15 Jahre Partnerschaft Hatten/Oldenburg ... - Gemeinde Hatten
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Gisela Bräuer: Unvergessliche Eindrücke<br />
29<br />
Bereits zum 3. Mal hatte ich das Glück, einen ganz außergewöhnlichen Urlaub mit anderen<br />
Menschen zu erleben. Mir kam es darauf an, abseits der großen Touristenströme dem<br />
durchorganisierten und durchgestalteten Urlaub den Rücken zu kehren, um mich auf ein<br />
Abenteuer besonderer Art einzulassen: Drei Wochen Bergwanderung und Leben in der einzigartigen,<br />
ständig wechselnden Landschaft des Kaukasus, ganz auf sich, die Natur und die<br />
dort lebenden Menschen gestellt. Eingetaucht in eine uns völlig fremde Kultur mit hochinteressanten<br />
Sitten und Gebräuchen. Auch die dort herrschenden Lebensbedingungen unterscheiden<br />
sich von unseren erheblich. Zwar bin ich nun schon das 3. Mal die gleiche Route<br />
gegangen, doch ist es für mich jedes Mal neu, faszinierend in der Begegnung unbekannter<br />
Menschen und dem Wiedersehen alter Bekannter. Sobald wir mit den Eseln unterwegs sind,<br />
treffen wir keine Geschäfte mehr an, in denen wir uns mit Brot oder Fleisch versorgen könnten.<br />
Auch Märkte gibt es nicht mehr; die Menschen tauschen und helfen sich untereinander.<br />
Westliche „Kultur“ in Form von Coca Cola, Snickers, Mars und Kaugummi hat überall Einzug<br />
gehalten und wird von ein paar Jungen in kleinsten Läden verwaltet. Mehl und Zucker sucht<br />
man jedoch hier vergebens. Doch was tun, wenn der Brotvorrat für acht Personen aufgegessen<br />
ist? Hoch auf den Almen ist das kein Problem. Dort ist es Sitte, dass der Fremde mit<br />
dem Nötigsten wie Brot und Getränken versorgt wird; ohne ein „Dankeschön“ erwartend.<br />
Gäste sind hier selten und jeder freut sich über Fremde in seinem Haus. Doch in Tindi, einem<br />
größeren Dorf, woher Brot und Fleisch bekommen? Wir treffen den Techniker von der<br />
Wetterstation mit einem Stück Hammelfleisch in der Hand wieder. Der Sohn, der uns oben<br />
einen Steinbock schießen wollte, war bei der Jagd glücklos gewesen, aber sein Fleisch, das<br />
können wir gerne bekommen. Er hat es nur so gekauft...! Wir konnten nicht einmal fragen,<br />
wo er das Fleisch gekauft hatte, denn dann hätten wir sein Geschenk, das er selber benötigte,<br />
nicht mehr ablehnen können. Ich war ein Stückchen hinter der Gruppe zurückgeblieben,<br />
um meinen Anorak in den Rucksack zu stecken, und folgte dann allein durch die engen Gassen<br />
des Dorfes. Wie groß war meine Verblüffung, als mir plötzlich eine alte Frau drei große<br />
Kastenbrote in die Arme drückte. Ich löste meinerseits Verwunderung aus, als ich sie daraufhin<br />
spontan umarmte, denn so schnell konnte ich keine Worte finden. „Diese fremde<br />
westliche Frau begegnet mir so persönlich und nah“ - mag sie gedacht haben. Später erfuhr<br />
ich, dass unser Bergführer diese Frau gefragt hatte, wo sie das Brot gekauft hatte. Doch es<br />
gab nichts mehr zu kaufen. In eben diesem Dorf hatten wir noch eine andere Begegnung.<br />
Beim Durchwandern sagte plötzlich ein Mann neben uns „Guten Abend“ und sofort entwickelte<br />
sich ein lebhaftes Gespräch. Er war Lehrer für Französisch und Musik an der Schule<br />
und hatte früher selbst etwas Deutsch gelernt. Am Abend war er natürlich Gast bei uns im<br />
Küchenzelt und hatte noch einen Kollegen mitgebracht. Frischen Knoblauch und Obst aus<br />
ihrem Garten legten sie auf den Tisch und extra für uns gebackenes frisches Fladenbrot,<br />
noch warm und einfach köstlich. Eine Flasche guten Cognac’s wurde aus der Jackentasche<br />
gezogen und später noch eine und wir unterhielten uns in französischer, russischer und<br />
deutscher Sprache. Wir saßen auf Holzbohlen, die wir mit Säcken gepolstert hatten. Vor uns<br />
lag auf dem Boden unsere Wachstuchdecke mit den Speisen und Getränken. Eine Petroleumlampe<br />
erhellte unser Zelt und draußen funkelten tausende von Sternen in der klaren<br />
Nacht. Zahlreiche Sternschnuppen boten uns ein beeindruckendes Schauspiel. 4000 km<br />
voneinander entfernt lebend, lernten wir Familien und Lebensumstände voneinander kennen<br />
und verstanden uns prächtig.<br />
Die Landschaft ist unvergleichlich schön und begeistert mich immer wieder, zumal sie sich<br />
bei verschiedenen Witterungsbedingungen immer anders präsentiert. Wer stand schon einmal<br />
an einem Bergabhang, inmitten einer reglos verharrenden, riesigen Schafherde in strömendem<br />
Regen und trank Tee? Die Tiere hören auf zu fressen, wenn es stark regnet, und<br />
die Wolken hängen dann so tief, dass man sie anfassen kann. Dabei höre ich noch die lauten<br />
Rufe des Schäfers, der ohne Hund die Tiere auf der gegenüberliegenden Hangseite in<br />
3000 m Höhe lenkte, und sehe den Adler, nur 20 m vor unserem Zelt dicht über den Boden<br />
dahin gleiten, bis die nächste Wolke ihn verschluckt.