Insider, Februar 2024
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• Hohenems 1804<br />
IKG INNSBRUCK<br />
für Tirol<br />
und Vorarlberg<br />
Israelitische Kultus-Gemeinde<br />
Salomon Sulzer<br />
Kantor<br />
- 1890<br />
NEUIGKEITEN VON DER IKG INNSBRUCK<br />
Pogromgedenken und Beschäftigung mit der Erinnerungskultur<br />
Meriel Schindler zu Gast in Innsbruck<br />
Am 16. November 2023 gastierte die Londoner Anwältin Meriel<br />
Schindler auf Einladung der IKG für Tirol und Vorarlberg und<br />
des Gymnasiums der Ursulinen in Innsbruck. Im altehrwürdigen<br />
– aber hochmodernen – Gymnasium im Westen Innsbrucks<br />
erzählte Frau Schindler aus dem Leben ihrer jüdischen Familie.<br />
Meriel Schindler<br />
ist die Enkelin des<br />
Holocaust-Überlebenden<br />
Hugo<br />
Schindler, der bis<br />
1938 das berühmte<br />
Café Schindler<br />
in der Maria-Theresien-Straße<br />
in<br />
Innsbruck betrieb.<br />
Meriel wuchs die<br />
V.l.n.r.: HK Dr. Dietmar Czernich, Bischof Hermann ersten fünfzehn<br />
Glettler, Meriel Schindler, IKG-Präsident Günter<br />
Lieder, Moderator Martin Papst (ORF)<br />
Jahre ihres Lebens<br />
im Zentrum Londons<br />
auf, ehe sie mit ihrer Familie nach Österreich zurückkehrte<br />
und einige Jahre das Gymnasium der Ursulinen in Innsbruck<br />
besuchte. Fünf Jahre später zog sie wieder nach Großbritannien,<br />
um Französisch und Deutsch zu studieren. Heute arbeitet<br />
sie in London als Juristin für Arbeitsrecht, ist verheiratet und hat<br />
drei erwachsene Kinder. Im Jahr 2022 erschien ihr Buch „Café<br />
Schindler. Meine jüdische Familie, zwei Kriege und die Suche<br />
nach Wahrheit“ – mittlerweile ein internationaler Bestseller.<br />
Unglaubliche 500 Gäste besuchten den Abend, der anlässlich<br />
des 85. Jahrestages der „Reichspogromnacht“ stattfand. An der<br />
anschließenden Podiumsdiskussion nahmen neben Frau Schindler<br />
u.a. der Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler und<br />
IKG-Präsident Günter Lieder teil.<br />
Jüdische Filmtage Innsbruck<br />
Nach der gelungenen Premiere im Jahr zuvor gingen die Jüdischen<br />
Filmtage Innsbruck von 27. bis 29. November 2023 bereits<br />
zum zweiten Mal über die Bühne – veranstaltet von der Israelitischen<br />
Kultusgemeinde Tirol und Vorarlberg und organisiert von<br />
deren Sekretär Stefan Gritsch. Im Innsbrucker Leokino waren<br />
an diesen drei Tagen sechs sehr unterschiedliche Filme zu sehen:<br />
Bereits vor der offiziellen Eröfnung stand am ersten Tag der Film<br />
„Wo ist Anne Frank“ auf dem Programm. Der israelische Regisseur<br />
und Drehbuchautor Ari Folman erweckt die Geschichte von<br />
Anne Frank in seinem einfühlsamen Animationsfilm neu zum<br />
Leben und erinnert daran, dass ihre Botschaft auch in der heutigen<br />
Welt leider nicht an Aktualität eingebüßt hat.<br />
Eröfnet wurden die Jüdischen Filmtage mit dem sowjetischen<br />
Film „Komissar“. Alexander Askoldovs Spielfilm ist ein<br />
zeitloses Plädoyer für die moralische Kraft eines human geprägten<br />
Lebens und zudem eine eindrucksvolle Sympathieerklärung für<br />
jüdisches Lebensverständnis<br />
und jüdische<br />
Kultur. „Komissar“<br />
entstand 1967 in der<br />
UdSSR, wurde allerdings von der sowjetischen Filmzensur direkt<br />
nach der Fertigstellung verboten und verschwand jahrzehntelang<br />
im Archiv. Die Urauführung konnte erst zur Zeit der Perestroika<br />
beim Internationalen Filmfestival Moskau stattfinden. Prof. Kurt<br />
Scharr (Institut für Geschichtswissenschaften) und Dr. Eva Binder<br />
(Institut für Slawistik) sorgten in ihrer Einführung für eine<br />
historische bzw. kulturwissenschaftliche Einordnung des Films.<br />
Im Rahmen der anschließenden, sehr stimmungsvollen und sehr<br />
gut besuchten Eröfnungsfeier gab das eigens für die Filmtage<br />
formierte Innsbrucker „TrioLeo“ jüdische Jazz-Standards im Foyer<br />
des Kinos zum Besten.<br />
Der zweite Tag begann mit Kurzfilmen von Studenten und<br />
Studentinnen des Beit Berl College in Kfar Saba nahe Tel Aviv.<br />
Der Rektor der dortigen Filmhochschule, Barak Heymann, war<br />
live zugeschaltet und stand dem interessierten Publikum für Fragen<br />
zur Verfügung. Anschießend kam Barak Heymanns eigener<br />
Dokumentarfilm „High Maintenance“ zur Auführung, ein<br />
liebevolles Porträt des 2021 verstorbenen israelischen Künstlers<br />
Dani Karavan. Karavans Werke sind ikonische Monumente der<br />
Erinnerung. Der Film folgt dem Bildhauer auf einer turbulenten<br />
Reise zu zahlreichen seiner urbanen Installationen und zeigt<br />
einen streitbaren Mann, der sich weigert, vergessen zu werden.<br />
Nach dem Film konnte das Publikum mit dem erneut live zugeschalteten<br />
Regisseur in Dialog treten.<br />
Der dritte Tag begann mit dem Film „Wer hat Angst vor<br />
Braunau?“. Der österreichische Regisseur Günter Schwaiger<br />
dokumentiert darin die spannenden Entwicklungen rund um<br />
die Nachnutzung des Hitler-Geburtshauses in Braunau. Günter<br />
Schwaiger war persönlich anwesend und diskutierte im Anschluss<br />
mit dem Dekan der Philosophischen Fakultät der Uni<br />
Innsbruck, Dirk Rupnow<br />
Abgeschlossen wurden die Jüdischen Filmtage mit der rumänischen<br />
Produktion „Mir ist es egal, wenn wir als Barbaren in<br />
die Geschichte eingehen“. In dem von Regisseur Radu Jude als<br />
Tragikomödie inszenierten Film macht sich eine junge Theaterregisseurin<br />
daran, eine rumänische Mitschuld am Holocaust zu<br />
thematisieren. Judes Film aus dem Jahr 2018 findet einen eigenen<br />
Ton für ein schwieriges Thema: die selektive Erinnerungspolitik<br />
im heutigen Europa.<br />
Die Jüdischen Filmtage Innsbruck wurden auch in ihrer zweiten<br />
Auflage vom Publikum begeistert aufgenommen und werden<br />
von 25. bis 27. November <strong>2024</strong> zum dritten Mal über die<br />
Bühne gehen.<br />
Öffentliche Chanukka-Feier in Hohenems<br />
Am 09. Dezember lud die Israelitische Kultusgemeinde für Tirol<br />
und Vorarlberg die Öfentlichkeit zur Chanukkafeier in den<br />
Fotos: © IKG Innsbruck / Alexandra Wiedring (Gymnasium Ursulinen)<br />
22 <strong>Insider</strong> <strong>Februar</strong> <strong>2024</strong>