Magazin EWA´S PLACE Oktober-Ausgabe

Fotos und Story: ©Frank Altmann / United Images
KABINETTSTÜCKE
„Der tiefere Grund dieser Einverleibung von Motiven liegt sicher in der Sehnsucht nach
Einklang und Einswerdung mit dem Wahrgenommenen,
und zwar auf eine überraschende, unplanmäßige Art.“
So beschreibt der Maler und Fotograf
Stephan Kaluza aus Düsseldorf seine
Werke, die ich Ende April bei einer Vernissage
in Berlin, in der Galerie Mond
- Fine Arts - Frieda Vogel, kennenlernen
durfte. Die Galeristin Frieda Vogel
hatte mich exklusiv für die Pressefotos
gebucht. Das hieß, es waren keine Kollegen
vor Ort, mit denen ich um das
beste Foto rangeln musste. Vielmehr
konnte ich in aller Ruhe die zahlreich
anwesenden Promis fotografieren und
gleichzeitig die Werke des Künstlers
bewundern.
Dabei handelte es sich um Naturmotive,
die auf riesigen Leinwänden ausgestellt
waren. Dichte, grüne Pflanzenwelten
zum Beispiel oder glasklare Wasseroberflächen.
„Schön fotografiert“,
dachte ich. Allerdings konnte ich den
Unterschied zu einem herkömmlichen
Urlaubsfoto nicht wirklich erkennen.
Wenn man ein gut geschossenes Foto
oder einen Ausschnitt davon auf eine
große Leinwand zieht, dann sieht das
eben so aus. Ich fragte mich, worin
der hohe künstlerische Wert bestehen
mochte, der so viele Leute anzog.
Auftritt Christian Lindner
„Das sind keine Fotos. Das sind Gemälde.“,
klärte mich der Finanzminister der
Bundesrepublik Deutschland auf. Und
dann sah ich es auch, als ich an eines
der Bilder so nah heranging, das meine
Nasenspitze fast die Leinwand berührte.
Aber Moment mal: Christian Lindner?
Mit dem hatte ich doch noch ein Hühnchen
zu rupfen – oder besser gesagt:
ein Ohr zu zupfen! Und wieso war der
überhaupt hier?
Der Reihe nach: Christian Lindner, ein
großer Fan von Stephan Kaluza, war
direkt aus Brüssel mit Staatskarosse und
Blaulicht zur Vernissage angereist, um
die Eröffnungsrede zu halten. Lindner
stammt wie ich aus Wuppertal und verfolgt,
wie er mir erzählte, die Karriere
des Künstlers seit langem. Mir wiederum
fiel, als ich Lindner sah, eine Story
ein, die ich kurz zuvor auf dem Bundespresseball
erlebt hatte. Dort war mir
nämlich sein Parteikollege Wolfgang
Kubicki in ausgelassener Stimmung vor
die Linse gelaufen. Diese Gelegenheit
hatte ich genutzt, um ihm meinen Unmut
über die aktuelle Arbeit der FDP
mitzuteilen, und ihm dafür die Ohren
lang zu ziehen (siehe Beweisfoto).
Als ich auf der Vernissage nun Christian
Lindner entdeckte, ging ich zu ihm,
zeigte ihm das Foto von Kubicki und
mir und sagte: „Beim Bundespresseball
sind Sie nicht aufgetaucht, also muss ich
Ihnen jetzt und hier die Ohren lang ziehen!“
Lindner lachte sich kaputt über die
Geschichte und bestand darauf, dass wir
das Kubicki-Motiv exakt nachstellen –
mit Weinglas und allem drum und dran.
Über den Politiker Lindner kann man
denken, was man will, aber privat ist er
ein sehr entspannter und lustiger Typ.
Fotos und Story: ©Frank Altmann / United Images
Szenenapplaus
Bei all dem Promi- und Politklatsch
soll jedoch die Kunst hier nicht zu
kurz kommen. Da ich nun wusste, dass
die Bilder nicht fotografiert, sondern
gemalt waren, sah ich sie mit völlig
anderen Augen – und war zutiefst beeindruckt.
Die Detailtreue und Ausdruckskraft
der Motive war absolut
atemberaubend und es wunderte mich
überhaupt nicht, dass sich Kaluzas Werke
glänzend verkauften.
Tatsächlich, so erfuhr ich an dem
Abend, hatte die Ausstellung eigentlich
schon im letzten Jahr stattfinden sollen.
Der Termin musste aber abgesagt werden,
weil sämtliche Bilder von Stephan
Kaluza noch vor der Vernissage verkauft
worden waren. Das nenne ich mal ein
gelungenes Kabinettstück!
Text: Annette Spitzmesser
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