Immozeit 03.23 I KOMPLIZIERT
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NEW WORK<br />
einen Betrieb vielleicht kurzfristig betriebswirtschaftlich Sinn,<br />
wenn er Mitbewerbern über das Angebot einer Viertagewoche<br />
Mitarbeiter abwerben kann. Wenn aber alle sie einführen, führt<br />
das zum volkswirtschaftlichen Desaster. Das ist ein typischer<br />
Kernkonflikt zwischen Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft.<br />
Welche Lösungen schlagen Sie vor, um das Miteinander<br />
von Babyboomern und den Generationen Z und Y zu<br />
erleichtern?<br />
Die einfachste Lösung ist das Gespräch. Die Babyboomer<br />
müssen verstehen, wie die Generationen Z und Y ticken und<br />
weshalb. Sie sind ein Spiegelbild unserer Sozialisation. Die<br />
effektivste Form des Generationenmanagements ist es, das<br />
gegenseitige Verständnis zu wecken. Zum Beispiel bei einem<br />
Workshop, zu dem externer Input hinzugezogen wird, etwa<br />
durch Podcasts und Videos zum Thema als Intro. Im Mittelpunkt<br />
sollte die Frage stehen: Wo haben wir welche Konflikte<br />
erlebt und welche Lösungen können wir gemeinsam erarbeiten?<br />
Wichtig ist dabei natürlich die Zusammensetzung der Teilnehmer<br />
– eine Mischung aus Jung und Alt.<br />
Kommt es innerhalb des Betriebs zu einem Konflikt der Generationen,<br />
dann sind erfahrene Führungskräfte gefragt, die über<br />
sehr viel Wissen verfügen und moderierend in den Konflikt<br />
eingreifen und beiden Seiten die Augen öffnen können.<br />
Welche Rolle spielt in diesem Konflikt die Generation X,<br />
also die 39- bis 53-Jährigen?<br />
Die Jahrgänge 1970 bis 1985 sind mit einem Bein Babyboomer<br />
und mit dem anderen Bein bereits in der Welt der<br />
Generation Y angekommen. Sie sind die sogenannte Übergangsgeneration.<br />
Sie befinden sich zudem in der Rushhour<br />
des Lebens, stehen voll im Job, machen noch Karriere, haben<br />
oft Kinder und müssen gleichzeitig nach ihren Eltern sehen.<br />
Da sie das größte Verständnis für alle Generationen aufbringen,<br />
sind sie am besten als Führungskräfte geeignet. Allerdings<br />
müssen ihre Vorgesetzten angesichts der vielfältigen Aufgaben,<br />
privat sowie beruflich, besonders darauf achten, dass sich bei<br />
ihnen kein Burn-out einstellt.<br />
Wo sehen Sie als Branchenfremde die Herausforderungen<br />
der New Work im Immobilienbereich?<br />
Wir müssen im Immobilienbereich in den Paradigmenwechsel.<br />
Der Trend zu Remote Work wird bleiben und geht<br />
nicht mit dem Modell der Mikroapartments konform. Was die<br />
Immobilienbranche unter dem Motto New Work heute anbietet,<br />
ist nicht selten vor der Pandemie entworfen worden.<br />
Aber Young Professionals haben keine Lust, sich in 25 Quadratmeter<br />
kleinen Mikroapartments aufzuhalten. Sie brauchen einen<br />
Arbeitsplatz zu Hause, der denjenigen Arbeitsschutzverordnungen<br />
entspricht, die gerade für Heimarbeitsplätze entwickelt<br />
werden. Mit Coworking-Spaces allein ist nicht gedient. Das sieht<br />
man auch daran, dass es bei mehr und mehr jüngeren Menschen<br />
derzeit eine Tendenz in Richtung ländlicher Raum gibt. Darüber<br />
hinaus existiert bereits ein Umkehrtrend in Richtung kleinstädtische<br />
Zentren mit 20.000 bis 100.000 Einwohner.<br />
Dabei möchten die Immobilienentwickler dem Verwaisen<br />
der Großstädte durch Mikroapartments mit Coworking-<br />
Spaces und weiteren Sozialräumen entgegenwirken.<br />
Es gibt zwei Blöcke von jungen Menschen, die einen werden<br />
zunehmend ländliche Gegenden bevorzugen, die anderen sind<br />
eher urban verortet. Aber auch sie brauchen jetzt definitiv mehr<br />
Platz. Immobilienentwickler sollten daher kreativer bei der<br />
Vergrößerung der Wohnflächen sein, beispielsweise durch Aufstockungen<br />
von Gebäuden. Grundsätzlich spricht nichts gegen<br />
einen Coworking-Space in einem Apartmenthaus, aber eher als<br />
Add-on zum abgeschlossenen Arbeitsbereich in der eigenen<br />
Wohnung.<br />
Vielen Dank, Frau Rump, dass Sie sich für uns Zeit genommen<br />
haben.<br />
Foto: Alexander Sell<br />
ZUR PERSON<br />
Jutta Rump ist Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit<br />
Schwerpunkt Internationales Personalmanagement und Organisationsentwicklung<br />
an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen<br />
und Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability<br />
in Ludwigshafen (IBE) – eine wissenschaftliche Einrichtung der Hochschule<br />
für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen und Forschungsschwerpunkt<br />
des Landes Rheinland-Pfalz. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Trends in<br />
der Arbeitswelt (unter anderem Digitalisierung, Demografie, Diversität,<br />
gesellschaftlicher Wertewandel, technologische Trends, ökonomische<br />
Entwicklungen) und die Konsequenzen für Personalmanagement und Organisationsentwicklung<br />
sowie Führung. In zahlreichen Unternehmen und<br />
Institutionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist Jutta Rump<br />
als Prozessbegleiterin tätig.<br />
www.ibe-ludwigshafen.de<br />
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