausstrahlung Sonntag, 20. November,<br />

19.20 Uhr, SRF<br />

Die SRF-Sendung «Mitenand» besuchte<br />

ein Projekt von Mission 21 in Hongkong:<br />

Über 300‘000 Migrantinnen arbeiten als<br />

Hausangestellte in der Metropole und werden<br />

leider oft Opfer von Missbrauch und<br />

Ausbeutung. Unsere Partnerorganisation<br />

«Christian Action» ermöglicht den Betroffenen<br />

Rechtsberatung, Hilfe und ein Dach<br />

über dem Kopf. Die dreiminütige SRF-Sendung<br />

beleuchtet diese wichtige Arbeit.<br />

Impressum<br />

Nachrichten Mission 21, Nr. 3 | <strong>2016</strong><br />

Herausgeberin: Mission 21, Evangelisches<br />

Missionswerk Basel, Missionsstrasse 21,<br />

4009 Basel<br />

Auflage: 22‘450.<br />

Redaktion: Mara Wirthlin<br />

Layout: Helge Neuschwander-Lutz<br />

Layoutvorlage: VischerVettiger AG, Basel<br />

Druck: MHD Druck und Service GmbH,<br />

Hermannsbrug, D<br />

Spendenkonto: PC 40-726233-2<br />

IBAN CH58 0900 0000 4072 6233 2<br />

Mission 21 vereint die Arbeit der Basler<br />

Mission, der Evangelischen Mission im<br />

Kwango und der Herrenhuter Mission.<br />

Mission 21 ist Mitglied der Evangelischen<br />

Mission in Solidarität (EMS), Stuttgart.<br />

Die Nachrichten erhalten Gönnerinnen<br />

und Gönner von Mission 21. Sie erscheinen<br />

viermal jährlich.<br />

100 Jahre Missionsbasar<br />

Samstag, 26. November <strong>2016</strong>,<br />

festlicher Basar von 11.30 Uhr bis 16.00 Uhr<br />

im Gemeindehaus Möriken-Wildegg (AG)<br />

Seit hundert Jahren engagieren sich Helferinnen<br />

und Helfer am jährlichen Missionsbasar<br />

in Möriken, um mit einem Teil des<br />

Erlöses Projekte von Mission 21 - ehemals<br />

Basler Mission – zu unterstützen. Das<br />

Basar-Team freut sich über viele Besucher<br />

und lockt mit einem festlichen Programm<br />

ins Gemeindehaus Möriken.<br />

Infos: vreniluescher@bluewin.ch<br />

Tel. 062 893 31 16<br />

29. Impulstagung für Kirchenbasare<br />

25. Januar 2017, 8.45-16.00 Uhr<br />

Kirchgemeindehaus Johannes<br />

Wylerstrasse 5, 3014 Bern<br />

Die jährlich stattfindende Impulstagung<br />

für Kirchenbasare hat zum Ziel, vielfältige<br />

Impulse und Anregungen in Theorie und<br />

Praxis für die Basararbeit in den Kirchgemeinden<br />

weiterzugeben. Die Tagung wird<br />

von einem thematischen Referat eröffnet,<br />

bevor die Teilnehmenden einen von acht<br />

praktischen Workshops besuchen können.<br />

Die Tagung steht allen Interessierten offen.<br />

Infos:<br />

judith.gysi@mission-21.org<br />

Tel. 061 260 23 37<br />

Fachtagung Interreligiöse Friedensarbeit<br />

Montag, 13. Februar 2017, 9.00-17.00 Uhr<br />

Welche Werte gelten in Schule und Gesellschaft?<br />

Dieser Frage wird sich die<br />

diesjährige Fachtagung widmen, mit Fokus<br />

auf Migration und deren Einfluss auf den<br />

Wertekonsens.<br />

Mit: Seyran Ateş, Rechtsanwältin, Autorin<br />

und Frauenrechtlerin, Berlin; Hans Georg<br />

Signer, ehemaliger Leiter Bildung des<br />

Erziehungsdepartements Basel-Stadt,<br />

Mouhanad Khorchide, Professor für islamische<br />

Religionspädagogik, Münster.<br />

Infos: www.mission-21.org/fachtagung<br />

christa.nadler@mission-21.org<br />

Tel. 061 260 22 67<br />

Den laufend aktualisierten Veranstaltungskalender<br />

mit weiterführenden Informationen<br />

finden Sie auf:<br />

www.mission-21.org/agenda<br />

12 Nachrichten 3 | <strong>2016</strong>

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