27.11.2023 Aufrufe

LebensArt-Leseprobe Winter 2023

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Besonders gerne<br />

spielt Stephanie<br />

Wunsch die Stücke<br />

von Marcel Tournier,<br />

die speziell für die<br />

Harfe komponiert<br />

wurden.<br />

Überzeugungskraft. Und so zogen schließlich<br />

in der Familie alle an einem Strang, allen voran<br />

ihre Tante.<br />

„Ich fand den Klang<br />

der Harfe einfach<br />

wunderschön.“<br />

Die Harfe, zunächst eine kleine, wurde gekauft,<br />

nach langem Suchen sogar eine Lehrerin<br />

gefunden. Doch schon tat sich die nächste<br />

Klippe auf: Damals durften Kinder erst ab<br />

acht Jahren mit dem Harfenspiel beginnen.<br />

Nach einem Jahr auf der Warteliste war auch<br />

das geschafft – heute ist aus der Sehnsucht des<br />

kleinen Mädchens ein Beruf geworden. Stephanie<br />

Wunsch gibt nach ihrem Studium an<br />

der Musikhochschule Karlsruhe klassische<br />

Konzerte und unterrichtet Harfe an Musikschulen<br />

– und ist nach wie vor glücklich mit<br />

ihrer Entscheidung. Im Orchesterbetrieb ist<br />

die Harfe eher selten zu hören. „Da verschwindet<br />

der Klang oft hinter den anderen<br />

Instrumenten“, weiß Wunsch, die auch von<br />

Theatern für einzelne Konzerte engagiert<br />

wird, weil viele Häuser keine eigenen Harfenistinnen<br />

im Orchester haben. Umso schöner<br />

findet sie dann das Klangerlebnis Harfe in Solopartien.<br />

Seit einiger Zeit arbeitet sie dabei konzertant<br />

mit einer Querflötistin zusammen: „Das ergänzt<br />

sich so schön – zwei Klangteppiche, die<br />

wunderbar harmonieren.“ Für die Zuhörer ist<br />

es allemal ein Erlebnis. Diese musikalische<br />

Kombination ist nicht alltäglich und dafür<br />

umso reizvoller. Dass sie dabei auch mal ganz<br />

neue Töne in das sonst meist klassische Konzerterlebnis<br />

bringen kann, darüber freut sich<br />

Wunsch und findet es spannend: „Man kann<br />

die Harfe ja nicht nur weich und warm mit<br />

den Fingerkuppen spielen und in der Mitte<br />

anzupfen, wo sie die schönsten Töne hat.<br />

Oder den Klang zum Beispiel für Barockmusik<br />

durch den Handeinsatz ganz unten am<br />

Schallbrett variieren. Es gibt auch viele neue<br />

Spieltechniken.“<br />

len in Bruchsal und Heidelberg. „Mehr schaffe<br />

ich nicht, man kommt sonst gar nicht mehr<br />

zum Üben“, sagt sie. Ein wenig Zeit fürs Malen<br />

mit Acrylfarben und fürs Nähen für die<br />

vierjährige Tochter soll bleiben. Die möchte<br />

schließlich die Mama viel um sich haben.<br />

Harfe spielt der Nachwuchs noch nicht –<br />

auch wenn die Altersbegrenzung heute nicht<br />

mehr existiert. Dafür hat sie an den Schulen<br />

kleine Musikenthusiasten, die meist die kleine<br />

Harfe nutzen: „Sie hat weniger Saiten, ist mit<br />

ihren zehn bis 14 Kilo gut zu transportieren<br />

und eignet sich für Kinderhände.“ Wer mehr<br />

will, kann dann zur großen Konzertharfe<br />

wechseln, muss dazu aber tiefer in die Tasche<br />

greifen. Während man die kleine Harfe für<br />

etwa 3000 Euro haben kann, geht es bei der<br />

großen erst ab 18.000 Euro los. „Es gibt gute<br />

gebrauchte Instrumente“, rät Wunsch.<br />

Stephanie Wunschs musikalische Vorliebe ist<br />

zum großen Teil klassisch ausgerichtet. Allerdings<br />

sind die auf reines Harfenspiel konzentrierten<br />

Kompositionen eher dünn gesät.<br />

„Bach zum Beispiel hat für Harfe eigentlich<br />

gar nichts komponiert. Aber ich liebe es, seine<br />

Lautensuiten zu hören – das klingt so wunderschön,<br />

man hält es fast für eine Harfe.“ Im<br />

Gegensatz dazu sind die Stücke von Marcel<br />

Tournier, selbst Harfenist, Kompositionen<br />

speziell für dieses Instrument. Stephanie<br />

Wunsch ist fasziniert: „Das spielt sich ganz<br />

anders, reizt alle klanglichen Möglichkeiten<br />

aus. Es sind meine absoluten Lieblingsstücke.“<br />

„Wir kommen<br />

immer als Erste und<br />

gehen als Letzte.“<br />

Hat sie es je bereut, die Harfe zum Beruf gemacht<br />

zu haben? „Nein“, sagt Stephanie<br />

Wunsch. „Auch wenn kaum jemand verstanden<br />

hat, warum ich schüchterne Person ausgerechnet<br />

einen Bühnenberuf ergriffen habe."<br />

Sie hat noch ein paar Hinweise auf den Bühnenalltag<br />

parat: „Harfenisten kommen immer<br />

als Erste und gehen als Letzte“. Und dann<br />

lacht sie: „Eine Harfenistin stimmt immer, die<br />

Harfe nie.“<br />

Gabriele Meyer<br />

Wärme tanken und<br />

Urlaubsfeeling genießen<br />

DIE BONGOS SCHLAGEN<br />

Sie zählt gleich einige Möglichkeiten auf, das<br />

Instrument einmal auf ganz andere Art in Szene<br />

zu setzen: auf den Resonanzkörper klopfen<br />

zum Beispiel oder die Saiten mit Nägeln zupfen.<br />

Und manchmal, verrät sie, „habe ich bei<br />

modernen Stücken eine Hand an der Harfe,<br />

mit der anderen schlage ich die Bongos“.<br />

Nicht alles ist übrigens neu, auch die Harfenistinnen<br />

früherer Zeiten – es gibt so gut wie<br />

keine männlichen Spieler – haben sich an Variationen<br />

ausprobiert.<br />

Und dann ist da noch das Unterrichten, das<br />

sie sehr mag. Von Karlsruhe aus, wo sie mit<br />

Mann und Kind wohnt, fährt sie zu ihren<br />

Schülerinnen und Schüler an den Musikschu-<br />

<strong>Winter</strong><br />

im Paradies<br />

Jetzt Tickets buchen<br />

6<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!