Ausgabe 3 / 2010 hier als PDF. - IG Fahrrad
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MAGAZIN für FAHRRADKULTUR<br />
03-<strong>2010</strong> HERBST<br />
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BicYcLe FiLM FeSTiVAL<br />
16.–19. september wien/urania<br />
picnic ride<br />
beSuch beI deR TRAdITIonSmARke<br />
bRookS In bIRmInGhAm<br />
FAirneSS-ZOnen<br />
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Symbolfoto
FOTOS: roxy erickson /brooks england/bicycleimages, bicyclefilmfestival.com<br />
KREATIVITÄT UND INDIVIDUALITÄT<br />
KULTURTRÄGER FAHRRAD<br />
Unser allerliebstes Verkehrsmittel – es ist<br />
mehr <strong>als</strong> nur die schnelle, effiziente, umweltfreundliche<br />
und gesundheitsfördernde<br />
Maschine, die uns im städtischen<br />
Gewühl sicher und direkt ans Ziel bringt.<br />
Das <strong>Fahrrad</strong> bewegt viel mehr <strong>als</strong> nur seine<br />
ReiterInnen, sein Antrieb sind nicht<br />
nur ein Paar Beine. Es bewegt sich etwas,<br />
das wächst und sich vernetzt und sich<br />
ausbreitet wie ein freundlicher Virus. Wir<br />
nennen ihn <strong>Fahrrad</strong>kultur, sein Wirt sind<br />
Bike Communities in unzähligen Städten<br />
weltweit, er verbreitet sich auf verschlungenen<br />
digitalen und terrestrischen<br />
Wegen und überträgt sich von Mensch zu<br />
Mensch. Seine Schöpfungen werden in<br />
unterschiedlichster Weise zur Schau getragen:<br />
<strong>als</strong> dein und mein <strong>Fahrrad</strong> auf der<br />
Straße, <strong>als</strong> Design und Modeschöpfung,<br />
<strong>als</strong> Buch und Film. Vor allem <strong>als</strong> Lebensgefühl<br />
und Inspiration, gespeist aus Tradition<br />
und Moderne, vom Underground<br />
vorangetrieben und vom Mainstream mit<br />
offenen Armen aufgegriffen.<br />
Diese velosophie-<strong>Ausgabe</strong> widmet sich<br />
diversen Blüten dieser wohl gedeihenden<br />
Pflanze, die so jung gar nicht ist: Zehn<br />
Jahre hat das International Bicycle Film<br />
Festival schon hinter sich, gleichzeitig <strong>als</strong><br />
fIlM fährt rAD<br />
Das International Bicycle<br />
Film Festival feiert zehnjähriges<br />
Jubiläum! Seit 2001<br />
zieht es über die Kontinente<br />
und führt eine Packtasche<br />
voller <strong>Fahrrad</strong>film-Kleinode<br />
mit sich. Mitte September<br />
funkelt diese Schatzkiste<br />
wieder in Wien: BFF ab S.24<br />
Dünger und Feld der urbanen Radkultur<br />
mittendrin und vorneweg. Wir beleuchten<br />
die filmischen Highlights des Festiv<strong>als</strong><br />
(S.24), das heuer in 38 Städten und<br />
darunter zum vierten Mal in Wien gastiert.<br />
Das jährliche Fest fürs <strong>Fahrrad</strong> steht<br />
vor der Tür, es bringt Parties, Events und<br />
Kunst (Veloart, S.48) mit sich.<br />
Der traditionellen Seite der Fahrrradkultur<br />
– ihre Wurzeln existieren ja schon seit<br />
vielen Jahrzehnten - wenden sich die Beiträge<br />
zu Jan Heines Liebe zu klassischen<br />
Renn- und Reiserädern (S.44) und der Firmengeschichte<br />
von Brooks Saddles (S.6)<br />
zu. Die britische Traditionsmarke hatte<br />
stilgemäß zum Picnic Ride geladen, velosophie<br />
war dabei und hat sich die backsteinerne<br />
Produktionsstätte bei Birmingham<br />
angesehen. Das Velozine (S.12) berichtet<br />
von Geisterrädern und Freak<br />
Bikes, in den Velocities (S.36) betrachten<br />
wir Verkehrspolitik und Velophilie in aller<br />
Welt und zeigen ein Beispiel aus Stan<br />
Engelbrechts faszinierender Foto-Porträtserie<br />
von Radfahrenden in Südafrika.<br />
Seine Bilder präsentieren einen anderen<br />
Aspekt dessen, was wir Radkultur nennen.<br />
Sie hat viele Gesichter und Geschichten,<br />
lernen wir sie kennen!<br />
Alec Hager, Chefredakteur<br />
grUPPeNreISe<br />
Tradition und Regenguss:<br />
Der britische Sattelhersteller<br />
Brooks lud zum Picnic<br />
Ride durch die englischen<br />
Midlands, über pittoreske<br />
Hügel und in die Fabrikshallen,<br />
wo seit vielen Jahrzehnten<br />
die bekannten Ledersättel<br />
gefertigt werden. S.6<br />
Verleger fährt!<br />
Jan Heine ist Herausgeber<br />
des Magazins „Bicycle Quarterly“,<br />
das von Seattle aus<br />
<strong>Fahrrad</strong>verehrerInnen mit<br />
Fachwissen und Details zu<br />
Historischem, Feinem und Individuellem,<br />
Schwerpunkt<br />
Rennrad, verwöhnt. velosophie<br />
porträtiert ihn auf S.44<br />
velotorial<br />
velosophie.at<br />
3
velocontents<br />
IN dIeser ausgabe<br />
6 PICKNICK MIT LANDPARTIE Ein BESUCH<br />
in DEn EnGLiSCHEn MiDLAnDS BEi BROOKS<br />
12 vELozINE KULtURELLES, nützLiCHES UnD<br />
intERESSAntES AUS DER WELt DES FAHRRADS<br />
20 AUF ENGEM RAUM MEinUnGEn zUM KOnFLiKt-<br />
POtEnziAL zWiSCHEn FUSS- UnD RADVERKEHR<br />
24 FAHRRADKULTUR GALoRE! DAS BiCYCLE FiLM<br />
FEStiVAL FEiERt zEHn jAHRE RADRAMBAzAMBA<br />
3o E-REALITY DiE SiEGERINNEN DES VOtinGS DER<br />
WiEn EnERGiE E-BiKE initiAtiVE <strong>2010</strong><br />
36 vELoCITY BERiCHtEnSWERtES AUS DEn<br />
FAHRRADStäDtEn DiESER WELt<br />
40 vELoPoRT BiKES, DiE UnS GEFALLEn<br />
42 vELosTYLE DinGE, DiE WiR ViELLEiCHt<br />
BRAUCHEn UnD SiCHER MöGEn<br />
44 sTILLE voM FEINsTEN jAn HEinE iSt<br />
REnnRAD-BEWUnDERER UnD VERLEGER<br />
48 vELoART MAtt MOORE MAG ES FARBEnFROH<br />
50 vELovERsE tAntA RAjA LEGt SiCH inS zEUG<br />
16 IMPREssUM<br />
Cover-ArT: GoJIrA vS. veLoSoPHIe, rALf HAuSer<br />
4 velosophie.at<br />
FOTO: nagy zsolt
Zu Besuch bei Brooks<br />
Picknick mit<br />
Seit 1882 produziert die britiSche traditionSmarke brookS LederSätteL<br />
für radfahrende mit StiL und auSdauer. Velosophie hat die aLteingeSeSSene<br />
fabrik bei birmingham beSucht und Sich dem picnic ride angeSchLoSSen.<br />
text ALEC HAGER fotos Roxy ERiCkson/BRooks EnGLAnd/BiCyCLEimAGEs<br />
6 velosophie.at
LandPartie
ein Picknick ist eine Mahlzeit, die<br />
im Freien eingenommen wird,<br />
meistens gemeinschaftlich in einer<br />
Gruppe. Oft ist ein Picknick verbunden<br />
mit einem Ausflug: Was im Lexikon<br />
trockene Tatsache ist, kann zu feuchter<br />
Realität werden, wenn man sich auf<br />
Einladung von Brooks in die englischen<br />
Midlands begibt. Die saftig grünen Wiesen<br />
auf den sanften Hügeln rund um<br />
Birmingham beziehen ihre Lebenskraft<br />
aus Regen, und diesen gibt es momentan<br />
in rauen Mengen. Eine ausgewählte<br />
Schar radbegeisterter Menschen aus<br />
einigen Kontinenten hat sich versammelt,<br />
ihre feinsten Tweed-Klamotten<br />
angelegt und die Schmuckstücke aus<br />
der Radsammlung mitgebracht: Picnic<br />
Ride! Startpunkt ist die traditionelle<br />
Produktionsstätte der Brooks-Sättel in<br />
Smethwick, wo das Erbe des Fabriksgründers<br />
weiter getragen wird.<br />
Die Legende von der Geburtsstunde<br />
der britischen Ledersättel erzählt man<br />
sich am knisternden Torffeuer der lokalen<br />
Pubs ungefähr so: John Boultbee<br />
Brooks brach 1865 aus seinem Heimatort<br />
Hinckley in Leicestershire Richtung<br />
Birmingham auf, in seiner Tasche gera-<br />
8 velosophie.at<br />
de mal 20 Pfund. Dort angekommen,<br />
erarbeitete er sich eine kleine Werkstatt<br />
für Pferdegeschirr und Lederwaren<br />
in der Great Charles Street, die er<br />
1866 eröffnete. Die Geschäfte gingen<br />
wohl nicht allzu gut, denn <strong>als</strong> sein einziges<br />
Pferd 1878 das Zeitliche segnete,<br />
war John finanziell nicht zum Ankauf<br />
eines nagelneuen Gaules im Stande.<br />
Also borgte er sich ein <strong>Fahrrad</strong>, um zur<br />
Arbeit zu gelangen. Und dieser Akt des<br />
frühen Alltagsradelns brachte ihn zu<br />
einer schmerzhaften Erkenntnis: Der<br />
Sattel des <strong>Fahrrad</strong>es war höllisch unbequem,<br />
daher machte John sich daran,<br />
diesem Umstand Abhilfe zu verschaffen.<br />
Am 28. Oktober 1882 meldete er<br />
sein erstes Patent für <strong>Fahrrad</strong>sättel an.<br />
Er hatte wohl einen wunden Punkt getroffen,<br />
seine Produkte fanden rasenden<br />
Absatz und viel Bewunderung. Er<br />
expandierte mit Ledertaschen und anderen<br />
Rad-Accessoires und baute damit<br />
ein Familienunternehmen auf, das ihm<br />
großes Ansehen und ebenso große Anwesen<br />
in England einbrachte.<br />
Viele der Patente, die JB Brooks & Co.<br />
entworfen haben, nahmen schon vor<br />
einem Jahrhundert Entwicklungen vor-<br />
weg, die in unserer Zeit wieder aktuell<br />
wurden: Aussparungen im Dammbereich<br />
zur besseren Durchblutung, Bemühungen<br />
um Fahrkomfort durch Federung.<br />
Letztere wurde durch prächtig<br />
gedrehte Stahlfedern erreicht, die seit<br />
1898 immer noch zu den Markenzeichen<br />
der schweren, bequemen Produktlinien<br />
gehören. Die Rennsättel der<br />
Schienen „Swallow“ und „Swift“ wiederum<br />
bestechen durch schlanke Linien,<br />
Leichtgewicht und Eleganz. Ihr Design<br />
geht auch schon aufs Jahr 1937 zurück,<br />
<strong>als</strong> die Brooks Company seine erste<br />
Hochblüte erreicht hatte. Nach einigen<br />
Wirrnissen und T<strong>als</strong>ohlen steht die<br />
Marke im 21. Jahrhundert wieder in<br />
vollem Saft, hat <strong>als</strong> Teil des Selle Royal-<br />
Konzerns italienische Raffinesse vor<br />
allem im Bereich der Taschenmodelle<br />
und des Marketings dazugewonnen.<br />
Die Sättel werden aber weiterhin im<br />
britischen Smethwick bei Birmingham<br />
produziert, in denselben alten Backsteingebäuden<br />
an denselben Maschinen<br />
wie in den 1960ern.<br />
Bob wäre aus diesen Hallen ebenso<br />
wenig wegzudenken wie jede einzelne<br />
der stampfenden und zischenden Pres-
sen und Stanzen. Seit 51 Jahren wartet,<br />
pflegt und hätschelt der 75-Jährige die<br />
Stahlungetüme. Er verkörpert jene Tradition<br />
und Sorgfalt, die auch auf die<br />
Auswahl der Materialien für Brooks-<br />
Sättel gelegt wird. Das verwendete Leder<br />
stammt ausschließlich von frei gehaltenen<br />
Kühen aus Europa, nur die<br />
stärksten Teile der Haut werden verwendet,<br />
da das Leder eine Mindeststärke<br />
von fünf Millimetern aufweisen<br />
muss. Die stabilsten Rückenpartien<br />
werden für Rennsättel eingesetzt, der<br />
untere Rücken für Touren- und Citybike-Sättel.<br />
Mindestens 36 Monate<br />
wachsen die zukünftigen Sattelmaterialträgerinnen<br />
möglichst natürlich und<br />
langsam auf, denn das Leder von gedopten<br />
Mastkühen würde niem<strong>als</strong> die<br />
geforderte Stärke erreichen. Neu zum<br />
Einsatz kommt ein schwedisches Färbeverfahren<br />
mit organischen, biologisch<br />
hergestellten Färbemitteln, die<br />
sich vor allem auf den Retro-Sätteln der<br />
„Colt“-Serie mit Türkis, Pink und Violett<br />
hervorragend in die Netzhaut einbrennen.<br />
Kommt das Leder dann in Smethwick<br />
an, dauert der Verarbeitungsprozess<br />
zum fertigen Sattel drei Tage:<br />
Durch saftiges Grün in die Fabriks-<br />
hallen: Manuelle Fertigung von Ledersätteln<br />
braucht Zeit und Routine.
stanzen, wässern, pressen – maschinelles<br />
oder manuelles Bearbeiten der<br />
typischen Sattelnieten – schneiden,<br />
glätten, stempeln. Zu guter Letzt werden<br />
die Brooks-Plättchen angebracht,<br />
und ab geht es in den Karton. Die<br />
rhythmische, metallische Geräuschkulisse<br />
in den gemauerten Fabrikhallen<br />
lässt an die industrielle Revolution denken,<br />
<strong>hier</strong> wird manuell, hart und genau<br />
gearbeitet. Routine kennzeichnet jeden<br />
Handgriff, so muss jeder Rennsattel<br />
händisch an den Seiten nachgeschnitten<br />
werden, damit nichts am pedalierenden<br />
Sportlerschenkel reibt.<br />
Draußen vor den Fabrikstoren zeigt<br />
sich das Wetter weiter konsequent von<br />
der britischen Seite, Regenponchos<br />
werden verteilt, und der Picnic Ride<br />
kann losgehen. Die Stimmung ist trotz<br />
Regens bestens, die internationale<br />
Schar gleicht sich plötzlich aufs Haar,<br />
alle in denselben John-Boultbee-Capes<br />
und mit triefenden Nasen. Die Route<br />
führt an den Kanälen entlang ins Herzen<br />
von Birmingham, niedrige Backsteinbrücken<br />
spannen sich über den<br />
Weg, farbenprächtige Hausboote säumen<br />
das Ufer und zwischendurch<br />
kommt britisches Gebranntes zum Einsatz,<br />
um Durchblutung und Motivation<br />
aufrecht zu erhalten. Ziel ist das ehemalige<br />
Herrenhaus der Brooks-Familie,<br />
ein backsteinfarbiger Klischeebau inmitten<br />
von Schafweiden und Golfplätzen.<br />
Pünktlich zum Eintreffen schieben<br />
sich die schweren Wolken zur Seite und<br />
lassen die Sonne durch, Teller mit<br />
Roastbeef und Pickles auf Knien balancierend<br />
trocknet die Picknickschar<br />
langsam auf und labt sich an Pimm’s<br />
mit Zitrone oder Cider. Zur Verdauung<br />
folgt vor den unverzichtbaren Scones<br />
with Tea die gesellige Preiszeremonie<br />
mit Kategorien wie „Bester Sturz“ oder<br />
„Most Dirty Participant“. Die velo-<br />
sophie-Abordnung wird doch tatsächlich<br />
mit dem Sonderpreis „Best Dressed<br />
Man“ nach Hause kommen, der speziell<br />
radgeeignete Tweed-Maßanzug der<br />
Wiener Schneiderei rotknopf hat auf<br />
dem regennassen Rasenlaufsteg vor<br />
Blackwell Court die Jury überzeugt. Gestärkt<br />
schwingt man sich wieder aufs<br />
Rad, weiterhin behauptet die Sonne ihren<br />
Platz am Himmel, durch die regenschwere<br />
Luft ziehen weiße Schäfchenwolken,<br />
und die Landpartie radelt ihrem<br />
Ende zu. Es war ein gemeinsamer<br />
Ausflug mit Mahlzeit, wie aus einem<br />
regenfeuchten Bilderbuch. vs<br />
10 velosophie.at
9. September – 27. Oktober <strong>2010</strong><br />
Eröffnung 8. September, 19 Uhr<br />
Phyllida Barlow<br />
Street<br />
Franz-Josefs-Kai 3<br />
1010 Wien<br />
T 059905 919<br />
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täglich 14–20 Uhr<br />
Führungen jeden<br />
Donnerstag um 18 Uhr<br />
Eintritt frei<br />
Begleitveranstaltungen<br />
Eintritt frei
velozine<br />
kommentar aktuEllE mEinung zu aktuEllEn thEmEn<br />
Stau auf dem KilimandScharo<br />
Ein BErg, dEr aus EinEr EBEnE hochragt, ist wEithin sichtBar. EinE sympathischE<br />
schlusspointE hintEr trostlosEn VErkEhrsnachrichtEn wärE diEs auch.<br />
Für diese Art von Humor – trostlosen Verkehrsnachrichten<br />
ein Augenzwinkern mitzugeben<br />
– scheinen die wichtigen Leute beim<br />
Lok<strong>als</strong>ender Radio Wien jedoch nichts übrig<br />
zu haben. Die sympathische Idee stammt<br />
aus dem Büro des Wiener Verkehrsstadtrats<br />
Rudi Schicker und wurde ebendiesen wichtigen<br />
Leuten von der Geschäftsführung und<br />
der Sendeleitung von Radio Wien vorgetragen.<br />
Vorausgeschickt sei noch, dass diese<br />
Idee in der Planungsphase der umfassenden<br />
Stadt-Wien-Aktionen zur europäischen<br />
Mobilitätswoche vom 16.–22. September<br />
<strong>2010</strong> entstanden ist. Zum Kern der Sache:<br />
Angefragt wurde <strong>als</strong>o, ob es möglich sei, die<br />
Verkehrsnachrichten von Radio Wien mit<br />
dem Satz „… auf den Radwegen Wiens kommen<br />
Sie staufrei voran“ enden zu lassen.<br />
Das sei nicht möglich, lautete die Antwort<br />
seitens Radio Wien. Und alleine das ist<br />
schon bemerkenswert, von wem die Idee<br />
kam (von Seiten der Politik, der allzu häufig<br />
Konformität mit starken Gruppierungen<br />
– z.B. jener der Auto Fahrenden – vorgeworfen<br />
wird) und von wem sie abgelehnt wurde<br />
(von Medienmachern, die angeblich über<br />
eine so offene Geisteshaltung verfügen).<br />
Den (inoffiziellen) Grund der Ablehnung<br />
konnte velosophie über Kontakte zu Radio<br />
Wien auch in Erfahrung bringen: weil es den<br />
Auto Fahrenden bzw. Stauenden nicht zu-<br />
12 velosophie.at<br />
mutbar sei, sie solchermaßen vor den Kopf<br />
zu stoßen. Ende der Durchsage.<br />
Vielleicht greift ein anderer Radiosender die<br />
Idee auf, ist ja nichts anderes <strong>als</strong> eine Idee,<br />
obendrein eine sehr sympathische, es kann<br />
frei darauf zugegriffen werden, und selbst,<br />
wenn kein Sendeplatz für Verkehrsnachrichten<br />
vorhanden ist, könnte ein solcher geschaffen<br />
werden: Verkehrsnachrichten für<br />
RadfahrerInnen, das wäre doch was! Keine<br />
Staumeldungen, hoffentlich keine Unfallmeldungen,<br />
keine Radarwarnungen, sondern<br />
der Verkehr in der Stadt von seiner schönsten<br />
und unstressigsten Seite, nicht nur während<br />
der europäischen Mobilitätswoche.<br />
Wolfgang Rafetseder, Herausgeber<br />
Ein Hinweis in eigener Sache sei noch gestattet:<br />
Die befreundete <strong>IG</strong> <strong>Fahrrad</strong> veranstaltet<br />
auch heuer wieder das Bicycle Film<br />
Festival in der Wiener Urania vom 16.–19.<br />
September (mit Außenstelle in der benachbarten<br />
Strandbar Herrmann), und velosophie<br />
supportet die BFF Opening Party am 16.9. in<br />
der legendären Pratersauna (ab 21 Uhr,<br />
Waldsteingartenstraße 135, 1020 Wien, freier<br />
Eintritt!). Für AnhängerInnen der sportlichen<br />
Dreifaltigkeit gibt’s ebendort mit Start bereits<br />
um 18 Uhr einen Triathlon der besonderen<br />
Art, u.a. mit Plantschen im Pool und mit<br />
Vienna City Bikes auf den Hausberg Cobenzl.<br />
RädeR füR ein besseRes Leben<br />
das sozio-ökonomischE projEkt „BaisikEli“ Bringt<br />
<strong>Fahrrad</strong>-FErtigkEitEn aus kopEnhagEn nach aFrika.<br />
„Baisikeli“ bedeutet <strong>Fahrrad</strong> auf Suaheli,<br />
für die dänischen Gründer des gleichnamigen<br />
Unternehmens steht dieses Wort für<br />
eine Mission, die sie voller Enthusiasmus<br />
verfolgen. „Wir wollen zuverlässige Fahrräder<br />
für die ärmsten Menschen in Afrika<br />
verfügbar machen“, meint Henrik Mortensen.<br />
Dabei verfolgen sie die Methode, Entwicklung<br />
durch wirtschaftliche Starthilfe<br />
zu ermöglichen. Knowhow und Geschäftsmodell<br />
werden nach Tanzania und Sierra<br />
Leone gebracht, wo Werkstätten aufgebaut<br />
und Wissen über <strong>Fahrrad</strong>bau und Reparatur<br />
vermittelt werden: „Ein <strong>Fahrrad</strong><br />
kann einfach dadurch die Erträge eines<br />
kleinen Bauern verdoppeln, indem er die<br />
doppelte Menge transportieren kann!“ Es<br />
geht um realistische Möglichkeiten, durch<br />
Mobilität medizinische Versorgung, Transport,<br />
Ausbildung und Nahrung besser erreichen<br />
zu können und mit kleinem Profit<br />
die Basis für menschenwürdiges Leben zu<br />
legen. In Kopenhagen sammelt Baisikeli<br />
Alträder und finanziert über Radproduktion<br />
und einen florierenden Radverleih deren<br />
Transport gen Süden. In den kleinindustriellen<br />
Betrieben wie in Arusha nahe<br />
dem Kilimandscharo werden die Räder repariert<br />
und lokal verkauft. Gewinne werden<br />
vor Ort in Ausbau und Ausbildung investiert,<br />
um ständiges nachhaltiges<br />
Wachstum zu garantieren. baisikeli.dk<br />
THIS IS NOT REAL …<br />
FOTO: henrik mortensen ART: joel benjamin
„RadfahRen kommt<br />
dem flug deR Vögel<br />
am nächsten. “<br />
Louis J. HaLLe, usa<br />
Louis J. Halle war US-amerikanischer<br />
Naturforscher und Autor, der für seine<br />
philosophischen Betrachtungen und ornithologischen<br />
Beobachtungen bekannt<br />
wurde. Er starb 1998.<br />
velosophie.at<br />
13
velozine<br />
Der Heisse sommer Des Bike PoLo<br />
diE wEltmEistErschaFt in BErlin und diE EuropamEistErschaFt in gEnF<br />
kÜrtEn diE BEstEn untEr dEn hardcourt BikE polo tEams.<br />
Innerhalb eines Monats fanden sowohl<br />
die Europa- <strong>als</strong> auch Weltmeisterschaften<br />
des neuen Trendsports der urbanen<br />
<strong>Fahrrad</strong>kultur statt: Hardcourt Bike Polo,<br />
Rad statt Pferd und Beton statt Rasen. In<br />
Genf traten Mitte Juli 48 Teams aus ganz<br />
Europa zum Turnier an, die Hausherren<br />
von „L’Equipe“ verteidigten ihren Titel<br />
souverän in zahllosen spannenden Mat-<br />
sofa cyclist <strong>Fahrrad</strong>kultur FÜr zuhausE. EmpFohlEn Von unsErEr rEdaktion<br />
bUCH<br />
bicycle bild band<br />
Der Berliner Verlag gestalten hat sich auf<br />
Artefakte visueller Kultur spezialisiert und<br />
mit dem Band „Velo“ einen umwerfenden<br />
Überblick über die künstlerischen Ausprägungen<br />
der weltweiten Bicycle Culture<br />
publiziert. Inklusive einer Photoserie<br />
über NYC aus der 2008er Herbst-Nummer<br />
von velosophie! gestalten.com<br />
14 velosophie.at<br />
ches, erst das Golden Goal entschied im<br />
Finale gegen die London Cosmics. Bei der<br />
WM in Berlin konnten die Schweizer der<br />
Übermacht der nordamerikanischen<br />
Teams bis ins Halbfinale standhalten, <strong>als</strong><br />
Siegerteam und damit weltweit beste<br />
Polo-Mannschaft gingen die „Beaver<br />
Boys“ aus Milwaukee vom Platz. Dort am<br />
Court geht es dynamisch zur Sache, Rad-<br />
fReaK biKes UnteRwegs in eURoPa<br />
Selbstgeschweißte <strong>Fahrrad</strong>monster mit<br />
einer kompletten Camping-Ausrüstung<br />
beladen und damit von Berlin über Prag<br />
und Wien bis Budapest reisen klingt nach<br />
einem hervorragenden Plan! Oder? Nicht<br />
der Weg alleine war das Ziel, sondern ihn<br />
mit Rädern zu bewältigen, die auf den<br />
ersten Blick zwar viel Erstaunen und Bewunderung<br />
hervorrufen, aber eher selten<br />
das Vertrauen in ihre Tragfähigkeit<br />
und Eignung <strong>als</strong> Langstreckenfahrzeuge<br />
wecken. Eine Gruppe von RadköchIn-<br />
sPieL<br />
radbote Spielen<br />
Gemütlich zu Hause den harten Job von<br />
RadbotInnen erleben? Das Brettspiel<br />
„Velo City“ von Abacus macht es möglich,<br />
abzüglich Abgasen, Taxitüren und<br />
Schweiß. Was da noch bleibt? Sich in den<br />
Windschatten würfeln und <strong>als</strong> ersteR am<br />
Ziel sein wollen. Für den Feierabend in<br />
der Botenzentrale. abacusspiele.de<br />
und Schlägerbeherrschung sind beeindruckend,<br />
Geschwindigkeit und Einsatz<br />
steigern sich bis zur Dramatik. „Bike Polo,<br />
nimmst du dich wirklich ernst genug?“,<br />
fragte der Bike Snob NYC einst spöttisch<br />
im weltweit meistgelesenen Bike-Blog.<br />
velosophie meint: Yes, es ist Zeit, Polo<br />
ernst zu nehmen! Denn es macht höllisch<br />
Spaß. ehbpc.org | whbpc<strong>2010</strong>.org<br />
nen aus der Wiener Bike Kitchen hat es<br />
nun vorgemacht, es klappt! Unterwegs<br />
wurden Initiativen mit ähnlicher Motivation<br />
besucht, Heimstätten von lokalen<br />
Bike Communities und Selbsthilfe-Werkstätten<br />
wie das Bajkasyl in Prag, die<br />
Bringakonyha in Budapest oder der Radschlag<br />
in Dresden. Freak Bikes, das richtige<br />
Verkehrsmittel, um das Netzwerk<br />
mitteleuropäischer kollektivistisch organisierter<br />
Radinitiativen zu erfahren.<br />
bikekitchen.net<br />
MUsiK<br />
Golden bubble<br />
Das aktuelle Album der Ginger Ninjas<br />
wurde soeben veröffentlicht, Kipchoge<br />
und seine Band sind noch mit dem Bicycle<br />
Music Festival quer durch Europa unterwegs,<br />
wie Wien Anfang August erleben<br />
konnte. Musik auf und mit Rad, Begeisterung<br />
und Pedalpower. Erhältlich per<br />
Download auf: gingerninjas.com<br />
FOTO: nagy zsolt, gudrun pollak, alec hager
Mir geht’s um ein lebenswertes<br />
Wien für alle.<br />
Wien ist eine herrliche Stadt zum Leben. Auch für diejenigen, denen es nicht so gut geht. Weil<br />
sie sich darauf verlassen können, dass wir ihnen helfen. Ein Herzstück meiner Politik für Wien<br />
ist, dass alle Menschen in jedem Bezirk und Grätzl von unserer weltweit einzigartigen Lebensqualität<br />
und Wirtschaftskraft profitieren. Denn wir reden nicht nur, sondern machen’s. Ich<br />
lade Sie ein: Gehen wir gemeinsam den erfolgreichen Wiener Weg ins nächste Jahrzehnt.<br />
Dr. Michael Häupl<br />
535 35 35 wien.spoe.at
velozine<br />
sinnliche technik diE zartEstE VErsuchung, sEit Es FahrrädEr giBt<br />
StufenloS Sanft Schalten<br />
zahlEnzählEn BEim schaltVorgang muss nicht sEin!<br />
Am Drehgriff der brandneuen Nabenschaltung<br />
NuVinci 360 prangen keine Zahlen.<br />
Dreigang, Achtgang? Orientierungslosigkeit<br />
macht sich aber nur kurz breit, denn das Display<br />
spricht für sich, kaum dreht man: Vor<br />
dem niedlichen kleinen Radfahrmännchen<br />
auf dem Griff erhebt sich plötzlich ein kleiner<br />
Hügel, je weiter man dreht, desto steiler<br />
wird die Strecke – und desto leichtgängiger<br />
die Übersetzung des NuVinci-Testrades. Eine<br />
stufenlose Schaltung, tatsächlich! Die Nu-<br />
Vinci 360 ist die überzeugende Weiterentwicklung<br />
der N170 aus dem Jahr 2007. Die<br />
das LeUCHtende beisPieL<br />
Das <strong>Fahrrad</strong> steht für Bewegung, Sportlichkeit<br />
und Umweltfreundlichkeit. Es<br />
kann aber auch <strong>als</strong> Imageträger im anderen<br />
Sinne dienen. Nämlich im tatsächlichen<br />
Wortsinn: MonkeyLectric heißen<br />
die bunt leuchtenden, mit Laufschriften<br />
programmierbaren LED-Leuchten für<br />
<strong>Fahrrad</strong>-Speichen. Bis dato konnte man<br />
damit Sprüche durch die Gegend schicken,<br />
sich im Pedaltritt rhythmisch dre-<br />
PEFC/06-39-08<br />
Dieses Produkt stammt<br />
aus nachhaltig bewirtschafteten<br />
Wäldern und<br />
kontrollierten Quellen.<br />
16 velosophie.at<br />
Bandbreite wurde deutlich erhöht – eben auf<br />
360%, womit sie gängige Nabenschaltungen<br />
wie die Shimano Nexus 8, SRAM IMotion 9<br />
und auch Rennradübersetzungen schlägt<br />
und nur von der Rohloff Speed Hub und MTB-<br />
Schaltgruppen übertroffen wird. Dabei hat<br />
sie nun ebenso deutlich Gewicht verloren.<br />
Das alles mag für den Komponenten-Spezialisten<br />
interessant sein, die NormalverbraucherInnen<br />
aber fasziniert das sanfte, stufenlose<br />
Schaltgefühl, die Flexibilität der Übersetzungswahl,<br />
die Befreiung vom Schubladendenken:<br />
Welchen Gang nehme ich wohl<br />
hend. Nun hat Designer Dan Goldwater<br />
eine neue Generation entwickelt, die<br />
komplette Animationen, Videos und Grafiken<br />
abspielen kann: MonkeyLectric Video<br />
Pro 7. Lautlose Marketingfahrten ohne<br />
PKW und Brennstoff, das freut velosophie!<br />
Diese werden nun auch in Wien<br />
möglich sein, die erste Kampagne wird<br />
bald ausgeliefert. Bewegte Bilder durch<br />
sich bewegende Beine. cycloscreen.com<br />
Velosophie, Magazin für fahrradkultur Postanschrift Obere Donaustraße 71/4, AT-1020 Wien, +43/1/8650404–0, Fax +43/1/8650404–15,<br />
Internet: velosophie.at Herausgeber Wolfgang Rafetseder Chefredakteur Alec Hager Redaktion +43/1/8650404–17, buero@velosophie.at, Mariella Bleimuth,<br />
Ralf Hauser Velosophie-Autorinnen und -Autoren Wolfgang Rafetseder, Martin Strubreiter Fotos Ablinger, Vedral & Partner ZT GmbH, BFF Vienna,<br />
bicyclefilmfestival.com, Stan Engelbrecht, Roxy Erickson, Adam Hackney, Alec Hager, Ralf Hauser, Troels Heien, K.C. Hohensee, kurtpinter.com, Monkeyelectric<br />
Henrik Mortensen, NYCstreetsmemori<strong>als</strong>, Bobby Placencia, Gudrun Pollak, Jean-Pierre Praderes, Eigand von Sassen (LHM), Andrew Zöchbauer, Nagy Zsolt Art<br />
Joel Benjamin, Ralf Hauser, Matt W. Moore, Silke Schmidt, Art Direction & Design Ralf Hauser Medieninhaber Boarder’s Zeitschriftenverlag GmbH, Obere<br />
Donaustraße 71/4, AT-1020 Wien Geschäftsführung Wolfgang Rafetseder Assistentin der Geschäftsführung Mariella Bleimuth Druck Leykam, Let’s Print,<br />
AT–7201 Neudörfl Velosophie erscheint <strong>2010</strong> dreimal<br />
velosophie.at<br />
FaHrraD_kuLTur_CommuNiTY<br />
jetzt? Die Trittfrequenz muss passen, das<br />
Bein funkt direkt an die Hand: Ein Stückerl<br />
dreh noch, meine Liebe, dann bringe ich dich<br />
schneller vorwärts. Technisch wird dies ermöglicht<br />
durch einen Satz rotierender Kugeln<br />
zwischen Innen- und Außenschale der<br />
Nabe, die, je nach Neigung, ihre Kontaktdurchmesser<br />
ändern und damit eben die<br />
Übersetzung zwischen Kurbeldrehzahl und<br />
Laufrad. Aber diese drehen sich ebenso geschmeidig,<br />
wen man es nicht ganz versteht.<br />
Hauptsache, es lässt sich spüren!<br />
nuvinci.com<br />
Vertriebspartner<br />
Berlin:<br />
FOTOS: bobby placencia, nycstreetsmemori<strong>als</strong>, monkeyelectric
Jacke: Women´s Midtown Hood Jacket<br />
Hose: Women´s Midtown Capri<br />
Tasche: Eva´s Shopper<br />
GeisTerräDer iN GeFaHr<br />
dEr BEgriFF „ghost BikEs“ BEzEichnEt gEdEnkrädEr FÜr unFallopFEr.<br />
nun stEhEn diEsE rädEr in nEw york Vor ihrEr EntFErnung.<br />
Weltweit kommen weiß bemalte Ghost<br />
Bikes an Stellen zum Einsatz, wo RadfahrerInnen<br />
bei Kollisionen mit motorisierten<br />
Verkehrsmitteln ums Leben kamen.<br />
Dieses Zeremoniell, das Mitgefühl mit den<br />
Hinterbliebenen und die Gefahren von<br />
KFZ-dominierten Straßen zum Ausdruck<br />
bringen soll, kommt aus den US-amerikanischen<br />
urbanen Bike Communities. Auch<br />
in Österreich wurden in den letzten Jahren<br />
Ghost Bikes errichtet, wenn in Städ-<br />
ten, vor allem in Wien, tödliche Unfälle<br />
zu beklagen waren. Die 2008/2009 in<br />
Wien aufgestellten Räder wurden nach<br />
geraumer Zeit behördlich entfernt. Ein<br />
gleiches Schicksal droht nun den Gedenkrädern<br />
in New York City, wo zahlreiche<br />
dieser Fahrräder über Jahre gepflegt wurden<br />
und auf breite Akzeptanz von Behörden<br />
und Bevölkerung stießen. Nun ist<br />
aber eine Gesetzesnovelle des Amts für<br />
Stadtreinigung (DSNY) in Begutachtung,<br />
das erstm<strong>als</strong> die Entfernung von verlassenen<br />
Rädern regelt. Trotz vorauseilender<br />
Beteuerungen via Presse-Aussendung,<br />
Ghost Bikes davon auszunehmen,<br />
wird nun doch die Entfernung nach 30<br />
Tagen im Gesetzesvorschlag aufgeführt.<br />
Bei einer öffentlichen Anhörung am<br />
10. August hatten AktivistInnen die Gelegenheit<br />
zur Stellungnahme genutzt,<br />
das Ergebnis lässt auf sich warten. Aktuelle<br />
Neuigkeiten auf: ghostbikes.org<br />
Grüne Welle durch die Stadt<br />
> Lifestyle und Funktion, vereint<br />
in unserer neuen Urban Life Kollektion<br />
> Ökologischer Mehrwert: Produkte<br />
aus bluesign approved Fabrics,<br />
Bio-Baumwolle und recycelten Materialien<br />
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Europas umweltfreundlichster<br />
Bergsportausrüster zu werden. Was wir dafür tun, erfährst Du unter<br />
www.vaude.com
velozine<br />
radgeber mEchanisch auFklärEndEs und gEistig ErhEllEndEs<br />
läuft’S wie GeSchmiert?<br />
mEchanikEr max, unsEr ErFahrEnEr schrauBEr,<br />
grantElt* FÜr uns aus dEm wErkzEugkästchEn.<br />
Da sitz ich in der Sonne vor der Werkstatt,<br />
und schon wieder kommt so einer daher, man<br />
hört ihn schon von weitem. Ein Zirpen, ein<br />
Quietschen, auch Rattern oder Krachen. Das<br />
Geräusch einer sträflich vernachlässigten<br />
<strong>Fahrrad</strong>kette, die sich am Zahnkranz reibt.<br />
Eine Ganslhaut** zieht es mir da auf! Falls<br />
Situation und erkennbare Kommunikationsbereitschaft<br />
des Pülchers*** eine Kontaktaufnahme<br />
zulassen, komme ich direkt aber<br />
ohne aufzustehen zur Sache und biete meine<br />
fachmännischen Dienste an: „Brauchen’s<br />
ein Öl?“ Wobei: Es ist natürlich auch wichtig,<br />
welches Öl wohin, aber am allerwichtigsten<br />
ist das Schmieren an sich! Schmierstoffe<br />
verringern die Reibung, sorgen für<br />
Funktionieren der mechanisch-metallischen<br />
Komponenten des <strong>Fahrrad</strong>es und senken<br />
den Kraftaufwand zur Fortbewegung ebenso<br />
wie sie die Lebensdauer der Bestandteile<br />
erhöhen. Ein pief… deutscher Kollege hat<br />
mal gesagt: „Prinzipiell ist selbst Penaten-<br />
Chreme besser <strong>als</strong> gar kein Schmierstoff!“<br />
Prinzipiell richtig, im Detail liegt der Hund.<br />
Am intensivsten benötigt die Kette eine regelmäßige<br />
Ölung, und eben nicht nur die<br />
letzte, denn meist ist die Kette ungeschützt<br />
der Witterung preisgegeben. Ausnahme: Geschlossene<br />
Kettenkästen bei Hollandrädern<br />
oder deren dänischen Kollegas, denn dort<br />
ist Radfahren Alltag und der ist nun eben oft<br />
verregnet. Im heimischen Normalfall jedoch<br />
ist die Kette nackert, und wenn es sich auch<br />
noch um eine Kettenschaltung handelt, sind<br />
die Belastungen enorm. Nabenschaltungen<br />
18 velosophie.at<br />
und schaltungslose Räder**** sind weniger<br />
betroffen, da dort die Kette nicht so<br />
stark beansprucht wird. Aber regelmäßig<br />
und rechtzeitig geschmiert müssen sie<br />
alle werden, und zwar im besten Fall mit<br />
speziellem Kettenöl, dickflüssig, hochviskos,<br />
druckbeständig und kriechend. Nähmaschinenöl<br />
war mal, das wird der modernen<br />
Kettenschaltungsbelastung nicht mehr<br />
gerecht. Das Öl sachte auf die Innenseite<br />
der Kette auftragen und dann mit einem<br />
Lappen überschüssiges Öl abwischen,<br />
während man die Kurbel rückwärts dreht.<br />
Zuviel Öl oder zu klebrige Fabrikate ziehen<br />
nämlich Schmutz an und verkleben<br />
erst recht den Antrieb. Zur Schmutzabwehr<br />
kann danach noch zusätzlich Silikonspray<br />
oder Sprühwachs aufgetragen werden,<br />
aber nie <strong>als</strong> Schmierersatz! Sollte doch vorher<br />
eine Reinigung der Kette nötig sein –<br />
und das ist sie oft –, ist von Kettenreinigungsmaschinchen<br />
mit Fettlöseflüssigkeit<br />
abzuraten, da diese auch das Fett aus den<br />
Kettenlagern spülen und die Kette somit innerlich<br />
austrocknen. Die Lebensdauer leidet<br />
sehr darunter. Das gilt übrigens auch<br />
für das ansonsten wirkungsvolle Wundermittel<br />
WD-40: Als Rostlöser ja, Schaltungsproblembeheber<br />
sicher, Kettenpflegmittel:<br />
nein! Etwas Spülmittel-Wasser in Kombination<br />
mit der alten Zahnbürste hilft,<br />
gleichzeitig ist auch eine Reinigung der<br />
Zahnkränze zu empfehlen, mit denselben<br />
Mitteln. Und dann: regelmäßig ölen!<br />
Befiehlt: Der Max.<br />
* Wienerisch für: schimpfen<br />
** Gänsehaut: vom vegetativen Nervensystem<br />
gesteuerte Kontraktion des<br />
Haarbalgmuskels<br />
*** Strolch, Gauner<br />
**** Single Speed, Fixed Gear, Waffenrad:<br />
Für Max alles eins<br />
Dr. siGi B. FrieND,<br />
CYCLoaNaLYsT<br />
VElosophiE giBt rad<br />
auF dEr couch<br />
Lieber Dr. Sigi B. Friend,<br />
Wenn alles krächzt und knirscht und im<br />
Leben einfach so gar nichts mehr wie<br />
geschmiert läuft: Ist das nur eine vorübergehende<br />
Phase oder ist größere<br />
Besorgnis angeraten?<br />
Mfg,<br />
Dieter R.<br />
Lieber Dieter!<br />
Vielleicht hilft dir ja meine allgemeine<br />
Antriebstheorie weiter, dich reibungslos<br />
einzuordnen und dadurch geschmeidig<br />
zu restabilisieren: Gehörst du etwa zu<br />
den Rad-Maniacs, die für jedes Rädchen,<br />
jeden Zug das richtige Mittelchen<br />
auf Lager haben, koste es was es wolle?<br />
Oder zählst du zu den Rad-Brachioten:<br />
Kettensägenöl ist dir das Allerliebste und<br />
die Lieblingsassoziation zu Kette sowieso<br />
Massaker? Als Rad-Normalo wiederum<br />
wärst du dir der nötigen Pflegegriffe<br />
nur unterbewusst, gleichwohl käme es<br />
zu Frühjahrsbeginn und vor der Fahrt in<br />
die Werkstatt zu Überkompensationen<br />
mittels Ölbad. Bist du Rad-Fleckmatiker,<br />
dann sind Schmier und Fetzen auf immer<br />
verloren, du würdest nur mehr vom Rad-<br />
Nihilisten übertroffen werden. Beide sind<br />
<strong>als</strong> therapieresistent einzustufen, Letzterer<br />
wird zusätzlich vom Todesantrieb<br />
in Richtung egozentrischer Antriebsverschleiß<br />
gelenkt.<br />
Dass du dich an mich gewandt hast,<br />
zeigt: Du bist bereit. Jetzt geht es weiter.<br />
Beginn einfach mal mit dem ersten Glied<br />
der Kette!<br />
B<strong>als</strong>am für die Seele und Öl für die Kette<br />
wünscht,<br />
Dein Cycloanalyst<br />
Fragen an Dr. Sigi? sigi@velosophie.at<br />
ART: ralf hauser
BFF10/VIENNA<br />
16. - 19.SEPTEMBER<br />
supported by
Streitthema Gehsteig und Radverkehr<br />
Auf engem RAum<br />
foto KURT PINTER<br />
Die Nutzer Der Verkehrsmittel FahrraD uND Fuss gerateN iN uNsereN stäDteN<br />
zuseheNDs iN koNFliktsituatioNeN. lokalpolitik uND stammtisch greiFeN DeN<br />
koNFlikt gerNe auF, leiDer oFt am F<strong>als</strong>cheN eNDe. NuN NehmeN Vertreter VoN<br />
raDlobbY uND Walkspace <strong>hier</strong> ihre staNDpuNkte eiN.<br />
20 velosophie.at
KaMPF dER KUlTUREN<br />
Der blick Des koNVertiteN<br />
Für Autofahrer sind Radfahrer ein<br />
Feindbild. Weil es immer so verdammt<br />
knapp wird, weil man so extrem aufpasssen<br />
muss. Es war knapp. Knapp für<br />
das Eichhörnchen in der Prater-Hauptallee,<br />
knapp für zwei Enten und ein<br />
gutes Dutzend japanischer Touristen<br />
im Wiener Stadtpark. Fast hätte ich sie<br />
über den Haufen gefahren. Ich fahre<br />
nämlich seit kurzem Rad. In die Arbeit<br />
und wieder zurück. Und das ist gefährlich.<br />
Als Radfahrer wechselt die Perspektive.<br />
Feindbild sind aber nicht<br />
etwa die Autofahrer, nein, man blickt<br />
hinunter auf der Ernährungsstufe. Es<br />
sind die Fußgänger. Nicht weil sie gefährlich<br />
sind, sondern weil sie sich<br />
selbst gefährden. Und im Weg stehen.<br />
Meistens stehen sie am Radweg herum<br />
und schauen dumm. In die f<strong>als</strong>che Richtung.<br />
Das gilt ganz besonders für Touristen,<br />
die am Ring herumlatschen. Auf<br />
dem Radweg selbstverständlich. Klingeln?<br />
Da wird vom Fußgänger bestenfalls<br />
die Faust geschwungen, das aber<br />
wiederum ist eine Spezialität des Wiener<br />
Fußgängers, da sind japanische<br />
Touristen ganz zurückhaltend. Und<br />
während sich der Japaner im besten<br />
Fall mit einer Verbeugung entschuldigt,<br />
ruft einem der Wiener in der Regel<br />
noch etwas nach, was jetzt nicht ganz<br />
druckreif ist.<br />
Dabei haben Radfahrer für Fußgänger<br />
prinzipiell Verständnis. Weil sie selbst<br />
DI Tadej Brezina, Technische<br />
Universität<br />
Wien, Institut für Verkehrswissenschaften<br />
und Vorstandsmitglied<br />
Radlobby.NÖ<br />
22 velosophie.at<br />
Michael Völker, Ressortleiter<br />
Innenpolitik des<br />
Standard und Mitarbeiter<br />
in dessen Automobil-<br />
Teil, vor kurzem zum Alltagsradler<br />
konvertiert<br />
auch Fußgänger sind und gelegentlich<br />
auch auf dem Zebrastreifen stehen. Das<br />
verbindet. Zwischen Radfahrern und Autofahrern<br />
wird es aber so bald keine Aussöhnung<br />
geben. Da liegen Welten dazwischen,<br />
nicht nur PS-mäßig, auch weltanschaulich.<br />
(Der Standard, 13.08.<strong>2010</strong>)<br />
GEhsTE<strong>IG</strong>RadlER?<br />
beobachtuNgeN zu eiNem phäNomeN<br />
Was bringt einen erwachsenen Menschen<br />
eigentlich dazu, mit dem <strong>Fahrrad</strong><br />
auf dem Gehsteig zu fahren? Der § 68<br />
der StVO, Verhalten der Radfahrer, verbietet<br />
es explizit: „Auf Gehsteigen und<br />
Gehwegen ist das Radfahren in der<br />
Längsrichtung verboten.“ Was ist es<br />
dann? Da stehen sich die subjektive<br />
Wahrnehmung des „Druckes von hinten“<br />
durch Autos auf der Fahrbahn und<br />
die Abwägung der Alternativen von<br />
Umwegen, Hindernissen und der Konkurrenz<br />
mit Fußgängern gegenüber.<br />
Viele RadfahrerInnen halten es mittlerweile<br />
für normal, sich mit Bordsteinkanten,<br />
parkenden Autos, Mistkübeln<br />
und anderen Schikanen abseits von<br />
Fahrbahnen herumschlagen zu müssen.<br />
Reine Gehwege werden immerhin<br />
von ca. 20 % der Radfahrenden genutzt<br />
– vor allem dann, wenn der Autoverkehr<br />
auf der Fahrbahn <strong>als</strong> stark empfunden<br />
wird. Den „Druck von hinten“<br />
kann man <strong>als</strong> RadfahrerIn bald verspüren.<br />
Die Ausrichtung der Leichtigkeit<br />
und Flüssigkeit des Verkehrs nur am<br />
Autoverkehr, der gesellschaftliche Glaube<br />
an das Mantra der eingebauten Vorfahrt<br />
für Autos – RadfahrerInnen können<br />
sich da schon schnell <strong>als</strong> Verkehrshindernis<br />
und Verursachende von „unflüssigem“<br />
Autoverkehr fühlen.<br />
Die großflächige Errichtung von Radwegen<br />
auf Gehsteigen in den letzten<br />
Jahrzehnten scheint eine große „Radwegegläubigkeit“<br />
hervorgerufen zu<br />
haben. Vor allem bei Menschen, die sich<br />
nicht sicher fühlen, weil sie z.B. mit<br />
dem Rad im städtischen Verkehr noch<br />
wenig Erfahrung haben. Denn je stärker<br />
ein Radfahrer in seinem Verhalten<br />
fahrbahnorientiert ist, desto weniger<br />
sind seine qualitativen Ansprüche von<br />
expliziter Radverkehrsinfrastruktur erfüllt.<br />
Die „Radwegegläubigkeit“ äußert<br />
sich gerne in diversen Selbsterklä-<br />
rungs- und Rechtfertigungsmustern.<br />
Der Zögerlichkeit bei der Routen-Planung:<br />
„Dort wird es aber schon Radwege<br />
geben, oder?“, folgt unterwegs<br />
gerne die Erlösung: „Ah schau, dort ist<br />
endlich ein Radweg!“.<br />
Diese Mentalität von RadfahrerInnen<br />
entsteht aus dem Zusammenspiel von<br />
„Radweggläubigkeit“ und dem behördlichen<br />
Verlagerungsdruck von der Fahrbahn<br />
weg durch Radfahrverbote auf<br />
Fahrbahnen und separate <strong>Fahrrad</strong>infrastruktur<br />
mit unterschiedlichster, meist<br />
geringer Qualität. Lassen sich <strong>hier</strong> archaische<br />
Muster entdecken? Autofahrende<br />
– die große, starke, gefährliche<br />
Spezies – darf in keinem Fall irgendwie<br />
verärgert werden. Schon gar nicht durch<br />
Radfahrende, die sich nicht an die Maßnahmen<br />
der Behörden halten, welche<br />
die RadfahrerInnen aus dem Lebensraum<br />
des Autoverkehrs durch Radwegbenützungspflicht<br />
in Sicherheit bringen<br />
sollen. Nehmen so eingeschüchterte<br />
GehsteigradlerInnen in vorauseilendem<br />
Gehorsam die Vertreibung von der Fahrbahn<br />
in Kauf, die sie <strong>als</strong> AutofahrerInnen<br />
implizit erwarten, ja fordern?<br />
Von den angebotenen Radwegen, die ja<br />
im Regelfall nur in einem geringen Anteil<br />
am städtischen Straßennetz vorzufinden<br />
sind, setzt sich das Ausweichen<br />
von der Fahrbahn fort auf Straßenzüge<br />
mit reinen Gehsteigen, nur für Fußgänger<br />
vorgesehen. Bei den kommunalen<br />
Versuchen, den Radverkehr durch Radwege<br />
zu fördern, kann man dadurch<br />
eine Erziehung zur Gehsteigradlerei<br />
beobachten. Dabei wäre das Gegenteil<br />
die Lösung: Viele RadfahrerInnen im<br />
Wahrnehmungsbild des Autoverkehrs<br />
erhöhen die Sicherheit! Die wirkungsvollste<br />
Radverkehrsstrategie namens<br />
„Safety in numbers“ wäre der richtige<br />
Weg für alle.<br />
www.radlobby.at
FaIRE NUTzUNG dER sTadT<br />
eiNe FussgäNgerInnensicht<br />
StadtbenützerInnen brauchen Platz<br />
und Raum fürs Flanieren, Sitzen und<br />
auch um zu staunen, was die Radler da<br />
so alles drauf haben! Lebenslust kommt<br />
in den Städten überall dort auf, wo es<br />
sich gut gehen lässt: An den schönen<br />
Orten der Stadt, vor den Kulturbauten,<br />
in den urbanen neuen Mischzonen, in<br />
den City-Parks, in den gemischten Einkaufs-<br />
und Dienstleistungsbereichen,<br />
entlang von Wasserlinien, an Verweilorten,<br />
in der Nähe von großen Umsteigeknoten<br />
des öffentlichen Verkehrs,<br />
auf einer Sitzbank im Trubel einer Geschäftsstraße<br />
oder auch in den „Schrebergartenwegen“<br />
am ehemaligen<br />
Stadtrand. Also her mit den Shared<br />
Spaces, Begegnungszonen, Stadtfairteil-Prozessen!<br />
Wir FußgängerInnen wünschen uns<br />
nichts mehr <strong>als</strong> gute, qualitätsvolle<br />
Fußwege für alle NutzerInnegruppen:<br />
Kinder und Jugendliche mit ihren<br />
Scootern, die Golden-Agers mit ihren<br />
Rollatoren und die Mid-Ager mit Ihren<br />
coolen Trolleys im Schlepptau. Wir wollen<br />
auch genau dort gut zu Fuß gehen<br />
können, wo der Platz ein wenig enger<br />
ist: In den Zwischenbereichen der<br />
Stadt, wo hauptsächlich der PKW-Verkehr<br />
Platz und Raum hat. Wir finden es<br />
uncool, wenn die KollegInnen von der<br />
<strong>Fahrrad</strong>fraktion es eilig haben und der<br />
Gehsteig der kürzeste Weg ist für ihre<br />
nächste Etappe. Wir haben kein Verständnis,<br />
wenn für die „Active Trave-<br />
DI Dieter Schwab, Obmann<br />
von WalkSpace,<br />
Österreichischer Verein<br />
für FußgängerInnen<br />
ler“, die Gruppe jener nämlich, die sich<br />
mit eigener Körperenergie fortbewegen,<br />
an manchen Stellen nur die spärlichen<br />
Restflächen für Radeln und Gehen<br />
bleiben. Unsere Vision lautet: Wo<br />
wenig Platz ist für bequemes Radfahren<br />
und komfortables Fußgehen, da ist<br />
ein roter Farbkübel für Gehsteigradwege<br />
leider zu wenig – so lässt sich der<br />
Raum nicht funktionell teilen. Nicht mit<br />
Farbe, sondern mit ausreichend urbanem<br />
Stadtraum soll das Problem hinkünftig<br />
bewerkstelligt werden! Das<br />
„Muaterl“ im Schulterschluss mit dem<br />
E-Bike-Family-Ausflug inklusive<br />
Radanhänger.<br />
Ansonsten braucht es auf österreichischer<br />
Eben endlich die Einführung der<br />
Begegnungszonen nach Schweizer, belgischem<br />
und französischem Vorbild,<br />
darüber hinaus Fußgängernetzanalysen,<br />
Pilotprojekte zu „Shares Space“<br />
und Begegnungszonen. Gehen ist cool,<br />
sexy und gesund, besonders wenn die<br />
Qualitäten im öffentlichen Bereich für<br />
das Zufußgehen passen. Der Prozess<br />
der Umwandlung läuft weltweit: Vom<br />
Brunnenmarkt in Wien bis Barcelona<br />
mit seine Fußgängerquartieren.<br />
Darauf sollten wir, FußgängerInnen<br />
und RadfahrerInnen, neben einem<br />
Fairnessgebot aller VerkehrsteilnehmerInnen<br />
hinwirken: Qualitäten und<br />
Platz und Raum für Active Traveler! Wir<br />
gehen gerne mit.<br />
www.walk-space.at<br />
FaIRNEsszoNEN –<br />
dIE sTadT WIEN vERsUchT<br />
zU vERMITTElN<br />
Ein Beispiel für gemeinsam genutzten<br />
Raum mit Konfliktpotential entlang<br />
großflächiger KFZ-Fahrbahnen ist der<br />
Flanierweg am Donaukanal im Stadtzentrum<br />
Wiens. Von den FußgängerInnen<br />
wird dort schnelles Radfahren <strong>als</strong><br />
störend empfunden, Radfahrende befahren<br />
die Strecke aber gerne <strong>als</strong> ampellose<br />
Stadtquerung, da der Fahrbahnbereich<br />
unnutzbar ist. In diesen Bereichen<br />
wurden im Jahr 2008 Fairnesszonen-Markierungen<br />
angebracht, die <strong>2010</strong><br />
erneuert und mit zusätzlichen Infokampagnen<br />
aufgewertet wurden. Jedoch<br />
zeigt auch diese Situation: Eine wirksame<br />
Entflechtung des Fuß- und Radverkehrs<br />
kann wohl nur durch eine Radverkehrslösung<br />
im Fahrbahnbereich erreicht<br />
werden.
Film, <strong>Fahrrad</strong>, Party<br />
FAHRRADKULTUR<br />
Das InternatIonal BIcycle FIlm FestIval BFF FeIert heuer seIn ZehnjährIges<br />
juBIläum In 38 spIelorten weltweIt. mItte septemBer gastIert es auch wIeDer<br />
In wIen, Zum vIerten mal. Im DeZemBer Folgt münchen.<br />
text ALEC HAGER fotos biCyCLEfiLmfEstivAL.Com, AndREw zöCHbAuER, bff viEnnA<br />
24 velosophie.at
GALORE!
D<br />
as <strong>Fahrrad</strong> <strong>als</strong> Kulturträger und<br />
Kultobjekt versammelt einmal<br />
im Jahr alle seine Jünger und<br />
Verehrerinnen um sich. Verschiedenste<br />
Aspekte von Radbegeisterung finden<br />
sich zusammen ein, die lokale <strong>Fahrrad</strong>kultur-Szene<br />
feiert sich selbst, und die<br />
wundersame weite <strong>Fahrrad</strong>welt kommt<br />
auf einen Sprung vorbei – auf die Leinwand.<br />
Gemeinsam ergibt das mehr <strong>als</strong><br />
die Summe seiner Teile, der Überschuss<br />
an Begeisterung und Gestaltungsfreude<br />
lässt sich mühelos aufschnappen.<br />
Auch von jenen, die zum ersten Mal,<br />
aus Neugier – vielleicht wegen der Erzählungen<br />
vom letzten Jahr –, dazu gestoßen<br />
sind. Das Bicycle Film Festival<br />
BFF ist in der Stadt, es zelebriert jene<br />
Individualität, Kreativität und Freiheit,<br />
die das Rad <strong>als</strong> Verkehrsmittel, <strong>als</strong> persönliches<br />
Designobjekt und <strong>als</strong> Symbol<br />
bietet. Der hedonistische Virus hat sich<br />
weit ausgebreitet, in New York war<br />
2001 das erste BFF von Brendt Barbur<br />
veranstaltet worden, im Jubiläumsjahr<br />
<strong>2010</strong> hat sich die Zahl der Spielstädte<br />
auf 38 erhöht, neu dazu kamen schillernde<br />
Namen wie Sao Paulo, Seoul,<br />
Barcelona, Taipei und das ehrwürdige<br />
26 velosophie.at<br />
Athen. Bike Communities in zahllosen<br />
Städten warten darauf, auch endlich<br />
dabei sein und ihr eigenes BFF gestalten<br />
zu können.<br />
In Wien bedeutet das BFF sonnige<br />
Stunden am Strand des Donaukan<strong>als</strong><br />
mit Bike-Action, Musik, Rennen und<br />
Wettbewerben; ausgelassenen Stimmung<br />
und staunende Andacht bei<br />
einem der ausgesuchten Kurzfilmprogramme<br />
im Kinosaal der Urania; Große<br />
Party beim Eröffnungskonzert mit seinen<br />
Zusatzevents. Vom 16.–19.9. bietet<br />
das BFF insgesamt fünf Film-Programme,<br />
zusammengestellt von der<br />
New Yorker Jury aus Kurzfilmen, Experimentalfilmen,<br />
Dokumentationen und<br />
Animationen, die einige Highlights beinhalten.<br />
In „Line of Sight“ porträtiert<br />
Benny Zenga einen ganz Großen der<br />
BFF-Gemeinde: Lucas Brunelle ist ein<br />
besessener Dokumentarist der urbanen<br />
Radszenen des gesamten Globus.<br />
Er verfolgt Alleycat-Rennen mit<br />
seiner Helmkamera auf dem Rennrad,<br />
immer dicht an den Führenden – und<br />
den Stürzenden. Mitten im Verkehr<br />
schildert der Film die Faszination<br />
schneller, illegaler, urbaner Radrennen.<br />
„Riding the Long White Cloud“ setzt<br />
sieben professionelle Skateboarder auf<br />
das ungewohnte Fortbewegungsmittel<br />
<strong>Fahrrad</strong>, um die schönsten Spots der<br />
neuseeländischen Inseln zu erkunden.<br />
Ein Film voller wunderbarer Landschaften,<br />
immer in Bewegung unter<br />
dem weiten Himmel des Südens. Dazu<br />
kommt die von Spike Jonze, dem Regisseur<br />
von „Being John Malkovich“, produzierte<br />
BMX-Doku „The Birth of Big<br />
Air“, ein Porträt eines der herausragenden<br />
Verrückten des BMX-Sports.<br />
Mat Hoffman setzte alles daran, den<br />
höchsten Sprung mit einem BMX zu<br />
vollführen. Dieser Film erzählt die<br />
Story hinter der Legende. In „Tokyo to<br />
Osaka“ begeben sich zwölf US-amerikanische<br />
Fixie-Fahrer auf eine 600 km<br />
lange Reise durch Japan. In der Dokumentation<br />
„The Cyclocross Meeting“<br />
betrachtet Brian Vernor, Regisseur von<br />
„Where are you go?” (BFF 2009) einen<br />
aktuellen Trend. Vor Jahrzehnten war<br />
Querfeldein-Radsport beinahe vom<br />
Mountainbike verdrängt worden, nun<br />
erhebt sich der Sport mit Rennrädern<br />
durchs Gelände soeben von den USA<br />
bis Japan wieder aus dem Schlamm.
Klarerweise kommen auch heimische<br />
Produktionen beim BFF zum Zug. Zwei<br />
davon hatten ihre Weltpremiere schon<br />
bei der Eröffnung des heurigen BFF-<br />
Weltzirkus im Juni: In New York, <strong>als</strong><br />
zum zehnten Mal dort das BFF eingeläutet<br />
wurde. „Where are the pyramids?”<br />
begleitet fünf RadbotInnen aus<br />
Wien und Linz in die Verkehrshölle Kairos,<br />
die größte Stadt der arabischen<br />
Welt mit ihren ungeregelten Verkehrsströmen<br />
ohne Ende. „Bike Kitchen –<br />
A Filmic Approach” besucht die<br />
Heimstätte der Wiener Bike Community.<br />
Das Portrait der Selbsthilfewerkstatt<br />
mit ReparierBar im 15. Wiener Bezirk<br />
erzählt vom Enthusiasmus der BetreiberInnen,<br />
ihrem sozialen Anspruch<br />
und der Energie für viele Radprojekte<br />
in Wien. Der dritte Wiener Kurzfilm im<br />
Programm feiert überhaupt seine Weltpremiere<br />
<strong>hier</strong>: „Sauf Velo – The<br />
Radrowdies’ Guide to Vienna“. Die<br />
Rad Rowdies sind Wiens erste <strong>Fahrrad</strong>-<br />
Gang. Neon ist ihre Farbe, und ein<br />
Plüsch-Bär namens Bier ihr Gefährte.<br />
Ihr Anspruch ist weniger ernst <strong>als</strong> allumfassend:<br />
“Rad Rowdies till we die!”<br />
In diesem Kurzfilm zeigen sie ihr Wien.<br />
<strong>Fahrrad</strong>filme aus aller Welt, von Japan<br />
über Ägypten nach Nordamerika.<br />
Jährlich wählt die Jury des BFF das Beste<br />
aus für jene Filmprogramme, die dann<br />
wieder um den Globus geschickt werden.
Das Rahmenprogramm des Bicycle<br />
Film Festiv<strong>als</strong> Vienna findet wie gewohnt<br />
am Areal der Strandbar Herrmann<br />
statt: Samstag und Sonntag<br />
wechseln sich in der „Bike Fun Arena“<br />
verschiedenste Bewerbe und Shows<br />
zum Mitmachen und Zusehen ab. Der<br />
Samstagnachmittag gehört den<br />
BMXern und den Fixie-Fahrern sowie<br />
jungen RadfahrerInnen beim Kiddie<br />
Bike Workshop. Der Sonntag startet<br />
den Bike Fun mit dem Faltradrennen,<br />
kürt beim Bike-Beauty-Contest die<br />
beste Performance mit dem schönsten<br />
Rad und erlebt Ritterspiele auf dem Tall<br />
Bike und andere rustikal-rabiate Aktionen<br />
mit selbst gebauten Radungetümen.<br />
Begleitend dazu bietet die<br />
Schau „Art Cycle“ <strong>Fahrrad</strong>kunst aus<br />
aller Welt in der Street Art Gallery Inoperable<br />
und am Pavillon der Strandbar<br />
Herrmann, wo der brasilianische Sprayer<br />
Alex Hornest eine ganze Wand gestaltet.<br />
Ebendort leistet die Fotoschau<br />
„Freak Bikes – Bike Freaks“ der Wiener<br />
Bike Kitchen pars pro toto, was das BFF<br />
weltweit ermöglicht: das Eintauchen in<br />
die bunte Welt der <strong>Fahrrad</strong>kultur. vs<br />
BFF VIENNA <strong>2010</strong><br />
16.–19. September<br />
Urania Kino | Strandbar Herrmann<br />
4 Tage Filme, Parties, Events, <strong>Fahrrad</strong><br />
bicyclefilmfestival.com/vienna<br />
Tickets unter filmfest@ig-fahrrad.org<br />
ART CYCLE VIENNA #4<br />
16. September–3. Oktober<br />
Galerie Inoperable, Wien-Neubau<br />
Die internationale Kunst-Schau zeigt<br />
Street Art, Siebdruck, Malerei und Fotografie<br />
zum Thema Rad. inoperable.at<br />
OPENING PARTY „BIKES ROCK!“<br />
16. September, Pratersauna<br />
Live: Binder & Krieglstein<br />
Freier Eintritt! pratersauna.tv<br />
FAhrrAdkulturFEst<br />
müNchEN <strong>2010</strong><br />
2.–5. Dezember<br />
Filmprogramm, Musik, Parties: Internationale<br />
<strong>Fahrrad</strong>kultur an der Isar.<br />
radlhauptstadt.de<br />
28 velosophie.at
en<br />
sien<br />
R. Jusuf, Indonesien<br />
M. Price, England<br />
J. Bussard, USA R. Moreira, Bolivien<br />
B. Horta, Portugal O. Guinea, Spanien<br />
J. Hon & R. Hartwell, Taiwan<br />
Faltrad Klub Beijing, China<br />
M. Klawitter, Alaska<br />
A. & D. Arthur , Schweiz<br />
H. M. Dias, Portugal<br />
Sende uns deine schönsten, ausgefallensten oder<br />
coolsten Bilder und wir posten sie auf unserer<br />
Webseite www.dahon.com, damit sie dort bestaunt<br />
werden können. Schicke hochauflösende Pics an<br />
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W. Brumm, Deutschland<br />
MU UNO: Weniger ist mehr! Ein Single<br />
Speed Rad für optimale Mobilität<br />
G. Fallica, Italien<br />
G. Sánchez-Etayo, Spanien<br />
S. J.v. Diest, Indonesien<br />
B. Petroni, USA<br />
E. Bonhomme, Kanada<br />
J. Tong, China<br />
A. Wong, Singapur<br />
IOS P7: Design und Technik vereint<br />
zu einem ultimativen Bike<br />
R. Tzschöckel, Deutschland<br />
Portugiesische Navy Segler,<br />
Niederlande<br />
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Z. Murício, Brasilien<br />
A. Hayward, Spanien<br />
E. Petri, Indonesien<br />
M. Hoff<br />
E. de Jong, Belgien
PROMOTION<br />
Die E-Bike Initiative von Wien Energie<br />
Teil 3 und Abschluss der reAliTy-serie in VelOsOPhie: 50 TesTerInnen<br />
legTen zwei MonaTe lang die wege des allTags und der FreizeiT MiT deM e-Bike<br />
zurück. Viele Tausend kiloMeTer erFahrungen wurden gesaMMelT, Viele hunderT<br />
Blog-einTräge VerFassT, und ein PuBlikuMs-VoTing enTschied darüBer,<br />
welche FünF TesTerInnen ihr e-Bike <strong>als</strong> gewinn BehalTen dürFen.<br />
text WOLFGANG RAFETSEDER fotos KURTPINTER.COM, RALF HAUSER<br />
Jetzt stehen die Glücklichen fest,<br />
aber es war definitiv nicht das<br />
Glück, das darüber entschied, wer<br />
das KTM eCross <strong>als</strong> Gewinn behalten<br />
darf, sondern der Lohn aus vielen verfassten<br />
Blog-Einträgen und der Mobilisierung<br />
einer großen Voting-Community.<br />
Denn diese Blogs der TesterInnen<br />
stellten das Herzstück der E-Bike Initiative<br />
von Wien Energie dar. Via Blog<br />
wurden zwei Monate lang persönliche<br />
Testurteile und Eindrücke vom E-Bike<br />
und rund ums E-Biken abggeben. Zur<br />
Halbzeit des größten und aufschlussreichsten<br />
E-Bike-Tests, den<br />
es bisher gegeben hat, setzte das Publikums-Voting<br />
ein – für die TesterInnen<br />
galt es <strong>als</strong>o, eine möglichst große und<br />
treue Fan-Gemeinde hinter sich zu versammeln<br />
und auf den Schneeballeffekt<br />
zu hoffen: „Weitersagen, weil es geht<br />
um ein tolles Elektro-<strong>Fahrrad</strong> <strong>als</strong> Gewinn!“<br />
(Und ganz bestimmt wurde den<br />
TesterInnen häufig das Verprechen abgenommen,<br />
dass, wenn es zum Gewinn<br />
kommt, das E-Bike auch mal ausprobiert<br />
werden darf – die Dimension E-<br />
Biken löst jedenfalls Neugier, meistens<br />
Begeisterung und gar nicht selten den<br />
„Auch-haben-wollen“-Effekt aus.)<br />
Was jetzt, nach Abschluss der E-Bike<br />
Initiative von Wien Energie und allen<br />
Erkenntnissen daraus, beantwortet<br />
werden kann, sind die eingangs – zum<br />
30 velosophie.at<br />
Start der Reality-Serie in velosophie –<br />
gestellten Fragen zur Tauglichkeit<br />
des „Radfahrens mit eingebautem<br />
Rückenwind“ zwischen Wohn- und<br />
Arbeitsort, zwischen Einkäufe erledigen<br />
und Freizeit genießen. Dazu lassen<br />
sich aus den Blog-Einträgen der 50 TesterInnen<br />
– weiterhin nachzulesen auf<br />
blog.wienenergie.at – einige signifikante<br />
Aussagen filtern. Die Fahrt zum<br />
und vom Arbeitsplatz: Viele TesterInnen<br />
setzten das E-Bike vorwiegend dazu<br />
ein, und in den meisten Fällen brachte<br />
es sowohl eine Zeit- <strong>als</strong> auch eine Kostenersparnis<br />
(gegenüber öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln oder dem Auto), jedenfalls<br />
aber eine Erhöhung der Lebensqualität<br />
– sei es, weil man diese<br />
Wege mit einer gut dosierten Einheit<br />
Sport verbindet, weil man trotzdem<br />
nicht unangenehm verschwitzt in<br />
die Arbeit gelangt oder weil man die<br />
Stadt aus einer neuen Perspektive kennen<br />
lernt. Eine Problemstellung, die<br />
sich für die TesterInnen im Zusammenhang<br />
mit der Fahrt zur Arbeitstätte<br />
sehr häufig ergab, war das sichere Abstellen<br />
des ebenso wertvollen wie auffälligen<br />
Elektro-<strong>Fahrrad</strong>s ebendort. In<br />
seltenen Fällen waren sichere Abstellplätze<br />
vorhanden, noch seltener in absperrbaren<br />
Räumen, die nur MitarbeiterInnen<br />
zugänglich sind. Ähnliches<br />
galt für das Abstellen des E-Bikes gene-<br />
rell, das Einkäufe-Erledigen oder der<br />
Stadtbummel wurde von den TesterInnen<br />
entweder bewusst vermieden<br />
oder erfolgte mit Bauchweh, erschien<br />
der Wert des KTM eCross mit<br />
2.200 Euro zu hoch, um es sorglos<br />
an das nächste Verkehrsschild gelehnt<br />
(natürlich abgesperrt, aber<br />
trotzdem) stehen zu lassen. Sehr<br />
gerne wurde das E-Bike von den<br />
TesterInnen für <strong>Fahrrad</strong>-Touren<br />
und Ausflüge eingesetzt. Der gegenüber<br />
einem herkömmlichen<br />
<strong>Fahrrad</strong> erweiterte Aktionsradius<br />
sowie der höhere Spaßfaktor waren<br />
die Hauptgründe, warum die Mehrzahl<br />
der TesterInnen ihre Freizeit<br />
viel häufiger Rad fahrend verbrachten<br />
<strong>als</strong> in der E-Bike-losen Zeit.<br />
Mit wenigen Ausnahmen entschieden<br />
sich die TesterInnen nach Beendigung<br />
der E-Bike Initiative von Wien<br />
Energie zum Kauf ihres Test-<strong>Fahrrad</strong>s,<br />
wohl auch begünstigt durch das<br />
attraktive Angebot, das Initiative-<br />
Partner KTM eingeräumt hatte, aber<br />
vor allem wollte das E-Bike und<br />
dessen Vorzüge nicht mehr gemisst<br />
werden. Einige erhielten das<br />
KTM eCross ohnehin <strong>als</strong> Gewinn, die<br />
fünf auf den Folgeseiten vorgestellten<br />
GewinnerInnen aus dem Voting-,<br />
ein Tester <strong>als</strong> fleißigster Blogger und<br />
zwei weitere per Losglück.
„Das E-BikE hat<br />
auch für EinEn<br />
sportlichEn<br />
30-JährigEn EinEn<br />
nutzEn.“<br />
VOTiNG-GEWiNNER<br />
MARkuS STRuGGL, 30<br />
SoFTWARE-ENTWICKLER, FÄHRT<br />
HoBByMÄSS<strong>IG</strong> MoUNTAINBIKE UND<br />
LÄUFT<br />
„In der Freizeit brauche ich keinen<br />
Strom, um in die Arbeit zu fahren<br />
schon“, fasst der ambitionierte Hobbysportler<br />
Markus sein Verhältnis zum<br />
E-Bike zusammen. Die Fahrdauer zwischen<br />
Wohn- und Arbeitsort (Wien 3 –<br />
Wien 22) kann er mit dem E-Bike gegenüber<br />
den Öffis halbieren und kommt<br />
dennoch unverschwitzt und ganz entspannt<br />
im Büro an. An der E-Bike Initiative<br />
gefielen ihm ganz besonders die<br />
Community-Treffen, vom Donauinsel-<br />
Fest bis zum Rapid-Wien-Spiel, die „echt<br />
cool zusammengestellt und gemacht waren.“<br />
Um zum Voting-Erfolg zu kommen,<br />
habe er „seine Leute“ jeden Tag genervt,<br />
erzählt er mit einem breiten Grinsen.
Szenen vom Community-Treff an der Summer Stage am Wiener<br />
Donaukanal, wo Wien Energie kürzlich auch eine Strom-Tankstelle<br />
für Elektro-Fahrräder in Betrieb genommen hat. Franziska Maierhofer<br />
(Bild links), die wir für die Sommer-<strong>Ausgabe</strong> von velosophie<br />
bei einer Testfahrt begleitet hatten, verpasste den Gewinn ihres<br />
E-Bikes knapp, nachdem sie lange Zeit gut im Rennen gelegen war.<br />
Alex Jokel wiederum machte Stimmung im Radio – bei Initiative-<br />
Partner Radio Wien: Testfahrer und Reporter in Personalunion.<br />
32 velosophie.at<br />
„E-BikE gEwonnEn<br />
statt gEkauft,<br />
JEtzt gEht sich<br />
sogar Ein nEuEs<br />
MountainBikE<br />
aus.“<br />
VOTiNG-GEWiNNERiN<br />
HELGA ScHEibELHOFER, 43<br />
KINDERGARTEN-PÄDAGoGIN, WELL-<br />
NESS- UND FITNESS-TRAINERIN<br />
„Am Anfang habe ich nicht an den Gewinn<br />
geglaubt, aber dann richtigen Ehrgeiz<br />
entwickelt“, erzählt Helga, „und ich<br />
habe Gott und die Welt kontaktiert, damit<br />
für mich Stimmen abgegeben werden.“<br />
Mit welchem Einsatz sie bei der<br />
Sache war, zeigt ihr erleichtertes Aufatmen<br />
nach Beendigung der E-Bike Initiative:<br />
„Es war eine schöne und intensive<br />
Zeit, aber jetzt bin ich froh, dass es<br />
vorbei ist.“ Durch das E-Bike habe sie<br />
neue Motivation fürs Radfahren gefunden<br />
– jetzt soll neben dem E-Bike, das<br />
sie natürlich weiterfahren wird, auch ein<br />
neues Mountainbike angeschafft werden<br />
–, und über einen weiteren positiven<br />
Nebeneffekt weiß die gebürtige Steirerin<br />
zu berichten: „Durch das Fahren<br />
mit dem E-Bike habe ich Wien erst so<br />
richtig kennen gelernt.“
„riDE how you<br />
fEEl, fEEl how<br />
it riDEs.“<br />
VOTiNG-GEWiNNER<br />
MicHAEL STiFT, 33<br />
IT-TECHNIKER, HoBBy-MoUNTAIN-<br />
BIKER<br />
Michael zählt sich trotz seines jungen Alters<br />
und seiner Sportlichkeit zur Zielgruppe<br />
für ein E-Bike, „wegen des langen<br />
Wegs zur Arbeit und von der Arbeit<br />
nach Hause.“ Den großen Vorteil gegenüber<br />
einem normalen Rad – er hat diese<br />
Strecke von 17 Kilometern, eine Richtung,<br />
wohlgemerkt, früher gelegentlich<br />
mit dem Mountainbike absolviert – sieht<br />
er darin, so fahren zu können, wie man<br />
sich gerade fühlt: „Gut drauf mit weniger,<br />
schlecht drauf mit mehr Motorunterstützung.“<br />
Er gehörte zu den Testern, deren<br />
Bike vom Defektteufel gejagt war,<br />
einmal Akku, einmal Motor, „aber die<br />
Leute von KTM haben flugs die Ersatzteile<br />
geschickt.“ Im Gegensatz zu anderen<br />
TesterInnen steht für Michael das<br />
ecross auch <strong>als</strong> Sportgerät hoch im Kurs:<br />
„Zum Trainieren den Akku runter, so ist<br />
das Bike leichter, und du kommst nicht<br />
in Versuchung, den Motor zuzuschalten.“
VOTiNG-GEWiNNER<br />
JENS bORkEN, 39<br />
PHySIKER, KLIMAFoRSCHER UND<br />
CAR-SHARING-USER<br />
Mit Jens hat sich ein Klimaforscher in<br />
den Reihen der TesterInnen und sogar<br />
GewinnerInnen eingefunden, ein hochinteressanter<br />
und vom journalistischen<br />
Standpunkt faszinierender Aspekt. Er<br />
selbst sieht in der Verwendung des E-<br />
Bikes positivere Effekte für die Gesundheit<br />
<strong>als</strong> für den Klimaschutz: „Auch mit<br />
der höchsten Unterstützungsstufe ist<br />
das E-Biken noch immer besser, <strong>als</strong> würde<br />
man auf der Couch sitzen.“ Mit dem<br />
E-Bike hat Jens wieder zum Radfahren<br />
gefunden („früher in Berlin bin ich häufig<br />
mit dem Rad gefahren“), jetzt legt er<br />
den Arbeitsweg vom 3. Bezirk nach Laxenburg<br />
fast täglich per E-Bike zurück.<br />
An diesem wüsste er natürlich zahlreiche<br />
Verbesserungen durchzuführen,<br />
leichter, weniger aufwändig und damit<br />
auch preisgünstiger sollte es sein, aber<br />
sein „Arbeitstier“, wie er es bezeichnet,<br />
möchte er nicht mehr missen. Wie sein<br />
Erfolg im Voting zustande gekommen<br />
sei: „Ich verfüge über ausgezeichnete<br />
internationale Kontakte und kann auf<br />
ein großes Netzwerk zugreifen“, so seine<br />
Antwort, begleitet vom spitzbübischsten<br />
Grinsen eines Klimaforschers.<br />
34 velosophie.at<br />
„wEnn Man<br />
koMfort aBstrahiErt,<br />
DiE BEssErE<br />
altErnativE zuM<br />
auto.“<br />
„iMMEr nur Mit<br />
stufE viEr, Das<br />
Macht Ja DEn untErschiED<br />
zuM nor-<br />
MalEn fahrraD.“<br />
VOTiNG-GEWiNNERiN<br />
cORNELiA SiGWALD-DATLER, 30<br />
VERSICHERUNGSREFERENTIN<br />
WR. GEBIETSKRANKENKASSE,<br />
PARAGLEITERIN<br />
Sport und liebste Freizeitbeschäftigung<br />
bedeutet für Cornelia Paragleiten, zum<br />
Radfahren stand bisher nur ein zu kleines<br />
Mountainbike, das sie schon <strong>als</strong> Jugendliche<br />
gefahren hat, zur Verfügung,<br />
und dementspechend selten hat sie sich<br />
in der Zeit vor dem E-Bike-Test in den<br />
Sattel geschwungen. Mit dem E-Bike von<br />
KTM drehte sich ihre Einstellung zum<br />
Radfahren um 180 Grad, statt mit dem<br />
Auto wird die Fahrt zwischen Wohn-<br />
(Perchtoldsdorf, direkt an der Grenze<br />
zum 23. Bezirk) und Arbeitsort (Wien 10)<br />
auch forthin per <strong>Fahrrad</strong> absolviert werden,<br />
„außer das Wetter ist ganz<br />
schlecht.“ Sie selbst bezeichnet sich <strong>als</strong><br />
Quereinsteigerin im Radgeschehen und<br />
freut sich, ihrer Gesundheit und der Umwelt<br />
etwas Gutes tun zu können. „Ein<br />
normales Rad kommt nicht in Frage,“<br />
bekennt sich Cornelia voll zum tretkraftunterstützten<br />
Radfahren.
© <strong>2010</strong> adidas AG. adidas, the Trefoil, and the 3-Stripes mark are registered trademarks of the adidas Group. Silhouette Int. Schmied AG, adidas Global Licensee.
velocity<br />
01 GenF<br />
le VeloSoPhe<br />
Zügig radelnd kommt man schon bald<br />
nach der Stadtgrenze von Genf an die<br />
Abzweigung in die verschlafene Siedlung<br />
Chambésy. Mitten unter den Vorgärten<br />
in einem der hölzernen Gartenhäuschen<br />
wartet eine Überraschung:<br />
ein Velosoph! Unter diesem Namen betreibt<br />
nämlich Valentin Dufour <strong>als</strong> Nachfolger<br />
von Damien Bisetti dort den einzigen<br />
Fixed- und Singlespeedshop der<br />
Region. Der Wahlspruch des Ladens<br />
lautet: „Save the planet, ride a veló!“<br />
velosophie sagt: Ein gutes Motto, ein<br />
guter Name! velosophe.blogspot.com<br />
03 PARIS<br />
VIVe lA VeloRutIon!<br />
Anfang Juli hat internationaler <strong>Fahrrad</strong>-<br />
Aktivismus die Stadt an der Seine fröhlich<br />
überrollt: Die Critical Mass Universelle<br />
eroberte bunt und laut die Straßen<br />
von Paris, alle Welt kam und feierte<br />
<strong>Fahrrad</strong> fahrend mit. Die freundliche Revolution<br />
des Mobilitätsverhaltens in unseren<br />
Städten hin zum umweltfreundlichen,<br />
raumsparenden Verkehr steht bei<br />
den Critical-Mass-Fahrten weltweit <strong>als</strong><br />
Ziel im Vordergrund. Alléz!<br />
36 velosophie.at<br />
0<br />
1<br />
03<br />
02<br />
02 WIen<br />
BIke And RIde<br />
Der Knotenpunkt Kennedybrücke liegt<br />
nicht nur an der verkehrsreichen<br />
Westeinfahrt der Bundeshauptstadt,<br />
sondern auch an der U-Bahnlinie U4<br />
und bald am so genannten „Wienfluss-<br />
Rad-Highway“. Dadurch erhält die<br />
Drehscheibe für Fußgänger-, Öffi- und<br />
Autoverkehr noch in diesem Jahr einen<br />
Radverkehrsanschluss. Dessen Nutzbarkeit<br />
für zügiges Alltagsradeln <strong>als</strong><br />
Verkehrsmittel wird zwar durch einige<br />
widrige Rahmenbedingungen eingeschränkt,<br />
aber am Knotenpunkt wartet<br />
dafür bald eine Radgarage mit rund 100<br />
wetterfesten Abstellplätzen. Somit wird<br />
die Anreise per Rad aus den Vororten<br />
zur U-Bahn durch sicheres Radparken<br />
erleichtert. Initiiert von der Stadt Wien,<br />
wird die Radgarage im Haltestellengebäude<br />
künftig von der WIPARK Garagen<br />
GmbH betrieben, die damit ihren<br />
10.600 KFZ-Stellplätzen in Wien, Graz<br />
und Budapest die ersten 100 Radabstellplätze<br />
hinzufügt. Ein erster Schritt,<br />
aber da ist noch einiges aufzuholen!<br />
Eröffnung ist für Oktober geplant, Zutritt<br />
wird gegen eine Gebühr von 1 Euro<br />
über eine Schleuse mit Magnetkartenleser<br />
möglich sein.<br />
FOTOS: stan engelbrecht, ablinger, vedral & partner zt gmbh, adam hackney
„Bremsen haBe<br />
ich keine! “<br />
ntAndo FuthelA, StellenBoSCh<br />
Ntando Futhela (16) aus Stellenbosch,<br />
Südafrika, fährt mit seinem Rad täglich<br />
zur Schule. Sein Porträt ist Teil des Fotoprojekts<br />
„Bicycle Portraits“ über afrikanische<br />
Radkultur: bicycleportraits.co.za.<br />
velosophie.at<br />
37
velocity<br />
04 loS AnGeleS<br />
AutometRoPole GoeS<br />
FAhRRAd<br />
L.A. bietet an seinen berühmten Stränden<br />
Platz für Beach-Cruiser und Sand-<br />
Surfer. Dahinter jedoch dominiert das<br />
Automobil eine Stadt, die kaum öffentlichen<br />
Verkehr und nur eine minimale<br />
Zahl von Radfahrenden aufweisen<br />
kann. Nun aber steht der Stadt ein alltagsradfahrender<br />
Bürgermeister vor,<br />
und dieser lässt aufhorchen: 3,2 Millionen<br />
US-Dollar für Radverkehrsmaßnah-<br />
0 men <strong>2010</strong>, 1.600km Radwege in Planung!<br />
Am eigenen Leib hat Mayor Antonio<br />
Villaraigosa unlängst erfahren,<br />
4 dass die Situation für RadfahrerInnen<br />
in L.A. nicht erfreulich ist; er lässt sich<br />
aber auch von einem Gipsarm nicht<br />
vom Weg abbringen. Weiter so!<br />
DO. 16. 9. - SA. 18. 9.<br />
VERRÜCKTE BONUS TAGE<br />
TESTRÄDER UND AUSLAUFMODELLE ZU SONDERPREISEN<br />
1010, Hegelgasse 19 | T +43 (0)1 513 0 514 | Mo-Fr 10:00-19:00 & Sa 10:00-17:00<br />
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FOTOS: ralf hauser, k.c. hohensee, wigand von sassen (lhm)
0<br />
5<br />
05 mÜnChen<br />
humoR VeRmIttelt<br />
SICheRheIt<br />
Der Sicherheitsjoker ist unterwegs! Als<br />
aktionistisch-charmanter Teil der Münchner<br />
<strong>Fahrrad</strong>-Kampagne radelt er durch<br />
die bayrische Hauptstadt und soll auf<br />
positive Weise Aufmerksamkeit für das<br />
Thema Verkehrssicherheit erzeugen. Er<br />
möchte spielerisch helfen, gegenseitige<br />
Vorurteile abzubauen und die Verkehrsteilnehmer<br />
zu einem respektvollen Umgang<br />
miteinander ermuntern. Laut Konzept<br />
belehrt und rügt der himmelblaue<br />
Joker nicht, sondern bestätigt und unterstützt<br />
das Positive, das im Straßenraum<br />
oft zu kurz kommt. Da wünscht velo-<br />
sophie gutes Gelingen, möge auch ihm<br />
selbst die gute Laune nicht ausgehen!<br />
radlhauptstadt.de<br />
Ausbildung zum<br />
Ernährungsvorsorge-Coach<br />
orge Coac<br />
Lernen Sie, wie Sie Menschen Lust<br />
auf gesunde Ernährung machen.<br />
Lehrgangsstart: 20.9.<strong>2010</strong><br />
Ausbildung zum/zur diplomierten<br />
Wellness- und Fitnesstrainer/-in<br />
In den drei Modulen der berufsbegleitenden Ausbildung<br />
eignen Sie sich das notwendige Know-how an, um <strong>als</strong><br />
Wellness- und Fitnesstrainer tätig zu werden.<br />
Lehrgangsstart: 27.9.<strong>2010</strong><br />
Ausbildung zum/zur diplomierten<br />
Kindergesundheitstrainer/-in<br />
Mehr <strong>als</strong> Computer, Fast Food und Fernsehen – der Lehrgang<br />
zeigt Ihnen, wie sie Kinder spielerisch zu einem<br />
gesundheitsbewussten Leben motivieren.<br />
Lehrgangsstart: 1.10.<strong>2010</strong><br />
Information und Anmeldung im Kundenservice:<br />
www.wifi wien.at/kontakt, Tel. 01/476 77-5555,<br />
Währinger Gürtel 97, 1180 Wien en<br />
www.wifiwien.at
veloport<br />
Ktm Gran Pure<br />
Chic Cycling by KTM: Österreichs mit Abstand<br />
größter <strong>Fahrrad</strong>hersteller gibt mit den<br />
Modellen Gran (Komplettausstattung mit<br />
Lichtanlage und Kotflügel) und Gran Pure<br />
(wie schon der Name sagt) ein überraschendes<br />
Statement ab und zeigt, dass frischer<br />
Wind weht durch die Design-Abteilung in<br />
Mattighofen weht. Preis: E 899,–<br />
ktm-bikes.at<br />
40 velosophie.at<br />
Bernds Falttandem<br />
Der deutsche Faltradspezialist Bernds hat<br />
auch einen „Zweisitzer“ im Programm. Der<br />
Stahlrahmen stammt aus eigener Produktion,<br />
das komplette Bike wiegt in der<br />
Grundausstattung unter 20 kg, und das Zusammenfalten<br />
auf ein kompaktes Maß soll<br />
einfach und rasch funktionieren. Auch mit<br />
E-Antrieb und in zahlreichen Ausstattungsvarianten.<br />
Preis: ab E 2.550,–<br />
bernds.de
Bella ciao inGeGnere due<br />
Die klassischen Rahmen für die Bella Ciao-<br />
Räder stammen aus Italien (von einer der<br />
letzten verbliebenen Stahlrahmen-Manufakturen),<br />
die finale Montage findet in Sachsen-<br />
Anhalt statt, die Ingenieurskunst, der kreative<br />
Geist und die Verkaufszentrale haben in<br />
Berlin ihren Sitz. Prädikat: ein stimmiges<br />
Ganzes, einfach schön. Preis: ab E 1.175,–<br />
bellaciao.de<br />
Herbst & zeitlos<br />
kleiner Ausblick Auf dAs ModelljAhr 2011: drei-<br />
MAl design und etwAs für unzertrennliche.<br />
schindelhauer sieGFried<br />
Unlackiertes, gebürstetes Aluminium, profiliertes<br />
Sattelrohr, Singlespeed-Nabe mit Riemenantrieb,<br />
Leder-Sattel und Leder-Griffband<br />
von Brooks – nicht nur velosophie ist<br />
von Siegfrieds Sinnlichkeit angetan, sondern<br />
das waren auch die Jurys vom „reddot design<br />
award“ und vom „BrandNew Award“ der Bike<br />
Expo München. Preis: E 1.295,–<br />
schindelhauerbikes.de<br />
velosophie.at<br />
41<br />
ART: ralf hauser
velostyle<br />
VAuDE uRBAN lifE<br />
Wir widmen uns diesmal Produktneuheiten<br />
der Saison 2011. Darunter sticht die Urban-<br />
Life-Kollektion durch ihren ökologischen Ansatz<br />
und dezent stilvolles Design hervor.<br />
Umweltfreundliche Jacken, Taschen und<br />
Hosen aus Bio-Baumwolle und recycelten<br />
Materialien. Grüne Welle! Preise: ab E 80,–<br />
vaude.com<br />
REDVil illuMiNATE<br />
Atmungsaktiv, windresistent, wasserabweisend?<br />
Praktisch, wichtig, unverzichtbar<br />
für Radfahrjacken. Aber: Jetzt auch mit<br />
Leuchteffekt! Dieses Teil speichert Sonnenstrahlen<br />
und Kunstlicht und gibt es <strong>als</strong><br />
neonfarbiges Glühen bei Nacht ab. Sichtbarkeit<br />
bringt Sicherheit. Preis: E 165,–<br />
redvil.com<br />
42 velosophie.at<br />
TSG KRAKEN<br />
Der erste flexible Helm, der sich der Kopfform<br />
der TrägerInnen anpasst. Die mehrteilige<br />
Innenschale kann vor allem für<br />
extravagante Köpfe die Lösung sein, auch<br />
was das Desigen betrifft: US-Artist David<br />
Flores hat ihn gestaltet. Preis: ab E 58,–<br />
ridetsg.com<br />
BASil SElEcT-SERiE<br />
Die Business-Taschen-Serie von Basil<br />
macht dem radfahrenden Business-Menschen<br />
den Alltag leichter und schöner. Drei<br />
Taschen-Modelle mit cleverer Inneneinteilung:<br />
Messenger, Double und Single Packtasche.<br />
Preise : ab E 49,–<br />
basil.nl<br />
lucKY BASTERDS cAp<br />
Ein Beispiel für die unzähligen kleinen Designershops,<br />
die weltweit ihre Bike Communities<br />
ideenreich beliefern. Barcelona<br />
hat dafür einige feine Beispiele! Darunter<br />
die Lucky Basterds, die schicke, hochqualitative<br />
Kappen anfertigen, auf Anfrage<br />
auch maßgeschneidert. Preis: E 29,–<br />
luckybasterds.wordpress.com<br />
fANfilucA lATz-fATz<br />
Ein Teil mit spitzbübischem Charme und<br />
Stil: Die gute alte Latzhose nun neu erfunden<br />
für Radfahrerinnen. Wasserabweisend,<br />
atmungsaktiv, elastisch. Durch den typischen<br />
Schnitt sind Oberkörper und Nieren<br />
gut windgeschützt, vier Taschen bieten<br />
Raum, und der Gürtel dient <strong>als</strong> Stabilisator<br />
und Eyecatcher. Preis: E 149,95<br />
fanfiluca.de<br />
Mehr unter velosophie.at/kategorie/velogear
Jan Heine, Verleger<br />
Stille vom FeinSten<br />
Kurzfassung einer aussergewöhnlichen Biografie: Von DeutschlanD nach<br />
seattle, unD Dann wirD Das hoBBy zum Beruf.<br />
text MARTIN sTRuBReITeR fotos jeAN-pIeRRe pRAdeRes<br />
man kann in Jan Heines Welt<br />
nicht einfach hineinköpfeln,<br />
man sollte einen kleinen Umweg<br />
nehmen, einen fast vergessenen,<br />
kaum befahrenen mit Aussicht: Reiseräder,<br />
aus allen Jahrzehnten.<br />
Aber nicht die Krapfen aus dem Baumarkt,<br />
sondern die feinen, edlen, leichten,<br />
handgefertigten, die Constructeurs-Räder,<br />
wie sie besonders im<br />
Frankreich der 30er- und 40er-Jahre<br />
perfektioniert wurden. Dam<strong>als</strong> wurden<br />
sogar Constructeurs-Wettbewerbe abgehalten,<br />
und wer das leichteste, robusteste<br />
und feinste Rad an den Start<br />
(und dann auch ins Ziel) brachte, hatte<br />
seinen Ruf wieder etwas gemehrt. Räder,<br />
die mit Gepäcksträgern (ja, meistens<br />
vorne und hinten), Kotflügeln,<br />
Lichtanlage und Gangschaltungen<br />
(meistens auch vorne und hinten) sieben<br />
bis acht Kilogramm wogen, waren<br />
keine Seltenheit, und sie fuhren dennoch<br />
perfekt und hielten durch. Auch<br />
Berge ließen sich niederstemmen: Zwei<br />
Kettenblätter vorne waren guter Standard,<br />
und ihr Größenunterschied nahm<br />
vorweg, was wir heute <strong>als</strong> Kompaktkurbel<br />
schätzen. Auch der Aluminium-<br />
Anteil war auf heutigem Niveau, die<br />
Rahmen ausgenommen, aber auch das<br />
galt nicht lückenlos.<br />
Man fuhr dam<strong>als</strong> mit seinem Reiserad<br />
auf Urlaub (der Anteil an Packtaschen<br />
war hoch), und wenn man sie<br />
daheim benutzte, dann durften sie gerne<br />
<strong>als</strong> Statussymbol aushelfen: Auf<br />
einem Rene Herse fein gekleidet vor<br />
44 velosophie.at<br />
einem Straßencafé vorzufahren, war<br />
ungefähr das, was heute der auf die<br />
Theke gewuchtete Ferrari-Schlüsselanhänger<br />
ist, nur irgendwie nobler.<br />
Jan Heine: „Rene Herse und Alex Singer<br />
waren dam<strong>als</strong> praktisch die Schutzheiligen<br />
der Rahmenbauer, ihre Räder<br />
kosteten in den 40er-Jahren rund drei<br />
Ingenieurs-Monatsgehälter. Heute wären<br />
das rund 10.000 Euro.“<br />
Bevor das Thema jetzt ins Nostalgische<br />
kippt: Die feinen Reiseräder<br />
sind noch immer<br />
unterwegs, heute<br />
in einer wohligen Nische,<br />
und besonders von Japanern<br />
und US-Amerikanern werden die verbliebenen<br />
Construkteure kultisch verehrt.<br />
Alex Singer fertigt noch immer,<br />
wie einst im kleinen Geschäft im Pariser<br />
Vorort Levallois, in der Neuzeit dazugekommen<br />
sind J. P. Weigle in den<br />
USA oder Toei in Japan, und jeder Kunde<br />
bekommt sein <strong>Fahrrad</strong> nach Maß<br />
und nach persönlichen Vorstellungen.<br />
Jan Heines Zeitschrift „Bicycle Quarterly“<br />
passt perfekt zu den Reise-<br />
rädern, die darin in hoher Dichte vorfahren:<br />
Als unaufgeregtes, perfekt recherc<strong>hier</strong>tes,<br />
hoch kompetentes Magazin<br />
bewegt sich die Zeitung trittsicher<br />
in Vergangenheit wie Gegenwart, beantwortet<br />
Fragen, die außer Jan Heine<br />
noch niemand gefunden hat. In der Einleitung<br />
zu einem Interview wurde er<br />
kürzlich <strong>als</strong> „the most important cy-<br />
Jan Heine, ausnahmsweise<br />
neben dem Reiserad statt<br />
drauf. Wer zu den Rennern<br />
um ihn herum mehr wissen<br />
will, kann in einem feinen<br />
Bildband nachlesen und<br />
-schauen, Wegweiser auf der<br />
nächsten Doppelseite.
cling journalist you’ve never heard of“<br />
charakterisiert. Er spürt die Raffinesse<br />
der alten Räder in Praxistests und<br />
mäandernden Berechnungen auf, und<br />
weil die Zeit der Reiseräder längst zeitlos<br />
ist, wurde vor einigen Jahren das<br />
Wort vintage aus dem Titel gestrichen.<br />
Seither ist „Vintage Bicycle Quarterly“<br />
<strong>als</strong> „Bicycle Quarterly“ endgültig in der<br />
Gegenwart angekommen, ohne die Vergangenheit<br />
zu vergessen. Stille Kompetenz,<br />
sozusagen, auf Augenhöhe mit<br />
den Fahrern der feinen Räder.<br />
Jan Heine ist Jahrgang 1968, und sein<br />
Interesse an Fahrrädern ist kaum jünger:<br />
„Ich bin im Rheinland aufgewachsen,<br />
direkt neben einer Rennrad-Trainingsstrecke,<br />
und schon <strong>als</strong> Zehnjähriger<br />
wollte ich Rennfahrer werden. Und<br />
vor allem natürlich bei der Tour de<br />
France mitfahren.“ Die Faszination des<br />
<strong>Fahrrad</strong>es kam aber auf mehreren Ebenen:<br />
„Für mich war Radfahren schon<br />
dam<strong>als</strong> ein Mittel zur Freiheit. Heute<br />
werden die Kids in den USA mit dem<br />
Auto direkt von der Schule abgeholt,<br />
aber wir konnten mit unseren Fahr-<br />
rädern kleine Abstecher machen, von<br />
denen unsere Eltern nichts wussten.“<br />
Natürlich wurde Jan Heine später<br />
Rennfahrer, aber er fuhr nur ungern im<br />
Kreis: „Ich hatte immer Interesse daran,<br />
was hinter dem nächsten Berg liegt.<br />
Daher habe ich früh begonnen, am Wo-<br />
46 velosophie.at<br />
chenende quer durch Deutschland zu<br />
radeln und Freunde zu besuchen, und<br />
nach der Wende bin ich oft die Ostsee<br />
entlang gefahren – auf einer Wellenlänge<br />
mit den französischen Randonneuren,<br />
und die hatten auch die perfekten<br />
Räder dafür. Ein Kriteriumsrennen,<br />
wo man nach der ersten Runde<br />
schon die Strecke kennt, hat mich<br />
schon dam<strong>als</strong> kaum interessiert.“<br />
Jan Heine hat Geologie, Geografie und<br />
Mathematik studiert, bei einem Studienaufenthalt<br />
in den USA 1989 ist er in<br />
Seattle hängengeblieben, das Interesse<br />
für Reiseräder war im Gepäck immer<br />
dabei: „Diese nach Kundenwunschgefertigten<br />
Custom-Bikes waren<br />
immer Kunstwerke,<br />
da sie <strong>als</strong> Einheit<br />
konstruiert und<br />
gefertigt wurden. Für alle<br />
Komponenten wurden spezielle Anlötteile<br />
vorgesehen, damit waren die Randonneur-Räder<br />
stets aus einem Guss<br />
und nicht einfach nur aus Komponenten<br />
zusammengeschraubt.“<br />
Um die Erkenntnisse, Testergebnisse<br />
und Schlussfolgerungen seiner Forschungen<br />
zu bündeln, veröffentlichte<br />
Jan Heine im Sommer 2002 erstm<strong>als</strong><br />
das Vintage Bicycle Quarterly, ein<br />
Hobby, das in Schwung kam wie ein<br />
edles Randonneur-Rad. Die Zeitschrift<br />
wurde schnell quer durch alle Länder<br />
abonniert, wurde dicker und noch ambitionierter,<br />
„und irgendwann hatte ich<br />
die Wahl, sie hauptberuflich zu gestalten<br />
oder wieder einzustellen.“<br />
Statt der Zeitung stellte Jan Heine<br />
lieber seine anderen Jobs ein, und aus<br />
einer Zeitung wurde ein ganzer Verlag,<br />
Vintage Bicycle Press (www.vintagebicyclepress.com).<br />
Das Ziel klingt höchst<br />
sympathisch in einer nach schrillen<br />
Nachrichten hechelnden Welt: „Bicycle<br />
Quarterly soll ein qualitativ hochwertiges<br />
Magazin bleiben, das damit seine<br />
Leser begeistert, ich will davon Leben<br />
können, und der größte Lohn ist sowieso<br />
das Feedback der Leser.“<br />
Die kommen mittlerweile auch von<br />
Büchern – dass das erste des Verlages<br />
„The Golden Age Of Handbuilt Bicycle“<br />
heißt, ist nur logisch, und im jüngsten<br />
sind feine Rennräder mit Geschichte<br />
dran, eine Kurzkritik steht nebenan.<br />
Die Fotografie zum Buch zerkleinerte<br />
eineinhalb Jahre, aber es gibt kaum Fotos<br />
von Jan Heine selbst, was er locker<br />
erklären kann: „Es ist ja selten ein Fotograf<br />
dabei, wenn ich Rad fahre.“<br />
Wie gesagt, Jan Heine fährt gerne viel<br />
– aber in aller Stille, schließlich sollen<br />
die Straßen zu seinen Rädern passen. vs<br />
Vintage Bicycle Quarterly heißt<br />
jetzt nur mehr Bicycle Quarterly,<br />
damit haben alle Jahrzehnte<br />
Platz. Die wunderbar<br />
stille und kompetente Zeitschrift<br />
ist ein feines Statement<br />
gegen schrillen, oberflächlichen<br />
Journalismus.
Zu Tode restaurierte Siegerräder kamen<br />
für Jan Heine und Fotograf Jean-Pierre<br />
Pradères nicht in Frage. In diesem Buch<br />
sollte jedes Rad die Authentizität längst<br />
zerronnener Zeiten ausstrahlen, die<br />
Spuren des Siegens in die Gegenwart<br />
tragen, in der die Räder längst <strong>als</strong> Liebhaberstücke<br />
stehen. Jan Heine: „Und<br />
wenn doch restaurierte Stücke zu sehen<br />
sind, dann ist die Geschichte dieses<br />
<strong>Fahrrad</strong>es so außergewöhnlich, dass<br />
wir nicht darauf verzichten wollten.“<br />
Und außergewöhnlich ist die Geschichte<br />
des Radsports sowieso. Von den Tagen<br />
des Hochrades an wurden damit<br />
Wettkämpfe ausgetragen, es gab skurrile,<br />
zeitlose Seitengassen wie das Dursley-Pedersen,<br />
Luftfahrt-Technologie bei<br />
den ersten Alurahmen – und langsam<br />
emanzipierten sich die Rennräder durch<br />
geringes Gewicht, feine Konstruktion<br />
und insgesamt edlere Ausführung von<br />
den meisten anderen Fahrrädern. Wobei<br />
nicht alle dem klassischen Netzhautmuster<br />
eines Rennrades entsprechen:<br />
Auch die Zeitungskuriere in Paris, beispielsweise,<br />
fuhren Rennen, und ihre<br />
Porteurs-Räder trugen rund 15 Kilo-<br />
Jan Heine: Die Räder der<br />
Sieger. Eine fotografische<br />
Zeitreise. Mit Fotografien von<br />
Jean-Pierre Pradères. Covadonga<br />
Verlag, Bielefeld.<br />
Die deutsche <strong>Ausgabe</strong> erschien<br />
im Jahr 2009. 176 Seiten,<br />
Hardcover, 39,80 Euro,<br />
ISBN 978-3-936973-46-4<br />
Erhältlich ist das Buch unter<br />
covadonga.de, oder bei<br />
Vintagebicyclepress (vintagebicyclepress.com)<br />
oder bei<br />
fahrradbuch.de<br />
JAN HEINE: DIE RÄDER DER SIEGER<br />
RäDER mIT GEScHIcHTE qUER DURcH DIE GEScHIcHTE, Vom 1880ER HocH-<br />
RAD BIS ZU ToNy RomINGERS STUNDENWELTREKoRD 1994.<br />
gramm Zeitungen am schon unbeladen<br />
eher breiten Gepäcksträger.<br />
Die Räder der Sieger ist die rare Kombination<br />
eines Bilderbuches, das auch<br />
beim Text in die Tiefe geht, das mit der<br />
Hartnäckigkeit der Liebenden recherc<strong>hier</strong>t<br />
wurde, und man darf sich diese<br />
Recherche ruhig etwas umfangreicher<br />
vorstellen: Inklusive Fotografie dauerte<br />
sie eineinhalb Jahre, dabei wurden<br />
praktisch aus dem LKW heraus vier<br />
Fotostudios in Frankreich aufgebaut, eines<br />
in Italien, und die Räder aus den<br />
USA wurden mit viel Überredungskunst<br />
ins Studio in Seattle gebeten. Fotografiert<br />
wurde in Europa <strong>als</strong>o in einem<br />
Schloss oder in Scheunen, einmal sogar<br />
in einer offenen Garage. Weil dort<br />
zu viel Tageslicht dazukam, entstanden<br />
die Fotos bei Nacht, und keiner der<br />
Nachbarn traute sich nach dem Grund<br />
des Blitzens in der Garage fragen.<br />
Noch aufwändiger <strong>als</strong> das Fotografieren<br />
war die Auswahl davor: Nicht alle<br />
Räder, die <strong>als</strong> echte Siegermaschinen<br />
von ihren Besitzern präsentiert werden,<br />
sind auch solche. Wie bei anderen<br />
Kunstwerken gibt’s auch <strong>hier</strong> Fälschun-<br />
gen, und manche sind besser <strong>als</strong> die anderen.<br />
Jan Heine: „Von fast jedem Bianchi<br />
aus den 50er Jahren mit Rahmenhöhe<br />
59 cm wird heute behauptet, dass garantiert<br />
Fausto coppi damit gefahren ist. Natürlich<br />
entlarvten auch wir einige Fälschungen,<br />
wobei die heutigen Besitzer<br />
meistens gar nicht wussten, dass ihr Rad<br />
nicht das echte Siegerrad war.“<br />
Zu den aktuellen, kunstvoll reduzierten<br />
und technisch perfekten Fotos gibt’s zeitgenössische<br />
Aufnahmen von dam<strong>als</strong>. Und<br />
einen Text, der den Renner zurückhebt in<br />
die damalige Zeit und in seine Koordinaten<br />
stellt, denn auch die Rennen selbst<br />
sind mit der Zeit gereift: „Die Rennen haben<br />
die Technik der Fahrräder beeinflusst,<br />
und umgekehrt hat auch die Technik die<br />
Rennen mitgezeichnet. Früher waren die<br />
Strecken deutlich länger, und selbst an<br />
der Spitze kamen die Fahrer mit großen<br />
Abständen ins Ziel. Daher waren auch<br />
andere Übersetzungen nötig und andere<br />
Rahmengeometrien.“<br />
man lässt sich beim Genießen des Buches<br />
<strong>als</strong>o gerne mehr Zeit, <strong>als</strong> sich die<br />
Rennfahrer früher und ganz früher auf ihren<br />
maschinen nehmen durften.
veloart<br />
48 velosophie.at<br />
MATT W. MOORE<br />
Art Decocyclique<br />
Farbenfroh-geometrisches Artwork<br />
zeichnet den Stil vom Matt Moore aus,<br />
„Vectorfunk“ nennt er dieses ausgeprägte<br />
Merkmal selbst. Matt arbeitet in seinem<br />
Studio MWM Graphics in Portland,<br />
Maine quer durch alle Disziplinen, von digitaler<br />
Illustration über großformatige<br />
Gemälde hin zu gesprayten Wandmalereien<br />
und Shirt-Design. Radfahren war<br />
für ihn immer ein zentraler Teil seines<br />
Lebens. Nachdem er gestalterisch auf<br />
Skateboards, Snowboards, Surfboards<br />
und Skiern tätig war, lag <strong>als</strong> nächstes Objekt<br />
das <strong>Fahrrad</strong> nahe. Für die Momentum<br />
Exhibition in Cambridge, Massachusetts,<br />
fertigte Matt im Jahr 2009 fünf<br />
handbemalte Bahnrad-Rahmen in seiner<br />
typischen, klaren Farbensprache. Großformatige<br />
Bilder ergänzten die Schau,<br />
diese sorgen seither für Furore unter<br />
Radkunst-Aficionados. Die Bucht rund<br />
um Portland bietet ihm prachtvolle Strecken<br />
zum täglichen Radfahren, Spaß und<br />
Training stehen dabei für ihn im Vordergrund.<br />
Anders <strong>als</strong> bei seinen nächtlichen<br />
Ausflügen nach Downtown: „Drunk cycling!“<br />
Matts Botschaft an die velosophie-<br />
Leserschaft lautet: „Falls irgendjemand<br />
sagt, <strong>Fahrrad</strong>kultur wäre nur ein Trend,<br />
erinnert diese Leute daran, dass ihr und<br />
der Rest der Welt eigentlich schon ewig<br />
Rad fährt!“ mwmgraphics.com<br />
Matt Moore stellt in Wien bei ART CYCLE<br />
VIENNA im Rahmen des BFF <strong>2010</strong> aus:<br />
Galerie Inoperable, 16.9.–9.10.<br />
ART: matt w. moore
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Foto: Olaf Beck
veloverse<br />
In der Stadt, in der ich lebe, gibt es viele<br />
Radwege. Manchmal, wenn ich es nicht<br />
eilig habe, benutze ich sie. Ich habe es<br />
selten nicht eilig, und diesem Umstand<br />
ist wohl meine ungebrochene körperliche<br />
Unversehrtheit geschuldet, ja ich<br />
blühe wie eine Bohne im Mai. Das durchschnittliche<br />
Rest-Lebensalter eines Menschen<br />
fällt nämlich ins Bodenlose, benützt<br />
er einen Radweg in dieser Stadt<br />
und hat es eilig.<br />
Manche Radwege kann nur der Bocksfüßige<br />
persönlich entworfen haben beziehungsweise<br />
sein klappriger Kumpan, Gevatter<br />
Tod: Radwege, die am rechten<br />
Straßenrand geführt diagonal in die Mitte<br />
verschwenkt werden, um zu seiner<br />
Rechten Platz für eine Rechtsabbiegespur<br />
der Vierrädrigen zu machen. Der<br />
Rechtsabbieger von Welt schneidet nämlich<br />
erst im letzten Moment nach rechts,<br />
idealerweise mitten durch den Radfah-<br />
50 velosophie.at<br />
… fährt durch die Stadt<br />
rer durch. Das Land, in dem ich jetzt lebe,<br />
funktioniert nach der Grundregel:<br />
Links fahren, rechts wählen, scheiß der<br />
Hund drauf! Da darf sich keiner wundern.<br />
Noch so eine Spezialität: Radwege, die<br />
Gleiskörper queren. Dauerbimmelnde<br />
Bimfahrer haben wir ja schon in der letzten<br />
Folge besprochen. Heimtückischer<br />
noch sind die stummen Fallen: Schienen<br />
und Weichen leicht schräg zur Fahrtrichtung,<br />
Vorderräder fressende Monster.<br />
Und hinterher, während man sich aus<br />
den Schienen wurschtelt: Bimbim!<br />
Auch nicht schlecht: Dort, wo besonders<br />
viele Radfahrer von Rädern zermalmt<br />
worden sind, lackiert man roten Lack hin.<br />
Das hat einerseits natürlich den Vorteil,<br />
dass man das Blut des nächsten Gestürzten<br />
nicht mehr so gut sieht, andererseits<br />
den Nachteil, dass der Verkehr (bis auf<br />
besonders rücksichtslose Gestalten)<br />
durch die am Boden liegenden Radfah-<br />
rer behindert wird, besonders bei Nässe.<br />
Aus dem Physikbuch für Radwegplaner:<br />
Lack ist rutschig! (Quod erat demonstrandum).<br />
Dann gibt’s da noch die Radwege aus<br />
dem Rätselheft, Abteilung Irrgarten.<br />
Statt einmal links abzuzweigen wird<br />
man um den gesamten Block geschickt,<br />
rechts-rechts-rechts. Und dann ist die<br />
Ampel rot, eh klar. Oder die, die irgendwo<br />
versickern. Oder die gegen Einbahnen,<br />
wo Lieferwagen so gern drauf parken.<br />
Oder, oder, oder.<br />
Wenn ich Zeit habe, geb ich mir den ganzen<br />
Wahnsinn. Wenn ich dabei für die<br />
gesamte Stadt mitdenke, komme ich<br />
auch irgendwann im Ganzen dort an, wo<br />
ich hin will. Für Schnelligkeit, Sicherheit<br />
und Effizienz benutze ich die Straße.<br />
Schneller <strong>als</strong> die Blechschlangen dort bin<br />
ich – außer vielleicht um Mitternacht –<br />
allemal.<br />
ART: silke schmidt – silkeundich.de
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