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Herr Funkel, unmittelbar<br />
nach dem Remis<br />
gegen Wehen<br />
Wiesbaden sprachen<br />
Sie davon, dass im<br />
Umfeld eine “Weltuntergangsstimmung“<br />
herrschen würde.<br />
Hat sich das Stimmungsbild<br />
auf dem Betzenberg mittlerweile<br />
etwas gedreht?<br />
Friedhelm Funkel: Wir haben<br />
am Sonntag trainiert und das<br />
Spiel sachlich analysiert. Bei<br />
vielen Traditionsvereinen ist<br />
die Stimmung aufgeheizt. Das<br />
Trainerteam und auch die<br />
Mannschaft wissen, dass wir<br />
den Klassenerhalt schaffen<br />
können und das zählt. Ich kenne<br />
mich mit solchen Situationen<br />
aus und weiß, worauf es<br />
ankommt.<br />
Nämlich?<br />
Friedhelm Funkel: Wir müssen<br />
die Ruhe bewahren und bei uns<br />
bleiben. Wir bereiten uns jetzt<br />
voll auf das Spiel in Kiel vor<br />
und versuchen dort erfolgreich<br />
zu sein.<br />
Die Fans blieben am letzten<br />
Samstag aber nicht ruhig.<br />
Zum Ende des Spiels herrschte<br />
auf den Rängen Unruhe und<br />
dadurch wirkte Ihr Team fahrig<br />
und nervös. Haben Sie das<br />
auch so wahrgenommen?<br />
Friedhelm Funkel: Es ist so,<br />
dass ich die Sorgen und Ängste<br />
der Fans nachvollziehen kann.<br />
Aber diese Ungeduld und Unruhe<br />
hilft der Mannschaft in<br />
dieser Phase nicht weiter. Wir<br />
alle wollen in der Liga bleiben.<br />
Gegen Osnabrück haben uns<br />
unsere Zuschauer nach vorne<br />
gepusht und das war ein Grund,<br />
warum wir das Spiel gedreht<br />
haben. Gegen Wiesbaden haben<br />
die Fans mehr Risiko gefordert,<br />
aber fünf Spieltage vor Schluss<br />
kann ich nicht “Alles oder<br />
Nichts“ spielen.<br />
Sportchef Thomas Hengen<br />
wählte nach dem Wiesbaden-<br />
Spiel drastische Worte. Er<br />
sprach von “fehlendem Willen“<br />
und “Mutlosigkeit“. Zudem<br />
wählte er den Begriff<br />
“Hosenscheißer-Fußball“. Teilen<br />
Sie diese Einschätzung?<br />
Friedhelm Funkel: Der Sport-<br />
Vorstand hat das Recht, seine<br />
Meinung zu sagen. Thomas ist<br />
sehr emotional und er lebt den<br />
Verein, wie kaum ein anderer.<br />
1. FC Kaiserslautern<br />
Der 1.FC Kaiserslautern steht extrem unter Druck –<br />
Cheftrainer Friedhelm Funkel (70) im Interview vor der Partie in Kiel<br />
„Der 1. FC Kaiserlautern wird definitiv in der Liga bleiben“<br />
Fester Glaube: Friedhelm Funkel<br />
ist fest überzeugt, dass der 1. FC<br />
Kaiserslautern den Klassenerhalt<br />
schafft.<br />
Foto: pin<br />
In der zweiten Hälfte hat uns<br />
nun mal der Mut gefehlt und<br />
das habe ich der Mannschaft<br />
auch deutlich gesagt.<br />
Mit Julian Niehues hat sich ein<br />
wichtiger Sechser schwer verletzt<br />
und fehlt langfristig. Warum<br />
ist Afeez Aremu, der im<br />
Fußball-Norden bestens bekannt<br />
ist, derzeit keine Option<br />
vor der Abwehr?<br />
Friedhelm Funkel: Afeez muss<br />
intensiver trainieren und sich<br />
mehr anbieten. Momentan fällt<br />
er im Training nicht so auf und<br />
das muss sich ändern. Natürlich<br />
ist er im Zweikampf oft<br />
noch sehr ungestüm. Gegen<br />
Wiesbaden habe ich mich im<br />
Zentrum neben dem gesetzten<br />
Filip Kaloc für Marlon Ritter<br />
entschieden, der uns spielerische<br />
Impulse gibt. Afeez wird in<br />
Kiel aber im Kader stehen, alles<br />
Weitere werden wir sehen.<br />
Stürmer Ragnar Ache ist zweifelsfrei<br />
ein Topstürmer, auf<br />
den es in den kommenden Wochen<br />
ankommt. Was muss passieren,<br />
damit er noch mehr in<br />
Szene gesetzt wird?<br />
Friedhelm Funkel: Natürlich<br />
ist Ragnar wichtig. Wir müssen<br />
die Trainingsleistungen einfach<br />
ins Spiel transferieren. Richmond<br />
Tachie hat eine unfassbar<br />
gute Trainingswoche absolviert,<br />
aber das dann nur ansatzweise<br />
gegen Wiesbaden abgerufen.<br />
Auf dem Flügel im<br />
Eins-gegen-Eins müssen<br />
wir einfach mehr Risiko<br />
gehen und die Duelle gewinnen,<br />
um somit auch<br />
Ragnar besser in Position<br />
zu bekommen.<br />
Am Samstag geht es zu<br />
Holstein Kiel, die zuletzt<br />
sechs Siege in<br />
Folge ohne Gegentor<br />
eingefahren haben.<br />
Was zeichnet<br />
Holstein in dieser Endphase<br />
der Saison aus?<br />
Friedhelm Funkel: Aus<br />
meiner Sicht sind es drei<br />
Dinge, nämlich die mannschaftliche<br />
Geschlossenheit,<br />
die Kompaktheit und<br />
das ausgeprägte Selbstvertrauen.<br />
Ich muss Trainer<br />
Marcel Rapp sowie Sportchef<br />
Uwe Stöver ein großes<br />
Kompliment machen.<br />
Beeindruckend finde ich,<br />
wie Kiel die Nachfolge von Uwe<br />
geregelt hat und mit Carsten<br />
Wehlmann der neue Sportchef<br />
parallel mit ihm arbeitet – das<br />
finde ich richtig stark. In Kiel<br />
wird vorgelebt, was mit einem<br />
ruhigen Umfeld alles geschafft<br />
werden kann. Viele Traditionsclubs<br />
haben diese Kontinuität<br />
nicht und geraten deshalb in<br />
Schieflage.<br />
Mit Lewis Holtby fehlt bei Holstein<br />
am Samstag ein ganz<br />
wichtiger Spieler. Was glauben<br />
Sie, wie Marcel Rapp den<br />
Routinier ersetzen wird?<br />
Friedhelm Funkel: Kiel hat einen<br />
breiten und qualitativ guten<br />
Kader, von daher werden sie<br />
es auffangen und ihn vermutlich<br />
eins zu eins ersetzen. Wer<br />
es dann genau ist, werden wir<br />
am Samstagmittag sehen –<br />
mein Kollege hat da sicher<br />
zwei, drei Optionen. Holtby<br />
spielt aber wirklich eine ganz<br />
starke Saison und ist einer der<br />
absoluten Leistungsträger im<br />
Team.<br />
Wie ist am Samstag die Herangehensweise<br />
für das Spiel – ist<br />
es zu früh um “all in“ zu gehen?<br />
Friedhelm Funkel: Um es klar<br />
zu sagen: Ich werde doch in<br />
Kiel nicht ins offene Messer laufen<br />
und alle nach vorne schicken.<br />
Ich bin 30 Jahre Trainer<br />
und weiß genau, wie wir die<br />
letzten vier Spiele angehen werden.<br />
Um die Frage zu beantworten,<br />
wir gehen in Kiel nicht “all<br />
in“ und wollen trotzdem punkten.<br />
Sie selber haben vor drei Jahren<br />
in Kiel mit dem 1.FC Köln<br />
die Relegation gewonnen und<br />
die Rheinländer so in der<br />
Bundesliga gehalten. Welche<br />
konkreten Erinnerungen<br />
haben Sie an die Duelle bei<br />
Holstein?<br />
Friedhelm Funkel: Ich habe<br />
gute Erinnerungen an Kiel.<br />
Auch mit der Fortuna war ich<br />
dort in der Aufstiegssaison erfolgreich.<br />
Ich bin auch gerne<br />
beim Handball in Kiel und finde<br />
die Stadt und die Nähe zum<br />
Wasser schön. Ich hoffe, meine<br />
Erinnerungen bleiben auch<br />
nach der Partie am Samstag so<br />
positiv (lacht).<br />
Abschließend: Sie haben<br />
schon viele Vereine vor dem<br />
Absturz gerettet. Hätten Sie<br />
sich aber die Mission beim<br />
1. FC Kaiserslautern so kompliziert<br />
vorgestellt?<br />
Friedhelm Funkel: Ich habe<br />
schon damit gerechnet, dass es<br />
schwierig wird und es bis zum<br />
letzten Spieltag gehen kann.<br />
Am Ende bin ich felsenfest davon<br />
überzeugt, dass der 1.FC<br />
Kaiserslautern definitiv in der<br />
Liga bleiben wird.<br />
(Frank Sorgatz)<br />
Regionalsport | 7