Standpunkt 573, 16. Februar 2024
Eine Publikation der Wirtschaftskammer Baselland
Eine Publikation der Wirtschaftskammer Baselland
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>16.</strong> <strong>Februar</strong> <strong>2024</strong> RATGEBER <strong>Standpunkt</strong> der Wirtschaft | 11<br />
KOLUMNE<br />
Bundesfinanzpolitik ist grösste Herausforderung<br />
Auf die 246 neu und wieder gewählten Bundespolitiker<br />
beider Kammern und Geschlechter, die mit der Wintersession<br />
samt Bundesratsersatzwahl bereits den Auftakt<br />
ihres Parlamentarierlebens erlebt haben, wartet eine<br />
ausserordentlich herausfordernde vierjährige Legislatur.<br />
Sie wird tage- und wochenlang im National- und Ständerat<br />
von finanzpolitischen Konsolidierungsdiskussionen<br />
bestimmt sein. Denn die Unsicherheiten in Bezug auf die<br />
Höhe der absehbaren Fehlbeträge der nächsten Jahre bleiben<br />
weiterhin gross. Anfang <strong>2024</strong> schon wird der Bundesrat<br />
Vorentscheide treffen, um den Voranschlag 2025<br />
gemäss Vorgaben der Schuldenbremse auf den langen<br />
Weg der parlamentarischen Bereinigung zu bringen. Er<br />
will zudem im ersten Halbjahr <strong>2024</strong> Stossrichtungen definieren,<br />
um die Finanzen langfristig ins Lot zu bringen.<br />
Um die sich abzeichnenden Fehlbeträge zu bereinigen,<br />
werden aber grössere Reformen umgesetzt werden müssen.<br />
Die Bereinigung muss laut Bundesrat primär ausgabenseitig<br />
erfolgen. Zur Finanzierung vor allem der AHV<br />
und der Armee werden aber auch einnahmeseitige Massnahmen<br />
zu prüfen sein. Wie sich die Covid-19-Pandemie<br />
auf die Bundeskasse auswirkte, zeigt der Voranschlag<br />
<strong>2024</strong> mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2025–<br />
2027. Die Einnahmen des Bundes wachsen laut Voranschlag<br />
<strong>2024</strong> im Vergleich zum Vorjahresbudget zwar um<br />
2,1 Prozent und werden auf 83 Milliarden Franken geschätzt.<br />
Das Wachstum ist auf die Mehrwertsteuererhöhung<br />
zugunsten der AHV und auf die Zunahme der Gewinnsteuereinnahmen<br />
zurückzuführen.<br />
Die Ausgaben wachsen mit 4,1 Prozent fast doppelt so<br />
stark wie die Einnahmen, namentlich aufgrund der AHV-<br />
21-Reform und eines Kapitalzuschusses zugunsten der SBB,<br />
aber auch wegen der höheren Schuldzinsen und der wachsenden<br />
Armeeausgaben. Der Bundesrat sagt , s so: «Trotz<br />
der Bereinigungsmassnahmen wird der Bund <strong>2024</strong> bis zu<br />
3,5 Milliarden mehr ausgeben als im Jahr 2023. Total sind<br />
Ausgaben von 89,7 Milliarden Franken vorgesehen.»<br />
«DER BUNDESRAT MUSS ETLICHE VORHABEN<br />
ZURÜCKSTELLEN ODER<br />
LANGSAMER VERWIRKLICHEN ALS GEPLANT.»<br />
Peter Amstutz*<br />
Dank bereits beschlossenen Bereinigungsmassnahmen<br />
können die Vorgaben der Schuldenbremse dieses Jahr eingehalten<br />
werden. Der Bundesrat muss jedoch erneut<br />
ausserordentliche Ausgaben beantragen. Laut Vernehmlassung<br />
zum Entlastungspaket 2025 bleiben die Finanzplanjahre<br />
wegen der strukturellen Defizite bis 2027 herausfordernd.<br />
Der hochwillkommene Gewinnregen der<br />
Nationalbank für den Bund von 1,3 Milliarden Franken<br />
fällt wohl länger aus. Unter «ausserordentlichen Ausgaben»<br />
listet der Bund auch den Zahlungsbedarf für Transfers<br />
an die Kantone auf. Die Finanzwahrheit lautet gemäss<br />
Bundesrat unter dem Strich darum so: «Unter<br />
Einbezug der ausserordentlichen Ausgaben resultiert ein<br />
Finanzierungsdefizit von 6,7 Milliarden Franken.»<br />
Die Vorgaben der Schuldenbremse werden zwar eingehalten,<br />
weil die Schuldenbremse aus konjunkturellen Gründen<br />
ein Defizit von einer halben Milliarde Franken zulässt.<br />
Der verbleibende Handlungsspielraum des Bundes von 5<br />
Millionen Franken ist jedoch äusserst gering. «Die Unsicherheiten<br />
in Bezug auf die nächsten Jahre sind hoch»,<br />
warnt der Bundesrat, «voraussichtlich dürften Bereinigungsmassnahmen<br />
nötig werden.» Der Bundesrat beabsichtigt,<br />
den finanzpolitischen Spielraum zur Bewältigung<br />
künftiger Herausforderungen noch zu verbessern. Nach<br />
seiner aktuellen Planung sind bis 2028 strukturelle Defizite<br />
von 2 bis 3 Milliarden Franken pro Jahr zu erwarten.<br />
Der Bereinigungsbedarf steigt aufgrund anhaltend hoher<br />
Ausgaben für die Migration (Verlängerung Schutzstatus S<br />
Ukraine) sowie für Prämienverbilligungen für Krankenkassen.<br />
Mittelfristig dürfte sich der Druck noch vergrössern.<br />
Vor allem das rasche Wachstum der Armeeausgaben<br />
auf ein Prozent des Brutto inlandprodukts (BIP; Summe<br />
aller Erträge aus Produktion und Dienstleistungen) sowie<br />
der AHV-Ausgaben lassen die Defizite weiter anwachsen.<br />
Der Bundesrat warnt in Richtung Parlament: «Die kommende<br />
Legislatur wird finanzpolitisch herausfordernd. Ab<br />
2025 sind durchgehend Defizite in Milliardenhöhe zu erwarten,<br />
die sich über die Jahre noch vergrössern.» Die Ausgaben<br />
wachsen eben schneller als die Einnahmen. Finanzpolitisch<br />
wird deshalb die Haushaltsbereinigung höchste<br />
Priorität haben, um die Finanzierung wichtiger Bundesaufgaben<br />
zu sichern und Spielraum für dringende Vorhaben<br />
zu schaffen. Dafür hat er Prioritäten innerhalb der<br />
Verwaltung für die Jahre 2025 und 2026 festgelegt. Der<br />
Bundesrat muss etliche Vorhaben zurückstellen oder langsamer<br />
verwirklichen als geplant. Das Handlungsmotto des<br />
Bundesrats ist von begründeten Sorgen geprägt und entsprechend<br />
ernst zu nehmen: «Um die Fehlbeträge zu bereinigen,<br />
werden grössere Reformen umgesetzt werden<br />
müssen. Die Bereinigung muss primär ausgabenseitig erfolgen.<br />
Zur Finanzierung der AHV und der Armee werden<br />
aber auch einnahmeseitige Massnahmen zu prüfen sein.»<br />
*Peter Amstutz, ehemaliger Leiter der Bundeshaus-Redaktion<br />
der Basler Zeitung».<br />
Der Autor gibt seine eigene Meinung wieder. Diese muss sich nicht<br />
mit jener der Wirtschaftskammer decken.<br />
RATGEBER RECHT – Die Zeiterfassung bei der Arbeit: was auf den ersten Blick als lästige Pflicht daherkommt,<br />
kann im Streitfall auch für Arbeitgeber sehr hilfreich sein.<br />
Zeit im Blick: Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung<br />
Dr. Dominik Rieder Andreas Dürr Alexander Heinzelmann David Hug Markus Prazeller Philipp Rupp<br />
LEGAL-TEAM<br />
Die Wirtschaftskammer Baselland<br />
steht ihren Mitgliedern für eine juristische<br />
Erstberatung zur Verfügung.<br />
Das Arbeitsgesetz (ArG) sieht vor,<br />
dass Arbeitgebende eine Dokumentation<br />
führen müssen, welche es den<br />
Vollzugs- und Aufsichtsbehörden ermöglicht,<br />
die Einhaltung der Bestimmungen<br />
des Arbeitsgesetzes zu<br />
überprüfen. Darunter fällt insbesondere<br />
die Überprüfung der Einhaltung<br />
der Arbeitszeiten, weshalb eine<br />
transparente Zeiterfassung im Betrieb<br />
zwingend nötig ist.<br />
Grundsätzlich trifft jeden Arbeitgebenden<br />
die Pflicht zur ordentlichen<br />
Zeiterfassung. Ein Verzicht<br />
auf eine Zeiterfassung oder Erleichterungen<br />
im Rahmen einer vereinfachten<br />
Zeiterfassung sind nur ausnahmsweise<br />
zulässig.<br />
Wichtig ist insbesondere, dass die<br />
geleistete Arbeitszeit der jeweiligen<br />
Mitarbeitenden ersichtlich ist. Zudem<br />
sind auch Lage und Dauer von<br />
Pausen von mehr als einer halben<br />
Stunde, Ruhezeiten sowie Überzeitsowie<br />
Ausgleichsarbeit zu dokumentieren.<br />
Aufgrund einer sauberen Erfassung<br />
können somit geleistete<br />
Überstunden und Überzeit eruiert<br />
werden.<br />
Kein reines Behördeninteresse<br />
Die Behörden können die Einhaltung<br />
der Bestimmungen des Arbeitsgesetzes<br />
kontrollieren und führen<br />
solche Kontrollen auch regelmässig<br />
durch.<br />
Im Kanton Basel-Landschaft ist<br />
dafür das Kantonale Amt für Industrie,<br />
Gewerbe und Arbeit (KIGA) zuständig.<br />
Bei Nichtbeachtung der Vorschriften<br />
kann das KIGA Mahnungen<br />
aussprechen oder Massnahmen<br />
gegen den betroffenen Betrieb erlassen.<br />
Wer nun annimmt, die Führung<br />
einer Zeiterfassung sei ein reines Behördeninteresse,<br />
der irrt. Ein gut geführtes<br />
Zeiterfassungssystem liegt<br />
auch im Interesse der Arbeitgeberschaft.<br />
Einerseits stellt das Zeiterfassungssystem<br />
ein geeignetes<br />
Führungs instrument dar, um die<br />
Mehrarbeitszeit der Mitarbeitenden<br />
im Auge zu behalten. Andererseits<br />
vermag das Zeiterfassungssystem bei<br />
Streitigkeiten in Bezug auf geleistete<br />
Arbeit Klarheit schaffen.<br />
Werden Forderungen infolge von<br />
geleisteten Mehrarbeitsstunden geltend<br />
gemacht, verfügen die Arbeitgebenden<br />
über eine verlässliche Aufzeichnung<br />
der effektiv geleisteten<br />
Arbeitsstunden und können diese<br />
im Streitfall nachweisen. Verfügen<br />
die Arbeitgebenden hingegen nicht<br />
über eine saubere Zeiterfassung,<br />
kann dies bei der Beweiswürdigung<br />
im Prozess berücksichtigt und zu<br />
Ungunsten der Arbeitgebenden ausgelegt<br />
werden.<br />
Um ein böses Erwachen zu verhindern,<br />
tun Arbeitgeber deshalb<br />
gut daran, ein ordentliches Zeiterfassungssystem<br />
zu führen, die Belegschaft<br />
entsprechend zu schulen und<br />
die erfassten Daten regelmässig zu<br />
überprüfen, um Unstimmigkeiten<br />
frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren.<br />
David Hug ist Rechtsanwalt und<br />
Partner in der Kanzlei Wagner Prazeller<br />
Hug. Er ist Mitglied des Legal-Teams<br />
der Wirtschaftskammer Baselland.<br />
Das Legal-Team von sechs Rechtsanwälten<br />
im Haus der Wirtschaft<br />
in Pratteln wird von Dr. Dominik<br />
Rieder geleitet und besteht weiter<br />
aus Markus Prazeller und<br />
David Hug (Wagner Prazeller Hug<br />
AG), Alexander Heinzelmann<br />
(Heinzel mann & Levy), Philipp<br />
Rupp (Rupp Meier Rechtsanwälte)<br />
und Andreas Dürr (Battegay Dürr<br />
AG).<br />
Die Mitglieder des Legal-Teams<br />
schreiben im <strong>Standpunkt</strong> der Wirtschaft<br />
in der Rubrik «Ratgeber<br />
Recht» regelmässig über aktuelle<br />
rechtliche Themen.<br />
Kontakt zum Legal-Team:<br />
Haus der Wirtschaft<br />
Kompetenzzentrum KMU<br />
Simone Kaiser-Reber<br />
Hardstrasse 1<br />
4133 Pratteln<br />
Telefon: 061 927 66 23<br />
E-Mal: s.kaiser-reber@kmu.org<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber ⁄ Verlag: Schweizerischer Gewerbeverband sgv,<br />
Schwarztorstrasse 26, Postfach 8166, 3001 Bern,<br />
Tel. 031 380 14 14, verlag@sgv-usam.ch<br />
Redaktion sgz: Schwarztorstrasse 26, 3007 Bern<br />
Tel. 031 380 14 14, redaktion@sgv-usam.ch<br />
Regionalbund «<strong>Standpunkt</strong>»<br />
Herausgeber: Wirtschaftskammer Baselland<br />
Arbeitgeber Baselland, Unabhängiges Podium für eine<br />
liberale Wirtschaft und Gesellschaft, Haus der Wirtschaft,<br />
Hardstrasse 1, 4133 Pratteln<br />
Tel. 061 927 64 64, Fax 061 927 65 50<br />
www.kmu.org, standpunkt@kmu.org<br />
Verantwortung: Christoph Buser, Direktor<br />
Redaktion/Umbruch: Reto Anklin, Patrick<br />
Herr, Adrian Jäggi<br />
Produktion: IWF, Hardstrasse 1, 4133 Pratteln<br />
Abonnement im Mitgliederbeitrag inbegriffen<br />
Adressänderungen: standpunkt@kmu.org<br />
Der Abdruck von Textbeiträgen mit vollständiger<br />
Quellenangabe ist erlaubt.