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Ausgabe 3 / 2010 hier als PDF. - IG Fahrrad

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MAGAZIN für FAHRRADKULTUR<br />

03-<strong>2010</strong> HERBST<br />

GRATIS!<br />

www.velosophie.at<br />

alle programm-highlights<br />

BicYcLe FiLM FeSTiVAL<br />

16.–19. september wien/urania<br />

picnic ride<br />

beSuch beI deR TRAdITIonSmARke<br />

bRookS In bIRmInGhAm<br />

FAirneSS-ZOnen<br />

zu fuSS, peR RAd und wIe SIch<br />

konflIkTe veRmeIden lASSen


„Heute habe ich´s eilig Papa!“<br />

So 19.9.<br />

Bike-Brunch<br />

am Wiener Rathausplatz<br />

Komm mit dem <strong>Fahrrad</strong>, feier mit<br />

und hole Dir Dein Gratis-Frühstück.<br />

09.00 - 12.00 Uhr<br />

*<br />

E-BIKE GEWINNEN!<br />

P O W E R E D BY W I E N E N E R G I E<br />

<strong>2010</strong><br />

UNTERSTÜTZT VON STADTRAT RUDI SCHICKER<br />

Mo 20. - Mi 22.9.<br />

Bike+Ride<br />

im Wiener U-Bahn Netz<br />

Komm mit dem Rad zur U-Bahn-Station und<br />

hole Dir Deinen Gratis-Fahrschein.<br />

07.00 - 17.00 Uhr<br />

Mo 20. - Mi 22.9.<br />

E-Bike-Test<br />

am Wiener Rathausplatz<br />

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gewinne ein E-Bike.<br />

10.00 - 18.00 Uhr<br />

Symbolfoto


FOTOS: roxy erickson /brooks england/bicycleimages, bicyclefilmfestival.com<br />

KREATIVITÄT UND INDIVIDUALITÄT<br />

KULTURTRÄGER FAHRRAD<br />

Unser allerliebstes Verkehrsmittel – es ist<br />

mehr <strong>als</strong> nur die schnelle, effiziente, umweltfreundliche<br />

und gesundheitsfördernde<br />

Maschine, die uns im städtischen<br />

Gewühl sicher und direkt ans Ziel bringt.<br />

Das <strong>Fahrrad</strong> bewegt viel mehr <strong>als</strong> nur seine<br />

ReiterInnen, sein Antrieb sind nicht<br />

nur ein Paar Beine. Es bewegt sich etwas,<br />

das wächst und sich vernetzt und sich<br />

ausbreitet wie ein freundlicher Virus. Wir<br />

nennen ihn <strong>Fahrrad</strong>kultur, sein Wirt sind<br />

Bike Communities in unzähligen Städten<br />

weltweit, er verbreitet sich auf verschlungenen<br />

digitalen und terrestrischen<br />

Wegen und überträgt sich von Mensch zu<br />

Mensch. Seine Schöpfungen werden in<br />

unterschiedlichster Weise zur Schau getragen:<br />

<strong>als</strong> dein und mein <strong>Fahrrad</strong> auf der<br />

Straße, <strong>als</strong> Design und Modeschöpfung,<br />

<strong>als</strong> Buch und Film. Vor allem <strong>als</strong> Lebensgefühl<br />

und Inspiration, gespeist aus Tradition<br />

und Moderne, vom Underground<br />

vorangetrieben und vom Mainstream mit<br />

offenen Armen aufgegriffen.<br />

Diese velosophie-<strong>Ausgabe</strong> widmet sich<br />

diversen Blüten dieser wohl gedeihenden<br />

Pflanze, die so jung gar nicht ist: Zehn<br />

Jahre hat das International Bicycle Film<br />

Festival schon hinter sich, gleichzeitig <strong>als</strong><br />

fIlM fährt rAD<br />

Das International Bicycle<br />

Film Festival feiert zehnjähriges<br />

Jubiläum! Seit 2001<br />

zieht es über die Kontinente<br />

und führt eine Packtasche<br />

voller <strong>Fahrrad</strong>film-Kleinode<br />

mit sich. Mitte September<br />

funkelt diese Schatzkiste<br />

wieder in Wien: BFF ab S.24<br />

Dünger und Feld der urbanen Radkultur<br />

mittendrin und vorneweg. Wir beleuchten<br />

die filmischen Highlights des Festiv<strong>als</strong><br />

(S.24), das heuer in 38 Städten und<br />

darunter zum vierten Mal in Wien gastiert.<br />

Das jährliche Fest fürs <strong>Fahrrad</strong> steht<br />

vor der Tür, es bringt Parties, Events und<br />

Kunst (Veloart, S.48) mit sich.<br />

Der traditionellen Seite der Fahrrradkultur<br />

– ihre Wurzeln existieren ja schon seit<br />

vielen Jahrzehnten - wenden sich die Beiträge<br />

zu Jan Heines Liebe zu klassischen<br />

Renn- und Reiserädern (S.44) und der Firmengeschichte<br />

von Brooks Saddles (S.6)<br />

zu. Die britische Traditionsmarke hatte<br />

stilgemäß zum Picnic Ride geladen, velosophie<br />

war dabei und hat sich die backsteinerne<br />

Produktionsstätte bei Birmingham<br />

angesehen. Das Velozine (S.12) berichtet<br />

von Geisterrädern und Freak<br />

Bikes, in den Velocities (S.36) betrachten<br />

wir Verkehrspolitik und Velophilie in aller<br />

Welt und zeigen ein Beispiel aus Stan<br />

Engelbrechts faszinierender Foto-Porträtserie<br />

von Radfahrenden in Südafrika.<br />

Seine Bilder präsentieren einen anderen<br />

Aspekt dessen, was wir Radkultur nennen.<br />

Sie hat viele Gesichter und Geschichten,<br />

lernen wir sie kennen!<br />

Alec Hager, Chefredakteur<br />

grUPPeNreISe<br />

Tradition und Regenguss:<br />

Der britische Sattelhersteller<br />

Brooks lud zum Picnic<br />

Ride durch die englischen<br />

Midlands, über pittoreske<br />

Hügel und in die Fabrikshallen,<br />

wo seit vielen Jahrzehnten<br />

die bekannten Ledersättel<br />

gefertigt werden. S.6<br />

Verleger fährt!<br />

Jan Heine ist Herausgeber<br />

des Magazins „Bicycle Quarterly“,<br />

das von Seattle aus<br />

<strong>Fahrrad</strong>verehrerInnen mit<br />

Fachwissen und Details zu<br />

Historischem, Feinem und Individuellem,<br />

Schwerpunkt<br />

Rennrad, verwöhnt. velosophie<br />

porträtiert ihn auf S.44<br />

velotorial<br />

velosophie.at<br />

3


velocontents<br />

IN dIeser ausgabe<br />

6 PICKNICK MIT LANDPARTIE Ein BESUCH<br />

in DEn EnGLiSCHEn MiDLAnDS BEi BROOKS<br />

12 vELozINE KULtURELLES, nützLiCHES UnD<br />

intERESSAntES AUS DER WELt DES FAHRRADS<br />

20 AUF ENGEM RAUM MEinUnGEn zUM KOnFLiKt-<br />

POtEnziAL zWiSCHEn FUSS- UnD RADVERKEHR<br />

24 FAHRRADKULTUR GALoRE! DAS BiCYCLE FiLM<br />

FEStiVAL FEiERt zEHn jAHRE RADRAMBAzAMBA<br />

3o E-REALITY DiE SiEGERINNEN DES VOtinGS DER<br />

WiEn EnERGiE E-BiKE initiAtiVE <strong>2010</strong><br />

36 vELoCITY BERiCHtEnSWERtES AUS DEn<br />

FAHRRADStäDtEn DiESER WELt<br />

40 vELoPoRT BiKES, DiE UnS GEFALLEn<br />

42 vELosTYLE DinGE, DiE WiR ViELLEiCHt<br />

BRAUCHEn UnD SiCHER MöGEn<br />

44 sTILLE voM FEINsTEN jAn HEinE iSt<br />

REnnRAD-BEWUnDERER UnD VERLEGER<br />

48 vELoART MAtt MOORE MAG ES FARBEnFROH<br />

50 vELovERsE tAntA RAjA LEGt SiCH inS zEUG<br />

16 IMPREssUM<br />

Cover-ArT: GoJIrA vS. veLoSoPHIe, rALf HAuSer<br />

4 velosophie.at<br />

FOTO: nagy zsolt


Zu Besuch bei Brooks<br />

Picknick mit<br />

Seit 1882 produziert die britiSche traditionSmarke brookS LederSätteL<br />

für radfahrende mit StiL und auSdauer. Velosophie hat die aLteingeSeSSene<br />

fabrik bei birmingham beSucht und Sich dem picnic ride angeSchLoSSen.<br />

text ALEC HAGER fotos Roxy ERiCkson/BRooks EnGLAnd/BiCyCLEimAGEs<br />

6 velosophie.at


LandPartie


ein Picknick ist eine Mahlzeit, die<br />

im Freien eingenommen wird,<br />

meistens gemeinschaftlich in einer<br />

Gruppe. Oft ist ein Picknick verbunden<br />

mit einem Ausflug: Was im Lexikon<br />

trockene Tatsache ist, kann zu feuchter<br />

Realität werden, wenn man sich auf<br />

Einladung von Brooks in die englischen<br />

Midlands begibt. Die saftig grünen Wiesen<br />

auf den sanften Hügeln rund um<br />

Birmingham beziehen ihre Lebenskraft<br />

aus Regen, und diesen gibt es momentan<br />

in rauen Mengen. Eine ausgewählte<br />

Schar radbegeisterter Menschen aus<br />

einigen Kontinenten hat sich versammelt,<br />

ihre feinsten Tweed-Klamotten<br />

angelegt und die Schmuckstücke aus<br />

der Radsammlung mitgebracht: Picnic<br />

Ride! Startpunkt ist die traditionelle<br />

Produktionsstätte der Brooks-Sättel in<br />

Smethwick, wo das Erbe des Fabriksgründers<br />

weiter getragen wird.<br />

Die Legende von der Geburtsstunde<br />

der britischen Ledersättel erzählt man<br />

sich am knisternden Torffeuer der lokalen<br />

Pubs ungefähr so: John Boultbee<br />

Brooks brach 1865 aus seinem Heimatort<br />

Hinckley in Leicestershire Richtung<br />

Birmingham auf, in seiner Tasche gera-<br />

8 velosophie.at<br />

de mal 20 Pfund. Dort angekommen,<br />

erarbeitete er sich eine kleine Werkstatt<br />

für Pferdegeschirr und Lederwaren<br />

in der Great Charles Street, die er<br />

1866 eröffnete. Die Geschäfte gingen<br />

wohl nicht allzu gut, denn <strong>als</strong> sein einziges<br />

Pferd 1878 das Zeitliche segnete,<br />

war John finanziell nicht zum Ankauf<br />

eines nagelneuen Gaules im Stande.<br />

Also borgte er sich ein <strong>Fahrrad</strong>, um zur<br />

Arbeit zu gelangen. Und dieser Akt des<br />

frühen Alltagsradelns brachte ihn zu<br />

einer schmerzhaften Erkenntnis: Der<br />

Sattel des <strong>Fahrrad</strong>es war höllisch unbequem,<br />

daher machte John sich daran,<br />

diesem Umstand Abhilfe zu verschaffen.<br />

Am 28. Oktober 1882 meldete er<br />

sein erstes Patent für <strong>Fahrrad</strong>sättel an.<br />

Er hatte wohl einen wunden Punkt getroffen,<br />

seine Produkte fanden rasenden<br />

Absatz und viel Bewunderung. Er<br />

expandierte mit Ledertaschen und anderen<br />

Rad-Accessoires und baute damit<br />

ein Familienunternehmen auf, das ihm<br />

großes Ansehen und ebenso große Anwesen<br />

in England einbrachte.<br />

Viele der Patente, die JB Brooks & Co.<br />

entworfen haben, nahmen schon vor<br />

einem Jahrhundert Entwicklungen vor-<br />

weg, die in unserer Zeit wieder aktuell<br />

wurden: Aussparungen im Dammbereich<br />

zur besseren Durchblutung, Bemühungen<br />

um Fahrkomfort durch Federung.<br />

Letztere wurde durch prächtig<br />

gedrehte Stahlfedern erreicht, die seit<br />

1898 immer noch zu den Markenzeichen<br />

der schweren, bequemen Produktlinien<br />

gehören. Die Rennsättel der<br />

Schienen „Swallow“ und „Swift“ wiederum<br />

bestechen durch schlanke Linien,<br />

Leichtgewicht und Eleganz. Ihr Design<br />

geht auch schon aufs Jahr 1937 zurück,<br />

<strong>als</strong> die Brooks Company seine erste<br />

Hochblüte erreicht hatte. Nach einigen<br />

Wirrnissen und T<strong>als</strong>ohlen steht die<br />

Marke im 21. Jahrhundert wieder in<br />

vollem Saft, hat <strong>als</strong> Teil des Selle Royal-<br />

Konzerns italienische Raffinesse vor<br />

allem im Bereich der Taschenmodelle<br />

und des Marketings dazugewonnen.<br />

Die Sättel werden aber weiterhin im<br />

britischen Smethwick bei Birmingham<br />

produziert, in denselben alten Backsteingebäuden<br />

an denselben Maschinen<br />

wie in den 1960ern.<br />

Bob wäre aus diesen Hallen ebenso<br />

wenig wegzudenken wie jede einzelne<br />

der stampfenden und zischenden Pres-


sen und Stanzen. Seit 51 Jahren wartet,<br />

pflegt und hätschelt der 75-Jährige die<br />

Stahlungetüme. Er verkörpert jene Tradition<br />

und Sorgfalt, die auch auf die<br />

Auswahl der Materialien für Brooks-<br />

Sättel gelegt wird. Das verwendete Leder<br />

stammt ausschließlich von frei gehaltenen<br />

Kühen aus Europa, nur die<br />

stärksten Teile der Haut werden verwendet,<br />

da das Leder eine Mindeststärke<br />

von fünf Millimetern aufweisen<br />

muss. Die stabilsten Rückenpartien<br />

werden für Rennsättel eingesetzt, der<br />

untere Rücken für Touren- und Citybike-Sättel.<br />

Mindestens 36 Monate<br />

wachsen die zukünftigen Sattelmaterialträgerinnen<br />

möglichst natürlich und<br />

langsam auf, denn das Leder von gedopten<br />

Mastkühen würde niem<strong>als</strong> die<br />

geforderte Stärke erreichen. Neu zum<br />

Einsatz kommt ein schwedisches Färbeverfahren<br />

mit organischen, biologisch<br />

hergestellten Färbemitteln, die<br />

sich vor allem auf den Retro-Sätteln der<br />

„Colt“-Serie mit Türkis, Pink und Violett<br />

hervorragend in die Netzhaut einbrennen.<br />

Kommt das Leder dann in Smethwick<br />

an, dauert der Verarbeitungsprozess<br />

zum fertigen Sattel drei Tage:<br />

Durch saftiges Grün in die Fabriks-<br />

hallen: Manuelle Fertigung von Ledersätteln<br />

braucht Zeit und Routine.


stanzen, wässern, pressen – maschinelles<br />

oder manuelles Bearbeiten der<br />

typischen Sattelnieten – schneiden,<br />

glätten, stempeln. Zu guter Letzt werden<br />

die Brooks-Plättchen angebracht,<br />

und ab geht es in den Karton. Die<br />

rhythmische, metallische Geräuschkulisse<br />

in den gemauerten Fabrikhallen<br />

lässt an die industrielle Revolution denken,<br />

<strong>hier</strong> wird manuell, hart und genau<br />

gearbeitet. Routine kennzeichnet jeden<br />

Handgriff, so muss jeder Rennsattel<br />

händisch an den Seiten nachgeschnitten<br />

werden, damit nichts am pedalierenden<br />

Sportlerschenkel reibt.<br />

Draußen vor den Fabrikstoren zeigt<br />

sich das Wetter weiter konsequent von<br />

der britischen Seite, Regenponchos<br />

werden verteilt, und der Picnic Ride<br />

kann losgehen. Die Stimmung ist trotz<br />

Regens bestens, die internationale<br />

Schar gleicht sich plötzlich aufs Haar,<br />

alle in denselben John-Boultbee-Capes<br />

und mit triefenden Nasen. Die Route<br />

führt an den Kanälen entlang ins Herzen<br />

von Birmingham, niedrige Backsteinbrücken<br />

spannen sich über den<br />

Weg, farbenprächtige Hausboote säumen<br />

das Ufer und zwischendurch<br />

kommt britisches Gebranntes zum Einsatz,<br />

um Durchblutung und Motivation<br />

aufrecht zu erhalten. Ziel ist das ehemalige<br />

Herrenhaus der Brooks-Familie,<br />

ein backsteinfarbiger Klischeebau inmitten<br />

von Schafweiden und Golfplätzen.<br />

Pünktlich zum Eintreffen schieben<br />

sich die schweren Wolken zur Seite und<br />

lassen die Sonne durch, Teller mit<br />

Roastbeef und Pickles auf Knien balancierend<br />

trocknet die Picknickschar<br />

langsam auf und labt sich an Pimm’s<br />

mit Zitrone oder Cider. Zur Verdauung<br />

folgt vor den unverzichtbaren Scones<br />

with Tea die gesellige Preiszeremonie<br />

mit Kategorien wie „Bester Sturz“ oder<br />

„Most Dirty Participant“. Die velo-<br />

sophie-Abordnung wird doch tatsächlich<br />

mit dem Sonderpreis „Best Dressed<br />

Man“ nach Hause kommen, der speziell<br />

radgeeignete Tweed-Maßanzug der<br />

Wiener Schneiderei rotknopf hat auf<br />

dem regennassen Rasenlaufsteg vor<br />

Blackwell Court die Jury überzeugt. Gestärkt<br />

schwingt man sich wieder aufs<br />

Rad, weiterhin behauptet die Sonne ihren<br />

Platz am Himmel, durch die regenschwere<br />

Luft ziehen weiße Schäfchenwolken,<br />

und die Landpartie radelt ihrem<br />

Ende zu. Es war ein gemeinsamer<br />

Ausflug mit Mahlzeit, wie aus einem<br />

regenfeuchten Bilderbuch. vs<br />

10 velosophie.at


9. September – 27. Oktober <strong>2010</strong><br />

Eröffnung 8. September, 19 Uhr<br />

Phyllida Barlow<br />

Street<br />

Franz-Josefs-Kai 3<br />

1010 Wien<br />

T 059905 919<br />

bawagcontemporary.at<br />

täglich 14–20 Uhr<br />

Führungen jeden<br />

Donnerstag um 18 Uhr<br />

Eintritt frei<br />

Begleitveranstaltungen<br />

Eintritt frei


velozine<br />

kommentar aktuEllE mEinung zu aktuEllEn thEmEn<br />

Stau auf dem KilimandScharo<br />

Ein BErg, dEr aus EinEr EBEnE hochragt, ist wEithin sichtBar. EinE sympathischE<br />

schlusspointE hintEr trostlosEn VErkEhrsnachrichtEn wärE diEs auch.<br />

Für diese Art von Humor – trostlosen Verkehrsnachrichten<br />

ein Augenzwinkern mitzugeben<br />

– scheinen die wichtigen Leute beim<br />

Lok<strong>als</strong>ender Radio Wien jedoch nichts übrig<br />

zu haben. Die sympathische Idee stammt<br />

aus dem Büro des Wiener Verkehrsstadtrats<br />

Rudi Schicker und wurde ebendiesen wichtigen<br />

Leuten von der Geschäftsführung und<br />

der Sendeleitung von Radio Wien vorgetragen.<br />

Vorausgeschickt sei noch, dass diese<br />

Idee in der Planungsphase der umfassenden<br />

Stadt-Wien-Aktionen zur europäischen<br />

Mobilitätswoche vom 16.–22. September<br />

<strong>2010</strong> entstanden ist. Zum Kern der Sache:<br />

Angefragt wurde <strong>als</strong>o, ob es möglich sei, die<br />

Verkehrsnachrichten von Radio Wien mit<br />

dem Satz „… auf den Radwegen Wiens kommen<br />

Sie staufrei voran“ enden zu lassen.<br />

Das sei nicht möglich, lautete die Antwort<br />

seitens Radio Wien. Und alleine das ist<br />

schon bemerkenswert, von wem die Idee<br />

kam (von Seiten der Politik, der allzu häufig<br />

Konformität mit starken Gruppierungen<br />

– z.B. jener der Auto Fahrenden – vorgeworfen<br />

wird) und von wem sie abgelehnt wurde<br />

(von Medienmachern, die angeblich über<br />

eine so offene Geisteshaltung verfügen).<br />

Den (inoffiziellen) Grund der Ablehnung<br />

konnte velosophie über Kontakte zu Radio<br />

Wien auch in Erfahrung bringen: weil es den<br />

Auto Fahrenden bzw. Stauenden nicht zu-<br />

12 velosophie.at<br />

mutbar sei, sie solchermaßen vor den Kopf<br />

zu stoßen. Ende der Durchsage.<br />

Vielleicht greift ein anderer Radiosender die<br />

Idee auf, ist ja nichts anderes <strong>als</strong> eine Idee,<br />

obendrein eine sehr sympathische, es kann<br />

frei darauf zugegriffen werden, und selbst,<br />

wenn kein Sendeplatz für Verkehrsnachrichten<br />

vorhanden ist, könnte ein solcher geschaffen<br />

werden: Verkehrsnachrichten für<br />

RadfahrerInnen, das wäre doch was! Keine<br />

Staumeldungen, hoffentlich keine Unfallmeldungen,<br />

keine Radarwarnungen, sondern<br />

der Verkehr in der Stadt von seiner schönsten<br />

und unstressigsten Seite, nicht nur während<br />

der europäischen Mobilitätswoche.<br />

Wolfgang Rafetseder, Herausgeber<br />

Ein Hinweis in eigener Sache sei noch gestattet:<br />

Die befreundete <strong>IG</strong> <strong>Fahrrad</strong> veranstaltet<br />

auch heuer wieder das Bicycle Film<br />

Festival in der Wiener Urania vom 16.–19.<br />

September (mit Außenstelle in der benachbarten<br />

Strandbar Herrmann), und velosophie<br />

supportet die BFF Opening Party am 16.9. in<br />

der legendären Pratersauna (ab 21 Uhr,<br />

Waldsteingartenstraße 135, 1020 Wien, freier<br />

Eintritt!). Für AnhängerInnen der sportlichen<br />

Dreifaltigkeit gibt’s ebendort mit Start bereits<br />

um 18 Uhr einen Triathlon der besonderen<br />

Art, u.a. mit Plantschen im Pool und mit<br />

Vienna City Bikes auf den Hausberg Cobenzl.<br />

RädeR füR ein besseRes Leben<br />

das sozio-ökonomischE projEkt „BaisikEli“ Bringt<br />

<strong>Fahrrad</strong>-FErtigkEitEn aus kopEnhagEn nach aFrika.<br />

„Baisikeli“ bedeutet <strong>Fahrrad</strong> auf Suaheli,<br />

für die dänischen Gründer des gleichnamigen<br />

Unternehmens steht dieses Wort für<br />

eine Mission, die sie voller Enthusiasmus<br />

verfolgen. „Wir wollen zuverlässige Fahrräder<br />

für die ärmsten Menschen in Afrika<br />

verfügbar machen“, meint Henrik Mortensen.<br />

Dabei verfolgen sie die Methode, Entwicklung<br />

durch wirtschaftliche Starthilfe<br />

zu ermöglichen. Knowhow und Geschäftsmodell<br />

werden nach Tanzania und Sierra<br />

Leone gebracht, wo Werkstätten aufgebaut<br />

und Wissen über <strong>Fahrrad</strong>bau und Reparatur<br />

vermittelt werden: „Ein <strong>Fahrrad</strong><br />

kann einfach dadurch die Erträge eines<br />

kleinen Bauern verdoppeln, indem er die<br />

doppelte Menge transportieren kann!“ Es<br />

geht um realistische Möglichkeiten, durch<br />

Mobilität medizinische Versorgung, Transport,<br />

Ausbildung und Nahrung besser erreichen<br />

zu können und mit kleinem Profit<br />

die Basis für menschenwürdiges Leben zu<br />

legen. In Kopenhagen sammelt Baisikeli<br />

Alträder und finanziert über Radproduktion<br />

und einen florierenden Radverleih deren<br />

Transport gen Süden. In den kleinindustriellen<br />

Betrieben wie in Arusha nahe<br />

dem Kilimandscharo werden die Räder repariert<br />

und lokal verkauft. Gewinne werden<br />

vor Ort in Ausbau und Ausbildung investiert,<br />

um ständiges nachhaltiges<br />

Wachstum zu garantieren. baisikeli.dk<br />

THIS IS NOT REAL …<br />

FOTO: henrik mortensen ART: joel benjamin


„RadfahRen kommt<br />

dem flug deR Vögel<br />

am nächsten. “<br />

Louis J. HaLLe, usa<br />

Louis J. Halle war US-amerikanischer<br />

Naturforscher und Autor, der für seine<br />

philosophischen Betrachtungen und ornithologischen<br />

Beobachtungen bekannt<br />

wurde. Er starb 1998.<br />

velosophie.at<br />

13


velozine<br />

Der Heisse sommer Des Bike PoLo<br />

diE wEltmEistErschaFt in BErlin und diE EuropamEistErschaFt in gEnF<br />

kÜrtEn diE BEstEn untEr dEn hardcourt BikE polo tEams.<br />

Innerhalb eines Monats fanden sowohl<br />

die Europa- <strong>als</strong> auch Weltmeisterschaften<br />

des neuen Trendsports der urbanen<br />

<strong>Fahrrad</strong>kultur statt: Hardcourt Bike Polo,<br />

Rad statt Pferd und Beton statt Rasen. In<br />

Genf traten Mitte Juli 48 Teams aus ganz<br />

Europa zum Turnier an, die Hausherren<br />

von „L’Equipe“ verteidigten ihren Titel<br />

souverän in zahllosen spannenden Mat-<br />

sofa cyclist <strong>Fahrrad</strong>kultur FÜr zuhausE. EmpFohlEn Von unsErEr rEdaktion<br />

bUCH<br />

bicycle bild band<br />

Der Berliner Verlag gestalten hat sich auf<br />

Artefakte visueller Kultur spezialisiert und<br />

mit dem Band „Velo“ einen umwerfenden<br />

Überblick über die künstlerischen Ausprägungen<br />

der weltweiten Bicycle Culture<br />

publiziert. Inklusive einer Photoserie<br />

über NYC aus der 2008er Herbst-Nummer<br />

von velosophie! gestalten.com<br />

14 velosophie.at<br />

ches, erst das Golden Goal entschied im<br />

Finale gegen die London Cosmics. Bei der<br />

WM in Berlin konnten die Schweizer der<br />

Übermacht der nordamerikanischen<br />

Teams bis ins Halbfinale standhalten, <strong>als</strong><br />

Siegerteam und damit weltweit beste<br />

Polo-Mannschaft gingen die „Beaver<br />

Boys“ aus Milwaukee vom Platz. Dort am<br />

Court geht es dynamisch zur Sache, Rad-<br />

fReaK biKes UnteRwegs in eURoPa<br />

Selbstgeschweißte <strong>Fahrrad</strong>monster mit<br />

einer kompletten Camping-Ausrüstung<br />

beladen und damit von Berlin über Prag<br />

und Wien bis Budapest reisen klingt nach<br />

einem hervorragenden Plan! Oder? Nicht<br />

der Weg alleine war das Ziel, sondern ihn<br />

mit Rädern zu bewältigen, die auf den<br />

ersten Blick zwar viel Erstaunen und Bewunderung<br />

hervorrufen, aber eher selten<br />

das Vertrauen in ihre Tragfähigkeit<br />

und Eignung <strong>als</strong> Langstreckenfahrzeuge<br />

wecken. Eine Gruppe von RadköchIn-<br />

sPieL<br />

radbote Spielen<br />

Gemütlich zu Hause den harten Job von<br />

RadbotInnen erleben? Das Brettspiel<br />

„Velo City“ von Abacus macht es möglich,<br />

abzüglich Abgasen, Taxitüren und<br />

Schweiß. Was da noch bleibt? Sich in den<br />

Windschatten würfeln und <strong>als</strong> ersteR am<br />

Ziel sein wollen. Für den Feierabend in<br />

der Botenzentrale. abacusspiele.de<br />

und Schlägerbeherrschung sind beeindruckend,<br />

Geschwindigkeit und Einsatz<br />

steigern sich bis zur Dramatik. „Bike Polo,<br />

nimmst du dich wirklich ernst genug?“,<br />

fragte der Bike Snob NYC einst spöttisch<br />

im weltweit meistgelesenen Bike-Blog.<br />

velosophie meint: Yes, es ist Zeit, Polo<br />

ernst zu nehmen! Denn es macht höllisch<br />

Spaß. ehbpc.org | whbpc<strong>2010</strong>.org<br />

nen aus der Wiener Bike Kitchen hat es<br />

nun vorgemacht, es klappt! Unterwegs<br />

wurden Initiativen mit ähnlicher Motivation<br />

besucht, Heimstätten von lokalen<br />

Bike Communities und Selbsthilfe-Werkstätten<br />

wie das Bajkasyl in Prag, die<br />

Bringakonyha in Budapest oder der Radschlag<br />

in Dresden. Freak Bikes, das richtige<br />

Verkehrsmittel, um das Netzwerk<br />

mitteleuropäischer kollektivistisch organisierter<br />

Radinitiativen zu erfahren.<br />

bikekitchen.net<br />

MUsiK<br />

Golden bubble<br />

Das aktuelle Album der Ginger Ninjas<br />

wurde soeben veröffentlicht, Kipchoge<br />

und seine Band sind noch mit dem Bicycle<br />

Music Festival quer durch Europa unterwegs,<br />

wie Wien Anfang August erleben<br />

konnte. Musik auf und mit Rad, Begeisterung<br />

und Pedalpower. Erhältlich per<br />

Download auf: gingerninjas.com<br />

FOTO: nagy zsolt, gudrun pollak, alec hager


Mir geht’s um ein lebenswertes<br />

Wien für alle.<br />

Wien ist eine herrliche Stadt zum Leben. Auch für diejenigen, denen es nicht so gut geht. Weil<br />

sie sich darauf verlassen können, dass wir ihnen helfen. Ein Herzstück meiner Politik für Wien<br />

ist, dass alle Menschen in jedem Bezirk und Grätzl von unserer weltweit einzigartigen Lebensqualität<br />

und Wirtschaftskraft profitieren. Denn wir reden nicht nur, sondern machen’s. Ich<br />

lade Sie ein: Gehen wir gemeinsam den erfolgreichen Wiener Weg ins nächste Jahrzehnt.<br />

Dr. Michael Häupl<br />

535 35 35 wien.spoe.at


velozine<br />

sinnliche technik diE zartEstE VErsuchung, sEit Es FahrrädEr giBt<br />

StufenloS Sanft Schalten<br />

zahlEnzählEn BEim schaltVorgang muss nicht sEin!<br />

Am Drehgriff der brandneuen Nabenschaltung<br />

NuVinci 360 prangen keine Zahlen.<br />

Dreigang, Achtgang? Orientierungslosigkeit<br />

macht sich aber nur kurz breit, denn das Display<br />

spricht für sich, kaum dreht man: Vor<br />

dem niedlichen kleinen Radfahrmännchen<br />

auf dem Griff erhebt sich plötzlich ein kleiner<br />

Hügel, je weiter man dreht, desto steiler<br />

wird die Strecke – und desto leichtgängiger<br />

die Übersetzung des NuVinci-Testrades. Eine<br />

stufenlose Schaltung, tatsächlich! Die Nu-<br />

Vinci 360 ist die überzeugende Weiterentwicklung<br />

der N170 aus dem Jahr 2007. Die<br />

das LeUCHtende beisPieL<br />

Das <strong>Fahrrad</strong> steht für Bewegung, Sportlichkeit<br />

und Umweltfreundlichkeit. Es<br />

kann aber auch <strong>als</strong> Imageträger im anderen<br />

Sinne dienen. Nämlich im tatsächlichen<br />

Wortsinn: MonkeyLectric heißen<br />

die bunt leuchtenden, mit Laufschriften<br />

programmierbaren LED-Leuchten für<br />

<strong>Fahrrad</strong>-Speichen. Bis dato konnte man<br />

damit Sprüche durch die Gegend schicken,<br />

sich im Pedaltritt rhythmisch dre-<br />

PEFC/06-39-08<br />

Dieses Produkt stammt<br />

aus nachhaltig bewirtschafteten<br />

Wäldern und<br />

kontrollierten Quellen.<br />

16 velosophie.at<br />

Bandbreite wurde deutlich erhöht – eben auf<br />

360%, womit sie gängige Nabenschaltungen<br />

wie die Shimano Nexus 8, SRAM IMotion 9<br />

und auch Rennradübersetzungen schlägt<br />

und nur von der Rohloff Speed Hub und MTB-<br />

Schaltgruppen übertroffen wird. Dabei hat<br />

sie nun ebenso deutlich Gewicht verloren.<br />

Das alles mag für den Komponenten-Spezialisten<br />

interessant sein, die NormalverbraucherInnen<br />

aber fasziniert das sanfte, stufenlose<br />

Schaltgefühl, die Flexibilität der Übersetzungswahl,<br />

die Befreiung vom Schubladendenken:<br />

Welchen Gang nehme ich wohl<br />

hend. Nun hat Designer Dan Goldwater<br />

eine neue Generation entwickelt, die<br />

komplette Animationen, Videos und Grafiken<br />

abspielen kann: MonkeyLectric Video<br />

Pro 7. Lautlose Marketingfahrten ohne<br />

PKW und Brennstoff, das freut velosophie!<br />

Diese werden nun auch in Wien<br />

möglich sein, die erste Kampagne wird<br />

bald ausgeliefert. Bewegte Bilder durch<br />

sich bewegende Beine. cycloscreen.com<br />

Velosophie, Magazin für fahrradkultur Postanschrift Obere Donaustraße 71/4, AT-1020 Wien, +43/1/8650404–0, Fax +43/1/8650404–15,<br />

Internet: velosophie.at Herausgeber Wolfgang Rafetseder Chefredakteur Alec Hager Redaktion +43/1/8650404–17, buero@velosophie.at, Mariella Bleimuth,<br />

Ralf Hauser Velosophie-Autorinnen und -Autoren Wolfgang Rafetseder, Martin Strubreiter Fotos Ablinger, Vedral & Partner ZT GmbH, BFF Vienna,<br />

bicyclefilmfestival.com, Stan Engelbrecht, Roxy Erickson, Adam Hackney, Alec Hager, Ralf Hauser, Troels Heien, K.C. Hohensee, kurtpinter.com, Monkeyelectric<br />

Henrik Mortensen, NYCstreetsmemori<strong>als</strong>, Bobby Placencia, Gudrun Pollak, Jean-Pierre Praderes, Eigand von Sassen (LHM), Andrew Zöchbauer, Nagy Zsolt Art<br />

Joel Benjamin, Ralf Hauser, Matt W. Moore, Silke Schmidt, Art Direction & Design Ralf Hauser Medieninhaber Boarder’s Zeitschriftenverlag GmbH, Obere<br />

Donaustraße 71/4, AT-1020 Wien Geschäftsführung Wolfgang Rafetseder Assistentin der Geschäftsführung Mariella Bleimuth Druck Leykam, Let’s Print,<br />

AT–7201 Neudörfl Velosophie erscheint <strong>2010</strong> dreimal<br />

velosophie.at<br />

FaHrraD_kuLTur_CommuNiTY<br />

jetzt? Die Trittfrequenz muss passen, das<br />

Bein funkt direkt an die Hand: Ein Stückerl<br />

dreh noch, meine Liebe, dann bringe ich dich<br />

schneller vorwärts. Technisch wird dies ermöglicht<br />

durch einen Satz rotierender Kugeln<br />

zwischen Innen- und Außenschale der<br />

Nabe, die, je nach Neigung, ihre Kontaktdurchmesser<br />

ändern und damit eben die<br />

Übersetzung zwischen Kurbeldrehzahl und<br />

Laufrad. Aber diese drehen sich ebenso geschmeidig,<br />

wen man es nicht ganz versteht.<br />

Hauptsache, es lässt sich spüren!<br />

nuvinci.com<br />

Vertriebspartner<br />

Berlin:<br />

FOTOS: bobby placencia, nycstreetsmemori<strong>als</strong>, monkeyelectric


Jacke: Women´s Midtown Hood Jacket<br />

Hose: Women´s Midtown Capri<br />

Tasche: Eva´s Shopper<br />

GeisTerräDer iN GeFaHr<br />

dEr BEgriFF „ghost BikEs“ BEzEichnEt gEdEnkrädEr FÜr unFallopFEr.<br />

nun stEhEn diEsE rädEr in nEw york Vor ihrEr EntFErnung.<br />

Weltweit kommen weiß bemalte Ghost<br />

Bikes an Stellen zum Einsatz, wo RadfahrerInnen<br />

bei Kollisionen mit motorisierten<br />

Verkehrsmitteln ums Leben kamen.<br />

Dieses Zeremoniell, das Mitgefühl mit den<br />

Hinterbliebenen und die Gefahren von<br />

KFZ-dominierten Straßen zum Ausdruck<br />

bringen soll, kommt aus den US-amerikanischen<br />

urbanen Bike Communities. Auch<br />

in Österreich wurden in den letzten Jahren<br />

Ghost Bikes errichtet, wenn in Städ-<br />

ten, vor allem in Wien, tödliche Unfälle<br />

zu beklagen waren. Die 2008/2009 in<br />

Wien aufgestellten Räder wurden nach<br />

geraumer Zeit behördlich entfernt. Ein<br />

gleiches Schicksal droht nun den Gedenkrädern<br />

in New York City, wo zahlreiche<br />

dieser Fahrräder über Jahre gepflegt wurden<br />

und auf breite Akzeptanz von Behörden<br />

und Bevölkerung stießen. Nun ist<br />

aber eine Gesetzesnovelle des Amts für<br />

Stadtreinigung (DSNY) in Begutachtung,<br />

das erstm<strong>als</strong> die Entfernung von verlassenen<br />

Rädern regelt. Trotz vorauseilender<br />

Beteuerungen via Presse-Aussendung,<br />

Ghost Bikes davon auszunehmen,<br />

wird nun doch die Entfernung nach 30<br />

Tagen im Gesetzesvorschlag aufgeführt.<br />

Bei einer öffentlichen Anhörung am<br />

10. August hatten AktivistInnen die Gelegenheit<br />

zur Stellungnahme genutzt,<br />

das Ergebnis lässt auf sich warten. Aktuelle<br />

Neuigkeiten auf: ghostbikes.org<br />

Grüne Welle durch die Stadt<br />

> Lifestyle und Funktion, vereint<br />

in unserer neuen Urban Life Kollektion<br />

> Ökologischer Mehrwert: Produkte<br />

aus bluesign approved Fabrics,<br />

Bio-Baumwolle und recycelten Materialien<br />

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Europas umweltfreundlichster<br />

Bergsportausrüster zu werden. Was wir dafür tun, erfährst Du unter<br />

www.vaude.com


velozine<br />

radgeber mEchanisch auFklärEndEs und gEistig ErhEllEndEs<br />

läuft’S wie GeSchmiert?<br />

mEchanikEr max, unsEr ErFahrEnEr schrauBEr,<br />

grantElt* FÜr uns aus dEm wErkzEugkästchEn.<br />

Da sitz ich in der Sonne vor der Werkstatt,<br />

und schon wieder kommt so einer daher, man<br />

hört ihn schon von weitem. Ein Zirpen, ein<br />

Quietschen, auch Rattern oder Krachen. Das<br />

Geräusch einer sträflich vernachlässigten<br />

<strong>Fahrrad</strong>kette, die sich am Zahnkranz reibt.<br />

Eine Ganslhaut** zieht es mir da auf! Falls<br />

Situation und erkennbare Kommunikationsbereitschaft<br />

des Pülchers*** eine Kontaktaufnahme<br />

zulassen, komme ich direkt aber<br />

ohne aufzustehen zur Sache und biete meine<br />

fachmännischen Dienste an: „Brauchen’s<br />

ein Öl?“ Wobei: Es ist natürlich auch wichtig,<br />

welches Öl wohin, aber am allerwichtigsten<br />

ist das Schmieren an sich! Schmierstoffe<br />

verringern die Reibung, sorgen für<br />

Funktionieren der mechanisch-metallischen<br />

Komponenten des <strong>Fahrrad</strong>es und senken<br />

den Kraftaufwand zur Fortbewegung ebenso<br />

wie sie die Lebensdauer der Bestandteile<br />

erhöhen. Ein pief… deutscher Kollege hat<br />

mal gesagt: „Prinzipiell ist selbst Penaten-<br />

Chreme besser <strong>als</strong> gar kein Schmierstoff!“<br />

Prinzipiell richtig, im Detail liegt der Hund.<br />

Am intensivsten benötigt die Kette eine regelmäßige<br />

Ölung, und eben nicht nur die<br />

letzte, denn meist ist die Kette ungeschützt<br />

der Witterung preisgegeben. Ausnahme: Geschlossene<br />

Kettenkästen bei Hollandrädern<br />

oder deren dänischen Kollegas, denn dort<br />

ist Radfahren Alltag und der ist nun eben oft<br />

verregnet. Im heimischen Normalfall jedoch<br />

ist die Kette nackert, und wenn es sich auch<br />

noch um eine Kettenschaltung handelt, sind<br />

die Belastungen enorm. Nabenschaltungen<br />

18 velosophie.at<br />

und schaltungslose Räder**** sind weniger<br />

betroffen, da dort die Kette nicht so<br />

stark beansprucht wird. Aber regelmäßig<br />

und rechtzeitig geschmiert müssen sie<br />

alle werden, und zwar im besten Fall mit<br />

speziellem Kettenöl, dickflüssig, hochviskos,<br />

druckbeständig und kriechend. Nähmaschinenöl<br />

war mal, das wird der modernen<br />

Kettenschaltungsbelastung nicht mehr<br />

gerecht. Das Öl sachte auf die Innenseite<br />

der Kette auftragen und dann mit einem<br />

Lappen überschüssiges Öl abwischen,<br />

während man die Kurbel rückwärts dreht.<br />

Zuviel Öl oder zu klebrige Fabrikate ziehen<br />

nämlich Schmutz an und verkleben<br />

erst recht den Antrieb. Zur Schmutzabwehr<br />

kann danach noch zusätzlich Silikonspray<br />

oder Sprühwachs aufgetragen werden,<br />

aber nie <strong>als</strong> Schmierersatz! Sollte doch vorher<br />

eine Reinigung der Kette nötig sein –<br />

und das ist sie oft –, ist von Kettenreinigungsmaschinchen<br />

mit Fettlöseflüssigkeit<br />

abzuraten, da diese auch das Fett aus den<br />

Kettenlagern spülen und die Kette somit innerlich<br />

austrocknen. Die Lebensdauer leidet<br />

sehr darunter. Das gilt übrigens auch<br />

für das ansonsten wirkungsvolle Wundermittel<br />

WD-40: Als Rostlöser ja, Schaltungsproblembeheber<br />

sicher, Kettenpflegmittel:<br />

nein! Etwas Spülmittel-Wasser in Kombination<br />

mit der alten Zahnbürste hilft,<br />

gleichzeitig ist auch eine Reinigung der<br />

Zahnkränze zu empfehlen, mit denselben<br />

Mitteln. Und dann: regelmäßig ölen!<br />

Befiehlt: Der Max.<br />

* Wienerisch für: schimpfen<br />

** Gänsehaut: vom vegetativen Nervensystem<br />

gesteuerte Kontraktion des<br />

Haarbalgmuskels<br />

*** Strolch, Gauner<br />

**** Single Speed, Fixed Gear, Waffenrad:<br />

Für Max alles eins<br />

Dr. siGi B. FrieND,<br />

CYCLoaNaLYsT<br />

VElosophiE giBt rad<br />

auF dEr couch<br />

Lieber Dr. Sigi B. Friend,<br />

Wenn alles krächzt und knirscht und im<br />

Leben einfach so gar nichts mehr wie<br />

geschmiert läuft: Ist das nur eine vorübergehende<br />

Phase oder ist größere<br />

Besorgnis angeraten?<br />

Mfg,<br />

Dieter R.<br />

Lieber Dieter!<br />

Vielleicht hilft dir ja meine allgemeine<br />

Antriebstheorie weiter, dich reibungslos<br />

einzuordnen und dadurch geschmeidig<br />

zu restabilisieren: Gehörst du etwa zu<br />

den Rad-Maniacs, die für jedes Rädchen,<br />

jeden Zug das richtige Mittelchen<br />

auf Lager haben, koste es was es wolle?<br />

Oder zählst du zu den Rad-Brachioten:<br />

Kettensägenöl ist dir das Allerliebste und<br />

die Lieblingsassoziation zu Kette sowieso<br />

Massaker? Als Rad-Normalo wiederum<br />

wärst du dir der nötigen Pflegegriffe<br />

nur unterbewusst, gleichwohl käme es<br />

zu Frühjahrsbeginn und vor der Fahrt in<br />

die Werkstatt zu Überkompensationen<br />

mittels Ölbad. Bist du Rad-Fleckmatiker,<br />

dann sind Schmier und Fetzen auf immer<br />

verloren, du würdest nur mehr vom Rad-<br />

Nihilisten übertroffen werden. Beide sind<br />

<strong>als</strong> therapieresistent einzustufen, Letzterer<br />

wird zusätzlich vom Todesantrieb<br />

in Richtung egozentrischer Antriebsverschleiß<br />

gelenkt.<br />

Dass du dich an mich gewandt hast,<br />

zeigt: Du bist bereit. Jetzt geht es weiter.<br />

Beginn einfach mal mit dem ersten Glied<br />

der Kette!<br />

B<strong>als</strong>am für die Seele und Öl für die Kette<br />

wünscht,<br />

Dein Cycloanalyst<br />

Fragen an Dr. Sigi? sigi@velosophie.at<br />

ART: ralf hauser


BFF10/VIENNA<br />

16. - 19.SEPTEMBER<br />

supported by


Streitthema Gehsteig und Radverkehr<br />

Auf engem RAum<br />

foto KURT PINTER<br />

Die Nutzer Der Verkehrsmittel FahrraD uND Fuss gerateN iN uNsereN stäDteN<br />

zuseheNDs iN koNFliktsituatioNeN. lokalpolitik uND stammtisch greiFeN DeN<br />

koNFlikt gerNe auF, leiDer oFt am F<strong>als</strong>cheN eNDe. NuN NehmeN Vertreter VoN<br />

raDlobbY uND Walkspace <strong>hier</strong> ihre staNDpuNkte eiN.<br />

20 velosophie.at


KaMPF dER KUlTUREN<br />

Der blick Des koNVertiteN<br />

Für Autofahrer sind Radfahrer ein<br />

Feindbild. Weil es immer so verdammt<br />

knapp wird, weil man so extrem aufpasssen<br />

muss. Es war knapp. Knapp für<br />

das Eichhörnchen in der Prater-Hauptallee,<br />

knapp für zwei Enten und ein<br />

gutes Dutzend japanischer Touristen<br />

im Wiener Stadtpark. Fast hätte ich sie<br />

über den Haufen gefahren. Ich fahre<br />

nämlich seit kurzem Rad. In die Arbeit<br />

und wieder zurück. Und das ist gefährlich.<br />

Als Radfahrer wechselt die Perspektive.<br />

Feindbild sind aber nicht<br />

etwa die Autofahrer, nein, man blickt<br />

hinunter auf der Ernährungsstufe. Es<br />

sind die Fußgänger. Nicht weil sie gefährlich<br />

sind, sondern weil sie sich<br />

selbst gefährden. Und im Weg stehen.<br />

Meistens stehen sie am Radweg herum<br />

und schauen dumm. In die f<strong>als</strong>che Richtung.<br />

Das gilt ganz besonders für Touristen,<br />

die am Ring herumlatschen. Auf<br />

dem Radweg selbstverständlich. Klingeln?<br />

Da wird vom Fußgänger bestenfalls<br />

die Faust geschwungen, das aber<br />

wiederum ist eine Spezialität des Wiener<br />

Fußgängers, da sind japanische<br />

Touristen ganz zurückhaltend. Und<br />

während sich der Japaner im besten<br />

Fall mit einer Verbeugung entschuldigt,<br />

ruft einem der Wiener in der Regel<br />

noch etwas nach, was jetzt nicht ganz<br />

druckreif ist.<br />

Dabei haben Radfahrer für Fußgänger<br />

prinzipiell Verständnis. Weil sie selbst<br />

DI Tadej Brezina, Technische<br />

Universität<br />

Wien, Institut für Verkehrswissenschaften<br />

und Vorstandsmitglied<br />

Radlobby.NÖ<br />

22 velosophie.at<br />

Michael Völker, Ressortleiter<br />

Innenpolitik des<br />

Standard und Mitarbeiter<br />

in dessen Automobil-<br />

Teil, vor kurzem zum Alltagsradler<br />

konvertiert<br />

auch Fußgänger sind und gelegentlich<br />

auch auf dem Zebrastreifen stehen. Das<br />

verbindet. Zwischen Radfahrern und Autofahrern<br />

wird es aber so bald keine Aussöhnung<br />

geben. Da liegen Welten dazwischen,<br />

nicht nur PS-mäßig, auch weltanschaulich.<br />

(Der Standard, 13.08.<strong>2010</strong>)<br />

GEhsTE<strong>IG</strong>RadlER?<br />

beobachtuNgeN zu eiNem phäNomeN<br />

Was bringt einen erwachsenen Menschen<br />

eigentlich dazu, mit dem <strong>Fahrrad</strong><br />

auf dem Gehsteig zu fahren? Der § 68<br />

der StVO, Verhalten der Radfahrer, verbietet<br />

es explizit: „Auf Gehsteigen und<br />

Gehwegen ist das Radfahren in der<br />

Längsrichtung verboten.“ Was ist es<br />

dann? Da stehen sich die subjektive<br />

Wahrnehmung des „Druckes von hinten“<br />

durch Autos auf der Fahrbahn und<br />

die Abwägung der Alternativen von<br />

Umwegen, Hindernissen und der Konkurrenz<br />

mit Fußgängern gegenüber.<br />

Viele RadfahrerInnen halten es mittlerweile<br />

für normal, sich mit Bordsteinkanten,<br />

parkenden Autos, Mistkübeln<br />

und anderen Schikanen abseits von<br />

Fahrbahnen herumschlagen zu müssen.<br />

Reine Gehwege werden immerhin<br />

von ca. 20 % der Radfahrenden genutzt<br />

– vor allem dann, wenn der Autoverkehr<br />

auf der Fahrbahn <strong>als</strong> stark empfunden<br />

wird. Den „Druck von hinten“<br />

kann man <strong>als</strong> RadfahrerIn bald verspüren.<br />

Die Ausrichtung der Leichtigkeit<br />

und Flüssigkeit des Verkehrs nur am<br />

Autoverkehr, der gesellschaftliche Glaube<br />

an das Mantra der eingebauten Vorfahrt<br />

für Autos – RadfahrerInnen können<br />

sich da schon schnell <strong>als</strong> Verkehrshindernis<br />

und Verursachende von „unflüssigem“<br />

Autoverkehr fühlen.<br />

Die großflächige Errichtung von Radwegen<br />

auf Gehsteigen in den letzten<br />

Jahrzehnten scheint eine große „Radwegegläubigkeit“<br />

hervorgerufen zu<br />

haben. Vor allem bei Menschen, die sich<br />

nicht sicher fühlen, weil sie z.B. mit<br />

dem Rad im städtischen Verkehr noch<br />

wenig Erfahrung haben. Denn je stärker<br />

ein Radfahrer in seinem Verhalten<br />

fahrbahnorientiert ist, desto weniger<br />

sind seine qualitativen Ansprüche von<br />

expliziter Radverkehrsinfrastruktur erfüllt.<br />

Die „Radwegegläubigkeit“ äußert<br />

sich gerne in diversen Selbsterklä-<br />

rungs- und Rechtfertigungsmustern.<br />

Der Zögerlichkeit bei der Routen-Planung:<br />

„Dort wird es aber schon Radwege<br />

geben, oder?“, folgt unterwegs<br />

gerne die Erlösung: „Ah schau, dort ist<br />

endlich ein Radweg!“.<br />

Diese Mentalität von RadfahrerInnen<br />

entsteht aus dem Zusammenspiel von<br />

„Radweggläubigkeit“ und dem behördlichen<br />

Verlagerungsdruck von der Fahrbahn<br />

weg durch Radfahrverbote auf<br />

Fahrbahnen und separate <strong>Fahrrad</strong>infrastruktur<br />

mit unterschiedlichster, meist<br />

geringer Qualität. Lassen sich <strong>hier</strong> archaische<br />

Muster entdecken? Autofahrende<br />

– die große, starke, gefährliche<br />

Spezies – darf in keinem Fall irgendwie<br />

verärgert werden. Schon gar nicht durch<br />

Radfahrende, die sich nicht an die Maßnahmen<br />

der Behörden halten, welche<br />

die RadfahrerInnen aus dem Lebensraum<br />

des Autoverkehrs durch Radwegbenützungspflicht<br />

in Sicherheit bringen<br />

sollen. Nehmen so eingeschüchterte<br />

GehsteigradlerInnen in vorauseilendem<br />

Gehorsam die Vertreibung von der Fahrbahn<br />

in Kauf, die sie <strong>als</strong> AutofahrerInnen<br />

implizit erwarten, ja fordern?<br />

Von den angebotenen Radwegen, die ja<br />

im Regelfall nur in einem geringen Anteil<br />

am städtischen Straßennetz vorzufinden<br />

sind, setzt sich das Ausweichen<br />

von der Fahrbahn fort auf Straßenzüge<br />

mit reinen Gehsteigen, nur für Fußgänger<br />

vorgesehen. Bei den kommunalen<br />

Versuchen, den Radverkehr durch Radwege<br />

zu fördern, kann man dadurch<br />

eine Erziehung zur Gehsteigradlerei<br />

beobachten. Dabei wäre das Gegenteil<br />

die Lösung: Viele RadfahrerInnen im<br />

Wahrnehmungsbild des Autoverkehrs<br />

erhöhen die Sicherheit! Die wirkungsvollste<br />

Radverkehrsstrategie namens<br />

„Safety in numbers“ wäre der richtige<br />

Weg für alle.<br />

www.radlobby.at


FaIRE NUTzUNG dER sTadT<br />

eiNe FussgäNgerInnensicht<br />

StadtbenützerInnen brauchen Platz<br />

und Raum fürs Flanieren, Sitzen und<br />

auch um zu staunen, was die Radler da<br />

so alles drauf haben! Lebenslust kommt<br />

in den Städten überall dort auf, wo es<br />

sich gut gehen lässt: An den schönen<br />

Orten der Stadt, vor den Kulturbauten,<br />

in den urbanen neuen Mischzonen, in<br />

den City-Parks, in den gemischten Einkaufs-<br />

und Dienstleistungsbereichen,<br />

entlang von Wasserlinien, an Verweilorten,<br />

in der Nähe von großen Umsteigeknoten<br />

des öffentlichen Verkehrs,<br />

auf einer Sitzbank im Trubel einer Geschäftsstraße<br />

oder auch in den „Schrebergartenwegen“<br />

am ehemaligen<br />

Stadtrand. Also her mit den Shared<br />

Spaces, Begegnungszonen, Stadtfairteil-Prozessen!<br />

Wir FußgängerInnen wünschen uns<br />

nichts mehr <strong>als</strong> gute, qualitätsvolle<br />

Fußwege für alle NutzerInnegruppen:<br />

Kinder und Jugendliche mit ihren<br />

Scootern, die Golden-Agers mit ihren<br />

Rollatoren und die Mid-Ager mit Ihren<br />

coolen Trolleys im Schlepptau. Wir wollen<br />

auch genau dort gut zu Fuß gehen<br />

können, wo der Platz ein wenig enger<br />

ist: In den Zwischenbereichen der<br />

Stadt, wo hauptsächlich der PKW-Verkehr<br />

Platz und Raum hat. Wir finden es<br />

uncool, wenn die KollegInnen von der<br />

<strong>Fahrrad</strong>fraktion es eilig haben und der<br />

Gehsteig der kürzeste Weg ist für ihre<br />

nächste Etappe. Wir haben kein Verständnis,<br />

wenn für die „Active Trave-<br />

DI Dieter Schwab, Obmann<br />

von WalkSpace,<br />

Österreichischer Verein<br />

für FußgängerInnen<br />

ler“, die Gruppe jener nämlich, die sich<br />

mit eigener Körperenergie fortbewegen,<br />

an manchen Stellen nur die spärlichen<br />

Restflächen für Radeln und Gehen<br />

bleiben. Unsere Vision lautet: Wo<br />

wenig Platz ist für bequemes Radfahren<br />

und komfortables Fußgehen, da ist<br />

ein roter Farbkübel für Gehsteigradwege<br />

leider zu wenig – so lässt sich der<br />

Raum nicht funktionell teilen. Nicht mit<br />

Farbe, sondern mit ausreichend urbanem<br />

Stadtraum soll das Problem hinkünftig<br />

bewerkstelligt werden! Das<br />

„Muaterl“ im Schulterschluss mit dem<br />

E-Bike-Family-Ausflug inklusive<br />

Radanhänger.<br />

Ansonsten braucht es auf österreichischer<br />

Eben endlich die Einführung der<br />

Begegnungszonen nach Schweizer, belgischem<br />

und französischem Vorbild,<br />

darüber hinaus Fußgängernetzanalysen,<br />

Pilotprojekte zu „Shares Space“<br />

und Begegnungszonen. Gehen ist cool,<br />

sexy und gesund, besonders wenn die<br />

Qualitäten im öffentlichen Bereich für<br />

das Zufußgehen passen. Der Prozess<br />

der Umwandlung läuft weltweit: Vom<br />

Brunnenmarkt in Wien bis Barcelona<br />

mit seine Fußgängerquartieren.<br />

Darauf sollten wir, FußgängerInnen<br />

und RadfahrerInnen, neben einem<br />

Fairnessgebot aller VerkehrsteilnehmerInnen<br />

hinwirken: Qualitäten und<br />

Platz und Raum für Active Traveler! Wir<br />

gehen gerne mit.<br />

www.walk-space.at<br />

FaIRNEsszoNEN –<br />

dIE sTadT WIEN vERsUchT<br />

zU vERMITTElN<br />

Ein Beispiel für gemeinsam genutzten<br />

Raum mit Konfliktpotential entlang<br />

großflächiger KFZ-Fahrbahnen ist der<br />

Flanierweg am Donaukanal im Stadtzentrum<br />

Wiens. Von den FußgängerInnen<br />

wird dort schnelles Radfahren <strong>als</strong><br />

störend empfunden, Radfahrende befahren<br />

die Strecke aber gerne <strong>als</strong> ampellose<br />

Stadtquerung, da der Fahrbahnbereich<br />

unnutzbar ist. In diesen Bereichen<br />

wurden im Jahr 2008 Fairnesszonen-Markierungen<br />

angebracht, die <strong>2010</strong><br />

erneuert und mit zusätzlichen Infokampagnen<br />

aufgewertet wurden. Jedoch<br />

zeigt auch diese Situation: Eine wirksame<br />

Entflechtung des Fuß- und Radverkehrs<br />

kann wohl nur durch eine Radverkehrslösung<br />

im Fahrbahnbereich erreicht<br />

werden.


Film, <strong>Fahrrad</strong>, Party<br />

FAHRRADKULTUR<br />

Das InternatIonal BIcycle FIlm FestIval BFF FeIert heuer seIn ZehnjährIges<br />

juBIläum In 38 spIelorten weltweIt. mItte septemBer gastIert es auch wIeDer<br />

In wIen, Zum vIerten mal. Im DeZemBer Folgt münchen.<br />

text ALEC HAGER fotos biCyCLEfiLmfEstivAL.Com, AndREw zöCHbAuER, bff viEnnA<br />

24 velosophie.at


GALORE!


D<br />

as <strong>Fahrrad</strong> <strong>als</strong> Kulturträger und<br />

Kultobjekt versammelt einmal<br />

im Jahr alle seine Jünger und<br />

Verehrerinnen um sich. Verschiedenste<br />

Aspekte von Radbegeisterung finden<br />

sich zusammen ein, die lokale <strong>Fahrrad</strong>kultur-Szene<br />

feiert sich selbst, und die<br />

wundersame weite <strong>Fahrrad</strong>welt kommt<br />

auf einen Sprung vorbei – auf die Leinwand.<br />

Gemeinsam ergibt das mehr <strong>als</strong><br />

die Summe seiner Teile, der Überschuss<br />

an Begeisterung und Gestaltungsfreude<br />

lässt sich mühelos aufschnappen.<br />

Auch von jenen, die zum ersten Mal,<br />

aus Neugier – vielleicht wegen der Erzählungen<br />

vom letzten Jahr –, dazu gestoßen<br />

sind. Das Bicycle Film Festival<br />

BFF ist in der Stadt, es zelebriert jene<br />

Individualität, Kreativität und Freiheit,<br />

die das Rad <strong>als</strong> Verkehrsmittel, <strong>als</strong> persönliches<br />

Designobjekt und <strong>als</strong> Symbol<br />

bietet. Der hedonistische Virus hat sich<br />

weit ausgebreitet, in New York war<br />

2001 das erste BFF von Brendt Barbur<br />

veranstaltet worden, im Jubiläumsjahr<br />

<strong>2010</strong> hat sich die Zahl der Spielstädte<br />

auf 38 erhöht, neu dazu kamen schillernde<br />

Namen wie Sao Paulo, Seoul,<br />

Barcelona, Taipei und das ehrwürdige<br />

26 velosophie.at<br />

Athen. Bike Communities in zahllosen<br />

Städten warten darauf, auch endlich<br />

dabei sein und ihr eigenes BFF gestalten<br />

zu können.<br />

In Wien bedeutet das BFF sonnige<br />

Stunden am Strand des Donaukan<strong>als</strong><br />

mit Bike-Action, Musik, Rennen und<br />

Wettbewerben; ausgelassenen Stimmung<br />

und staunende Andacht bei<br />

einem der ausgesuchten Kurzfilmprogramme<br />

im Kinosaal der Urania; Große<br />

Party beim Eröffnungskonzert mit seinen<br />

Zusatzevents. Vom 16.–19.9. bietet<br />

das BFF insgesamt fünf Film-Programme,<br />

zusammengestellt von der<br />

New Yorker Jury aus Kurzfilmen, Experimentalfilmen,<br />

Dokumentationen und<br />

Animationen, die einige Highlights beinhalten.<br />

In „Line of Sight“ porträtiert<br />

Benny Zenga einen ganz Großen der<br />

BFF-Gemeinde: Lucas Brunelle ist ein<br />

besessener Dokumentarist der urbanen<br />

Radszenen des gesamten Globus.<br />

Er verfolgt Alleycat-Rennen mit<br />

seiner Helmkamera auf dem Rennrad,<br />

immer dicht an den Führenden – und<br />

den Stürzenden. Mitten im Verkehr<br />

schildert der Film die Faszination<br />

schneller, illegaler, urbaner Radrennen.<br />

„Riding the Long White Cloud“ setzt<br />

sieben professionelle Skateboarder auf<br />

das ungewohnte Fortbewegungsmittel<br />

<strong>Fahrrad</strong>, um die schönsten Spots der<br />

neuseeländischen Inseln zu erkunden.<br />

Ein Film voller wunderbarer Landschaften,<br />

immer in Bewegung unter<br />

dem weiten Himmel des Südens. Dazu<br />

kommt die von Spike Jonze, dem Regisseur<br />

von „Being John Malkovich“, produzierte<br />

BMX-Doku „The Birth of Big<br />

Air“, ein Porträt eines der herausragenden<br />

Verrückten des BMX-Sports.<br />

Mat Hoffman setzte alles daran, den<br />

höchsten Sprung mit einem BMX zu<br />

vollführen. Dieser Film erzählt die<br />

Story hinter der Legende. In „Tokyo to<br />

Osaka“ begeben sich zwölf US-amerikanische<br />

Fixie-Fahrer auf eine 600 km<br />

lange Reise durch Japan. In der Dokumentation<br />

„The Cyclocross Meeting“<br />

betrachtet Brian Vernor, Regisseur von<br />

„Where are you go?” (BFF 2009) einen<br />

aktuellen Trend. Vor Jahrzehnten war<br />

Querfeldein-Radsport beinahe vom<br />

Mountainbike verdrängt worden, nun<br />

erhebt sich der Sport mit Rennrädern<br />

durchs Gelände soeben von den USA<br />

bis Japan wieder aus dem Schlamm.


Klarerweise kommen auch heimische<br />

Produktionen beim BFF zum Zug. Zwei<br />

davon hatten ihre Weltpremiere schon<br />

bei der Eröffnung des heurigen BFF-<br />

Weltzirkus im Juni: In New York, <strong>als</strong><br />

zum zehnten Mal dort das BFF eingeläutet<br />

wurde. „Where are the pyramids?”<br />

begleitet fünf RadbotInnen aus<br />

Wien und Linz in die Verkehrshölle Kairos,<br />

die größte Stadt der arabischen<br />

Welt mit ihren ungeregelten Verkehrsströmen<br />

ohne Ende. „Bike Kitchen –<br />

A Filmic Approach” besucht die<br />

Heimstätte der Wiener Bike Community.<br />

Das Portrait der Selbsthilfewerkstatt<br />

mit ReparierBar im 15. Wiener Bezirk<br />

erzählt vom Enthusiasmus der BetreiberInnen,<br />

ihrem sozialen Anspruch<br />

und der Energie für viele Radprojekte<br />

in Wien. Der dritte Wiener Kurzfilm im<br />

Programm feiert überhaupt seine Weltpremiere<br />

<strong>hier</strong>: „Sauf Velo – The<br />

Radrowdies’ Guide to Vienna“. Die<br />

Rad Rowdies sind Wiens erste <strong>Fahrrad</strong>-<br />

Gang. Neon ist ihre Farbe, und ein<br />

Plüsch-Bär namens Bier ihr Gefährte.<br />

Ihr Anspruch ist weniger ernst <strong>als</strong> allumfassend:<br />

“Rad Rowdies till we die!”<br />

In diesem Kurzfilm zeigen sie ihr Wien.<br />

<strong>Fahrrad</strong>filme aus aller Welt, von Japan<br />

über Ägypten nach Nordamerika.<br />

Jährlich wählt die Jury des BFF das Beste<br />

aus für jene Filmprogramme, die dann<br />

wieder um den Globus geschickt werden.


Das Rahmenprogramm des Bicycle<br />

Film Festiv<strong>als</strong> Vienna findet wie gewohnt<br />

am Areal der Strandbar Herrmann<br />

statt: Samstag und Sonntag<br />

wechseln sich in der „Bike Fun Arena“<br />

verschiedenste Bewerbe und Shows<br />

zum Mitmachen und Zusehen ab. Der<br />

Samstagnachmittag gehört den<br />

BMXern und den Fixie-Fahrern sowie<br />

jungen RadfahrerInnen beim Kiddie<br />

Bike Workshop. Der Sonntag startet<br />

den Bike Fun mit dem Faltradrennen,<br />

kürt beim Bike-Beauty-Contest die<br />

beste Performance mit dem schönsten<br />

Rad und erlebt Ritterspiele auf dem Tall<br />

Bike und andere rustikal-rabiate Aktionen<br />

mit selbst gebauten Radungetümen.<br />

Begleitend dazu bietet die<br />

Schau „Art Cycle“ <strong>Fahrrad</strong>kunst aus<br />

aller Welt in der Street Art Gallery Inoperable<br />

und am Pavillon der Strandbar<br />

Herrmann, wo der brasilianische Sprayer<br />

Alex Hornest eine ganze Wand gestaltet.<br />

Ebendort leistet die Fotoschau<br />

„Freak Bikes – Bike Freaks“ der Wiener<br />

Bike Kitchen pars pro toto, was das BFF<br />

weltweit ermöglicht: das Eintauchen in<br />

die bunte Welt der <strong>Fahrrad</strong>kultur. vs<br />

BFF VIENNA <strong>2010</strong><br />

16.–19. September<br />

Urania Kino | Strandbar Herrmann<br />

4 Tage Filme, Parties, Events, <strong>Fahrrad</strong><br />

bicyclefilmfestival.com/vienna<br />

Tickets unter filmfest@ig-fahrrad.org<br />

ART CYCLE VIENNA #4<br />

16. September–3. Oktober<br />

Galerie Inoperable, Wien-Neubau<br />

Die internationale Kunst-Schau zeigt<br />

Street Art, Siebdruck, Malerei und Fotografie<br />

zum Thema Rad. inoperable.at<br />

OPENING PARTY „BIKES ROCK!“<br />

16. September, Pratersauna<br />

Live: Binder & Krieglstein<br />

Freier Eintritt! pratersauna.tv<br />

FAhrrAdkulturFEst<br />

müNchEN <strong>2010</strong><br />

2.–5. Dezember<br />

Filmprogramm, Musik, Parties: Internationale<br />

<strong>Fahrrad</strong>kultur an der Isar.<br />

radlhauptstadt.de<br />

28 velosophie.at


en<br />

sien<br />

R. Jusuf, Indonesien<br />

M. Price, England<br />

J. Bussard, USA R. Moreira, Bolivien<br />

B. Horta, Portugal O. Guinea, Spanien<br />

J. Hon & R. Hartwell, Taiwan<br />

Faltrad Klub Beijing, China<br />

M. Klawitter, Alaska<br />

A. & D. Arthur , Schweiz<br />

H. M. Dias, Portugal<br />

Sende uns deine schönsten, ausgefallensten oder<br />

coolsten Bilder und wir posten sie auf unserer<br />

Webseite www.dahon.com, damit sie dort bestaunt<br />

werden können. Schicke hochauflösende Pics an<br />

contact@dahon.com<br />

W. Brumm, Deutschland<br />

MU UNO: Weniger ist mehr! Ein Single<br />

Speed Rad für optimale Mobilität<br />

G. Fallica, Italien<br />

G. Sánchez-Etayo, Spanien<br />

S. J.v. Diest, Indonesien<br />

B. Petroni, USA<br />

E. Bonhomme, Kanada<br />

J. Tong, China<br />

A. Wong, Singapur<br />

IOS P7: Design und Technik vereint<br />

zu einem ultimativen Bike<br />

R. Tzschöckel, Deutschland<br />

Portugiesische Navy Segler,<br />

Niederlande<br />

www.ehs.at | 2011 ZAHLREICHE NEUHEITEN IN ÖsTERREICH! | www.dahon.com<br />

Z. Murício, Brasilien<br />

A. Hayward, Spanien<br />

E. Petri, Indonesien<br />

M. Hoff<br />

E. de Jong, Belgien


PROMOTION<br />

Die E-Bike Initiative von Wien Energie<br />

Teil 3 und Abschluss der reAliTy-serie in VelOsOPhie: 50 TesTerInnen<br />

legTen zwei MonaTe lang die wege des allTags und der FreizeiT MiT deM e-Bike<br />

zurück. Viele Tausend kiloMeTer erFahrungen wurden gesaMMelT, Viele hunderT<br />

Blog-einTräge VerFassT, und ein PuBlikuMs-VoTing enTschied darüBer,<br />

welche FünF TesTerInnen ihr e-Bike <strong>als</strong> gewinn BehalTen dürFen.<br />

text WOLFGANG RAFETSEDER fotos KURTPINTER.COM, RALF HAUSER<br />

Jetzt stehen die Glücklichen fest,<br />

aber es war definitiv nicht das<br />

Glück, das darüber entschied, wer<br />

das KTM eCross <strong>als</strong> Gewinn behalten<br />

darf, sondern der Lohn aus vielen verfassten<br />

Blog-Einträgen und der Mobilisierung<br />

einer großen Voting-Community.<br />

Denn diese Blogs der TesterInnen<br />

stellten das Herzstück der E-Bike Initiative<br />

von Wien Energie dar. Via Blog<br />

wurden zwei Monate lang persönliche<br />

Testurteile und Eindrücke vom E-Bike<br />

und rund ums E-Biken abggeben. Zur<br />

Halbzeit des größten und aufschlussreichsten<br />

E-Bike-Tests, den<br />

es bisher gegeben hat, setzte das Publikums-Voting<br />

ein – für die TesterInnen<br />

galt es <strong>als</strong>o, eine möglichst große und<br />

treue Fan-Gemeinde hinter sich zu versammeln<br />

und auf den Schneeballeffekt<br />

zu hoffen: „Weitersagen, weil es geht<br />

um ein tolles Elektro-<strong>Fahrrad</strong> <strong>als</strong> Gewinn!“<br />

(Und ganz bestimmt wurde den<br />

TesterInnen häufig das Verprechen abgenommen,<br />

dass, wenn es zum Gewinn<br />

kommt, das E-Bike auch mal ausprobiert<br />

werden darf – die Dimension E-<br />

Biken löst jedenfalls Neugier, meistens<br />

Begeisterung und gar nicht selten den<br />

„Auch-haben-wollen“-Effekt aus.)<br />

Was jetzt, nach Abschluss der E-Bike<br />

Initiative von Wien Energie und allen<br />

Erkenntnissen daraus, beantwortet<br />

werden kann, sind die eingangs – zum<br />

30 velosophie.at<br />

Start der Reality-Serie in velosophie –<br />

gestellten Fragen zur Tauglichkeit<br />

des „Radfahrens mit eingebautem<br />

Rückenwind“ zwischen Wohn- und<br />

Arbeitsort, zwischen Einkäufe erledigen<br />

und Freizeit genießen. Dazu lassen<br />

sich aus den Blog-Einträgen der 50 TesterInnen<br />

– weiterhin nachzulesen auf<br />

blog.wienenergie.at – einige signifikante<br />

Aussagen filtern. Die Fahrt zum<br />

und vom Arbeitsplatz: Viele TesterInnen<br />

setzten das E-Bike vorwiegend dazu<br />

ein, und in den meisten Fällen brachte<br />

es sowohl eine Zeit- <strong>als</strong> auch eine Kostenersparnis<br />

(gegenüber öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln oder dem Auto), jedenfalls<br />

aber eine Erhöhung der Lebensqualität<br />

– sei es, weil man diese<br />

Wege mit einer gut dosierten Einheit<br />

Sport verbindet, weil man trotzdem<br />

nicht unangenehm verschwitzt in<br />

die Arbeit gelangt oder weil man die<br />

Stadt aus einer neuen Perspektive kennen<br />

lernt. Eine Problemstellung, die<br />

sich für die TesterInnen im Zusammenhang<br />

mit der Fahrt zur Arbeitstätte<br />

sehr häufig ergab, war das sichere Abstellen<br />

des ebenso wertvollen wie auffälligen<br />

Elektro-<strong>Fahrrad</strong>s ebendort. In<br />

seltenen Fällen waren sichere Abstellplätze<br />

vorhanden, noch seltener in absperrbaren<br />

Räumen, die nur MitarbeiterInnen<br />

zugänglich sind. Ähnliches<br />

galt für das Abstellen des E-Bikes gene-<br />

rell, das Einkäufe-Erledigen oder der<br />

Stadtbummel wurde von den TesterInnen<br />

entweder bewusst vermieden<br />

oder erfolgte mit Bauchweh, erschien<br />

der Wert des KTM eCross mit<br />

2.200 Euro zu hoch, um es sorglos<br />

an das nächste Verkehrsschild gelehnt<br />

(natürlich abgesperrt, aber<br />

trotzdem) stehen zu lassen. Sehr<br />

gerne wurde das E-Bike von den<br />

TesterInnen für <strong>Fahrrad</strong>-Touren<br />

und Ausflüge eingesetzt. Der gegenüber<br />

einem herkömmlichen<br />

<strong>Fahrrad</strong> erweiterte Aktionsradius<br />

sowie der höhere Spaßfaktor waren<br />

die Hauptgründe, warum die Mehrzahl<br />

der TesterInnen ihre Freizeit<br />

viel häufiger Rad fahrend verbrachten<br />

<strong>als</strong> in der E-Bike-losen Zeit.<br />

Mit wenigen Ausnahmen entschieden<br />

sich die TesterInnen nach Beendigung<br />

der E-Bike Initiative von Wien<br />

Energie zum Kauf ihres Test-<strong>Fahrrad</strong>s,<br />

wohl auch begünstigt durch das<br />

attraktive Angebot, das Initiative-<br />

Partner KTM eingeräumt hatte, aber<br />

vor allem wollte das E-Bike und<br />

dessen Vorzüge nicht mehr gemisst<br />

werden. Einige erhielten das<br />

KTM eCross ohnehin <strong>als</strong> Gewinn, die<br />

fünf auf den Folgeseiten vorgestellten<br />

GewinnerInnen aus dem Voting-,<br />

ein Tester <strong>als</strong> fleißigster Blogger und<br />

zwei weitere per Losglück.


„Das E-BikE hat<br />

auch für EinEn<br />

sportlichEn<br />

30-JährigEn EinEn<br />

nutzEn.“<br />

VOTiNG-GEWiNNER<br />

MARkuS STRuGGL, 30<br />

SoFTWARE-ENTWICKLER, FÄHRT<br />

HoBByMÄSS<strong>IG</strong> MoUNTAINBIKE UND<br />

LÄUFT<br />

„In der Freizeit brauche ich keinen<br />

Strom, um in die Arbeit zu fahren<br />

schon“, fasst der ambitionierte Hobbysportler<br />

Markus sein Verhältnis zum<br />

E-Bike zusammen. Die Fahrdauer zwischen<br />

Wohn- und Arbeitsort (Wien 3 –<br />

Wien 22) kann er mit dem E-Bike gegenüber<br />

den Öffis halbieren und kommt<br />

dennoch unverschwitzt und ganz entspannt<br />

im Büro an. An der E-Bike Initiative<br />

gefielen ihm ganz besonders die<br />

Community-Treffen, vom Donauinsel-<br />

Fest bis zum Rapid-Wien-Spiel, die „echt<br />

cool zusammengestellt und gemacht waren.“<br />

Um zum Voting-Erfolg zu kommen,<br />

habe er „seine Leute“ jeden Tag genervt,<br />

erzählt er mit einem breiten Grinsen.


Szenen vom Community-Treff an der Summer Stage am Wiener<br />

Donaukanal, wo Wien Energie kürzlich auch eine Strom-Tankstelle<br />

für Elektro-Fahrräder in Betrieb genommen hat. Franziska Maierhofer<br />

(Bild links), die wir für die Sommer-<strong>Ausgabe</strong> von velosophie<br />

bei einer Testfahrt begleitet hatten, verpasste den Gewinn ihres<br />

E-Bikes knapp, nachdem sie lange Zeit gut im Rennen gelegen war.<br />

Alex Jokel wiederum machte Stimmung im Radio – bei Initiative-<br />

Partner Radio Wien: Testfahrer und Reporter in Personalunion.<br />

32 velosophie.at<br />

„E-BikE gEwonnEn<br />

statt gEkauft,<br />

JEtzt gEht sich<br />

sogar Ein nEuEs<br />

MountainBikE<br />

aus.“<br />

VOTiNG-GEWiNNERiN<br />

HELGA ScHEibELHOFER, 43<br />

KINDERGARTEN-PÄDAGoGIN, WELL-<br />

NESS- UND FITNESS-TRAINERIN<br />

„Am Anfang habe ich nicht an den Gewinn<br />

geglaubt, aber dann richtigen Ehrgeiz<br />

entwickelt“, erzählt Helga, „und ich<br />

habe Gott und die Welt kontaktiert, damit<br />

für mich Stimmen abgegeben werden.“<br />

Mit welchem Einsatz sie bei der<br />

Sache war, zeigt ihr erleichtertes Aufatmen<br />

nach Beendigung der E-Bike Initiative:<br />

„Es war eine schöne und intensive<br />

Zeit, aber jetzt bin ich froh, dass es<br />

vorbei ist.“ Durch das E-Bike habe sie<br />

neue Motivation fürs Radfahren gefunden<br />

– jetzt soll neben dem E-Bike, das<br />

sie natürlich weiterfahren wird, auch ein<br />

neues Mountainbike angeschafft werden<br />

–, und über einen weiteren positiven<br />

Nebeneffekt weiß die gebürtige Steirerin<br />

zu berichten: „Durch das Fahren<br />

mit dem E-Bike habe ich Wien erst so<br />

richtig kennen gelernt.“


„riDE how you<br />

fEEl, fEEl how<br />

it riDEs.“<br />

VOTiNG-GEWiNNER<br />

MicHAEL STiFT, 33<br />

IT-TECHNIKER, HoBBy-MoUNTAIN-<br />

BIKER<br />

Michael zählt sich trotz seines jungen Alters<br />

und seiner Sportlichkeit zur Zielgruppe<br />

für ein E-Bike, „wegen des langen<br />

Wegs zur Arbeit und von der Arbeit<br />

nach Hause.“ Den großen Vorteil gegenüber<br />

einem normalen Rad – er hat diese<br />

Strecke von 17 Kilometern, eine Richtung,<br />

wohlgemerkt, früher gelegentlich<br />

mit dem Mountainbike absolviert – sieht<br />

er darin, so fahren zu können, wie man<br />

sich gerade fühlt: „Gut drauf mit weniger,<br />

schlecht drauf mit mehr Motorunterstützung.“<br />

Er gehörte zu den Testern, deren<br />

Bike vom Defektteufel gejagt war,<br />

einmal Akku, einmal Motor, „aber die<br />

Leute von KTM haben flugs die Ersatzteile<br />

geschickt.“ Im Gegensatz zu anderen<br />

TesterInnen steht für Michael das<br />

ecross auch <strong>als</strong> Sportgerät hoch im Kurs:<br />

„Zum Trainieren den Akku runter, so ist<br />

das Bike leichter, und du kommst nicht<br />

in Versuchung, den Motor zuzuschalten.“


VOTiNG-GEWiNNER<br />

JENS bORkEN, 39<br />

PHySIKER, KLIMAFoRSCHER UND<br />

CAR-SHARING-USER<br />

Mit Jens hat sich ein Klimaforscher in<br />

den Reihen der TesterInnen und sogar<br />

GewinnerInnen eingefunden, ein hochinteressanter<br />

und vom journalistischen<br />

Standpunkt faszinierender Aspekt. Er<br />

selbst sieht in der Verwendung des E-<br />

Bikes positivere Effekte für die Gesundheit<br />

<strong>als</strong> für den Klimaschutz: „Auch mit<br />

der höchsten Unterstützungsstufe ist<br />

das E-Biken noch immer besser, <strong>als</strong> würde<br />

man auf der Couch sitzen.“ Mit dem<br />

E-Bike hat Jens wieder zum Radfahren<br />

gefunden („früher in Berlin bin ich häufig<br />

mit dem Rad gefahren“), jetzt legt er<br />

den Arbeitsweg vom 3. Bezirk nach Laxenburg<br />

fast täglich per E-Bike zurück.<br />

An diesem wüsste er natürlich zahlreiche<br />

Verbesserungen durchzuführen,<br />

leichter, weniger aufwändig und damit<br />

auch preisgünstiger sollte es sein, aber<br />

sein „Arbeitstier“, wie er es bezeichnet,<br />

möchte er nicht mehr missen. Wie sein<br />

Erfolg im Voting zustande gekommen<br />

sei: „Ich verfüge über ausgezeichnete<br />

internationale Kontakte und kann auf<br />

ein großes Netzwerk zugreifen“, so seine<br />

Antwort, begleitet vom spitzbübischsten<br />

Grinsen eines Klimaforschers.<br />

34 velosophie.at<br />

„wEnn Man<br />

koMfort aBstrahiErt,<br />

DiE BEssErE<br />

altErnativE zuM<br />

auto.“<br />

„iMMEr nur Mit<br />

stufE viEr, Das<br />

Macht Ja DEn untErschiED<br />

zuM nor-<br />

MalEn fahrraD.“<br />

VOTiNG-GEWiNNERiN<br />

cORNELiA SiGWALD-DATLER, 30<br />

VERSICHERUNGSREFERENTIN<br />

WR. GEBIETSKRANKENKASSE,<br />

PARAGLEITERIN<br />

Sport und liebste Freizeitbeschäftigung<br />

bedeutet für Cornelia Paragleiten, zum<br />

Radfahren stand bisher nur ein zu kleines<br />

Mountainbike, das sie schon <strong>als</strong> Jugendliche<br />

gefahren hat, zur Verfügung,<br />

und dementspechend selten hat sie sich<br />

in der Zeit vor dem E-Bike-Test in den<br />

Sattel geschwungen. Mit dem E-Bike von<br />

KTM drehte sich ihre Einstellung zum<br />

Radfahren um 180 Grad, statt mit dem<br />

Auto wird die Fahrt zwischen Wohn-<br />

(Perchtoldsdorf, direkt an der Grenze<br />

zum 23. Bezirk) und Arbeitsort (Wien 10)<br />

auch forthin per <strong>Fahrrad</strong> absolviert werden,<br />

„außer das Wetter ist ganz<br />

schlecht.“ Sie selbst bezeichnet sich <strong>als</strong><br />

Quereinsteigerin im Radgeschehen und<br />

freut sich, ihrer Gesundheit und der Umwelt<br />

etwas Gutes tun zu können. „Ein<br />

normales Rad kommt nicht in Frage,“<br />

bekennt sich Cornelia voll zum tretkraftunterstützten<br />

Radfahren.


© <strong>2010</strong> adidas AG. adidas, the Trefoil, and the 3-Stripes mark are registered trademarks of the adidas Group. Silhouette Int. Schmied AG, adidas Global Licensee.


velocity<br />

01 GenF<br />

le VeloSoPhe<br />

Zügig radelnd kommt man schon bald<br />

nach der Stadtgrenze von Genf an die<br />

Abzweigung in die verschlafene Siedlung<br />

Chambésy. Mitten unter den Vorgärten<br />

in einem der hölzernen Gartenhäuschen<br />

wartet eine Überraschung:<br />

ein Velosoph! Unter diesem Namen betreibt<br />

nämlich Valentin Dufour <strong>als</strong> Nachfolger<br />

von Damien Bisetti dort den einzigen<br />

Fixed- und Singlespeedshop der<br />

Region. Der Wahlspruch des Ladens<br />

lautet: „Save the planet, ride a veló!“<br />

velosophie sagt: Ein gutes Motto, ein<br />

guter Name! velosophe.blogspot.com<br />

03 PARIS<br />

VIVe lA VeloRutIon!<br />

Anfang Juli hat internationaler <strong>Fahrrad</strong>-<br />

Aktivismus die Stadt an der Seine fröhlich<br />

überrollt: Die Critical Mass Universelle<br />

eroberte bunt und laut die Straßen<br />

von Paris, alle Welt kam und feierte<br />

<strong>Fahrrad</strong> fahrend mit. Die freundliche Revolution<br />

des Mobilitätsverhaltens in unseren<br />

Städten hin zum umweltfreundlichen,<br />

raumsparenden Verkehr steht bei<br />

den Critical-Mass-Fahrten weltweit <strong>als</strong><br />

Ziel im Vordergrund. Alléz!<br />

36 velosophie.at<br />

0<br />

1<br />

03<br />

02<br />

02 WIen<br />

BIke And RIde<br />

Der Knotenpunkt Kennedybrücke liegt<br />

nicht nur an der verkehrsreichen<br />

Westeinfahrt der Bundeshauptstadt,<br />

sondern auch an der U-Bahnlinie U4<br />

und bald am so genannten „Wienfluss-<br />

Rad-Highway“. Dadurch erhält die<br />

Drehscheibe für Fußgänger-, Öffi- und<br />

Autoverkehr noch in diesem Jahr einen<br />

Radverkehrsanschluss. Dessen Nutzbarkeit<br />

für zügiges Alltagsradeln <strong>als</strong><br />

Verkehrsmittel wird zwar durch einige<br />

widrige Rahmenbedingungen eingeschränkt,<br />

aber am Knotenpunkt wartet<br />

dafür bald eine Radgarage mit rund 100<br />

wetterfesten Abstellplätzen. Somit wird<br />

die Anreise per Rad aus den Vororten<br />

zur U-Bahn durch sicheres Radparken<br />

erleichtert. Initiiert von der Stadt Wien,<br />

wird die Radgarage im Haltestellengebäude<br />

künftig von der WIPARK Garagen<br />

GmbH betrieben, die damit ihren<br />

10.600 KFZ-Stellplätzen in Wien, Graz<br />

und Budapest die ersten 100 Radabstellplätze<br />

hinzufügt. Ein erster Schritt,<br />

aber da ist noch einiges aufzuholen!<br />

Eröffnung ist für Oktober geplant, Zutritt<br />

wird gegen eine Gebühr von 1 Euro<br />

über eine Schleuse mit Magnetkartenleser<br />

möglich sein.<br />

FOTOS: stan engelbrecht, ablinger, vedral & partner zt gmbh, adam hackney


„Bremsen haBe<br />

ich keine! “<br />

ntAndo FuthelA, StellenBoSCh<br />

Ntando Futhela (16) aus Stellenbosch,<br />

Südafrika, fährt mit seinem Rad täglich<br />

zur Schule. Sein Porträt ist Teil des Fotoprojekts<br />

„Bicycle Portraits“ über afrikanische<br />

Radkultur: bicycleportraits.co.za.<br />

velosophie.at<br />

37


velocity<br />

04 loS AnGeleS<br />

AutometRoPole GoeS<br />

FAhRRAd<br />

L.A. bietet an seinen berühmten Stränden<br />

Platz für Beach-Cruiser und Sand-<br />

Surfer. Dahinter jedoch dominiert das<br />

Automobil eine Stadt, die kaum öffentlichen<br />

Verkehr und nur eine minimale<br />

Zahl von Radfahrenden aufweisen<br />

kann. Nun aber steht der Stadt ein alltagsradfahrender<br />

Bürgermeister vor,<br />

und dieser lässt aufhorchen: 3,2 Millionen<br />

US-Dollar für Radverkehrsmaßnah-<br />

0 men <strong>2010</strong>, 1.600km Radwege in Planung!<br />

Am eigenen Leib hat Mayor Antonio<br />

Villaraigosa unlängst erfahren,<br />

4 dass die Situation für RadfahrerInnen<br />

in L.A. nicht erfreulich ist; er lässt sich<br />

aber auch von einem Gipsarm nicht<br />

vom Weg abbringen. Weiter so!<br />

DO. 16. 9. - SA. 18. 9.<br />

VERRÜCKTE BONUS TAGE<br />

TESTRÄDER UND AUSLAUFMODELLE ZU SONDERPREISEN<br />

1010, Hegelgasse 19 | T +43 (0)1 513 0 514 | Mo-Fr 10:00-19:00 & Sa 10:00-17:00<br />

office@trekbicycle-vienna.at | www.trekbicycle-vienna.at<br />

FOTOS: ralf hauser, k.c. hohensee, wigand von sassen (lhm)


0<br />

5<br />

05 mÜnChen<br />

humoR VeRmIttelt<br />

SICheRheIt<br />

Der Sicherheitsjoker ist unterwegs! Als<br />

aktionistisch-charmanter Teil der Münchner<br />

<strong>Fahrrad</strong>-Kampagne radelt er durch<br />

die bayrische Hauptstadt und soll auf<br />

positive Weise Aufmerksamkeit für das<br />

Thema Verkehrssicherheit erzeugen. Er<br />

möchte spielerisch helfen, gegenseitige<br />

Vorurteile abzubauen und die Verkehrsteilnehmer<br />

zu einem respektvollen Umgang<br />

miteinander ermuntern. Laut Konzept<br />

belehrt und rügt der himmelblaue<br />

Joker nicht, sondern bestätigt und unterstützt<br />

das Positive, das im Straßenraum<br />

oft zu kurz kommt. Da wünscht velo-<br />

sophie gutes Gelingen, möge auch ihm<br />

selbst die gute Laune nicht ausgehen!<br />

radlhauptstadt.de<br />

Ausbildung zum<br />

Ernährungsvorsorge-Coach<br />

orge Coac<br />

Lernen Sie, wie Sie Menschen Lust<br />

auf gesunde Ernährung machen.<br />

Lehrgangsstart: 20.9.<strong>2010</strong><br />

Ausbildung zum/zur diplomierten<br />

Wellness- und Fitnesstrainer/-in<br />

In den drei Modulen der berufsbegleitenden Ausbildung<br />

eignen Sie sich das notwendige Know-how an, um <strong>als</strong><br />

Wellness- und Fitnesstrainer tätig zu werden.<br />

Lehrgangsstart: 27.9.<strong>2010</strong><br />

Ausbildung zum/zur diplomierten<br />

Kindergesundheitstrainer/-in<br />

Mehr <strong>als</strong> Computer, Fast Food und Fernsehen – der Lehrgang<br />

zeigt Ihnen, wie sie Kinder spielerisch zu einem<br />

gesundheitsbewussten Leben motivieren.<br />

Lehrgangsstart: 1.10.<strong>2010</strong><br />

Information und Anmeldung im Kundenservice:<br />

www.wifi wien.at/kontakt, Tel. 01/476 77-5555,<br />

Währinger Gürtel 97, 1180 Wien en<br />

www.wifiwien.at


veloport<br />

Ktm Gran Pure<br />

Chic Cycling by KTM: Österreichs mit Abstand<br />

größter <strong>Fahrrad</strong>hersteller gibt mit den<br />

Modellen Gran (Komplettausstattung mit<br />

Lichtanlage und Kotflügel) und Gran Pure<br />

(wie schon der Name sagt) ein überraschendes<br />

Statement ab und zeigt, dass frischer<br />

Wind weht durch die Design-Abteilung in<br />

Mattighofen weht. Preis: E 899,–<br />

ktm-bikes.at<br />

40 velosophie.at<br />

Bernds Falttandem<br />

Der deutsche Faltradspezialist Bernds hat<br />

auch einen „Zweisitzer“ im Programm. Der<br />

Stahlrahmen stammt aus eigener Produktion,<br />

das komplette Bike wiegt in der<br />

Grundausstattung unter 20 kg, und das Zusammenfalten<br />

auf ein kompaktes Maß soll<br />

einfach und rasch funktionieren. Auch mit<br />

E-Antrieb und in zahlreichen Ausstattungsvarianten.<br />

Preis: ab E 2.550,–<br />

bernds.de


Bella ciao inGeGnere due<br />

Die klassischen Rahmen für die Bella Ciao-<br />

Räder stammen aus Italien (von einer der<br />

letzten verbliebenen Stahlrahmen-Manufakturen),<br />

die finale Montage findet in Sachsen-<br />

Anhalt statt, die Ingenieurskunst, der kreative<br />

Geist und die Verkaufszentrale haben in<br />

Berlin ihren Sitz. Prädikat: ein stimmiges<br />

Ganzes, einfach schön. Preis: ab E 1.175,–<br />

bellaciao.de<br />

Herbst & zeitlos<br />

kleiner Ausblick Auf dAs ModelljAhr 2011: drei-<br />

MAl design und etwAs für unzertrennliche.<br />

schindelhauer sieGFried<br />

Unlackiertes, gebürstetes Aluminium, profiliertes<br />

Sattelrohr, Singlespeed-Nabe mit Riemenantrieb,<br />

Leder-Sattel und Leder-Griffband<br />

von Brooks – nicht nur velosophie ist<br />

von Siegfrieds Sinnlichkeit angetan, sondern<br />

das waren auch die Jurys vom „reddot design<br />

award“ und vom „BrandNew Award“ der Bike<br />

Expo München. Preis: E 1.295,–<br />

schindelhauerbikes.de<br />

velosophie.at<br />

41<br />

ART: ralf hauser


velostyle<br />

VAuDE uRBAN lifE<br />

Wir widmen uns diesmal Produktneuheiten<br />

der Saison 2011. Darunter sticht die Urban-<br />

Life-Kollektion durch ihren ökologischen Ansatz<br />

und dezent stilvolles Design hervor.<br />

Umweltfreundliche Jacken, Taschen und<br />

Hosen aus Bio-Baumwolle und recycelten<br />

Materialien. Grüne Welle! Preise: ab E 80,–<br />

vaude.com<br />

REDVil illuMiNATE<br />

Atmungsaktiv, windresistent, wasserabweisend?<br />

Praktisch, wichtig, unverzichtbar<br />

für Radfahrjacken. Aber: Jetzt auch mit<br />

Leuchteffekt! Dieses Teil speichert Sonnenstrahlen<br />

und Kunstlicht und gibt es <strong>als</strong><br />

neonfarbiges Glühen bei Nacht ab. Sichtbarkeit<br />

bringt Sicherheit. Preis: E 165,–<br />

redvil.com<br />

42 velosophie.at<br />

TSG KRAKEN<br />

Der erste flexible Helm, der sich der Kopfform<br />

der TrägerInnen anpasst. Die mehrteilige<br />

Innenschale kann vor allem für<br />

extravagante Köpfe die Lösung sein, auch<br />

was das Desigen betrifft: US-Artist David<br />

Flores hat ihn gestaltet. Preis: ab E 58,–<br />

ridetsg.com<br />

BASil SElEcT-SERiE<br />

Die Business-Taschen-Serie von Basil<br />

macht dem radfahrenden Business-Menschen<br />

den Alltag leichter und schöner. Drei<br />

Taschen-Modelle mit cleverer Inneneinteilung:<br />

Messenger, Double und Single Packtasche.<br />

Preise : ab E 49,–<br />

basil.nl<br />

lucKY BASTERDS cAp<br />

Ein Beispiel für die unzähligen kleinen Designershops,<br />

die weltweit ihre Bike Communities<br />

ideenreich beliefern. Barcelona<br />

hat dafür einige feine Beispiele! Darunter<br />

die Lucky Basterds, die schicke, hochqualitative<br />

Kappen anfertigen, auf Anfrage<br />

auch maßgeschneidert. Preis: E 29,–<br />

luckybasterds.wordpress.com<br />

fANfilucA lATz-fATz<br />

Ein Teil mit spitzbübischem Charme und<br />

Stil: Die gute alte Latzhose nun neu erfunden<br />

für Radfahrerinnen. Wasserabweisend,<br />

atmungsaktiv, elastisch. Durch den typischen<br />

Schnitt sind Oberkörper und Nieren<br />

gut windgeschützt, vier Taschen bieten<br />

Raum, und der Gürtel dient <strong>als</strong> Stabilisator<br />

und Eyecatcher. Preis: E 149,95<br />

fanfiluca.de<br />

Mehr unter velosophie.at/kategorie/velogear


Jan Heine, Verleger<br />

Stille vom FeinSten<br />

Kurzfassung einer aussergewöhnlichen Biografie: Von DeutschlanD nach<br />

seattle, unD Dann wirD Das hoBBy zum Beruf.<br />

text MARTIN sTRuBReITeR fotos jeAN-pIeRRe pRAdeRes<br />

man kann in Jan Heines Welt<br />

nicht einfach hineinköpfeln,<br />

man sollte einen kleinen Umweg<br />

nehmen, einen fast vergessenen,<br />

kaum befahrenen mit Aussicht: Reiseräder,<br />

aus allen Jahrzehnten.<br />

Aber nicht die Krapfen aus dem Baumarkt,<br />

sondern die feinen, edlen, leichten,<br />

handgefertigten, die Constructeurs-Räder,<br />

wie sie besonders im<br />

Frankreich der 30er- und 40er-Jahre<br />

perfektioniert wurden. Dam<strong>als</strong> wurden<br />

sogar Constructeurs-Wettbewerbe abgehalten,<br />

und wer das leichteste, robusteste<br />

und feinste Rad an den Start<br />

(und dann auch ins Ziel) brachte, hatte<br />

seinen Ruf wieder etwas gemehrt. Räder,<br />

die mit Gepäcksträgern (ja, meistens<br />

vorne und hinten), Kotflügeln,<br />

Lichtanlage und Gangschaltungen<br />

(meistens auch vorne und hinten) sieben<br />

bis acht Kilogramm wogen, waren<br />

keine Seltenheit, und sie fuhren dennoch<br />

perfekt und hielten durch. Auch<br />

Berge ließen sich niederstemmen: Zwei<br />

Kettenblätter vorne waren guter Standard,<br />

und ihr Größenunterschied nahm<br />

vorweg, was wir heute <strong>als</strong> Kompaktkurbel<br />

schätzen. Auch der Aluminium-<br />

Anteil war auf heutigem Niveau, die<br />

Rahmen ausgenommen, aber auch das<br />

galt nicht lückenlos.<br />

Man fuhr dam<strong>als</strong> mit seinem Reiserad<br />

auf Urlaub (der Anteil an Packtaschen<br />

war hoch), und wenn man sie<br />

daheim benutzte, dann durften sie gerne<br />

<strong>als</strong> Statussymbol aushelfen: Auf<br />

einem Rene Herse fein gekleidet vor<br />

44 velosophie.at<br />

einem Straßencafé vorzufahren, war<br />

ungefähr das, was heute der auf die<br />

Theke gewuchtete Ferrari-Schlüsselanhänger<br />

ist, nur irgendwie nobler.<br />

Jan Heine: „Rene Herse und Alex Singer<br />

waren dam<strong>als</strong> praktisch die Schutzheiligen<br />

der Rahmenbauer, ihre Räder<br />

kosteten in den 40er-Jahren rund drei<br />

Ingenieurs-Monatsgehälter. Heute wären<br />

das rund 10.000 Euro.“<br />

Bevor das Thema jetzt ins Nostalgische<br />

kippt: Die feinen Reiseräder<br />

sind noch immer<br />

unterwegs, heute<br />

in einer wohligen Nische,<br />

und besonders von Japanern<br />

und US-Amerikanern werden die verbliebenen<br />

Construkteure kultisch verehrt.<br />

Alex Singer fertigt noch immer,<br />

wie einst im kleinen Geschäft im Pariser<br />

Vorort Levallois, in der Neuzeit dazugekommen<br />

sind J. P. Weigle in den<br />

USA oder Toei in Japan, und jeder Kunde<br />

bekommt sein <strong>Fahrrad</strong> nach Maß<br />

und nach persönlichen Vorstellungen.<br />

Jan Heines Zeitschrift „Bicycle Quarterly“<br />

passt perfekt zu den Reise-<br />

rädern, die darin in hoher Dichte vorfahren:<br />

Als unaufgeregtes, perfekt recherc<strong>hier</strong>tes,<br />

hoch kompetentes Magazin<br />

bewegt sich die Zeitung trittsicher<br />

in Vergangenheit wie Gegenwart, beantwortet<br />

Fragen, die außer Jan Heine<br />

noch niemand gefunden hat. In der Einleitung<br />

zu einem Interview wurde er<br />

kürzlich <strong>als</strong> „the most important cy-<br />

Jan Heine, ausnahmsweise<br />

neben dem Reiserad statt<br />

drauf. Wer zu den Rennern<br />

um ihn herum mehr wissen<br />

will, kann in einem feinen<br />

Bildband nachlesen und<br />

-schauen, Wegweiser auf der<br />

nächsten Doppelseite.


cling journalist you’ve never heard of“<br />

charakterisiert. Er spürt die Raffinesse<br />

der alten Räder in Praxistests und<br />

mäandernden Berechnungen auf, und<br />

weil die Zeit der Reiseräder längst zeitlos<br />

ist, wurde vor einigen Jahren das<br />

Wort vintage aus dem Titel gestrichen.<br />

Seither ist „Vintage Bicycle Quarterly“<br />

<strong>als</strong> „Bicycle Quarterly“ endgültig in der<br />

Gegenwart angekommen, ohne die Vergangenheit<br />

zu vergessen. Stille Kompetenz,<br />

sozusagen, auf Augenhöhe mit<br />

den Fahrern der feinen Räder.<br />

Jan Heine ist Jahrgang 1968, und sein<br />

Interesse an Fahrrädern ist kaum jünger:<br />

„Ich bin im Rheinland aufgewachsen,<br />

direkt neben einer Rennrad-Trainingsstrecke,<br />

und schon <strong>als</strong> Zehnjähriger<br />

wollte ich Rennfahrer werden. Und<br />

vor allem natürlich bei der Tour de<br />

France mitfahren.“ Die Faszination des<br />

<strong>Fahrrad</strong>es kam aber auf mehreren Ebenen:<br />

„Für mich war Radfahren schon<br />

dam<strong>als</strong> ein Mittel zur Freiheit. Heute<br />

werden die Kids in den USA mit dem<br />

Auto direkt von der Schule abgeholt,<br />

aber wir konnten mit unseren Fahr-<br />

rädern kleine Abstecher machen, von<br />

denen unsere Eltern nichts wussten.“<br />

Natürlich wurde Jan Heine später<br />

Rennfahrer, aber er fuhr nur ungern im<br />

Kreis: „Ich hatte immer Interesse daran,<br />

was hinter dem nächsten Berg liegt.<br />

Daher habe ich früh begonnen, am Wo-<br />

46 velosophie.at<br />

chenende quer durch Deutschland zu<br />

radeln und Freunde zu besuchen, und<br />

nach der Wende bin ich oft die Ostsee<br />

entlang gefahren – auf einer Wellenlänge<br />

mit den französischen Randonneuren,<br />

und die hatten auch die perfekten<br />

Räder dafür. Ein Kriteriumsrennen,<br />

wo man nach der ersten Runde<br />

schon die Strecke kennt, hat mich<br />

schon dam<strong>als</strong> kaum interessiert.“<br />

Jan Heine hat Geologie, Geografie und<br />

Mathematik studiert, bei einem Studienaufenthalt<br />

in den USA 1989 ist er in<br />

Seattle hängengeblieben, das Interesse<br />

für Reiseräder war im Gepäck immer<br />

dabei: „Diese nach Kundenwunschgefertigten<br />

Custom-Bikes waren<br />

immer Kunstwerke,<br />

da sie <strong>als</strong> Einheit<br />

konstruiert und<br />

gefertigt wurden. Für alle<br />

Komponenten wurden spezielle Anlötteile<br />

vorgesehen, damit waren die Randonneur-Räder<br />

stets aus einem Guss<br />

und nicht einfach nur aus Komponenten<br />

zusammengeschraubt.“<br />

Um die Erkenntnisse, Testergebnisse<br />

und Schlussfolgerungen seiner Forschungen<br />

zu bündeln, veröffentlichte<br />

Jan Heine im Sommer 2002 erstm<strong>als</strong><br />

das Vintage Bicycle Quarterly, ein<br />

Hobby, das in Schwung kam wie ein<br />

edles Randonneur-Rad. Die Zeitschrift<br />

wurde schnell quer durch alle Länder<br />

abonniert, wurde dicker und noch ambitionierter,<br />

„und irgendwann hatte ich<br />

die Wahl, sie hauptberuflich zu gestalten<br />

oder wieder einzustellen.“<br />

Statt der Zeitung stellte Jan Heine<br />

lieber seine anderen Jobs ein, und aus<br />

einer Zeitung wurde ein ganzer Verlag,<br />

Vintage Bicycle Press (www.vintagebicyclepress.com).<br />

Das Ziel klingt höchst<br />

sympathisch in einer nach schrillen<br />

Nachrichten hechelnden Welt: „Bicycle<br />

Quarterly soll ein qualitativ hochwertiges<br />

Magazin bleiben, das damit seine<br />

Leser begeistert, ich will davon Leben<br />

können, und der größte Lohn ist sowieso<br />

das Feedback der Leser.“<br />

Die kommen mittlerweile auch von<br />

Büchern – dass das erste des Verlages<br />

„The Golden Age Of Handbuilt Bicycle“<br />

heißt, ist nur logisch, und im jüngsten<br />

sind feine Rennräder mit Geschichte<br />

dran, eine Kurzkritik steht nebenan.<br />

Die Fotografie zum Buch zerkleinerte<br />

eineinhalb Jahre, aber es gibt kaum Fotos<br />

von Jan Heine selbst, was er locker<br />

erklären kann: „Es ist ja selten ein Fotograf<br />

dabei, wenn ich Rad fahre.“<br />

Wie gesagt, Jan Heine fährt gerne viel<br />

– aber in aller Stille, schließlich sollen<br />

die Straßen zu seinen Rädern passen. vs<br />

Vintage Bicycle Quarterly heißt<br />

jetzt nur mehr Bicycle Quarterly,<br />

damit haben alle Jahrzehnte<br />

Platz. Die wunderbar<br />

stille und kompetente Zeitschrift<br />

ist ein feines Statement<br />

gegen schrillen, oberflächlichen<br />

Journalismus.


Zu Tode restaurierte Siegerräder kamen<br />

für Jan Heine und Fotograf Jean-Pierre<br />

Pradères nicht in Frage. In diesem Buch<br />

sollte jedes Rad die Authentizität längst<br />

zerronnener Zeiten ausstrahlen, die<br />

Spuren des Siegens in die Gegenwart<br />

tragen, in der die Räder längst <strong>als</strong> Liebhaberstücke<br />

stehen. Jan Heine: „Und<br />

wenn doch restaurierte Stücke zu sehen<br />

sind, dann ist die Geschichte dieses<br />

<strong>Fahrrad</strong>es so außergewöhnlich, dass<br />

wir nicht darauf verzichten wollten.“<br />

Und außergewöhnlich ist die Geschichte<br />

des Radsports sowieso. Von den Tagen<br />

des Hochrades an wurden damit<br />

Wettkämpfe ausgetragen, es gab skurrile,<br />

zeitlose Seitengassen wie das Dursley-Pedersen,<br />

Luftfahrt-Technologie bei<br />

den ersten Alurahmen – und langsam<br />

emanzipierten sich die Rennräder durch<br />

geringes Gewicht, feine Konstruktion<br />

und insgesamt edlere Ausführung von<br />

den meisten anderen Fahrrädern. Wobei<br />

nicht alle dem klassischen Netzhautmuster<br />

eines Rennrades entsprechen:<br />

Auch die Zeitungskuriere in Paris, beispielsweise,<br />

fuhren Rennen, und ihre<br />

Porteurs-Räder trugen rund 15 Kilo-<br />

Jan Heine: Die Räder der<br />

Sieger. Eine fotografische<br />

Zeitreise. Mit Fotografien von<br />

Jean-Pierre Pradères. Covadonga<br />

Verlag, Bielefeld.<br />

Die deutsche <strong>Ausgabe</strong> erschien<br />

im Jahr 2009. 176 Seiten,<br />

Hardcover, 39,80 Euro,<br />

ISBN 978-3-936973-46-4<br />

Erhältlich ist das Buch unter<br />

covadonga.de, oder bei<br />

Vintagebicyclepress (vintagebicyclepress.com)<br />

oder bei<br />

fahrradbuch.de<br />

JAN HEINE: DIE RÄDER DER SIEGER<br />

RäDER mIT GEScHIcHTE qUER DURcH DIE GEScHIcHTE, Vom 1880ER HocH-<br />

RAD BIS ZU ToNy RomINGERS STUNDENWELTREKoRD 1994.<br />

gramm Zeitungen am schon unbeladen<br />

eher breiten Gepäcksträger.<br />

Die Räder der Sieger ist die rare Kombination<br />

eines Bilderbuches, das auch<br />

beim Text in die Tiefe geht, das mit der<br />

Hartnäckigkeit der Liebenden recherc<strong>hier</strong>t<br />

wurde, und man darf sich diese<br />

Recherche ruhig etwas umfangreicher<br />

vorstellen: Inklusive Fotografie dauerte<br />

sie eineinhalb Jahre, dabei wurden<br />

praktisch aus dem LKW heraus vier<br />

Fotostudios in Frankreich aufgebaut, eines<br />

in Italien, und die Räder aus den<br />

USA wurden mit viel Überredungskunst<br />

ins Studio in Seattle gebeten. Fotografiert<br />

wurde in Europa <strong>als</strong>o in einem<br />

Schloss oder in Scheunen, einmal sogar<br />

in einer offenen Garage. Weil dort<br />

zu viel Tageslicht dazukam, entstanden<br />

die Fotos bei Nacht, und keiner der<br />

Nachbarn traute sich nach dem Grund<br />

des Blitzens in der Garage fragen.<br />

Noch aufwändiger <strong>als</strong> das Fotografieren<br />

war die Auswahl davor: Nicht alle<br />

Räder, die <strong>als</strong> echte Siegermaschinen<br />

von ihren Besitzern präsentiert werden,<br />

sind auch solche. Wie bei anderen<br />

Kunstwerken gibt’s auch <strong>hier</strong> Fälschun-<br />

gen, und manche sind besser <strong>als</strong> die anderen.<br />

Jan Heine: „Von fast jedem Bianchi<br />

aus den 50er Jahren mit Rahmenhöhe<br />

59 cm wird heute behauptet, dass garantiert<br />

Fausto coppi damit gefahren ist. Natürlich<br />

entlarvten auch wir einige Fälschungen,<br />

wobei die heutigen Besitzer<br />

meistens gar nicht wussten, dass ihr Rad<br />

nicht das echte Siegerrad war.“<br />

Zu den aktuellen, kunstvoll reduzierten<br />

und technisch perfekten Fotos gibt’s zeitgenössische<br />

Aufnahmen von dam<strong>als</strong>. Und<br />

einen Text, der den Renner zurückhebt in<br />

die damalige Zeit und in seine Koordinaten<br />

stellt, denn auch die Rennen selbst<br />

sind mit der Zeit gereift: „Die Rennen haben<br />

die Technik der Fahrräder beeinflusst,<br />

und umgekehrt hat auch die Technik die<br />

Rennen mitgezeichnet. Früher waren die<br />

Strecken deutlich länger, und selbst an<br />

der Spitze kamen die Fahrer mit großen<br />

Abständen ins Ziel. Daher waren auch<br />

andere Übersetzungen nötig und andere<br />

Rahmengeometrien.“<br />

man lässt sich beim Genießen des Buches<br />

<strong>als</strong>o gerne mehr Zeit, <strong>als</strong> sich die<br />

Rennfahrer früher und ganz früher auf ihren<br />

maschinen nehmen durften.


veloart<br />

48 velosophie.at<br />

MATT W. MOORE<br />

Art Decocyclique<br />

Farbenfroh-geometrisches Artwork<br />

zeichnet den Stil vom Matt Moore aus,<br />

„Vectorfunk“ nennt er dieses ausgeprägte<br />

Merkmal selbst. Matt arbeitet in seinem<br />

Studio MWM Graphics in Portland,<br />

Maine quer durch alle Disziplinen, von digitaler<br />

Illustration über großformatige<br />

Gemälde hin zu gesprayten Wandmalereien<br />

und Shirt-Design. Radfahren war<br />

für ihn immer ein zentraler Teil seines<br />

Lebens. Nachdem er gestalterisch auf<br />

Skateboards, Snowboards, Surfboards<br />

und Skiern tätig war, lag <strong>als</strong> nächstes Objekt<br />

das <strong>Fahrrad</strong> nahe. Für die Momentum<br />

Exhibition in Cambridge, Massachusetts,<br />

fertigte Matt im Jahr 2009 fünf<br />

handbemalte Bahnrad-Rahmen in seiner<br />

typischen, klaren Farbensprache. Großformatige<br />

Bilder ergänzten die Schau,<br />

diese sorgen seither für Furore unter<br />

Radkunst-Aficionados. Die Bucht rund<br />

um Portland bietet ihm prachtvolle Strecken<br />

zum täglichen Radfahren, Spaß und<br />

Training stehen dabei für ihn im Vordergrund.<br />

Anders <strong>als</strong> bei seinen nächtlichen<br />

Ausflügen nach Downtown: „Drunk cycling!“<br />

Matts Botschaft an die velosophie-<br />

Leserschaft lautet: „Falls irgendjemand<br />

sagt, <strong>Fahrrad</strong>kultur wäre nur ein Trend,<br />

erinnert diese Leute daran, dass ihr und<br />

der Rest der Welt eigentlich schon ewig<br />

Rad fährt!“ mwmgraphics.com<br />

Matt Moore stellt in Wien bei ART CYCLE<br />

VIENNA im Rahmen des BFF <strong>2010</strong> aus:<br />

Galerie Inoperable, 16.9.–9.10.<br />

ART: matt w. moore


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Foto: Olaf Beck


veloverse<br />

In der Stadt, in der ich lebe, gibt es viele<br />

Radwege. Manchmal, wenn ich es nicht<br />

eilig habe, benutze ich sie. Ich habe es<br />

selten nicht eilig, und diesem Umstand<br />

ist wohl meine ungebrochene körperliche<br />

Unversehrtheit geschuldet, ja ich<br />

blühe wie eine Bohne im Mai. Das durchschnittliche<br />

Rest-Lebensalter eines Menschen<br />

fällt nämlich ins Bodenlose, benützt<br />

er einen Radweg in dieser Stadt<br />

und hat es eilig.<br />

Manche Radwege kann nur der Bocksfüßige<br />

persönlich entworfen haben beziehungsweise<br />

sein klappriger Kumpan, Gevatter<br />

Tod: Radwege, die am rechten<br />

Straßenrand geführt diagonal in die Mitte<br />

verschwenkt werden, um zu seiner<br />

Rechten Platz für eine Rechtsabbiegespur<br />

der Vierrädrigen zu machen. Der<br />

Rechtsabbieger von Welt schneidet nämlich<br />

erst im letzten Moment nach rechts,<br />

idealerweise mitten durch den Radfah-<br />

50 velosophie.at<br />

… fährt durch die Stadt<br />

rer durch. Das Land, in dem ich jetzt lebe,<br />

funktioniert nach der Grundregel:<br />

Links fahren, rechts wählen, scheiß der<br />

Hund drauf! Da darf sich keiner wundern.<br />

Noch so eine Spezialität: Radwege, die<br />

Gleiskörper queren. Dauerbimmelnde<br />

Bimfahrer haben wir ja schon in der letzten<br />

Folge besprochen. Heimtückischer<br />

noch sind die stummen Fallen: Schienen<br />

und Weichen leicht schräg zur Fahrtrichtung,<br />

Vorderräder fressende Monster.<br />

Und hinterher, während man sich aus<br />

den Schienen wurschtelt: Bimbim!<br />

Auch nicht schlecht: Dort, wo besonders<br />

viele Radfahrer von Rädern zermalmt<br />

worden sind, lackiert man roten Lack hin.<br />

Das hat einerseits natürlich den Vorteil,<br />

dass man das Blut des nächsten Gestürzten<br />

nicht mehr so gut sieht, andererseits<br />

den Nachteil, dass der Verkehr (bis auf<br />

besonders rücksichtslose Gestalten)<br />

durch die am Boden liegenden Radfah-<br />

rer behindert wird, besonders bei Nässe.<br />

Aus dem Physikbuch für Radwegplaner:<br />

Lack ist rutschig! (Quod erat demonstrandum).<br />

Dann gibt’s da noch die Radwege aus<br />

dem Rätselheft, Abteilung Irrgarten.<br />

Statt einmal links abzuzweigen wird<br />

man um den gesamten Block geschickt,<br />

rechts-rechts-rechts. Und dann ist die<br />

Ampel rot, eh klar. Oder die, die irgendwo<br />

versickern. Oder die gegen Einbahnen,<br />

wo Lieferwagen so gern drauf parken.<br />

Oder, oder, oder.<br />

Wenn ich Zeit habe, geb ich mir den ganzen<br />

Wahnsinn. Wenn ich dabei für die<br />

gesamte Stadt mitdenke, komme ich<br />

auch irgendwann im Ganzen dort an, wo<br />

ich hin will. Für Schnelligkeit, Sicherheit<br />

und Effizienz benutze ich die Straße.<br />

Schneller <strong>als</strong> die Blechschlangen dort bin<br />

ich – außer vielleicht um Mitternacht –<br />

allemal.<br />

ART: silke schmidt – silkeundich.de


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