begegnen 4/23
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Kamerun:<br />
Gesundheit fördern,<br />
Zukunft schenken<br />
Seite 4<br />
Den interreligiösen<br />
Frieden stärken in Indonesien<br />
Seite 9<br />
Nr. 4, Dezember 20<strong>23</strong>
Inhalt<br />
Vorwort des Direktors 3<br />
Fokus Kamerun 4<br />
Gesundheit fördern, Zukunft schenken 4<br />
Interview: «In kurzer Zeit hat die Schule schon so viel erreicht» 8<br />
Impressum<br />
<strong>begegnen</strong> Nr. 4<br />
Dezember 20<strong>23</strong><br />
Herausgeberin:<br />
Mission 21,<br />
Missionsstrasse 21,<br />
4009 Basel<br />
Tel. 061 260 21 20<br />
«<strong>begegnen</strong>» erhalten<br />
Gönnerinnen und Gönner<br />
von Mission 21 viermal<br />
jährlich ab einem Beitrag<br />
von CHF 25.– im Jahr.<br />
Auflage: 10 200 Ex.<br />
Redaktion: Mara Wirthlin<br />
Layout: bombasel.ch<br />
Gedruckt in der Schweiz:<br />
Gremper AG, Basel<br />
ISSN: 2673-8635<br />
Titelbild: Szene auf der<br />
Kinder- und Gynäkologie-<br />
Station im Spital<br />
Manyemen, Kamerun.<br />
Bild: Tanja Giannone<br />
Trägervereine von<br />
Mission 21 sind die Basler<br />
Mission, die Evangelische<br />
Mission im Kwango und<br />
die Herrnhuter Mission.<br />
Die in diesem Heft vorgestellten<br />
Programme und<br />
Projekte werden von der<br />
DEZA (EDA) mitfinanziert.<br />
Projekt aktuell 9<br />
Interreligiöse Zusammenarbeit für Frieden und<br />
Gerechtigkeit in Indonesien 9<br />
Lebenswelten: Drei Stimmen aus drei Kontinenten 12<br />
Kurz gesagt 14<br />
Internationale Lerngemeinschaft 15<br />
Traumabewältigung als Teil der interreligiösen<br />
Friedensförderung 15<br />
Persönlich 16<br />
Nach neun Jahren zurück in der Schweiz:<br />
«Diese Momente werden wir in unserem Herzen bewahren» 16<br />
Engagiert: In Freundschaft verbunden 17<br />
Archiv: Ein Bild, eine Geschichte 18<br />
Agenda 19<br />
Datenschutz:<br />
Wir halten uns an die<br />
gesetzlichen Vorgaben<br />
des Datenschutzes:<br />
www.mission-21.org/<br />
datenschutz/<br />
Spendenkonto Schweiz:<br />
IBAN: CH58 0900 0000 4072 6<strong>23</strong>3 2<br />
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BIC SKLODE66<br />
2 <strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong>
Vorwort des Direktors<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
«Gesundheit und Wohlergehen fördern» ist ein wichtiges Ziel der UN-Agenda für nachhaltige<br />
Entwicklung – und auch in der Arbeit von Mission 21. In zahlreichen Projekten<br />
setzen wir uns für Gesundheitsversorgung und Prävention ein.<br />
In Konfliktregionen ist diese Arbeit besonders wichtig, aber auch besonders herausfordernd.<br />
So auch im englischsprachigen Westen Kameruns. Offiziellen Angaben zufolge<br />
ist der seit 2016 andauernde Konflikt zwar leicht zurückgegangen. Die Situation<br />
bleibt jedoch prekär und mit ihr die gesundheitliche Versorgung von Hunderttausenden<br />
von Menschen.<br />
Viele Gesundheitsstationen mussten schliessen. Es fehlt an medizinischen Fachkräften,<br />
und die Ausbildung des Pflegepersonals ist oft mangelhaft. Um dringend nötige<br />
Verbesserung zu erreichen, hat die «Presbyterian Church in Cameroon», die langjährige<br />
Partnerkirche von Mission 21 in Kamerun, die Gesundheitsarbeit ausgebaut und 2021<br />
eine eigene Pflegefachschule eröffnet.<br />
Das neue Projekt trägt Früchte: Mehr als 150 Pflegefachpersonen konnten bereits abschliessen<br />
und setzen das erworbene Wissen in der Arbeit ein. Innerhalb nur eines Jahres<br />
konnte dadurch die Kindersterblichkeit nachweislich gesenkt werden. Und die Ausbildung<br />
ermöglicht zahlreichen jungen Menschen in Kamerun Aussichten auf eine selbständig<br />
gestaltete Zukunft. Denn der Konflikt hat Lücken in viele Schul- und Berufslaufbahnen<br />
gerissen.<br />
Mehr über die Gesundheitsarbeit in Kamerun lesen Sie auf den folgenden Seiten.<br />
Wir danken Ihnen für Ihre Unterstützung, damit wir das Menschenrecht auf Gesundheit<br />
schützen können. Gemeinsam können wir viel erreichen auf dem Weg zu einer<br />
friedlicheren und gerechteren Gesellschaft für alle.<br />
Mit herzlichen Grüssen<br />
Pfarrer Jochen Kirsch<br />
Direktor Mission 21<br />
Nicholas Calvin Mwakatobe/Mission 21<br />
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digital! Zum Beispiel mit Newsletter zu verschiedenen<br />
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<strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong><br />
3
Fokus Kamerun<br />
zVg<br />
Kamerun:<br />
Gesundheit fördern,<br />
Zukunft schenken<br />
Seit zwei Jahren bildet die Partnerkirche von Mission 21 im Westen Kameruns<br />
Pflegefachpersonen aus und weiter. Diese wichtige Arbeit trägt Früchte: Die<br />
Gesundheitsversorgung hat sich nachweislich verbessert und junge Menschen<br />
erhalten durch die Ausbildung eine Perspektive für die Zukunft.<br />
Text: Mara Wirthlin, Mission 21<br />
4 <strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong>
Odilia ist heute Stationsleiterin<br />
an ihrem Spital und<br />
hat sich seit der Weiterbildung<br />
an der «Presbyterian<br />
Nursing School» auch<br />
persönlich weiterentwickelt.<br />
Mit raschen Schritten kommt Odilia nach<br />
Hause. Sie ist erschöpft, da sie den ganzen Tag<br />
im Augenspital gearbeitet hat. Aber sie ist auch<br />
dankbar und glücklich: Seit einiger Zeit hat sich<br />
das Leben der Krankenpflegerin zum Besseren<br />
verändert: Sie hat eine Weiterbildung an der<br />
Presbyterian Nursing School (PresNuS) absolviert,<br />
einer von Mission 21 unterstützten<br />
Krankenpflegeschule der Presbyterianischen<br />
Kirche in Kamerun.<br />
Schon lange hatte die Mutter von drei Kindern<br />
den Wunsch gehegt, sich fachlich weiterzubilden.<br />
Denn als Hebammenhelferin kam sie<br />
aufgrund des Personalmangels immer wieder<br />
in Situationen, denen sie eigentlich nicht gewachsen<br />
war. So musste sie Geburten begleiten,<br />
obwohl sie dafür keine Ausbildung hatte. Für<br />
sie selbst bedeutete das viel Druck, für Mutter<br />
und Kind eine grosse Gefahr. Zum Glück verliefen<br />
alle Geburten gut.<br />
Mehr Verantwortung, besseres Einkommen<br />
Als Odilia von der Weiterbildung an der Pres-<br />
NuS hörte, bewarb sie sich – und wurde ausgewählt.<br />
Sie liess sich in kindermedizinischer<br />
Grundversorgung weiterbilden. Im Juli 20<strong>23</strong><br />
hat sie als eine der Besten ihres Jahrgangs abgeschlossen.<br />
Dank ihres neuen Wissens konnte sie nach<br />
dem Abschluss eine leitende Funktion am Augenspital<br />
für Kinder und Jugendliche der Presbyterianischen<br />
Kirche in Limbe übernehmen<br />
– ein grosser Karrieresprung für die ehemalige<br />
Assistenzkraft. Sie fühlt sich heute fachlich<br />
kompetent und das höhere Einkommen ist<br />
eine grosse Entlastung für ihre fünfköpfige<br />
Familie. Denn die wirtschaftliche Lage in Kamerun<br />
ist prekär.<br />
Leben in Unsicherheit<br />
Noch immer befindet sich der Westen Kameruns<br />
im Ausnahmezustand: 2016 eskalierte der<br />
schon lange schwelende Konflikt zwischen der<br />
anglophonen Minderheit und der frankophonen<br />
Mehrheit des Landes. Die Zentralregierung<br />
reagierte mit Härte auf die Forderungen der<br />
anglophonen Minderheit nach mehr Gleichberechtigung<br />
und schlug Proteste brutal nieder.<br />
Gleichzeitig forderten Separatisten mit<br />
gewaltsamen Mitteln die Gründung des unabhängigen<br />
anglophonen Staats «Ambazonien».<br />
Der Konflikt forderte bereits mehrere Tausend<br />
Menschenleben und schlug Hunderttausende in<br />
die Flucht.<br />
Obwohl sich die Situation offiziellen Angaben<br />
zufolge gebessert hat und inzwischen<br />
fast die Hälfte der Vertriebenen in ihre Region<br />
zurückkehren konnte, hat sich die Lage<br />
noch lange nicht entspannt. Zudem stehen die<br />
Rückkehrenden oft vor dem Nichts, da ihr altes<br />
Leben zerstört wurde – zum Beispiel ihr Ackerland,<br />
ihre Häuser und Dörfer.<br />
Lumumba Mukong, Landeskoordinator von<br />
Mission 21 in Kamerun, berichtete im September<br />
20<strong>23</strong>: «Vor einem Monat hätte ich noch bestätigt,<br />
dass der Konflikt zurückgeht und wir<br />
bald mit weiteren positiven Veränderungen<br />
rechnen können.» Doch anfangs September<br />
verstärkten sich die Angriffe der Separatisten<br />
wieder, sie blockierten beispielsweise den<br />
Schulbesuch von Kindern während zwei Wochen.<br />
Mukong sagt: «Dies lässt mich befürchten,<br />
dass wir es bei diesem Konflikt mit einem<br />
schlafenden Vulkan zu tun haben, der jederzeit<br />
wieder ausbrechen kann.»<br />
Am Fuss des Vulkans geht das Leben weiter –<br />
und wird zunehmend zur Durchhalteprobe.<br />
<strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong><br />
5
Fokus Kamerun<br />
Tanja Giannone/Mission 21<br />
In der Gynäkologie-<br />
Abteilung des Spitals<br />
Manyemen konnte die<br />
Mütter- und Kindersterblichkeit<br />
durch das<br />
besser geschulte Personal<br />
gesenkt werden.<br />
Schon vor dem Bürgerkrieg war die Gesundheitsversorgung<br />
im englischsprachigen Westen<br />
Kameruns weitaus schlechter als im Rest<br />
des Landes. Seit Ausbruch des Konflikts hat<br />
sich die Lage verschärft. Wegen des Konflikts<br />
mussten einige Spitäler schliessen. Gleichzeitig<br />
sind viele gut ausgebildete medizinische Fachpersonen<br />
ins Ausland oder in grössere Städte<br />
geflohen. Die Mütter- und Kindersterblichkeit<br />
stieg an, die Ausbreitung von Infektionskrankheiten<br />
wie HIV und Malaria verschlimmerte<br />
sich und die eigentlich schon besiegt geglaubte<br />
Krankheit Lepra ist im Konfliktgebiet der anglophonen<br />
Regionen wieder aufgetreten.<br />
Dringend benötigte Fachkräfte ausbilden<br />
Die Presbyterian Church in Cameroon (PCC),<br />
Partnerkirche von Mission 21 in Kamerun,<br />
nimmt eine zentrale Rolle bei der Gesundheitsversorgung<br />
ländlicher Regionen ein. Doch<br />
der zunehmende Mangel an qualifizierten<br />
Fachpersonen erschwert diese Arbeit. Viele<br />
Pfleger*innen absolvieren nur ein kurzes,<br />
mehrwöchiges Training, bevor sie in den<br />
Beruf einsteigen.<br />
Die Partnerkirche von Mission 21 wollte deshalb<br />
schon lange eine eigene Krankenpflegeschule<br />
eröffnen. Dieses Vorhaben wurde nun<br />
endlich realisiert – unter anderem dank der<br />
Anschubfinanzierung durch Mission 21: Im<br />
Jahr 2021 konnte die Presbyterianische Krankenpflegeschule<br />
PresNuS eröffnen. Die Schwerpunkte<br />
der Schule liegen in den Bereichen Neugeborenen-<br />
und Kinderpflege, medizinische<br />
Bildgebung (zum Beispiel Ultraschall), Pharmakologie<br />
und allgemeine Krankenpflege.<br />
Mehr als 150 Fachpersonen konnten in den<br />
letzten eineinhalb Jahren bereits eine Weiterbildung<br />
an der PresNuS abschliessen. Dadurch hat<br />
sich die Gesundheitsversorgung in der Region<br />
bereits nachweislich verbessert. So sank etwa<br />
die Kinder- und Müttersterblichkeit im Spital<br />
Manyemen deutlich, was sich auf das besser<br />
qualifizierte Personal zurückführen lässt.<br />
Die neuen Fachpersonen haben alle Hände<br />
voll zu tun. Denn die PCC hat ihre Gesundheitsarbeit<br />
in den letzten Jahren stark ausgebaut: Sie<br />
gründete ein pädiatrisches Augenkrankenhaus<br />
in Limbe und startete neue Programme zur Bekämpfung<br />
von Infektionskrankheiten wie Malaria,<br />
HIV und Atemwegsinfektionen. Sie lancierte<br />
zudem ein Eilprojekt zur Bekämpfung<br />
von Lepra: Das Spital Manyemen sucht aktiv<br />
nach Betroffenen, da die Dunkelziffer wahr-<br />
6 <strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong>
scheinlich sehr hoch ist. Die Absolvent*innen<br />
der PresNuS machten diese wichtigen medizinischen<br />
Initiativen überhaupt erst möglich.<br />
zVg<br />
Hoffnung dank Ausbildungsmöglichkeiten<br />
Der Fachkräftenachschub bedeutet nicht nur<br />
für die vielen Patient*innen eine Verbesserung.<br />
Auch die Menschen, die an der PresNuS lernen<br />
dürfen, erhalten damit eine oft lange gesuchte<br />
Zukunftsperspektive. Nur wenige in der Region<br />
sind in der Lage, die vollen Schul- oder Ausbildungsgebühren<br />
zu bezahlen. An weiterführende<br />
Bildung ist für viele kaum zu denken.<br />
Hier möchte PresNuS einen Beitrag leisten:<br />
die Ausbildung als Pflegefachperson steht allen<br />
offen. Für diejenigen, die sich die Studiengebühr<br />
nicht leisten können, gibt es ein Stipendienprogramm.<br />
Der Wunsch zu helfen<br />
Bisher ist die Krankenpflegeschule ein voller<br />
Erfolg. Jährlich gibt es mehr Interessent*innen<br />
als Studienplätze. Die Kirche selbst kann einen<br />
Grossteil der Absolvent*innen in ihrem ausgebauten<br />
Gesundheitsprogramm beschäftigen.<br />
Lumumba Mukong, Landeskoordinator von<br />
Mission 21 in Kamerun, sagt: «Im Ausland oder<br />
in grösseren Städten Kameruns wäre es eigentlich<br />
sicherer und es gibt bessere Schulen für die<br />
Kinder.» Trotzdem fassen sich viele ein Herz<br />
und sind bereit, in gefährlicheren und armutsbetroffenen<br />
Regionen wie Manyemen zu bleiben<br />
und hier zu arbeiten –, «weil sie den Wunsch<br />
haben zu helfen.»<br />
Auch Odilia ist nach ihrer Weiterbildung geblieben.<br />
Neben der Ambulanz leitet Odilia das<br />
Programm für Gemeindeeinsätze des Augenspitals.<br />
Mit einer mobilen Klinik sind sie und ihre<br />
Mitarbeitenden dabei in ländlichen Gemeinden<br />
unterwegs, um auch denjenigen zu helfen, die<br />
von sich aus kein Spital besuchen würden. Diese<br />
Einsätze lohnen sich: «Wir erreichen deutlich<br />
mehr Patient*innen, viele kommen zur Nachkontrolle<br />
ins Spital!»<br />
Die Zufriedenheit, die Odilia aus ihren neuen<br />
beruflichen Aufgaben schöpft, strahlt auf ihr<br />
Privat- und Familienleben aus: «Meine drei Kinder<br />
und mein Mann sind stolz auf mich. Auch<br />
meine Freund*innen schätzen meine Entwicklung<br />
sehr und ich habe heute eine wichtigere<br />
Rolle in der Gemeinde inne.»<br />
Odilia kann den Kindern und Jugendlichen,<br />
die täglich in die Augenklinik kommen, durch<br />
das neu Gelernte besser helfen. Und am liebsten<br />
würde sie sich weiter spezialisieren. Sie sagt:<br />
«Mein grösster Wunsch ist es, noch mehr über<br />
Kinder- und Jugendgesundheit zu lernen!»<br />
Die Krankenpflegeschule PresNuS<br />
Die 2021 gegründete Krankenpflegeschule PresNuS hilft,<br />
die Qualität der Gesundheitsversorgung im Westen Kameruns<br />
langfristig zu verbessern. Um dies zu erreichen, werden<br />
neunmonatige Weiterbildungen in den Bereichen Neonatologie<br />
(Neugeborenenversorgung, Geburtshilfe), Pharmazie und<br />
Radiologie angeboten sowie eine dreijährige Diplomausbildung<br />
für Krankenpflegepersonen. Mission 21 leistet eine Anschubfinanzierung<br />
für PresNuS während fünf Jahren, danach geht<br />
das Projekt in die alleinige finanzielle Verantwortung der<br />
Presbyterian Church of Cameroon (PCC), Partnerkirche von<br />
Mission 21 in Kamerun, über.<br />
Hauptsächlich in den anglophonen Regionen Kameruns setzt<br />
sich Mission 21 gemeinsam mit ihrer Partnerkirche und<br />
weiteren Partner*innen neben der Gesundheitsförderung<br />
auch für humanitäre Hilfe, Bildung, Traumabewältigung und<br />
Einkommensförderung ein.<br />
Mehr unter: www.mission-21.org/kamerun<br />
<strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong><br />
7
Fokus Kamerun – persönlich<br />
«In kurzer Zeit hat die Schule schon<br />
sehr viel erreicht»<br />
Jessy Eben ist die Development Secretary der PCC, Partnerkirche<br />
von Mission 21. Sie führt das Projektmanagement<br />
für alle Projekte der Kirche, darunter auch das Projekt<br />
für die Presbyterian Nursing School, PresNuS. Im Interview<br />
berichtet sie von Erfolgen und Zukunftsaussichten.<br />
Samuel Rink/Mission 21<br />
Das Interview führte Christoph Rácz, Mission 21.<br />
Jessy Eben, aus welchem Grund war die<br />
neue Krankenpflegeschule nötig?<br />
Die Presbyterian Nursing School (PresNuS)<br />
in Limbe ist ein sehr wichtiges Projekt, um<br />
die Qualität der medizinischen Grundversorgung<br />
zu verbessern. Wir streben eine gleichberechtigte<br />
Verteilung von gut ausgebildetem<br />
Pflegepersonal an, insbesondere auch für<br />
ländliche Gebiete. Die meisten anderen Schulen<br />
bieten nur eine allgemeine Ausbildung für<br />
Krankenpfleger*innen an und in vielen ländlichen<br />
Gemeinden herrscht ein Mangel an spezialisierten<br />
Pflegefachleuten. Das betrifft zwar<br />
auch den französischsprachigen Teil von Kamerun,<br />
noch grösser ist das Problem aber im<br />
englischsprachigen Westen. Das hat auch mit<br />
dem bewaffneten Konflikt zu tun, der seit 2016<br />
herrscht und zu einem massiven Abbau des Gesundheitswesens<br />
führte.<br />
Die PresNuS hat zum Ziel, die Qualität der<br />
Pflege zu erhöhen. Wie hoch ist die Qualität<br />
der Schule selbst?<br />
Wir haben von Anfang an darauf geachtet, dass<br />
die Ausbildungsqualität hoch ist. Die PresNuS<br />
ist der staatlichen Universität von Buea angegliedert,<br />
die auch deren Mentoring-Universität<br />
ist und Qualitätskontrollen und Inspektionen<br />
durchführt. Wir bekommen immer ausgezeichnete<br />
Bewertungen, sie sind beeindruckt davon,<br />
was wir in kurzer Zeit erreichen konnten.<br />
Konnten Sie das Hauptziel, die Verbesserung<br />
der medizinischen Grundversorgung, erreichen?<br />
Oh ja. Das hat ganz direkt mit dem Konzept zu<br />
tun: Die Krankenpfleger*innen leisten schon<br />
während der Ausbildung Praktikumseinsätze<br />
in Spitälern oder in Gemeinden, identifizieren<br />
die dortigen Probleme, beraten und überweisen<br />
Fälle, die sie selbst nicht bewältigen können.<br />
Manche leisten auch Ausseneinsätze, gehen zu<br />
den Kranken nach Hause oder sogar zu Vertriebenen,<br />
die in improvisierten Lagern in den Wäldern<br />
leben. Alle Studierenden<br />
waren mindestens<br />
drei Mal im Einsatz in<br />
einer Gemeinde, in einem<br />
Praktikum oder Ausseneinsatz.<br />
So konnten wir in<br />
über 200 Gemeinden Wirkung<br />
erzielen.<br />
Welche konkreten Verbesserungen wurden<br />
erreicht?<br />
Ärzt*innen in den Spitälern stellen bemerkenswerte<br />
Verbesserungen fest bei der Qualität der<br />
Pflegefachleute. Einen besonders guten Ruf geniessen<br />
die Absolventinnen der Neonatologie-<br />
Kurse, die zu einer Reduktion der Kindersterblichkeit<br />
führten.<br />
Dank genauerer Diagnosen wurde klar, dass<br />
in der Region um Manyemen die Krankheit Lepra<br />
wieder zurück ist. Denn die besser ausgebildeten<br />
Pfleger*innen können den Unterschied<br />
zwischen einer gewöhnlichen Hautkrankheit<br />
und Lepra früher feststellen. Eine frühere Diagnose<br />
erhöht die Chancen auf Heilung und einen<br />
milderen Krankheitsverlauf.<br />
Wie sehen die Zukunftsaussichten der<br />
PresNuS aus?<br />
Es ist uns wichtig, die Qualität der Ausbildung<br />
hochzuhalten und auch die Wirtschaftlichkeit<br />
der Schule zu erhalten. Die PresNuS wird nämlich<br />
von Mission 21 mit einer Anschubfinanzierung<br />
unterstützt: Während fünf Jahren leistet<br />
Mission 21 Beiträge an unsere Schule, danach<br />
sollten wir die Finanzierungsquellen selber<br />
sicherstellen. Als Projektleiterin arbeite ich<br />
gemeinsam mit der Schulleitung bereits heute<br />
daraufhin.<br />
Es ist mir auch ein grosses persönliches Bedürfnis,<br />
dass diese Schule funktioniert. Denn<br />
ich wuchs selbst in einer Gemeinde auf, wo<br />
der Mangel in der Pflege und die Herausforderungen<br />
spürbar waren.<br />
Jessy Eben war im<br />
September zu Gast bei<br />
Mission 21 in Basel.<br />
8 <strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong>
Projekt aktuell<br />
Karin Praxmarer/Mission 21<br />
Indonesien<br />
«Interreligiöse Zusammenarbeit für Frieden und<br />
Gerechtigkeit in Indonesien»<br />
Indonesien ist das Land mit der weltweit grössten muslimischen Bevölkerung. Die Mehrheit<br />
praktiziert einen moderaten Islam, doch die Intoleranz gegenüber anderen religiösen Gruppen<br />
hat zugenommen, wie sich in den sozialen Medien, in Predigten, in Publikationen sowie im<br />
öffentlichen und politischen Diskurs zeigt. Auch kommt es immer wieder zu Gewalt gegen<br />
religiöse Minderheiten.<br />
Deshalb setzen sich Mission 21 und ihre Partner seit vielen Jahren und auf verschiedenen<br />
Ebenen für die interreligiöse Friedensförderung und gegen Fundamentalismus ein: Opfer von<br />
Gewalt erhalten Schutz und Unterstützung, Behörden werden für interreligiöse Anliegen<br />
sensibilisiert und durch den direkten Austausch zwischen unterschiedlichen Religionsgruppen<br />
fördern wir den Dialog und bauen effektiv Vorurteile ab.<br />
<strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong><br />
9
Projekt aktuell<br />
Den interreligiösen Dialog fördern<br />
In Westjava in Indonesien nehmen Intoleranz und Gewalt<br />
gegen religiöse Minderheiten zu. Darum setzen sich unsere<br />
Partner für mehr interreligiösen Dialog ein. So können<br />
Menschen verschiedener Glaubensrichtungen einander<br />
<strong>begegnen</strong> und das gegenseitige Vertrauen stärken.<br />
Text: Chiara Kohler, Mission 21<br />
und innerhalb von drei Jahren in Kraft treten<br />
wird. Denn die inhaltliche Ausgestaltung des<br />
neuen Strafgesetzes anerkennt die sogenannten<br />
«living laws» als Rechtsquellen, womit Gewohnheitsrechte<br />
und religiöse Rechte wie das<br />
islamische Scharia-Recht Eingang in das nationale<br />
Strafgesetz finden könnten. Die Sorge ist<br />
gross, dass dies die religiösen Spannungen im<br />
Land verstärken wird.<br />
Mission 21<br />
Haryono (ganz links)<br />
ist seit Jahren aktiv<br />
im Einsatz für interreligiösen<br />
Frieden.<br />
In Indonesien kommt es immer wieder zu Gewalt<br />
aufgrund von religiöser Zugehörigkeit.<br />
Denn im Land mit der weltweit grössten muslimischen<br />
Bevölkerung ist Religionsfreiheit zwar<br />
in der Verfassung verankert. Indonesier*innen<br />
müssen sich jedoch zu einer von sechs Religionen<br />
bekennen: Islam, Hinduismus, Buddhismus,<br />
Konfuzianismus, Protestantismus oder<br />
Katholizismus. In der Realität gibt es aber noch<br />
viele weitere religiöse Gruppierungen – und diese<br />
haben leider oft das Nachsehen.<br />
Die Intoleranz in der Bevölkerung hat zugenommen,<br />
religiöse Minderheiten werden verfolgt.<br />
Diese Entwicklung wird unter anderem<br />
geschürt durch radikale muslimische Organisationen<br />
und durch den Einfluss Saudi-Arabiens<br />
auf die muslimische Geistlichkeit Indonesiens.<br />
Verschärfend dürfte nun auch das neue, konservativere<br />
Strafgesetz wirken, das Ende 2022 vom<br />
indonesischen Parlament angenommen wurde<br />
Förderung des interreligiösen Dialogs<br />
Unsere Partnerorganisationen sind vor allem in<br />
der Provinz Westjava tätig, wo sich das religionsübergreifende<br />
Zusammenleben besonders<br />
schwierig gestaltet und von Radikalisierung<br />
geprägt ist. Mit Unterstützung von Mission 21<br />
erhalten von Gewalt Betroffene hier Zugang<br />
zu psychosozialer und juristischer Unterstützung.<br />
Gleichzeitig ist auch der Einsatz für eine<br />
bessere Verständigung zwischen den Religionsgruppen<br />
sehr wichtig ebenso wie die Sensibilisierung<br />
der Behörden für Menschen- und<br />
Bürgerrechte.<br />
Der Evangelische Kirchenbund in Indonesien<br />
(PGI), eine langjährige Partnerorganisation von<br />
Mission 21, ist für den interreligiösen Dialog im<br />
Land zentral. Denn als repräsentative Instanz<br />
der protestantischen Christ*innen in Indonesien<br />
– der Kirchenbund ist Dachorganisation<br />
von über 80 Kirchen – hat der PGI eine wichtige<br />
beratende Rolle für die indonesische Regierung.<br />
Er ist zudem intensiv tätig für interreligiöse<br />
Verständigung und führt zum Beispiel das Seminar<br />
der Religionen durch, das den Austausch<br />
zwischen Angehörigen verschiedener Religionsgemeinschaften<br />
fördert. Im Rahmen dieses<br />
Seminars werden indigene Wiwitan-Gläubige<br />
in West-Java von Anhänger*innen anderer Religionen<br />
besucht.<br />
Eine bereichernde Erfahrung<br />
Desy Putri Patnasari gehörte 2022 zu den Teilnehmenden<br />
des Seminars der Religionen. Im<br />
Rahmen des Projekts lebte die Muslimin für<br />
eine gewisse Zeit bei sundanesischen Wiwitan-<br />
Gläubigen. Diese Erfahrung war für Patnasari<br />
sehr bereichernd, denn obwohl sie selbst Sundanesin<br />
ist, hatte sie davor keine Berührungspunkte<br />
mit der Glaubensgemeinschaft Sunda<br />
Wiwitan. Die Offenheit, mit der sie diese Erfahrung<br />
angetreten ist, wurde auch ihr entgegengebracht:<br />
die Umgebung war stets einladend,<br />
sie konnte immer ohne Probleme beten und<br />
verbindet ihre Zeit bei den Wiwitan-Gläubigen<br />
mit einem friedlichen, glücklichen Gefühl.<br />
10 <strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong>
Patnasari betont, wie wichtig es ist, dass<br />
Menschen nicht nur theoretisch in interreligiösem<br />
Zusammenleben geschult werden, sondern<br />
dass die Erfahrungen auch gelebt und<br />
weitergegeben werden. Die Praxis ist genauso<br />
bedeutend wie die Ausbildung, findet Patnasari,<br />
was sie durch ihre eigene Teilnahme an<br />
katholischen Messen oder buddhistischen<br />
Grundkursen demonstriert. «Ich hoffe, dass<br />
Indonesien nicht nur ein Land ist, in dem von<br />
Toleranz die Rede ist, sondern ein Land, in dem<br />
Toleranz aktiv gelebt wird», antwortet sie auf<br />
die Frage, was sie sich für ihr Land wünscht.<br />
Kein Frieden ohne Gerechtigkeit<br />
Die Bemühungen für mehr interreligiösen Dialog<br />
in Indonesien werden immer wichtiger,<br />
gerade unter Berücksichtigung des neuen<br />
Strafgesetzes, das die religiöse Freiheit noch<br />
mehr einzuschränken droht. Alissa Wahid,<br />
Co-Leiterin der grössten muslimischen Nichtregierungsorganisation<br />
Nahdlatul Ulama und<br />
Mitbegründerin des Gusdurian-Netzwerks<br />
für eine gerechte Gesellschaft, betont die Bedeutung<br />
von grundlegenden Werten wie Menschenrechten<br />
und Demokratie für einen erfolgreichen<br />
interreligiösen Dialog. Denn Wahid ist<br />
überzeugt: «Ohne Gerechtigkeit kann es keinen<br />
Frieden geben.»<br />
Katrin Pilling/Mission 21<br />
Wir brauchen Ihre Unterstützung<br />
«Kooperationsprogramm Asien» Nr. 225.1001<br />
Spenden: IBAN: CH58 0900 0000 4072 6<strong>23</strong>3 2<br />
oder online: www.mission-21.org/spenden<br />
Die gute Nachricht<br />
Supriatno ist Koordinator<br />
von Mission 21<br />
für die interreligiöse<br />
Friedensförderung in<br />
Indonesien (rechts).<br />
Zwei Sängerinnen werden<br />
ins Meer gestürzt<br />
«Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen<br />
Stein auf sie.» (Aus dem Johannes-Evangelium)<br />
Es ist eine wahre Geschichte: Zwei Frauen wurden<br />
angegriffen, weil sie während des muslimischen heiligen<br />
Monats Ramadan in einer Karaoke-Bar gearbeitet<br />
hatten. Eine Gruppe von Männern zerrte sie an<br />
den Strand und zog ihnen die Kleider aus. Die Frauen<br />
weinten vor Schmerz und baten um Entschuldigung.<br />
Doch die Männer stiessen sie ins Meer.<br />
Welches Elend durch übermässigen religiösen Fanatismus<br />
verursacht wird! Die Männer fühlten sich aus<br />
moralischen und religiösen Gründen dazu berechtigt,<br />
den heiligen Monat zu schützen Das Karaoke-Singen<br />
während des Ramadan, der eigentlich ein unterhaltungsfreier<br />
Monat sein sollte, wurde von den Männern<br />
als erotisch bezeichnet. Infolgedessen wurden die<br />
beiden Frauen Opfer von sexueller, körperlicher und<br />
emotionaler Gewalt.<br />
Die beiden Frauen wurden zu Sängerinnen, um ihre<br />
persönlichen und familiären Finanzen aufzubessern.<br />
Jeden Tag werden sie durch das gesellschaftliche<br />
Stigma als «schlechte Frauen» wahrgenommen und<br />
doch machen sie ihre Arbeit weiter. Sie singen, um die<br />
Gäste im Ramadan-Monat zu unterhalten, denn sie<br />
brauchen das Geld. Sie können es sich nicht leisten,<br />
einen Monat lang auf ihr Einkommen zu verzichten.<br />
Ist diese Geschichte ein Einzelfall oder spiegelt sie die<br />
Sichtweise der Mehrheit der indonesischen Bevölkerung<br />
wider? Um es klar zu sagen: Falls die Geschichte<br />
die indonesische Sichtweise widerspiegelt, dann war<br />
dies erst der Anfang und andere Fälle mit ähnlichen<br />
Motiven könnten an einem anderen Tag oder Ort auftreten.<br />
Marginalisierte und schutzbedürftige Frauen<br />
werden auch weiterhin mit Feindseligkeit behandelt<br />
werden – und genau das ist unsere gesellschaftliche<br />
Herausforderung.<br />
Wir erinnern uns: Eines Tages wurde Jesus mit einer<br />
Frau konfrontiert, die des Ehebruchs beschuldigt<br />
worden war. Die Pharisäer baten ihn, auf Grundlage<br />
ihres Gesetzes die Steinigung solcher Frauen durchzusetzen.<br />
Aber Jesus sagte: «Wer unter euch ohne<br />
Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.» Die<br />
Worte Jesu fördern auf subtile Weise das religiöse Bewusstsein<br />
über die menschliche Natur. Jesus bricht<br />
die Arroganz derer, die sich für rein halten.<br />
Denn es ist die Essenz eines friedlichen Lebens,<br />
dass die Würde des Menschen geschützt und gelebt<br />
wird. | MW<br />
<strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong><br />
11
Lebenswelten<br />
Fünf Fragen, drei Stimmen<br />
aus drei Kontinenten<br />
Wie sieht das Leben der Menschen anderswo aus?<br />
In dieser Ausgabe berichten Menschen aus drei Kontinenten,<br />
wie sie Weihnachten und Neujahr feiern.<br />
zVg<br />
«Es gibt eine ganze Festwoche mit<br />
Konzerten und Strassenumzügen.»<br />
Rosa Andrew, 45, lebt in Mubi, Adamawa State, Nigeria,<br />
Direktorin einer von Mission 21 unterstützten Theologischen<br />
Schule.<br />
Wie feierst du Weihnachten?<br />
Normalerweise gibt es bei uns eine ganze Festwoche mit einer Reihe<br />
von Aktivitäten in der Kirche und in der Gemeinde – zum Beispiel Konzerte,<br />
Feste im Freien und Strassenumzüge der Gemeinde.<br />
Was bedeutet die Zeit rund um Weihnachten für dich persönlich?<br />
An Weihnachten feiern wir die Geburt Jesus. Es ist eine Zeit der Zusammenkunft<br />
mit Verwandten und Freund*innen, die wir eine Zeit lang<br />
nicht gesehen haben. Ich habe auch muslimische Nachbar*innen, die in<br />
der Weihnachtszeit von mir Essen, Snacks und kleine Geschenke erhalten.<br />
Manchmal predige ich während des Morgengottesdienstes in der<br />
Kirche.<br />
Wie feierst du das neue Jahr oder den Jahreswechsel?<br />
Ich koche verschiedene Speisen für die Menschen, die zu den Feierlichkeiten<br />
in mein Haus kommen. Und ich bereite das spirituelle Leben<br />
meiner beiden Kinder vor: Ich versuche, ihnen vor dem Jahreswechsel<br />
zu vermitteln, dass sie ihre Beziehung zu Gott im neuen Jahr verbessern<br />
sollen.<br />
Hast du Wünsche, Hoffnungen oder Vorsätze für das neue Jahr?<br />
Ich selbst wünsche mir ein langes Leben und Wohlstand. Ausserdem<br />
wünsche ich mir, mehr für das Reich Gottes zu tun und in allem, was ich<br />
tun werde, treu zu sein. Und ich bete für mehr Frieden in meinem Land<br />
und auf der ganzen Welt.<br />
Wie ist das Wetter in der Weihnachtszeit zuhause normalerweise?<br />
Es ist unterschiedlich, aber meistens sehr trocken. Manchmal ist es für<br />
hiesige Verhältnisse richtig kühl.<br />
12 <strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong>
Klasina Ramandey, 65-jährig, wohnhaft in Waropen, Papua,<br />
stellvertretende Dekanin der GKI-TP.<br />
zVg<br />
Wie feierst du Weihnachten?<br />
Meine Familie kommt zusammen, wir kochen gemeinsam, bereiten das<br />
Haus für das Weihnachtsfest vor und beten zusammen.<br />
Was bedeutet die Zeit rund um Weihnachten für dich persönlich?<br />
Ich bereite mich selbst darauf vor, Jesus Christus in meinem Herzen<br />
willkommen zu heissen. Ich lehre auch meine Kinder, sich entsprechend<br />
vorzubereiten, denn wenn sie Christus empfangen, werden sie ihr Verhalten<br />
im kommenden Jahr nach dem Besten ausrichten. Meine Kinder<br />
leben an anderen Orten, an diesem Tag kommen wir alle zusammen.<br />
Wie feierst du das neue Jahr oder den Jahreswechsel?<br />
Einerseits gibt es einen Gottesdienst, andererseits feiert jede Familie auch bei sich<br />
zu Hause und isst gemeinsam.<br />
Hast du Wünsche, Hoffnungen oder Vorsätze für das neue Jahr?<br />
Ich stelle mich in den Dienst Gottes und hoffe, dass dadurch die Menschen um mich<br />
herum positive Veränderung erfahren. Mein Lebensprinzip ist der Psalm <strong>23</strong>, 1-6: Der<br />
Herr ist mein Hirte (…).<br />
«Es regnet viel –<br />
das hält mich aber<br />
nicht davon ab,<br />
Weihnachten zu<br />
feiern!»<br />
Wie ist das Wetter in der Weihnachtszeit zuhause normalerweise?<br />
Im Dezember ist bei uns Regensaison, es ist warm, aber es regnet viel. Das hält mich<br />
natürlich nicht davon ab, Weihnachten zu feiern.<br />
zVg<br />
Renzo Fabrizzio Diaz Camacho, 28 Jahre alt, wohnhaft<br />
in Lima, Peru, Dozent für Pädagogik.<br />
Wie feierst du Weihnachten?<br />
Ich feiere mit meiner Familie und engagiere mich für Menschen, die<br />
unter Ausgrenzung leiden.<br />
Was bedeutet die Zeit rund um Weihnachten für dich persönlich?<br />
Wir erinnern uns an die Geburt Christi, des Befreiers, um uns dazu zu<br />
inspirieren, die Mission des Reiches Gottes zu leben. Ich besuche in<br />
dieser Zeit Menschen, esse mit der Familie zu Abend und es ist eine Zeit<br />
der Familienfeste.<br />
«Ich wünsche mir,<br />
dass es in unserer<br />
Gesellschaft weniger<br />
Machismo, Diskriminierung<br />
und<br />
Gleichgültigkeit<br />
gegenüber<br />
der Umwelt gibt!»<br />
Wie feierst du das neue Jahr oder den Jahreswechsel?<br />
Das neue Jahr bedeutet einen neuen Anfang, um unsere persönlichen<br />
und gemeinschaftlichen Projekte zu verwirklichen. Ich feiere mit der<br />
Familie und besonderen Menschen, mit denen ich mir eine bessere<br />
Zukunft wünsche.<br />
Hast du Wünsche, Hoffnungen oder Vorsätze für das neue Jahr?<br />
Ja, ich habe viele Wünsche, um meine beruflichen und familiären Ziele zu<br />
erreichen. Ausserdem möchte ich, dass Machismo, Diskriminierung und<br />
Gleichgültigkeit gegenüber der Umwelt in unserer Gesellschaft ausgerottet<br />
werden, denn diese Probleme fügen uns grossen Schaden zu.<br />
Wie ist das Wetter in der Weihnachtszeit zuhause normalerweise?<br />
In Peru herrschen im Dezember je nach Region unterschiedliche Klimabedingungen.<br />
Aber in Lima, wo ich wohne, sind die Temperaturen<br />
zur Weihnachtszeit sehr angenehm und erreichen einen Höchstwert<br />
von etwa 25 °C. Das Wetter ist weniger feucht als in der übrigen Zeit<br />
des Jahres.<br />
<strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong><br />
13
Kurz gesagt<br />
Peru: Die Trockenheit hält an<br />
Nach der Dürre im Jahr 2022 war auch das Jahr<br />
20<strong>23</strong> in Peru bisher extrem trocken. Das zeigt sich<br />
zum Beispiel am Titicacasee, dem grössten See der<br />
Anden. Zwei Millionen Menschen sind von seiner<br />
Wasserversorgung abhängig. Und diese Menschen<br />
sind nun massiv bedroht: Der Wasserspiegel des Titicacasees<br />
ist bereits 48cm gesunken und nur noch<br />
14cm von seinem historischen Minimum entfernt<br />
(Stand September 20<strong>23</strong>). Der lateinamerikanische<br />
Winter war dieses Jahr so heiss wie noch nie. Und<br />
auch der Ausblick ist besorgniserregend: Das globale<br />
Wetterphänomen «El Niño» macht sich aktuell in<br />
seinen Anfängen in der Region bemerkbar und wird<br />
bis Juni 2024 anhalten. Erfahrungen und Prognosen<br />
legen nahe, dass es während «El Niño» in der Region<br />
kaum oder gar nicht regnen wird.<br />
Umso wichtiger ist es, dass die Partnerorganisationen<br />
von Mission 21 mit ihren Projekten in der Region<br />
aufzeigen, wie zentral der Schutz des Wassers<br />
ist und dass die Nutzung des wertvollen Nass so geregelt<br />
wird, dass bei Wasserknappheit eine gerechte<br />
Verteilung erfolgt. In den kommenden Jahren wird<br />
Mission 21 in Lateinamerika verstärkt zum Thema<br />
Wassergewinnung arbeiten.<br />
Hier können Sie einen<br />
Film aus Peru zum Thema<br />
Trockenheit anschauen.<br />
Post aus dem Vatikan<br />
Ein aussergewöhnliches Schreiben traf Mitte Juli<br />
bei Jochen Kirsch ein. Absender: Das Staatssekretariat<br />
des Vatikans. Auf Englisch wird dem Direktor<br />
von Mission 21 Anerkennung für die Tätigkeit des<br />
Werks ausgesprochen.<br />
Mit Bezug auf die Arbeit von Mission 21 «zur Förderung<br />
von Frieden und Versöhnung, zur Verbesserung<br />
von Bildung und Gesundheit und zur Überwindung<br />
der Armut» lässt Papst Franziskus mitteilen:<br />
«Sie sollen wissen, dass die Arbeit von Mission 21<br />
zum Aufbau einer gerechteren und geschwisterlichen<br />
Welt geschätzt wird und dass Seine Heiligkeit<br />
Sie und Ihre Mitarbeitenden in seinen Gebeten<br />
nicht vergessen wird.»<br />
Unterschrieben ist der Brief von Monsignore Roberto<br />
Campisi, einem der leitenden Verantwortlichen<br />
im Staatssekretariat des Vatikans, dem wichtigsten<br />
Amt für Aussenbeziehungen.<br />
«Dieser Brief freut mich ausserordentlich!» sagt<br />
Jochen Kirsch. «Er ist eine Bestätigung unserer Arbeit,<br />
bei der wir ökumenisch, interreligiös und über<br />
kulturelle Grenzen hinweg daran arbeiten, dass<br />
Menschen friedlich zusammenleben können.»<br />
Mission 21<br />
Hebammenschule<br />
im Südsudan:<br />
Bessere Infrastruktur, mehr<br />
Ausbildungsplätze<br />
Im Mai 20<strong>23</strong> wurde das neue Schulgebäude in<br />
der südsudanesischen Hauptstadt Juba mit einem<br />
Festakt eröffnet. Seither konnte die Schule ihren<br />
Unterricht wie geplant fortsetzen: Über 60 Studentinnen<br />
starteten im September ihr zweites Semester<br />
am neuen Ort.<br />
Es ist ein Meilenstein für die von Mission 21 unterstützte<br />
Hebammenschule. Im Bürgerkrieg wurde<br />
das Gebäude der Schule zerstört. «Zeitweise<br />
musste die Hebammenschule unter Bäumen und<br />
später im Flüchtlingslager in Kenia unterrichten»,<br />
sagt Guliba Florence Hakim, Landeskoordinatorin<br />
Südsudan von Mission 21. Der Bürgerkrieg dauerte<br />
von 2013-2018, ganz vorbei ist er allerdings nur<br />
auf dem Papier: Noch immer gibt es bewaffnete<br />
Konflikte.<br />
Trotzdem hat für die Hebammenschule die Zeit im<br />
Exil endlich ein Ende: «Das neue Gebäude bietet<br />
genügend Unterrichtsräume und ist für die Schülerinnen<br />
leichter zu erreichen», freut sich Hakim.<br />
Neben einer besseren Infrastruktur für den Unterricht<br />
bietet das dreistöckige Haus Platz für 15 zusätzliche<br />
Studentinnen jährlich.<br />
Die Fachkräfte werden im Südsudan dringend benötigt.<br />
In kaum einem anderen Land sterben so viele<br />
Kinder wie im Südsudan. Rund jedes zehnte Kind<br />
stirbt vor dem fünften Lebensjahr. Hinzu kommt<br />
eine der höchsten Sterblichkeitsraten von Müttern<br />
bei der Geburt. Dabei würden sich Todesfälle in den<br />
meisten Fällen mit pränataler Versorgung und Betreuung<br />
nach der Geburt vermeiden lassen.<br />
Mit der neuen Infrastruktur leistet die Hebammenschule<br />
in Juba einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung<br />
der Situation. Dank Spenden unterstützt<br />
Mission 21 die Schule zuverlässig und langfristig.<br />
zVg<br />
Eröffnung der<br />
neuen Hebammenschule<br />
im<br />
Südsudan.<br />
14 <strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong>
Internationale Lerngemeinschaft<br />
Traumabewältigung als Teil<br />
der interreligiösen Friedensförderung<br />
Religion spielt eine wichtige Rolle in der Entwicklungszusammenarbeit. Gerade bei<br />
gewalttätigen Konflikten können Kirchen und glaubensbasierte Organisationen<br />
betroffenen Menschen beistehen, insbesondere in der Bearbeitung von Traumata.<br />
Text: Christoph Rácz, Mission 21<br />
Psychologin Alissa Wahid<br />
Ausblick 2024<br />
Seit 2016 hat der Konflikt zwischen Armee<br />
und separatistischen Gruppen im Westen Kameruns<br />
Tausende Tote verursacht und etwa<br />
eine Million Menschen in die Flucht getrieben.<br />
Menschen, die Gewalt erfuhren, finden Hilfe<br />
bei Fachleuten in Traumazentren, die durch<br />
Mission 21 vor Ort organisiert wurden. In Workshops<br />
und Einzelsitzungen können sie über ihre<br />
Erlebnisse sprechen und erfahren Unterstützung.<br />
Mission 21 ist seit langem in der Region<br />
präsent und geniesst Vertrauen in der Bevölkerung.<br />
Über die Traumazentren hat im August<br />
20<strong>23</strong> der TV-Sender Voice of America (Africa)<br />
einen eindrücklichen Bericht ausgestrahlt.<br />
Bericht von Voice of America:<br />
https://m-21.org/voiceofamerica<br />
Vertrauen zu bilden ist in interreligiösen Konflikten<br />
noch schwieriger. Im Nordosten Nigerias<br />
terrorisiert die islamistische Miliz Boko Haram<br />
seit 15 Jahren die christliche und muslimische<br />
Bevölkerung. Die Gewalt zerstört auch das Vertrauen<br />
zwischen den Religionsgruppen. Mit<br />
interreligiösen Angeboten bauen unsere Partner<br />
Brücken: Die Kirche EYN sowie die muslimisch-christlichen<br />
Organisationen LCGI und<br />
PTC bieten psychosoziale Begleitung für Opfer<br />
von Konflikten. Sie unterstützen Vertriebene<br />
aus allen Religionsgruppen mit Berufsausbildungen<br />
und werben mit interreligiösen Aktionen<br />
für eine friedliche Gesellschaft.<br />
Mission 21 führt auch 2024 den internationalen Austausch<br />
zum Thema weiter: Das «Internationale Forum für<br />
interreligiöse und transkulturelle Friedensförderung» findet<br />
am 19. und 20. September 2024 online statt.<br />
Keyvisual des Forums für Friedensförderung<br />
Weil es gerade für die interreligiöse Friedensförderung<br />
wichtig ist, über Kontinente und<br />
Kulturen hinweg Erfahrungen auszutauschen,<br />
organisierte Mission 21 vom 17.–18. August 20<strong>23</strong><br />
ein internationales Online-Forum zum Thema<br />
und fokussierte auf die Rolle des Glaubens für<br />
die Bearbeitung von Traumata.<br />
Die beiden Hauptreferentinnen brachten<br />
spannende Inputs aus Indonesien ein. Dort garantiert<br />
zwar die Verfassung die Freiheit, einer<br />
von sechs definierten Religionen anzugehören.<br />
Doch radikale islamische Gruppen stellen sich<br />
gegen die Religionsfreiheit. Es kommt zu Übergriffen,<br />
Gewalt und Diskriminierung (siehe<br />
auch: Unser Projekt, S. 8–10 in diesem Heft).<br />
Eröffnungsrednerin war die Psychologin<br />
Alissa Wahid, die als Tochter des früheren Präsidenten<br />
Abdurrahman Wahid dessen Einsatz für<br />
Menschenrechte und Demokratie mit dem einflussreichen<br />
«Gusdurian Network» weiterführt.<br />
Sie sprach über das Potenzial von Glauben und<br />
Religion, um Frieden und Versöhnung zu fördern<br />
und die Bewältigung von Traumata zu ermöglichen.<br />
Im zweiten Hauptreferat zeigte die Theologieprofessorin<br />
Septemmy Lakawa Möglichkeiten<br />
auf, künstlerische Ausdrucksweisen, etwa Tanz,<br />
zur Bearbeitung von Traumata und gegen interreligiöse<br />
Konflikte einzusetzen.<br />
Eindrückliche Workshops mit Fachleuten aus<br />
Lateinamerika, Afrika und Asien brachten Einblicke<br />
in die Praxis und führten zu angeregten<br />
Fragerunden. Dieses erste internationale Forum<br />
stiess auf starke Resonanz: Teilnehmende aus<br />
über 45 Ländern schalteten sich zu. Mission 21<br />
wird die interreligiös und transkulturell arbeitenden<br />
Partner weiterhin unterstützen und den<br />
Austausch über diese wichtige Arbeit fördern.<br />
<strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong><br />
15
Persönlich<br />
«Diese Momente werden wir in<br />
unserem Herzen bewahren»<br />
Nach vielen Jahren in Lateinamerika ist die Familie Dollinger zurück in der Schweiz. In Costa Rica<br />
haben sie für Mission 21 an einer theologischen Universität gelehrt, zu Theologie und Entwicklung<br />
geforscht, sowie das Lateinamerika-Programm von Mission 21 koordiniert. In ihrem letzten Rundbrief<br />
blicken sie auf lehrreiche Erfahrungen, berufliche Durchbrüche und innige Freundschaften zurück.<br />
Originaltext von Simone Dollinger und Angel Román, gekürzt von der Redaktion.<br />
Simone Dollinger/zVg<br />
https://m-21.org/<br />
rundbriefcostarica<br />
Abschied nehmen von den gewachsenen Freundschaften.<br />
Dies ist ein besonderer Rundbrief: er markiert<br />
Abschied, Neuanfang und Kontinuität. Abschied,<br />
weil wir Anfang Juli von unserem Leben<br />
in Costa Rica Abschied genommen haben. Neuanfang,<br />
weil wir nun nach gut neun Jahren in<br />
Bolivien und Costa Rica wieder in der Schweiz<br />
wohnen und unsere Tochter Alma das erste Mal<br />
in der Schweiz zur Schule geht.<br />
Kontinuität, weil wir weiterhin mit unserer<br />
Arbeit und unserem Einsatz mit Mission 21 in<br />
Lateinamerika verbunden bleiben: Angel unterrichtet<br />
dank virtuellem Bildungsmodell weiterhin<br />
an der Universidad Bíblica Latinoamericana<br />
(UBL) und Simone übernimmt eine neue<br />
Verantwortung im Lateinamerika-Programm<br />
von Mission 21 von Basel aus.<br />
Rückblick<br />
Ende Januar 2018 sind wir nach Costa Rica<br />
ausgereist und konnten einen Blitzstart hinlegen:<br />
Unsere Tochter Alma ist sofort zur Schule<br />
gegangen, in der ersten Woche waren wir bereits<br />
im Büro an der UBL anzutreffen und nach<br />
zwei Wochen hatten wir schon eine Wohnung.<br />
Schnell war die UBL für uns nicht nur ein Arbeitsort,<br />
sondern auch wie eine Familie. Studierende<br />
kamen zu uns nach Hause und auch<br />
die engsten Mitarbeitenden. Leider setzte die<br />
Corona-Pandemie dieser Dynamik ein jähes<br />
Ende. Das war wohl die schwerste Zeit für uns.<br />
Zwei Jahre lebten wir sehr zurückgezogen.<br />
Die letzte Phase unseres Einsatzes ab 2022 war<br />
vom Alltag her fast wie vor der Pandemie, Alma<br />
ging wieder zur Schule.<br />
Das erste Halbjahr 20<strong>23</strong> war an der UBL<br />
geprägt durch das 100-Jahre-Jubiläum. Angel<br />
unterrichtete den Einführungskurs zu kontextueller<br />
lateinamerikanischer Theologie. Dieser<br />
war über die letzten fünf Jahre sein Lieblingskurs,<br />
weil die Studierenden immer sehr engagiert<br />
diskutierten und versuchten, das theoretische<br />
Wissen mit ihrem kirchlichen und<br />
sozialen Engagement zu verbinden.<br />
Abschied<br />
Und dann rückte der Abschied immer näher.<br />
Alle hatten eine etwas andere Strategie, um mit<br />
diesem Übergang umzugehen: Angel wollte<br />
am liebsten schon alles hinter sich haben und<br />
war in Gedanken bereits in der Schweiz. Alma<br />
war hin- und hergerissen: Manchmal sagte sie:<br />
«Wann gehen wir endlich?», und dann wieder:<br />
«Ich werde meine Freundinnen vermissen!»<br />
Und Simone war ganz im Hier und Jetzt beschäftigt<br />
und fragte sich ständig, ob alles bis<br />
zum Abflug geschafft sein würde: Haushalt<br />
auflösen, Masterarbeit im Bereich Organisationskultur<br />
in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
fertig schreiben, Luftfracht vorbereiten,<br />
Momente für den Abschied finden.<br />
Dann haben wir auch von den Menschen<br />
Abschied genommen, von Mitarbeitenden,<br />
Freund*innen und Kirchgemeindemitgliedern.<br />
Besonders berührt haben uns die Verabschiedung<br />
an der UBL und ein Ausflug mit den<br />
engsten Mitarbeitenden.<br />
Alle diese Momente werden wir in unserem<br />
Herzen bewahren.<br />
Für die Unterstützung in den letzten Jahren<br />
durch Spenden, Briefe, Päckchen, Besuche und<br />
An-Uns-Denken möchten wir uns ganz herzlich<br />
bedanken. Getragen gefühlt haben wir uns auch<br />
immer durch das internationale Netzwerk von<br />
Mission 21. Die persönlichen Gespräche und die<br />
Entwicklung und Umsetzung von Projektideen<br />
haben unserem Einsatz Sinn und Nachhaltigkeit<br />
gegeben.<br />
16 <strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong>
Engagiert<br />
In Freundschaft verbunden<br />
Die Kirchgemeinde Heiliggeist in der Stadt Bern ist seit vielen Jahren eng mit<br />
Mission 21 und vor allem mit Kamerun verbunden. Am diesjährigen Bettag wurde<br />
über alle Grenzen hinweg ein Gottesdienst in der Katholischen Pfarrei Dreifaltigkeit<br />
mit Gästen aus Kamerun und Pfarrer Andreas Nufer der Heiliggeistkirche gefeiert.<br />
Text: Jacqueline Brunner, Mission 21<br />
zVg<br />
Esther Mukong, Angelika<br />
Weber, Lumumba Mukong<br />
und Pfarrer Andreas Nufer<br />
anlässlich des diesjährigen<br />
Bettags-Gottesdienstes<br />
(v. l.).<br />
Das Verbindende suchen und ein Fest zusammen<br />
feiern, das hat für die Kirchgemeinde Heiliggeist<br />
Tradition. Unser Kamerun-Koordinator<br />
Lumumba Mukong und seine Frau Esther Mukong<br />
waren für einen ökumenischen Bettags-<br />
Gottesdienst von der Heiliggeistkirche eingeladen<br />
worden. Nachdem Lumumba Mukong über<br />
die schwierige Lage in Kamerun berichtet hatte,<br />
antwortete er auch auf Fragen von Pfarrer<br />
Nufer. Damit schlug er eine Brücke zur Berner<br />
Veranstaltungsreihe «175 Jahre Bundesverfassung<br />
– was braucht es, um Demokratie und<br />
Frieden in Zukunft zu ermöglichen?» – und<br />
dazu, was diese Themen in Kamerun bedeuten.<br />
Langjährige Partnerschaft und Freunde<br />
fürs Leben<br />
Lumumba und Esther Mukong haben in Bern<br />
langjährige Freundschaften geschlossen, die<br />
sie zusammen mit der Programmverantwortlichen<br />
für Kamerun von Mission 21, Angelika<br />
Weber, seit vielen Jahren pflegen. Die Mitglieder<br />
der Kommission für Ökumene, Mission<br />
und Entwicklungszusammenarbeit (OeME)<br />
treffen sich regelmässig für einen Austausch,<br />
und wenn das Ehepaar Mukong in der Schweiz<br />
weilt, ist immer auch ein Besuch in der Kirchgemeinde<br />
Bern Heiliggeist eingeplant.<br />
So können Sie unsere Projekte unterstützen<br />
Kirchgemeinden und Privatpersonen engagieren sich das ganze Jahr<br />
mit Spenden. Sammelaktionen und Partnerschaften für die Projekte von<br />
Mission 21 weltweit. Für diese Unterstützung bedanken wir uns herzlich!<br />
Besondere Sammelzeiten sind jeweils<br />
- An Ostern, während der ökumenischen Kampagne des HEKS, bei der<br />
Sie auch Projekte von Mission 21 unterstützen können. Wichtig ist,<br />
dass die Beiträge direkt an Mission 21 überwiesen werden.<br />
- Während der Kampagne von Mission 21 vom 8. September bis zum<br />
ersten Advent.<br />
Spenden: IBAN CH58 0900 0000 4072 6<strong>23</strong>3 2<br />
Oder online: www.mission-21.org/spenden<br />
Am Basar im November wurde das Handwerk<br />
geehrt und die Frauen in Kamerun unterstützt<br />
Jedes Jahr findet auch der traditionelle Basar<br />
mit Essen aus aller Welt, Marktständen, Fotoausstellung,<br />
Kinderangeboten, Buchantiquariat<br />
und vielem mehr statt – ein bunter Ort des Beisammenseins.<br />
Mit dem Basar unterstützt die<br />
Heiliggeistkirche Projekte der Partnergemeinde,<br />
welche sich im Konfliktgebiet im Westen<br />
Kameruns befindet. Die Kirchen versuchen,<br />
zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln.<br />
Der Erlös des Basars ging an die Frauen in<br />
der Gemeinde, die viele Menschen vor Ort unterstützen.<br />
Mission 21 hilft bei dieser direkten<br />
Partnerschaft und dankt der Kirchgemeinde<br />
von Herzen für die langjährige und treue Verbundenheit<br />
mit den Menschen in Kamerun!<br />
<strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong><br />
17
Ein Bild, eine Geschichte<br />
Foto aus dem Archiv der Basler Mission,<br />
BMA FC-02.2, 1825, Nr. 5<br />
Das neu erbaute Missionshaus in Schuscha. Zeichnung in einem Bericht von 1826.<br />
Archivalien als Quelle<br />
für kollektive Identität<br />
Die russische Kaukasusregion war das erste Missionsgebiet der<br />
Basler Mission. Kürzlich wurden die gesamten Armenienakten<br />
digitalisiert. Denn die Dokumente geben wichtige historische<br />
und kulturelle Einblicke, insbesondere für die lokale Bevölkerung.<br />
Text: Andrea Rhyn, Mission 21<br />
Friends of the Archives<br />
Das erste Missionsgebiet der Basler Mission ist<br />
wenig bekannt. Es war kein Gebiet in Übersee,<br />
sondern die russische Kaukasusregion. Der<br />
Einsatz war von kurzer Dauer. Das Ziel war es,<br />
«Heiden» und «Muhammedaner» zum Christentum<br />
zu bekehren. Dafür hatte der russische<br />
Zar der Basler Mission 1821 die Bewilligung<br />
erteilt. In der Stadt Schuscha, wo vorwiegend<br />
armenische Christen lebten, wurde eine Missionsstation<br />
gegründet. Die Missionare bauten<br />
Schulen, eine Druckerei und predigten auf öffentlichen<br />
Plätzen. Und sie beschäftigten sich<br />
vorwiegend mit der armenischen Bevölkerung,<br />
deren Christentum sie als ungefestigt erachteten.<br />
Auf Druck der armenischen Geistlichkeit<br />
hin, der dies verständlicherweise missfiel, entzog<br />
der russische Zar den Basler Missionaren<br />
1835 seine Gunst. Sie mussten das Gebiet verlassen.<br />
Das war das Ende des ersten Missionsgebiets<br />
der Basler Mission.<br />
Man könnte nun sagen, das sind Geschichten<br />
aus längst vergangenen Zeiten und heute ohne<br />
Belang. Doch die Dokumente tragen bis heute<br />
Das historische Forschungsarchiv von Mission 21 dokumentiert mehr<br />
als 200 Jahre Missions- und Weltgeschichte. Menschen aus der ganzen<br />
Welt nutzen jedes Jahr unsere Bestände für ihre vielfältigen<br />
Forschungsfragen. Helfen Sie mit Ihrem Förderbeitrag, das<br />
Kulturgut dieses einzigartigen Archivs für die Nachwelt zu<br />
bewahren.<br />
https://www.mission-21.org/forschungsarchiv<br />
zur kollektiven Identität einer Gemeinschaft<br />
oder einer Region bei.<br />
Der folgende Ausschnitt aus dem Bericht<br />
eines Basler Missionars im Forschungsarchiv<br />
von Mission 21 beschreibt die bevorstehende<br />
Belagerung der Stadt Schuscha (heute in Aserbaidschan)<br />
durch die persische Armee im Russisch-Persischen<br />
Krieg 1826-1828:<br />
So erwarteten wir nun jeden Tag und jede Nacht<br />
die Persische Armee vor unsern Toren, … Ihr Anrücken<br />
verzog sich aber doch noch einige Tage,<br />
während welcher die Stadt, die auf drei Seiten<br />
durch hohe steile Felsenwände, und auf der<br />
vierten durch eine nach orientalischer Weise<br />
gebauten Mauer, fest ist, so gut als möglich in<br />
Verteidigungsstand gesetzt (wurde), … die Armenier<br />
der Stadt sich bewaffneten, … und die<br />
nahe um die Stadt her wohnenden Armenier<br />
sich mit ihren Familien, einiger Habe und Lebensmitteln<br />
in die Festung flüchteten, so dass<br />
von solchen Geflüchteten jedes Haus angefüllt<br />
wurde, und dennoch manche ohne Obdach blieben.<br />
Auch wir räumten eine Stube und den Stall<br />
ein, in die wir sieben Familien solcher Flüchtlinge<br />
aufnahmen.<br />
Dieser Text gibt wichtige Einblicke in eine<br />
historische Begebenheit. Viele weitere Dokumente<br />
der Basler Mission aus dem Kaukasus<br />
erzählen von geschichtlichen Ereignissen und<br />
der damaligen Kultur.<br />
Ein armenischer Forschender ist deshalb an<br />
Mission 21 herangetreten, um den Bestand für<br />
die armenische Forschung und somit für das<br />
armenische Volk besser zugänglich zu machen.<br />
Er vermittelte uns den Kontakt zur «Calouste<br />
Gulbenkian Stiftung zur Förderung und Erhaltung<br />
der armenischen Sprache und Kultur»<br />
in Portugal. Das Archiv von Mission 21 ist der<br />
genannten Stiftung zu grossem Dank verpflichtet,<br />
dass sie das Projekt «Digitalisierung der<br />
Armenienakten der Basler Mission» finanziell<br />
ermöglicht hat.<br />
Dies ist ein Beispiel dafür, dass die Dokumente<br />
in unserem Forschungsarchiv bis heute<br />
Relevanz haben – für die internationale Forschung,<br />
aber auch für das historische Gedächtnis<br />
und somit die Identität einer Region oder<br />
einer Sprachgemeinschaft.<br />
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Agenda<br />
Bitte informieren Sie sich vor Ihrem Veranstaltungsbesuch<br />
auf unserer Website: www.mission-21.org/agenda<br />
Weltreise mit Musik und Poesie<br />
Mission 21 lädt ein zu einer musikalisch-poetischen Entdeckungsreise. Die Musikerinnen<br />
Rebecca Hagmann (Cello) und Priska Stampfli (Akkordeon) lassen sich inspirieren von Melodien<br />
aus den Partnerländern von Mission 21. Dazu wird Poesie gelesen aus verschiedenen Kulturen.<br />
Text: Alexandra Flury-Schölch, Mission 21<br />
Foto aus dem Archiv der Basler Mission, C-30.51.013<br />
Ein Foto aus dem Archiv im Missionshaus<br />
Basel zeigt «Missionar Digel auf Predigtreise»<br />
in Indien. Mit einer Handorgel? Lehrte er der<br />
indischen Bevölkerung Schweizer Volksmusik?<br />
Teilte er, was ihn prägte, damit sie ihn besser<br />
kennenlernen und verstehen? Versuchte er, Melodien,<br />
die er in Indien kennenlernte, auf seinem<br />
vertrauten Instrument nachzuspielen?<br />
Wenn dieses Foto um 1900 sprechen und<br />
klingen könnte! Was wir jedenfalls beantworten<br />
können, ist, wie wir heute Kunst und Kultur<br />
aus einem anderen Kontext <strong>begegnen</strong>.<br />
Zwei Musikerinnen aus der Schweiz spielen<br />
Melodien aus Asien, Afrika und Lateinamerika<br />
auf ihren typisch europäischen Instrumenten.<br />
Was löst das aus? Und was geschieht, wenn<br />
eine Schweizerin zum Beispiel Gedichte aus<br />
Indonesien via das Englische ins Deutsche<br />
übersetzt?<br />
Die aktuelle Debatte um kulturelle Aneignung<br />
macht deutlich, dass wir zum Glück<br />
achtsamer geworden sind gegenüber den Folgen<br />
der Kolonialzeit, in der Angehörige einer<br />
herrschenden Kultur einseitig ihre Kunst exportierten<br />
oder sich schöpferische Errungenschaften<br />
kolonisierter Kulturen zu eigen machten<br />
– und machen.<br />
Die musikalisch-poetische Weltreise «World<br />
Arts» ist der Versuch, etwas zum Abbau dieses<br />
Machtgefälles beizutragen. Sie lädt ein, über<br />
die Kunst andere Lebenswelten mit Achtsamkeit<br />
zu entdecken.<br />
«World Arts»<br />
Sonntag, 3.12., 17.00-18.00 Uhr, Raum der Stille,<br />
Missionsstrasse 21, Basel<br />
Anmeldung: www.mission-21.org/agenda<br />
2. Januar 2024, 19.00-20.00 Uhr, Reformierte<br />
Kirche Untervaz (im Rahmen des Gottesdiensts)<br />
Die musikalisch-poetische Weltreise «World Arts»<br />
lädt ein, über die Kunst andere Lebenswelten achtsam<br />
zu entdecken und sich die weltweiten Einflüsse<br />
unserer globalen Verbindungen bewusst zu machen.<br />
Übrigens: Sie können World Arts buchen<br />
Anfragen an:<br />
alexandra.flury-schoelch@mission-21.org<br />
oder monika.dipietrantonio@mission-21.org,<br />
061 260 22 67<br />
Entdeckungen im Kulturgüterraum<br />
Sonntag, 3.12., 15.00-16.15 Uhr, Missionsstrasse 21, Basel<br />
Auf einer Zeitreise ins historische Forschungsarchiv erhalten Sie Einblick<br />
in die Geschichte der Basler Mission und ihre Verflechtungen mit der Globalund<br />
Kolonialgeschichte. Unkostenbeitrag CHF 20.–<br />
Anmeldung: www.mission-21.org/agenda<br />
Mission und Kolonialismus in Basel: Stadtführung<br />
Samstag, <strong>23</strong>. März 2024, 16:00-17:30, Missionsstrasse 21, Basel<br />
Verschiedene Orte in Basel erinnern an die besondere Missionsgeschichte<br />
der Stadt und ihre internationale Verflechtung mit dem Kolonialismus. Die<br />
Führung macht die Kolonialgeschichte der Stadt sichtbar und ihre Berührungspunkte<br />
mit der Basler Mission. Welche Verwicklungen der Vergangenheit<br />
wirken bis heute weiter?<br />
Anmeldung: www.mission-21.org/agenda<br />
<strong>begegnen</strong> 4 | 20<strong>23</strong><br />
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Mission 21<br />
Stiften Zukunftsperspektiven<br />
Sie Frieden!<br />
schenken<br />
Mission 21 setzt sich für die Menschen abseits der Schlagzeilen<br />
ein. In 20 Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika engagieren<br />
wir uns in den Bereichen Friedensförderung, Bildung, Gesundheit,<br />
Ernährungssouveränität und Einkommensförderung.<br />
Unterstützen Sie uns dabei?<br />
Es gibt mehrere Wege, die Tätigkeit von Mission 21 und ihren Partnerkirchen zu unterstützen:<br />
Beispielsweise durch eine Spende bei einem Geburtstag oder einer Hochzeit, mit einem Legat<br />
oder einer Erbschaft. So können Sie langfristig Gutes bewirken.<br />
Spendenkonto:<br />
IBAN: CH58 0900 0000 4072 6<strong>23</strong>3 2.<br />
Wir beraten Sie gerne. Bei Fragen zu Legaten und Nachlassplanung wenden Sie<br />
sich bitte an Stefanie Meier, Tel 061 260 22 28, stefanie.meier@mission-21.org.<br />
Mission 21, Missionsstrasse 21,<br />
CH-4009 Basel<br />
www.mission-21.org