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Martin Luther - Diakonie Leipzig

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Die Krise nach der Geburt eines Kindes<br />

Die Lebensberatungsstelle<br />

berät junge Eltern in Konflikten<br />

Das erste Kind ist geboren, die Krönung der Liebe zwischen<br />

Mann und Frau, ein kleiner Mensch, dem sie ihre ganze Liebe<br />

widmen. Das Kind gibt ihrem Leben einen tieferen Sinn. Dabei<br />

wachsen beide noch mehr zusammen, lernen sich in ihrer<br />

neuen Rolle kennen und lieben und wachsen als Eltern über<br />

sich hinaus ...<br />

So könnte es sein, so haben es sich beide in den Monaten<br />

der Schwangerschaft vorgestellt. Aber oftmals ist es so nicht.<br />

Viele Paare kommen mit der Situation nicht zurecht, sie<br />

verlieren sich als Paar. Die beiden merken, dass sie sich zu<br />

sehr verletzen, dass der Streit nicht mehr konstruktiv ist, und<br />

sie fürchten, dass das Kind in die Auseinandersetzung mit<br />

hineingezogen wird. Gespräche mit Eltern und Freunden,<br />

deren Rat und Unterstützung, haben nicht gereicht, um eine<br />

wirkliche Änderung herbeizuführen. Finanzielle Engpässe, die<br />

hohen Anforderungen innerhalb einer Ausbildung, eines<br />

Studiums oder schon im Beruf kommen oftmals in unserer<br />

harten Leistungsgesellschaft noch hinzu. Nicht selten wird<br />

dann auch über Trennung nachgedacht. In dieser Situation<br />

sucht man Hilfe in der Evangelischen Lebensberatungsstelle,<br />

meldet sich an für eine Paarberatung.<br />

Im ersten Beratungsgespräch schauen die Beraterinnen mit<br />

den Betroffenen zunächst, was bisher miteinander gut und<br />

was schief gelaufen ist. Welche Erwartungen blieben unerfüllt?<br />

Welche sind gar unrealistisch und unerfüllbar? Ist ein<br />

Beziehungsmuster erkennbar?<br />

Als kinderloses, junges Paar – da ging es ausschließlich nach<br />

den Wünschen und Bedürfnissen der beiden Partner. Doch<br />

jetzt dreht sich alles nur noch um das Kind.<br />

Die Mutter - von Natur aus sehr eng mit dem Kind verbunden<br />

- hat vielleicht gar nicht bemerkt, wie sie sich zur alleinigen<br />

„Expertin“ für die Bedürfnisse des Kindes entwickelt hat und<br />

unbewusst den Vater ausgrenzt. Und dieser fühlt sich<br />

vielleicht an den Rand gedrängt, zieht sich zurück. Die junge<br />

Mutter wiederum fühlt sich von ihm im Stich gelassen, meint<br />

von ihm als Frau auch nicht mehr wahrgenommen zu werden,<br />

die erotische Beziehung schläft ein. Gegenseitige Vorwürfe<br />

Jahresbericht 2012 Lebensberatungsstelle 29<br />

und Entwertungen überwiegen nun im Alltag. Was bisher an<br />

Eigenheiten am Partner großzügig übersehen wurde, wird auf<br />

einmal zum ständigen Streitthema. Das Erwachen aus den<br />

idealisierten Vorstellungen von Partner und Partnerschaft ist<br />

schmerzhaft, und die damit verbundene Enttäuschung über<br />

den Partner wird nicht selten auch an diesem ausgelassen.<br />

Der eigene Anteil am Streit kann nicht gesehen werden. Die<br />

Andersartigkeit des Partners/der Partnerin kann nicht akzeptiert<br />

und respektiert werden, er /sie ist schuld an meinem Leid.<br />

In den Beratungssitzungen versucht die Beraterin beide in<br />

ihrer Unterschiedlichkeit zu verstehen. Paare sind oft nicht<br />

darauf vorbereitet, mit solch heftigen Konflikten umzugehen,<br />

zuweilen ist sogar Angst zu spüren, diese überhaupt konkret<br />

zu benennen. Nehme ich meine negativen Gefühle schnell<br />

genug wahr, und wie soll ich darüber sprechen, ohne den<br />

anderen nicht noch mehr zu verletzen? Und dennoch kann es<br />

gelingen, dass das Paar erkennt, was gerade mit ihm geschieht<br />

und dass Zeit, Geduld und neue Verhaltensstrategien<br />

nötig sind, um Entwicklungsprozesse für eine alltagstaugliche<br />

Liebe zu befördern – die beste Voraussetzung für ein gutes<br />

Gedeihen des Kindes.<br />

Die junge Mutter braucht ihren Mann doch gerade jetzt ganz<br />

besonders als Schutz und Bindeglied zum Leben in der<br />

Gesellschaft, und sie will von ihm für ihre aufopferungsvolle<br />

Familienarbeit anerkannt und geschätzt werden. Der Mann,<br />

der müde vom Dienst kommt, braucht ihre freundliche Begrüßung<br />

und eventuell erst mal eine kurze Ruhepause, ehe er sich<br />

Frau und Kind zuwendet. Verständnis für den Partner/die<br />

Partnerin kann das erste zarte Pflänzchen auf dem Weg zu<br />

einem besseren Miteinander und einer realitätsgeprüften Liebe<br />

sein, die beiden mit dem Kind einen Reifungsprozess er-<br />

möglicht – ein Leben lang. Partnerschaft und Elternsein kann<br />

gelingen.<br />

nach einem Interview mit Gisela Berger,<br />

Beraterin bei der Evangelischen Lebensberatungsstelle

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