Die vielfältige Vogelwelt rund um unsere Residenz - DKV-Residenz ...
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RUNDSCHAU 3/2012 > EInBLIck<br />
Münster steckt voller<br />
Merkwürdigkeiten<br />
Der katholische Fischreiher!<br />
Da steht er wieder, der schlanke, hochbeinige Fischreiher mit dem schmalen,<br />
langen Hals – hoch oben in <strong>unsere</strong>r nachbarschaft auf dem schornstein<br />
bei den schwestern der göttlichen Vorsehung im Haus der stille.<br />
Der Reiher liebt diesen Platz und die<br />
Schwestern lieben ihn. Sie meinen<br />
scherzhaft, er fühlt sich pudelwohl bei<br />
uns, er muss katholisch sein, genau wie wir.<br />
Aber nicht nur die Schwestern haben an dem<br />
gefiederten Kerl auf dem Schornstein ihre Freude<br />
sondern auch wir, die Fußgänger auf dem<br />
beliebten Aaseitenweg. Wir beobachten gern,<br />
wie er sein Gefieder putzt oder stundenlang mit<br />
eingezogenem Hals auf einem Bein steht, niemand<br />
kann ihm hier zu nahe kommen. Das ist<br />
eine beliebte Ruhestellung bei ihm.<br />
Nebenan fließt die Aa, sie hat uns den Reiher in<br />
die Stadt gebracht. Wenn man Glück hat, kann<br />
man ihn hier beim Fischfang sehen, wie er mit<br />
seinen langen Beinen langsam durch das Niedrigwasser<br />
der Aa schreitet. Er gehört zur Gruppe<br />
der Schreitvögel. Fische und Mäuse sind seine<br />
Hauptnahrung aber auch Eidechsen, Molche,<br />
kleine Schlangen und Wasserratten sowie Frösche.<br />
Da er die Angewohnheit hat, im Flug lautstarke,<br />
heisere, krächzende Schreie auszustoßen,<br />
kann man ihn schon morgens früh und spätabends<br />
in der Dämmerung bei seinen Rückflügen sogar<br />
bei geschlossenem Fenster hören. In der Stadt<br />
orientiert er sich an dem Verlauf der Aa.<br />
Der Volksmund sagt zu ihm Fischreiher, aber<br />
richtig ist Graureiher. Er wird 90 bis 98 Zentimeter<br />
groß und seine Flügelspannweite ist zwischen<br />
175 und 195 Zentimeter. Er brütet nur in<br />
Kolonien auf hohen Bä<strong>um</strong>en. Für seinen Lebensra<strong>um</strong><br />
braucht er Flachwasserzonen wie Sümpfe,<br />
Teiche, flache Seeufer, Schilfgürtel, denn er<br />
kann nicht schwimmen.<br />
Der berühmteste Zoologe <strong>unsere</strong>r Stadt, Prof.<br />
Hermann Landois, hat ihm in seinem Werk<br />
»Westfalens Tierleben in Wort und Bild« ein<br />
ganzes Kapitel gewidmet.<br />
Zurück zu <strong>unsere</strong>m katholischen Fischreiher auf<br />
dem Schornstein. Wir haben ihn schon lange<br />
nicht mehr gesehen, hat er den Ruheplatz<br />
gewechselt – ist er abtrünnig geworden? Wo ist<br />
er? Wir vermissen ihn oder vielleicht lebt er gar<br />
nicht mehr. Wenn das stimmt, dann, ja dann soll<br />
das hier heute sein Nachruf sein.<br />
In der Promenade zwischen Zwinger und Hörsterstraße,<br />
nahe der Adolph Kolping Schule stehen<br />
drei bronzene Reiher. Zwei davon in ihrer<br />
typischen Haltung. Der große Reiher zeigt seinen<br />
langen, schlanken Hals bei der Nahrungsaufnahme<br />
und der andere den eingeknickten<br />
Hals beim Flug und in der Ruhestellung.<br />
Und noch eine Empfehlung an alle Interessierte,<br />
man sollte den katholischen Schornstein bei den<br />
Schwestern im Auge behalten – es gibt Nachwuchs.<br />
Anneliese Rhode < < <<br />
Bild: Arnold Schlick