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<strong>12</strong>‘23<br />
DAS MAGAZIN FÜR DIE REGION<br />
<strong>NEXT</strong><br />
AutorInnen<br />
Plausch<br />
mit Anja Allmanritter<br />
Moderation Dieter Aurass<br />
Zum einunddreißigsten Mal haben wir uns mit einer regionalen AutorIn unterhalten. Diesmal eine<br />
ganz beachtenswerte Autorin aus Koblenz, Anja Allmanritter, die durch ihre Parkinsonerkrankung<br />
das Schreiben als Ventil (wieder) entdeckt hat und seitdem einige Bücher veröffentlicht hat, die<br />
ihre Leserinnen und Leser berührt. Wir haben erfahren, wie die studierte Juristin mit der Diagnose<br />
Parkinson umgeht, wie sie – gemäß ihres Lebensmottos „Irgendwas geht immer“ anderen Mut<br />
macht und wie genau es ihr gelingt trotz manch körperlicher Einschränkungen zu schreiben.<br />
Anja Allmanritter ist inzwischen Schriftstellerin. Aber<br />
gehen wir chronologisch vor. Wann hast du die Diagnose<br />
Parkinson bekommen und was hat das mit dir<br />
am Anfang gemacht? Bist du in dieses berüchtigte<br />
Loch gefallen?<br />
Ich habe die Diagnose Parkinson vor knapp 9 Jahren bekommen.<br />
Da ging aber schon einige Zeit voraus, dass sich<br />
bereits angedeutet hat, dass etwas nicht stimmt. Aber<br />
Parkinson ist eben eine Erkrankung, die grade bei jungen<br />
Leuten, je nachdem wie sich die Rahmenbedingungen<br />
auch darstellen, nicht auf den ersten Blick auffällt oder diagnostiziert<br />
wird. Daher liegen die Anfänge sicher bereits<br />
schon vor 9 Jahren. Nach dem berühmten Loch bin ich oft<br />
gefragt worden. Aber so ein typisches Loch habe ich nie<br />
erlebt. Ich habe die Krankheit einfach ignoriert und habe<br />
beschlossen, so gut wie möglich damit umzugehen. Was<br />
am Anfang bei Parkinson geht, wenn die Medikamente<br />
bestimmte Symptome dämpfen oder unterdrücken. Dann<br />
kann man eine Weile so tun als sei alles relativ normal.<br />
Vor zweieinhalb Jahren musstest du deinen Beruf aufgeben.<br />
Wie bist du dann aufs Schreiben gekommen. Hast<br />
du schon vorher mit dem Schreiben angefangen oder<br />
war das eine Sache, wie du die neue Situation verarbeiten<br />
wolltest?<br />
Da muss man einen Schritt zurückgehen: Dieses Loch war<br />
zwar nicht da, aber es macht trotzdem etwas mit einem.<br />
Eine Krankheit kann man eine Zeit lang versuchen zu ignorieren,<br />
aber letzten Endes ist sie da und sie verändert einen.<br />
Also sie verändert den Alltag unmerklich und irgendwann<br />
überrollt einen die Macht des Faktischen und man<br />
muss sich einfach damit auseinandersetzen. Mir fiel das<br />
unglaublich schwer. Ich konnte nicht darüber sprechen.<br />
Ich habe über viele Jahre außer mit der engsten Kernfamilie<br />
und ganz wenigen, handverlesenen Freunden mit<br />
niemandem darüber gesprochen. Fast sechs Jahre lang<br />
nicht. Und erst als manche Sachen einfach nicht mehr unterdrückt<br />
und nicht verheimlicht werden konnten, war ich<br />
dazu gezwungen mich damit auseinander zu setzen. Und<br />
das fiel zeitgleich in diesen Zeitpunkt rein, wo es auch beruflich<br />
schwieriger wurde.<br />
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