Quality Engineering 01.2024
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IM FOKUS » Künstliche Intelligenz<br />
Und wie sehen Sie das Zusammenspiel von KI und<br />
PMI-Daten?<br />
Ferger: Das Erstellen von Messabläufen mit PMI-<br />
Daten im Zusammenspiel mit KI hat tatsächlich für<br />
mich einen besonderen Charme. Die KI könnte im Zusammenspiel<br />
mit PMI dem Anwender Lösungsvorschläge<br />
für die Messung machen und ihm dann die<br />
Hand führen. Es wird nach meiner Einschätzung niemals<br />
so sein, dass die KI für Messgeräte fertige Messprogramme<br />
inklusive Messstrategien und sinnvoller<br />
Sensorikauswahl erstellt, aber sicherlich kann sie<br />
Vorschläge unterbreiten, um dem Bediener die Hand<br />
zu führen und das Ganze zu optimieren – die KI sozusagen<br />
als intelligenter Assistent.<br />
Lankmair: Die Krux ist allerdings, dass PMI-Daten<br />
nach wie vor in der Praxis kaum verfügbar sind.<br />
Lenz: Ich stolpere im Augenblick noch darüber, dass<br />
PMI oder auch Step regelbasierte Abläufe beschreiben.<br />
Was haben diese denn mit KI zu tun?<br />
Ferger: PMI ist ja im Moment noch sensoriklos. Die<br />
Idee dahinter ist, dass die KI in Zukunft Aussagen dazu<br />
treffen kann, dass man ein Merkmal A am besten<br />
mit der Bildverarbeitung erfasst, ein Merkmal B mit<br />
einem Taster und das Merkmal C mit einem Liniensensor.<br />
Sie macht somit Vorschläge, anhand derer der<br />
Messtechniker entscheiden kann, ob diese plausibel<br />
sind – ähnlich wie Chat-GPT dies heute schon beim<br />
Erstellen von Texten macht. Hat man einen ersten<br />
Entwurf, kann man diesen anhand verschiedener Kriterien<br />
dann verfeinern und optimieren. Aber ich gebe<br />
zu, man muss dafür natürlich noch sehr viel mehr<br />
über den Prozess, über die Eigenschaften des Werk-<br />
stücks sowie über die Möglichkeiten der Messmaschine<br />
wissen – Informationen, die die reinen CAD-<br />
Daten nicht bieten. Das Thema ist hochkomplex.<br />
Lenz: Ich verstehe den Ansatz. Das ist allerdings<br />
noch richtige Zukunftsmusik – und ich befürchte,<br />
dass wir jetzt über KI-Anwendungen nachdenken, die<br />
genauso gut ohne KI lösbar sind.<br />
Bosse: Im Moment mag das stimmen, aber das Anwenden<br />
regelbasierter Ansätze benötigt eben ein<br />
entsprechendes Erfahrungswissen bei den Anwendern<br />
in der Industrie. Vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen<br />
Fachkräftemangels gehe ich davon aus,<br />
dass Anwender auch in der Messtechnik auf lange<br />
Sicht Werkzeuge wie Chat-GPT nutzen werden, um<br />
Messprogramme zu erstellen oder ihre selbst erstellten<br />
Messprogramme zu optimieren. Und letztlich –<br />
und das muss uns klar sein – wird das Erfahrungswissen,<br />
das wir heute haben, irgendwann Chat-GPT zur<br />
Verfügung stehen, weil es in irgendwelchen Handbüchern<br />
steht. Auf solche verfügbaren Informationen<br />
greifen derartige KI-Systeme zu.<br />
Lenz: Aus diesem Grund ist es nicht nur bei uns in<br />
der Organisation zum Beispiel verboten, Chat-GPT zu<br />
verwenden. Die New York Times etwa verklagt Open<br />
AI und Microsoft, weil diese Millionen von Artikeln<br />
der Zeitung verwendet haben, um ihre KI-Technologien<br />
zu trainieren. Die New York Times sagt meines<br />
Erachtens zu Recht, dass es sich hierbei um Urheberrechtsverletzungen<br />
handelt. Beim Erstellen von<br />
Messprogrammen hätten wir die gleiche Situation.<br />
Bosse: Letztlich versetzt man Open-AI oder Microsoft<br />
mit solchen Abfragen in die Lage, herauszufin-<br />
Bild: <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Bild: <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Bild: <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Dr. Harald Bosse: „Vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen<br />
Fachkräftemangels gehe ich davon aus,<br />
dass Anwender auch in der Messtechnik auf lange<br />
Sicht Werkzeuge wie Chat-GPT nutzen werden,<br />
um Messprogramme zu erstellen oder ihre selbst<br />
erstellten Messprogramme zu optimieren.“<br />
Detlef Ferger: „Auch wir setzen KI derzeit bereits<br />
ein, und zwar in der CT – und sehen hier ein sehr<br />
großes Potenzial für die Zukunft. Dies gilt gerade<br />
für die Bildanalyse und -auswertung von CT-Daten,<br />
speziell bei der Erkennung und Behebung von<br />
Artefakten.“<br />
Thomas Lankmair: „Was geschieht, wenn ein<br />
Unternehmen, das KI zur Messung einsetzt, etwa<br />
den Zulieferer für das Schneidwerkzeug ändert?<br />
Dann habe ich einen veränderten Parameter, der<br />
eventuell im Training nicht berücksichtigt wurde<br />
– und die KI-Messsoftware liefert falsche Daten.“<br />
26 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> » 01 | 2024