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LebensArt-Leseprobe Winter 2023

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<strong>Winter</strong> <strong>2023</strong>/24<br />

Verkaufspreis 3,90 Euro<br />

49<br />

49<br />

4 192452 103906<br />

SCHÖNE<br />

WINTER<br />

WELT<br />

Traumhafte<br />

Klänge<br />

Harfenmusik von<br />

Stephanie Wunsch<br />

Köstliche<br />

Maultaschen<br />

Herrgottsbscheisserle<br />

neu interpretiert<br />

Im Schnee<br />

unterwegs<br />

Langlaufen und Wandern<br />

im Schwarzwald


Anzeige<br />

<strong>Winter</strong>liche<br />

Wanderungen<br />

Entschleunigen und den hektischen Alltag hinter sich lassen:<br />

Bei winterlichen Wanderungen rund um Tauberbischofsheim<br />

gelingt das hervorragend. Die reizvolle Landschaft lädt zu<br />

individuellen oder geführten Touren ein – freuen Sie sich auf<br />

eine aktive Auszeit.<br />

Wir lieben die kalte Luft und die klare<br />

Sicht. Ausgestattet mit warmer Jacke, Mütze,<br />

Schal und Handschuhen geht es in die<br />

Natur zu Wanderungen und Spaziergängen<br />

über verschneite Wege, vorbei an gezuckerten<br />

Wiesen und Wäldern, romantischen<br />

Plätzen und hinauf auf die Höhen, die<br />

immer wieder tolle Ausblicke auf Tauberbischofsheim<br />

und die reizvolle Landschaft<br />

bieten. Es gibt viele Touren, um den <strong>Winter</strong><br />

in und um Tauberbischofsheim zu erleben.<br />

Und was liegt näher, als nach einer ausgiebigen<br />

Wanderung in einer Sauna zu entspannen,<br />

für ein wohliges Körpergefühl zu sorgen<br />

und den herrlichen Wandertag Revue<br />

passieren zu lassen?<br />

Der Spessartverein Wanderfreunde Tauberbischofsheim<br />

e. V. lädt am 6. Januar 2024<br />

zur „Dreikönigswanderung“ ein, die von<br />

Wanderführern begleitet wird. Nach einer<br />

Strecke von sieben Kilometern ist eine Einkehr<br />

geplant. Die Teilnahme an der Wanderung<br />

ist kostenfrei, lediglich persönliche<br />

Ausgaben und Kosten für Zugfahrten müssen<br />

übernommen werden.<br />

Zum weiteren Angebot des Spessartvereins<br />

zählen außerdem die Mittwochswanderungen,<br />

die ganzjährig in die nähere Umgebung<br />

führen. Zu den Kurzstrecken von vier bis<br />

sechs Kilometer Länge sind Gäste stets herzlich<br />

willkommen.<br />

Erlebnisreich: Eine <strong>Winter</strong>wanderung auf<br />

dem Biodiversitätslehrpfad.<br />

Wandern als persönliches Erlebnis, zur Erkundung<br />

der Biodiversität, das findet man<br />

im Naturschutzgebiet Brachenleite. Die<br />

geologische und geomorphologische Situation<br />

in Verbindung mit den klimatischen Verhältnissen<br />

im Taubertal sorgen für eine ganz<br />

außergewöhnliche, unvergleichbare Fauna<br />

und Flora mit besonderen winterlichen Impressionen.<br />

Ein Spaziergang über das Naturschutzgebiet<br />

Brachenleite auf dem ausgewiesenen<br />

Schmetterlingsweg oder Teilstück<br />

Jakobsweg Main-Taubertal ist ein Kennenlernen<br />

der heimischen Artenvielfalt.<br />

Auch die Erkundung des Arboretums sowie<br />

des Biodiversitätslehrpfads garantieren<br />

eine erlebnisreiche und winterliche Wandertour.<br />

Der Rundwanderweg umfasst eine<br />

öffentlich zugängliche Sammlung von frei<br />

wachsenden, einheimischen und exotischen<br />

Holzgewächsen am Stammberg. Das Arboretum<br />

auf rund 5.000 m2 mit mindestens<br />

31 beschilderten Baumarten und der sich<br />

anschließende Biodiversitätslehrpfad, der<br />

14 Stationen umfasst, stellen für Flora und<br />

Fauna ein ideales Gelände dar.<br />

Inhalt<br />

Liebe zu einem besonderen Klang<br />

Stephanie Wunsch spielt Harfe ................4<br />

Schwäbisch: eine Herzensangelegenheit<br />

Manfred Mergel predigt im Dialekt .........8<br />

Der Eislauf<br />

„Der See ist zugefroren ...“ .....................12<br />

44<br />

WINTERFREUDEN: UNTERWEGS<br />

AUF LANGLAUFSKI UND<br />

SCHNEESCHUHEN<br />

28<br />

ECHT UND EMOTIONAL:<br />

SÄNGER MARC MARSHALL<br />

Editorial<br />

Fröhlich hereinspaziert in den <strong>Winter</strong>!<br />

Der muss nicht kalt und grau sein,<br />

er hat so viele wunderschöne Seiten.<br />

Draußen legt sich Raureif glitzernd<br />

auf Bäume und Sträucher. Drinnen<br />

empfängt das Haus mit seiner warmen<br />

Gemütlichkeit, auf dem Tisch dampft<br />

eine Tasse Tee, die weiche Decke liegt<br />

zum Kuscheln bereit. <strong>Winter</strong>langeweile?<br />

Aber nicht doch. Es gibt so viele<br />

Bücher, die man schon immer lesen<br />

wollte: Neuerscheinungen, vielleicht<br />

holt man auch Altes aus dem Regal und<br />

entdeckt es neu. Überhaupt, Kultur<br />

erleben, das kann man gut im <strong>Winter</strong> –<br />

Theater, Konzerte, Museen laden dazu<br />

ein, inzwischen oft auch digital.<br />

Wir haben in unserer <strong>Winter</strong>ausgabe<br />

Menschen gefunden, die dazu anregen,<br />

auch die kalte Jahreszeit kreativ zu<br />

nutzen. Sie lieben Maultaschen? Dann<br />

kochen Sie doch mal nach, was Volker<br />

Klenk vorschlägt. Oder Sie begeben<br />

sich mit Silke Schneider-Windt in ihre<br />

Werkstatt auf dem Bauernhof und<br />

lassen sich von der Atmosphäre dort<br />

in ihren Bann ziehen. Sie können den<br />

Harfenklängen von Stephanie Wunsch<br />

und der dunklen Stimme von Marc<br />

Marshall und seinen berührenden<br />

Liedern lauschen.<br />

Es gibt so vieles zu entdecken und zu<br />

erleben, wenn im <strong>Winter</strong> mehr Ruhe<br />

herrscht und alles ein wenig stiller ist.<br />

Einen wunderschönen <strong>Winter</strong> wünscht<br />

Ihnen Ihre<br />

Malerisch: Kurmainzisches Schloss mit Türmersturm in Tauberbischofsheim.<br />

Tourist Information<br />

Tauberbischofsheim<br />

Marktplatz 8<br />

97941 Tauberbischofsheim<br />

Tel. 09341 803-1010<br />

tourismus@tauberbischofsheim.de<br />

www.tauberbischofsheim.de<br />

Fotos: Stadt Tauberbischofsheim<br />

Fotos: privat, Schwarzwald Tourismus, Florian Deventer<br />

Das Hergottsbscheisserle<br />

Maultaschen neu interpretiert .................14<br />

Flüssiges Gold in der Küche<br />

Guy Grassel kocht mit Honig ..................20<br />

Der Duft von Bienenwachs<br />

Handgemachte Kerzen vom Imker.........22<br />

Ein wahrgewordener Traum<br />

Kreatives von Silke Schneider-Windt .....24<br />

Ein Platz für Tiere<br />

Gnadenhof in Pfinztal-Berghausen ........34<br />

Am Rande der Welt<br />

Ein Wohntraum geht in Erfüllung ...........38<br />

Guten Rutsch!<br />

Regionale Silvesterbräuche ....................42<br />

Rubriken<br />

Impressum ................................................50<br />

Für Sie entdeckt .......................................47<br />

Ferien-Domizile & Marktplatz .................50<br />

Gabriele Meyer,<br />

Chefredakteurin<br />

2<br />

3


VON DER LIEBE ZU<br />

EINEM BESONDEREN<br />

Klang<br />

Die gebürtige Schwarzwälderin Stephanie Wunsch<br />

hat ihren Kindheitstraum zum Beruf gemacht:<br />

Als Harfenistin spielt sie in großen Orchestern,<br />

gibt Konzerte und unterrichtet an Musikschulen.<br />

Man hätte sich ein handlicheres Instrument<br />

aussuchen können, doch immerhin:<br />

Eine Harfe ist transportierbar. Auch,<br />

wenn das Auto dann ein bisschen größer sein<br />

muss. Und auch, wenn man so zart wirkt wie<br />

Stephanie Wunsch. „Es geht“, sagt die junge<br />

Harfenistin, „aber die Harfe anzuheben, das<br />

bekomme ich alleine nicht hin."<br />

Ein klein wenig neidisch schaut sie manchmal<br />

auf die männlichen Kollegen, die ihre Konzertinstrument<br />

selbst auf die Bühne tragen<br />

können: „Da muss ich um Hilfe bitten, ebenso<br />

wie bei vielen Treppen.“ Immerhin wiegt<br />

die große Konzertharfe rund 40 Kilo – kaum<br />

zu glauben, welch leichte Töne man ihr entlocken<br />

kann. Aber Vorsicht: „Das ist ein Vorurteil“,<br />

sagt Stephanie Wunsch. „Die meisten<br />

sind überrascht, dass man auch ganz andere<br />

Klänge erzeugen kann.“<br />

Eigentlich macht es keine Schwierigkeiten,<br />

einem musikalischen Kind Musikunterricht<br />

anzubieten. Doch nicht immer ist es so einfach,<br />

das weiß Stephanie Wunsch aus eigener<br />

Erfahrung. Gerade in die Schule gekommen,<br />

verliebte sie sich als kleines Mädchen in den<br />

Klang einer Harfe: „Den fand ich einfach<br />

wunderschön.“<br />

So recht an den Wunsch der Kleinen glauben<br />

mochte man allerdings nicht. Doch hinter<br />

dem schüchternen Mädchen verbarg sich eine<br />

gehörige Portion Hartnäckigkeit und<br />

Fotos: privat, Adobe Stock/kichigin19<br />

Ganz in ihrem Element:<br />

Stephanie Wunsch liebt es,<br />

der Harfe wunderschöne<br />

Klänge zu entlocken.<br />

4<br />

5


Besonders gerne<br />

spielt Stephanie<br />

Wunsch die Stücke<br />

von Marcel Tournier,<br />

die speziell für die<br />

Harfe komponiert<br />

wurden.<br />

Überzeugungskraft. Und so zogen schließlich<br />

in der Familie alle an einem Strang, allen voran<br />

ihre Tante.<br />

„Ich fand den Klang<br />

der Harfe einfach<br />

wunderschön.“<br />

Die Harfe, zunächst eine kleine, wurde gekauft,<br />

nach langem Suchen sogar eine Lehrerin<br />

gefunden. Doch schon tat sich die nächste<br />

Klippe auf: Damals durften Kinder erst ab<br />

acht Jahren mit dem Harfenspiel beginnen.<br />

Nach einem Jahr auf der Warteliste war auch<br />

das geschafft – heute ist aus der Sehnsucht des<br />

kleinen Mädchens ein Beruf geworden. Stephanie<br />

Wunsch gibt nach ihrem Studium an<br />

der Musikhochschule Karlsruhe klassische<br />

Konzerte und unterrichtet Harfe an Musikschulen<br />

– und ist nach wie vor glücklich mit<br />

ihrer Entscheidung. Im Orchesterbetrieb ist<br />

die Harfe eher selten zu hören. „Da verschwindet<br />

der Klang oft hinter den anderen<br />

Instrumenten“, weiß Wunsch, die auch von<br />

Theatern für einzelne Konzerte engagiert<br />

wird, weil viele Häuser keine eigenen Harfenistinnen<br />

im Orchester haben. Umso schöner<br />

findet sie dann das Klangerlebnis Harfe in Solopartien.<br />

Seit einiger Zeit arbeitet sie dabei konzertant<br />

mit einer Querflötistin zusammen: „Das ergänzt<br />

sich so schön – zwei Klangteppiche, die<br />

wunderbar harmonieren.“ Für die Zuhörer ist<br />

es allemal ein Erlebnis. Diese musikalische<br />

Kombination ist nicht alltäglich und dafür<br />

umso reizvoller. Dass sie dabei auch mal ganz<br />

neue Töne in das sonst meist klassische Konzerterlebnis<br />

bringen kann, darüber freut sich<br />

Wunsch und findet es spannend: „Man kann<br />

die Harfe ja nicht nur weich und warm mit<br />

den Fingerkuppen spielen und in der Mitte<br />

anzupfen, wo sie die schönsten Töne hat.<br />

Oder den Klang zum Beispiel für Barockmusik<br />

durch den Handeinsatz ganz unten am<br />

Schallbrett variieren. Es gibt auch viele neue<br />

Spieltechniken.“<br />

len in Bruchsal und Heidelberg. „Mehr schaffe<br />

ich nicht, man kommt sonst gar nicht mehr<br />

zum Üben“, sagt sie. Ein wenig Zeit fürs Malen<br />

mit Acrylfarben und fürs Nähen für die<br />

vierjährige Tochter soll bleiben. Die möchte<br />

schließlich die Mama viel um sich haben.<br />

Harfe spielt der Nachwuchs noch nicht –<br />

auch wenn die Altersbegrenzung heute nicht<br />

mehr existiert. Dafür hat sie an den Schulen<br />

kleine Musikenthusiasten, die meist die kleine<br />

Harfe nutzen: „Sie hat weniger Saiten, ist mit<br />

ihren zehn bis 14 Kilo gut zu transportieren<br />

und eignet sich für Kinderhände.“ Wer mehr<br />

will, kann dann zur großen Konzertharfe<br />

wechseln, muss dazu aber tiefer in die Tasche<br />

greifen. Während man die kleine Harfe für<br />

etwa 3000 Euro haben kann, geht es bei der<br />

großen erst ab 18.000 Euro los. „Es gibt gute<br />

gebrauchte Instrumente“, rät Wunsch.<br />

Stephanie Wunschs musikalische Vorliebe ist<br />

zum großen Teil klassisch ausgerichtet. Allerdings<br />

sind die auf reines Harfenspiel konzentrierten<br />

Kompositionen eher dünn gesät.<br />

„Bach zum Beispiel hat für Harfe eigentlich<br />

gar nichts komponiert. Aber ich liebe es, seine<br />

Lautensuiten zu hören – das klingt so wunderschön,<br />

man hält es fast für eine Harfe.“ Im<br />

Gegensatz dazu sind die Stücke von Marcel<br />

Tournier, selbst Harfenist, Kompositionen<br />

speziell für dieses Instrument. Stephanie<br />

Wunsch ist fasziniert: „Das spielt sich ganz<br />

anders, reizt alle klanglichen Möglichkeiten<br />

aus. Es sind meine absoluten Lieblingsstücke.“<br />

„Wir kommen<br />

immer als Erste und<br />

gehen als Letzte.“<br />

Hat sie es je bereut, die Harfe zum Beruf gemacht<br />

zu haben? „Nein“, sagt Stephanie<br />

Wunsch. „Auch wenn kaum jemand verstanden<br />

hat, warum ich schüchterne Person ausgerechnet<br />

einen Bühnenberuf ergriffen habe."<br />

Sie hat noch ein paar Hinweise auf den Bühnenalltag<br />

parat: „Harfenisten kommen immer<br />

als Erste und gehen als Letzte“. Und dann<br />

lacht sie: „Eine Harfenistin stimmt immer, die<br />

Harfe nie.“<br />

Gabriele Meyer<br />

Wärme tanken und<br />

Urlaubsfeeling genießen<br />

DIE BONGOS SCHLAGEN<br />

Sie zählt gleich einige Möglichkeiten auf, das<br />

Instrument einmal auf ganz andere Art in Szene<br />

zu setzen: auf den Resonanzkörper klopfen<br />

zum Beispiel oder die Saiten mit Nägeln zupfen.<br />

Und manchmal, verrät sie, „habe ich bei<br />

modernen Stücken eine Hand an der Harfe,<br />

mit der anderen schlage ich die Bongos“.<br />

Nicht alles ist übrigens neu, auch die Harfenistinnen<br />

früherer Zeiten – es gibt so gut wie<br />

keine männlichen Spieler – haben sich an Variationen<br />

ausprobiert.<br />

Und dann ist da noch das Unterrichten, das<br />

sie sehr mag. Von Karlsruhe aus, wo sie mit<br />

Mann und Kind wohnt, fährt sie zu ihren<br />

Schülerinnen und Schüler an den Musikschu-<br />

<strong>Winter</strong><br />

im Paradies<br />

Jetzt Tickets buchen<br />

6<br />

7


„Neispaziert!“<br />

Persönlich erleben kann<br />

man Manfred Mergel zum<br />

Beispiel am Montag, 5. Februar<br />

2024, in Deckenpfronn<br />

(Landkreis Böblingen).<br />

Anmeldungen unter:<br />

kontakt@mundartpfarrer.de<br />

Schwätzt im Dialekt:<br />

Manfred Mergel ist<br />

Schwabe mit Leib<br />

und Seele.<br />

Des isch doch kei Makel, wenn mr schwäbisch<br />

schwätzt! Ihr wissat no gar net<br />

was r hen an eurer Muttersprach!“ Dem, der<br />

das heute sagt, hat die Mutter einst in strengem<br />

Ton angeraten: „Schwätz anständig“.<br />

Hieß soviel wie: „Sprich Hochdeutsch“. Klar<br />

hat er das drauf – das Hochdeutsche. Aber<br />

das Schwäbische ist eine Herzensangelegenheit,<br />

vermittelt ihm Wärme und Nähe, ein<br />

Heimatgefühl, das er nicht missen möchte.<br />

Und so hat Manfred Mergel fest integriert in<br />

seinen Sprachschatz, was immer mehr in seiner<br />

ursprünglichen Originalität verloren zu<br />

gehen scheint und sich zu einem einheitlichen<br />

„Regiolekt“ wandelt.<br />

Ein Sprachwissenschaftler, könnte man meinen.<br />

Aber nein, ein Pfarrer. Der hat festgestellt:<br />

„Der Mensch spricht aus dem Herzen,<br />

wenn er in seiner Mundart spricht.“ Sein<br />

Herz bringt er auch da ein, wo sein Berufsstand<br />

zu Hause ist: auf der Kanzel. Manfred<br />

Mergel predigt oft auf Schwäbisch, ist<br />

Mundartbeauftragter der evangelischen Landeskirche.<br />

Kurz: Mergel ist ein Mundartpfarrer.<br />

Das ging nicht einfach so von heute<br />

auf morgen. Vielmehr machte er irgendwann,<br />

vor Jahren, eine interessante Erfahrung:<br />

„Statt eines schriftsprachlichen Textes<br />

entstand – plötzlich und ungewollt – ein<br />

mundartlicher Text.“ Seitdem, so berichtet<br />

er, habe er zunehmend die Freiheit gewonnen,<br />

sich in seinem Dialekt auszudrücken.<br />

Ein wenig mag dabei geholfen haben, dass er<br />

mit Leib und Seele Schwabe ist und sich mit<br />

dem Seelen- und sonstigen Leben dieses<br />

Menschenschlags recht gut auskennt.<br />

„Das ist so lebensnah:<br />

Man ist näher dran an<br />

de Leut.“<br />

Er selber trage das Herz auch nicht auf der<br />

Zunge, stellt er fest und umschreibt die Natur<br />

des Schwabens als „e bissle verdruckt“.<br />

Was nicht böse gemeint ist. Eher sei es eine<br />

Art Selbstreflektion, stellt er leicht amüsiert<br />

fest. Was dann schnell zum Humor des<br />

Schwabens führt. Der sei knitz und bodenständig<br />

und manches Mal für andere etwas<br />

schwer verständlich. Tatsächlich: Ein Reingeschmeckter<br />

hat so seine Schwierigkeiten<br />

mit dem „knitz“ sein. Was, so erläutert es<br />

Mergel, eigentlich aus „kein Nutzen“ entstanden<br />

sei, etwas nicht gleich Erkennbares<br />

ausdrücke, einen Sinn und Zweck verberge.<br />

Eigentlich, sagt er von sich, sei er ein ernster<br />

Mensch. Dabei lacht Mergel gern, schmunzelt,<br />

freut sich, wenn ihm „Übersetzungen“<br />

gelingen: „Das ist so lebensnah. Man ist einfach<br />

näher dran an de Leut.“ Das mache Dialekt<br />

gleichzeitig aber auch so präzise und<br />

prägnant, lasse Bilder entstehen und Nähe<br />

zu. Als er anfing mit der ersten Pfarrstelle in<br />

einer kleinen Gemeinde auf der Schwäbischen<br />

Alb – da „brach das Schwäbische mit<br />

voller Wucht in mir auf “, nicht immer zum<br />

Wohlgefallen seiner Schäfchen.<br />

Ein Pfarrer, der hin und wieder auf der Kanzel<br />

und anderswo Schwäbisch schwätzt: Das<br />

kam nicht überall gut an. Schließlich brachte<br />

man es aber doch auf den sparsam lobenden<br />

Nenner: „S kommt net schlecht raus.“ Ähnlich<br />

gebruddelt wurde bei der nächsten<br />

Pfarrstelle: Zu volkstümlich sei er, der Herr<br />

Pfarrer. „Das hat mir Auftrieb gegeben. Je<br />

mehr di gescholten hen, desto mehr Leut<br />

sind gekommen“, erinnert er sich.<br />

Schwäbisch:<br />

eine<br />

Herzensangelegenheit<br />

Manfred Mergel ist Pfarrer – einer, der schwäbisch spricht.<br />

Und das nicht nur im Alltag, sondern auch von der Kanzel.<br />

Mundartpfarrer nennt man das auf Hochdeutsch –<br />

und als solcher ist Mergel auch im Auftrag der evangelischen<br />

Landeskirche in vielen Gemeinden unterwegs.<br />

Fotos: Südwest Presse/Karl-Heinz Kuball, Liza Huber, Adobe Stock/daboost, Begin Again<br />

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8<br />

9


Weihnachtslied<br />

auf Schwäbisch:<br />

Schdern ibr<br />

Bethlehem<br />

Schdern ibr Bethlehem,<br />

zeig ons dr Weg,<br />

der ons zom Kripple<br />

brengt, zeig ons, wo´s<br />

schdeht!<br />

Schdrahl mit deim hella<br />

Licht, bis mr dort send,<br />

Schdern ibr Bethlehem,<br />

breng ons zom Kend.<br />

Schdern ibr Bethlehem,<br />

jetzt semmr doo,<br />

on guggat elle des<br />

Wonder doo oo,<br />

des doo bassiert isch. Dr<br />

Herrgott hot‘s gmacht,<br />

Schdern ibr Bethlehem,<br />

en heilger Nacht.<br />

Schdern ibr Bethlehem,<br />

s’Ziel isch erreicht,<br />

on s’gibt fei nix, was dem<br />

arma Schdall gleicht.<br />

Du hosch ons herbrocht<br />

– doo dankat mir schee,<br />

Schdern ibr Bethlehem,<br />

on s’fehlt nix meeh.<br />

Schdern ibr Bethlehem,<br />

mir miaßat zrick,<br />

abbr dei hellr Schei<br />

bleibt ons em Blick.<br />

On was mr gseah hen,<br />

des tragat mr fort,<br />

Schdern ibr Bethlehem,<br />

en onsern Ort!<br />

„Wenn s sei muss,<br />

isch a digitale Kirch<br />

auch recht.“<br />

Dabei ging es ihm nicht darum, „die Kirchen<br />

voller zu machen“. Es war die lebensnahe<br />

Weitergabe von Evangelium und Gebeten,<br />

die ihn faszinierte: „Deren Sprache war sehr<br />

akademisch. Irgendwann spürte ich, ich bin<br />

über die Köpfe hinweggeflogen. Dabei sollten<br />

die Menschen doch fröhlicher hinaus- als<br />

hineingehen. Nähe und Wärme sollten entstehen<br />

– das Evangelium ist eine frohe Botschaft“.<br />

Und: „Ich reflektiere über Gott und<br />

die Welt, das macht mir echt Freude.“<br />

ZUSPRUCH VON AUSSEN<br />

Die Medien wurden aufmerksam, inzwischen<br />

lag ja auch das erste Buch Mergels vor,<br />

„Hasch scho ghört?“. Das Buch zog immer<br />

mehr Menschen zu seinen schwäbischen Predigten,<br />

mit denen er heute – im Vorruhestand<br />

– in vielen Kirchen des Landes unterwegs<br />

ist. Nicht nur zu seinen schwäbischen<br />

Gottesdiensten, in denen oft auch die ins<br />

Schwäbische übertragenen Lieder von Albrecht<br />

Häcker, einem Pfarrer aus der Nähe<br />

von Ludwigsburg, gesungen werden, sammelt<br />

sich eine Fangemeinde; inzwischen hat<br />

er auch andere Texte, die er bei Lesungen<br />

vorträgt, in Buchform vorgelegt.<br />

Sie erzählen von „der schwäbischen Art zu<br />

leben, von der Zersiedelung unserer Landschaft,<br />

vom Menschsein und Christsein, von<br />

heiteren und ernsten Fragen, von der großen<br />

Politik und kleinen Sorgen, von Lebenslust<br />

und Lebensglück, von Traurigkeit, vom Tod<br />

und von der Liebe“, schreibt er im Vorwort<br />

zu seinem Band „Der gewölbte Himmel“.<br />

Daneben hat er sich einem Buch gewidmet,<br />

das ihn schon immer in seinen Bann schlug:<br />

„Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-<br />

Exupéry liegt jetzt auch auf Schwäbisch vor<br />

– aus dem Französischen übersetzt von Manfred<br />

Mergel.<br />

Ein bisschen hat er sich jetzt, ohne feste Gemeinde,<br />

neu ausgerichtet. Fühlt sich wie „aus<br />

einem Korsett befreit“, und hält mit seiner<br />

Meinung nicht hinterm Berg. Kritik klingt<br />

an an einer ideologisierten Moral, an einer<br />

Manfred Mergel begeistert mit<br />

seinen schwäbischen Predigten die<br />

Besucher seiner Gottesdienste.<br />

geringen Positionierung der Kirche und an<br />

Entwicklungen, „die das Kind mit dem Bade<br />

ausschütten“. Vor vielen Jahren wollte er sich<br />

von der Enge von Meinungen und Regeln<br />

befreien: „Heute bin ich ja fast schon wieder<br />

altmodisch.“<br />

Dass alles so digital geworden ist, macht ihm<br />

im schwäbischen Ausdruck manchmal<br />

Schwierigkeiten – die technischen Begriffe<br />

lassen sich oft schwer umsetzen. Aber:<br />

„Wenn s sei muss, isch a digitale Kirch au<br />

recht. Jetzt in echt mitnander schwätze, lacha,<br />

singe isch am End nomal a andera Nummer.<br />

Deshalb tät ich saga, mir lassat d Kirch<br />

im Dorf.“ <br />

Gabriele Meyer<br />

Gottesdienst<br />

auf Mundart<br />

Manfred Mergel ist nicht der<br />

einzige Pfarrer, der das Schwäbische<br />

in den Gottesdienst<br />

integriert: Pfarrer Albrecht<br />

Häcker aus Ludwigsburg zum<br />

Beispiel hat einige Psalmen und<br />

Lieder ins Schwäbische übersetzt.<br />

Seine Texte verwendet<br />

Manfred Mergel regelmäßig in<br />

seinen Mundartgottesdiensten.<br />

Einige dieser Übersetzungen<br />

sind abrufbar unter:<br />

www.mundartpfarrer.de/texte<br />

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