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Klaus Hock | Claudia Jahnel | Klaus-Dieter Kaiser (Hrsg.): Mission in Film und Literatur (Leseprobe)

Erzählungen von Grenzüberschreitungen sind in Literatur und Film nicht selten. Sie sind aber geradezu unvermeidbar, wenn es um Mission geht. Das gilt sowohl für Literatur und Filme, die Mission in einem engeren Sinn verstehen, wie es etwa in »End of the Spear« von Jim Hanon, Abdulrazak Gurnahs »Nachleben« oder in dokumentarischen »Missionsfilmen« verschiedener Missionsgesellschaften der Fall ist. Grenzüberschreitungen sind aber auch zentral in Büchern und Filmen, die ein eher weites Verständnis von Mission konstruieren wie etwa »Dune« von Frank Herbert bzw. David Lynch oder Denis Villeneuve oder »Karte und Gebiet« von Michel Houellebecq. Die Beiträge analysieren eine Fülle literarischer und filmischer Beispiele, in denen Mission implizit oder explizit thematisch wird. Aus verschiedenen Disziplinen werden hegemoniale Dynamiken der Grenzziehungen und Identitätsbestimmungen, aber auch Ambivalenzen in der Begegnung mit »dem anderen« aufgezeigt. Zugleich wird nach dem Erkenntnisgewinn dieser Filme und Romane für die gegenwärtige Missionstheologie gefragt.

Erzählungen von Grenzüberschreitungen sind in Literatur und Film nicht selten. Sie sind aber geradezu unvermeidbar, wenn es um Mission geht. Das gilt sowohl für Literatur und Filme, die Mission in einem engeren Sinn verstehen, wie es etwa in »End of the Spear« von Jim Hanon, Abdulrazak Gurnahs »Nachleben« oder in dokumentarischen »Missionsfilmen« verschiedener Missionsgesellschaften der Fall ist. Grenzüberschreitungen sind aber auch zentral in Büchern und Filmen, die ein eher weites Verständnis von Mission konstruieren wie etwa »Dune« von Frank Herbert bzw. David Lynch oder Denis Villeneuve oder »Karte und Gebiet« von Michel Houellebecq.
Die Beiträge analysieren eine Fülle literarischer und filmischer Beispiele, in denen Mission implizit oder explizit thematisch wird. Aus verschiedenen Disziplinen werden hegemoniale Dynamiken der Grenzziehungen und Identitätsbestimmungen, aber auch Ambivalenzen in der Begegnung mit »dem anderen« aufgezeigt. Zugleich wird nach dem Erkenntnisgewinn dieser Filme und Romane für die gegenwärtige Missionstheologie gefragt.

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32 Andreas Nehring

iert sich als Versuch, das Feld der Diskursivität zu beherrschen, das Fließen der

Differenzen aufzuhalten, ein Zentrum zu konstituieren«. 4

Grenzen und Grenzüberschreitungen?

Ränder oder Grenzen und insbesondere Grenzbereiche sind in den Kulturwissenschaften

schon seit geraumer Zeit zu zentralen Metaphern für die Be schreibung

von Identitäten avanciert. 5 Postkoloniale Theorien und Theologien haben Fragen

kultureller und politischer Exklusion, aber auch Inklusion, aufgenommen, und

es hat sich in den letzten Jahrzehnten eine lebendige Debatte darüber entwickelt,

wer an den Grenzen steht, wer den Diskurs über Grenzen dominiert und wie

Grenzen aufgebrochen oder zumindest verschoben werden können.

Ist die Grenze das Ende der eigenen Welt, die durch ein Zentrum definiert

wird? Oder ist es ein Fenster, durch das man erblicken kann, was jenseits der

Grenze liegt: eine Utopie, ein Nicht-Ort oder Noch-Nicht-Ort? Oder ist das Innere

des Außen die Bedingung von Marginalität? Mit anderen Worten, sind Grenzen

ein Ende oder ein Anfang? Beinhalten Grenzen einen Anfang und ein Ende? Sind

sie beides oder sind sie weder noch? Und: Wie verschieben sich Grenzen? Wo

entstehen auch innerhalb eines Sozialsystems Grenzen, die Räume ausschließen?

Das sind Fragen, die sich heute stellen, wenn Grenzen verhandelt werden, die

aber die Kulturgeschichte schon immer beschäftigt haben.

Insofern erscheint es plausibel, wenn Heidegger die Grenze nicht als dasjenige

bestimmt »wobei etwas aufhört, sondern, wie die Griechen es erkannten, die

Grenze ist jenes, von woher etwas sein Wesen beginnt«. 6 Grenzen und Ränder ermöglichen

daher nicht nur den Blick nach außen, sondern sie eröffnen Einsichten

in die Ordnung der Dinge innerhalb eines Systems. Der Historiker Lucien Febvre

stellt daher zu recht fest:

Nicht von der Grenze, der frontière selbst also muss man ausgehen, um sie zu erforschen,

sondern vom Staat. Ein bestimmter Staat hat eine bestimmte Grenze (limité) – und gegebenenfalls

eine bestimmte Grenze (frontière) im militärischen und politischen Sinn des

Wortes. 7

Grenzen sind jedoch fließend. Grenzen ereignen sich in einem unstabilen Dazwischen-Sein

des Raum-Zeitkontinuums in der Wirtschaft, in Politik, in der Ge-

4

Ernesto Laclau/Chantal Mouffe, Hegemonie und radikale Demokratie. Zur

Dekonstruktion des Marxismus. Wien: Passagen, 1991, 164.

5

Zum Beispiel Mae G. Henderson (Hg.), Borders, Boundaries, and Frames. Essays in

Cultural Criticism and Cultural Studies. London-New York: Routledge, 1995.

6

Martin Heidegger, Bauen – Wohnen – Denken, in: Martin Heidegger, Vorträge und

Aufsätze, Teil 2, Pfullingen: Neske, 1967, 29.

7

Lucien Febvre, ›Frontière‹ – Wort und Bedeutung. In: Ders.: Das Gewissen des Histo rikers.

Hg. u. übers. v. Ulrich Raulff. Berlin: Fischer, 1988, 27–37, hier 31.

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