Hautparasiten in der Arbeitswelt - Ärztekammer Schleswig-Holstein
Hautparasiten in der Arbeitswelt - Ärztekammer Schleswig-Holstein
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<strong>Hautparasiten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Arbeitswelt</strong>: Läuse<br />
He<strong>in</strong>z Mehlhorn<br />
Zusammenfassung<br />
Ektoparasiten, die sich von <strong>der</strong> Haut o<strong>der</strong> dem<br />
Blut ihrer Wirte ernähren, werden leicht <strong>in</strong> Arbeitsgruppen<br />
e<strong>in</strong>geschleppt, können sich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
jeweiligen E<strong>in</strong>richtung vermehren und dann auf<br />
Außenstehende - u. a. Ärzte, Pflege- und E<strong>in</strong>satzpersonal<br />
- übertreten und dann sogar zum<br />
kurzfristigen Ausschluss vom Arbeitsplatz führen.<br />
Dies gilt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für Läuse, Krätzemilben<br />
sowie Flöhe. E<strong>in</strong>er <strong>der</strong> wichtigsten Vertreter<br />
dieser Gruppen, die Läuse, werden hier vorgestellt<br />
und dabei <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auf notwendige<br />
Bekämpfungsmaßnahmen h<strong>in</strong>gewiesen.<br />
Stichwort:<br />
Läuse, Hautsymptome, Diagnose, Prophylaxe,<br />
Bekämpfung.<br />
Abb. 1: Lichtmikroskopische Aufnahme (LM) e<strong>in</strong>es<br />
Kopflaus-Weibchens (mit durchsche<strong>in</strong>endem Ei)<br />
E<strong>in</strong>leitung<br />
Die Haut des Menschen mit se<strong>in</strong>er fe<strong>in</strong> verästelten<br />
Blutversorgung ist äußerst attraktiv für blutsaugende<br />
und gängegrabende Arthropoden.<br />
Durch die mechanische Aktivität ihrer Mundwerkzeuge<br />
entstehen Wunden. H<strong>in</strong>zu kommt<br />
die Injektion von Speichel, <strong>der</strong> lytische, antikoagulierende<br />
und anästhetische Komponenten<br />
enthält, die ihrerseits wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>e personenspezifische<br />
Kaskade von allergischen Reaktionen<br />
auslösen und z. T. zu heftigen, mit schmerzhaftem<br />
Juckreiz verbundenen Krankheitssymptomen<br />
führen (Mumcuoglu und Rufli 1983,<br />
Mehlhorn 2001) kann. Wird die Wunde noch<br />
mediz<strong>in</strong> und wissenschaft<br />
von Bakterien - z. B. beim Kratzen - super<strong>in</strong>fiziert,<br />
können sogar massive Entzündungen o<strong>der</strong><br />
gar Sepsis drohen. Charakteristisch ist, dass sich<br />
solche Ektoparasiten zunächst nur schleichend<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gruppe ausbreiten und von den e<strong>in</strong>zelnen<br />
Personen - häufig aus Scham - geheimgehalten<br />
werden, bis schließlich viele Mitglie<strong>der</strong><br />
von Arbeitsgruppen bzw. von „Insassen“ von<br />
Heimen, Anstalten, Wohnheimen etc. gleichzeitig<br />
befallen s<strong>in</strong>d und ggfs. von <strong>der</strong> Arbeit suspendiert<br />
bzw. <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Gruppe isoliert werden<br />
müssen. Läuse, Flöhe und Krätzemilben<br />
(Mehlhorn B. und Mehlhorn H. 2001, Mehlhorn<br />
und Piekarski 2003) gehören zu den wichtigsten<br />
Angreifern und sollen daher hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en<br />
Reihe näher betrachtet werden. Thema<br />
dieses Berichtes s<strong>in</strong>d die Läuse, wobei beim<br />
Menschen drei Arten von Läusen auftreten,<br />
und zwar ausschließlich bei ihm (ohne tierisches<br />
Reservoir).<br />
Kopfläuse<br />
Pediculus humanus capitis wird maximal etwa<br />
3,5 mm lang. Diese Laus ersche<strong>in</strong>t je nach Saugzustand<br />
hell- bis dunkelbraun und verankert<br />
sich mit ihren sechs Klammerbe<strong>in</strong>en an den<br />
Haaren des Kopfes (Abb. 1, 2). Kopfläuse s<strong>in</strong>d<br />
äußerst beweglich und halten sich im Normalfall<br />
<strong>in</strong> unmittelbarer Nähe <strong>der</strong> Kopfhaut auf. Lediglich<br />
nach den <strong>in</strong> Abständen von etwa zwei<br />
bis drei Stunden erfolgenden Saugakten von<br />
nur 8-15 M<strong>in</strong>uten wan<strong>der</strong>n die Kopfläuse an die<br />
Haarspitzen. In dieser sehr kurzen Zeit können<br />
sie von dort aus bei Haarkontakt auf an<strong>der</strong>e<br />
Personen übertreten und sich dort ebenfalls ansiedeln.<br />
Die Weibchen legen <strong>in</strong> ihrem etwa e<strong>in</strong>monatigen<br />
Adultleben etwa 150 maximal e<strong>in</strong><br />
Millimeter lange Eier, die sie mit e<strong>in</strong>er wasserlöslichen<br />
Substanz <strong>in</strong> die Haare kleben (Abb.<br />
2). In diesen mit e<strong>in</strong>em porösen Deckel versehenen<br />
sog. Nissen wächst oft b<strong>in</strong>nen sechs bis<br />
acht Tagen (manchmal aber auch erst nach<br />
zehn Tagen) die Larve heran, welche sofort<br />
nach dem Schlüpfen mit dem Blutsaugen beg<strong>in</strong>nt<br />
und über drei Häutungen <strong>in</strong> weiteren acht<br />
bis neun Tagen die Geschlechtsreife als Männchen<br />
o<strong>der</strong> Weibchen erreicht. Somit dauert e<strong>in</strong>e<br />
Generation nur etwa 15-20 Tage, e<strong>in</strong>e massive<br />
Vermehrung kann daher sehr schnell erfol-<br />
<strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>isches Ärzteblatt 1/2007 53
mediz<strong>in</strong> und wissenschaft<br />
54<br />
gen. Kopfläuse<br />
überleben bei<br />
Zimmertemperaturen<br />
das<br />
eher seltene<br />
„Fallen vom<br />
Wirt“ nur für<br />
kurze Zeit - es<br />
gab schon<br />
Schwierigkeiten,<br />
sie nach<br />
„Kämmaktionen“<br />
<strong>in</strong> Schu-<br />
Abb. 2: Rasterelektronenmikroskopische<br />
(REM) Aufnahme e<strong>in</strong>es Eis <strong>der</strong><br />
Kopflaus, das an e<strong>in</strong>em Haar klebt Univ.-Prof. Dr. He<strong>in</strong>z<br />
len lebend <strong>in</strong>s Institut zu den Medikationstests<br />
zu br<strong>in</strong>gen. Daher s<strong>in</strong>d Übertragungen ohne<br />
Haar-Haar-Kontakt sicher seltene Ereignisse.<br />
Maßnahmen zur Re<strong>in</strong>igung von Räumen, Geräten,<br />
Teppichen etc. s<strong>in</strong>d bei auftretendem Kopflausbefall<br />
absolut nachrangig - sofern überhaupt<br />
notwendig.<br />
Die Bekämpfung <strong>der</strong> Kopfläuse muss somit dort<br />
erfolgen, wo sie schädigen, nämlich auf dem<br />
Kopf. Das Leitsymptom e<strong>in</strong>es Kopflausbefalls ist<br />
Pruritus. Hierbei handelt es sich um e<strong>in</strong>e allergische<br />
Reaktion, die erst nach mehreren Tagen<br />
e<strong>in</strong>tritt und dann ihre Intensität ständig steigert.<br />
Zunächst f<strong>in</strong>det man kle<strong>in</strong>e, nicht-entzündliche<br />
blassblaue Flecken auf <strong>der</strong> Kopfhaut,<br />
die von den Franzosen auch als „tâches bleues“<br />
bezeichnet werden. Dann folgen nach etwa e<strong>in</strong>er<br />
Woche urtikarielle Ersche<strong>in</strong>ungen mit Quaddeln,<br />
auch können Vesikel entstehen. Werden<br />
beim Kratzen Bakterien <strong>in</strong> die Stichstelle e<strong>in</strong>gerieben,<br />
kann dies zu Ekzemen mit starker Exsudatbildung<br />
und Haarverklebungen führen. Dieses<br />
zusammen bee<strong>in</strong>trächtigt das Wohlbef<strong>in</strong>den<br />
<strong>der</strong> Betroffenen erheblich und führt oft zu psychischen<br />
Problemen - zumal Läusebefall <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
heutigen Gesellschaft tabuisiert ist und vielfach<br />
mit „unsauber, schmuddelig“ gleichgesetzt wird.<br />
Letztlich wird dieses Vorurteil durch den aktuellen<br />
Stand des gesetzlichen Umgangs mit Läuseträgern<br />
<strong>in</strong> öffentlichen E<strong>in</strong>richtungen begünstigt.<br />
So for<strong>der</strong>t die aktuelle Fassung des Infektionsschutzgesetzes<br />
den Ausschluss läusebefallener<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> o<strong>der</strong> Erwachsener von Geme<strong>in</strong>schaftse<strong>in</strong>richtungen<br />
„bis Läusefreiheit“ gegeben ist.<br />
Aber letztere ist nicht o<strong>der</strong> nur „verwaschen“<br />
geregelt - sie soll <strong>der</strong> Arzt besche<strong>in</strong>igen. Das<br />
<strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>isches Ärzteblatt 1/2007<br />
kann er aber nach e<strong>in</strong>er Läusekur nicht guten<br />
Gewissens tun, weil eben immer Nissen - wenn<br />
auch meist leer - übrig bleiben und nur langsam<br />
mit den Haaren auswachsen. Daher haben e<strong>in</strong>ige<br />
Gesundheitsämter pragmatische Lösungen<br />
getroffen: Wird den Behörden aus e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung/Arbeitsstätte<br />
Läusebefall gemeldet, so<br />
verlangen diese vom<br />
Leiter <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung/Arbeitsstätte<br />
etc., dass die betroffe-<br />
Mehlhorn studierte Biologie<br />
und Chemie <strong>in</strong> Bonn,<br />
ist Mitarbeiter bei Gerhard<br />
Piekarski und habilitiert<br />
1975 <strong>in</strong> Düsseldorf. Zwei<br />
Jahre später erfolgt die Ernennung<br />
zum Professor für<br />
Parasitologie. Seit 1981 ist<br />
er Chefeditor <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Zeitschrift „Parasitology<br />
Research“. Von 1991 bis 1995 ist er Präsident <strong>der</strong> deutschen<br />
Gesellschaft für Parasitologie und Präsident <strong>der</strong><br />
Weltgesellschaft für Protozoologie. Er übernimmt mehrere<br />
Gastprofessuren im Ausland und leitet Forschungsexpeditionen<br />
<strong>in</strong> Afrika und Asien. Im Jahre 2000 beteiligt er<br />
sich an <strong>der</strong> Jahrtausendexpedition des Alfred-Wegener-<br />
Institutes für Polarforschung <strong>in</strong> die Antarktis. Durch zahlreiche<br />
Fernsehbeiträge über Parasiten und ihre Bekämpfung<br />
wird er e<strong>in</strong>em breiten Publikum bekannt. Er ist Lehrstuhl<strong>in</strong>haber<br />
und Leiter des Instituts für Zoomorphologie,<br />
Zellbiologie und Parasitologie an <strong>der</strong> He<strong>in</strong>rich-He<strong>in</strong>e-Universität<br />
Düsseldorf. (Fotos: Praktische Arbeitsmediz<strong>in</strong>)<br />
nen Personen e<strong>in</strong>e Besche<strong>in</strong>igung vorlegen, <strong>in</strong><br />
welcher sie nachweisen, dass e<strong>in</strong>e Behandlung<br />
mit e<strong>in</strong>em Läusemittel erfolgt ist und dass diese<br />
im Wochenabstand zweimal wie<strong>der</strong>holt wird.<br />
Danach kann die vormals befallene Person sofort<br />
wie<strong>der</strong> die E<strong>in</strong>richtung/Arbeitsstätte betreten,<br />
obwohl sich <strong>der</strong> Infektionsherd - oft noch<br />
unentdeckt - dort aufhält.<br />
Bei Antiläusemitteln ist oft guter Rat im Worts<strong>in</strong>ne<br />
„teuer“, denn die registrierten Mittel s<strong>in</strong>d<br />
im Preis recht hoch, zeigen zudem z. T. Ausfälle<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirkung (Sendzik und Stahlmann 2005).<br />
Dies gilt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für e<strong>in</strong>ige vollmundig angepriesene<br />
Natur- o<strong>der</strong> Hausmittel. Gängige zugelassene<br />
Anti-Läusemittel s<strong>in</strong>d z. B. Jacut<strong>in</strong> ® -<br />
N-Spray auf Allethr<strong>in</strong>basis, Infectopedicul ® ,<br />
welches Permethr<strong>in</strong> enthält, und Goldgeist ® forte<br />
mit Pyrethrum-Extrakt. Manche von ihnen<br />
zeigen neben immer wie<strong>der</strong> berichtetem Nicht-
Abb. 3: Adultes Weibchen <strong>der</strong> Klei<strong>der</strong>laus, das Eier am<br />
Gewebe befestigt hat<br />
wirken Probleme mit <strong>der</strong> Akzeptanz bei den Betroffenen:<br />
Sie kleben und/o<strong>der</strong> riechen unangenehm.<br />
Viele Naturprodukte haben - wie Tests<br />
zeigten - ke<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> nur e<strong>in</strong>e limitierte Wirkung.<br />
Enthalten sie zudem noch höhere Anteile<br />
aetherischer Öle, besteht die Gefahr von allergischen<br />
Reaktionen. Bei zwei Produkten - Paranix<br />
® und Wash Awa ® - liegen kl<strong>in</strong>ische Untersuchungen<br />
zur Wirksamkeit und Verträglichkeit<br />
vor. Der Geruch ist angenehm, und <strong>der</strong> Preis 1<br />
(auch <strong>in</strong> Apotheken) schont den Geldbeutel,<br />
denn bei Läusebefall sollten stets alle Kontaktpersonen<br />
mitbehandelt werden. Für die Prophylaxe<br />
ist es auf jeden Fall erfor<strong>der</strong>lich, die „Quelle<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>schleppungen“ zu f<strong>in</strong>den und diese<br />
Person zu behandeln. Da Nissen nur bed<strong>in</strong>gt abgetötet<br />
werden und manche Haarbereiche bei<br />
<strong>der</strong> Behandlung versehentlich nicht mit dem<br />
Mittel bedeckt werden, sodass die dortigen Läuse<br />
überleben, ist jedenfalls e<strong>in</strong>e m<strong>in</strong>destens<br />
zweimalige Anwendung <strong>der</strong> Kur angeraten. Der<br />
verordnende Arzt muss dem Patienten Selbstbewusstse<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>flößen, denn „Läuse kann je<strong>der</strong> bekommen“.<br />
Klei<strong>der</strong>läuse<br />
Pediculus humanus corporis - wird mit max. 4,5<br />
Millimeter Länge signifikant größer als die<br />
Kopflaus, mit <strong>der</strong> sie <strong>in</strong> Experimenten aber<br />
Nachkommen zeugen kann (Abb. 3). Die Trennung<br />
<strong>der</strong> beiden Rassen <strong>in</strong> eigene Arten sche<strong>in</strong>t<br />
<strong>in</strong> vollem Gange und wird offenbar stimuliert<br />
durch die Bevorzugung <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />
Temperatur <strong>in</strong> bestimmten Körperbereichen<br />
(Kopf/Körper/Kleidung). Im Gegensatz zur<br />
Kopflaus tritt die Klei<strong>der</strong>laus heute <strong>in</strong> Deutsch-<br />
mediz<strong>in</strong> und wissenschaft<br />
Abb. 4: Augenbraue e<strong>in</strong>er Frau mit Nissen und Larven<br />
e<strong>in</strong>er Filzlaus<br />
land nur fokal nach E<strong>in</strong>schleppung auf (meist<br />
aus Osteuropa, Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> ehemaligen Sowjetunion<br />
und Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Dritten Welt). Dennoch<br />
muss dem Auftreten <strong>der</strong> Klei<strong>der</strong>laus beson<strong>der</strong>e<br />
Aufmerksamkeit gelten, weil sie e<strong>in</strong>e<br />
Reihe von Beson<strong>der</strong>heiten auszeichnet:<br />
1. Klei<strong>der</strong>läuse übertragen im Gegensatz zu<br />
Kopf- und Filzläusen potenziell bedeutende<br />
Krankheitserreger - z. B. per Kot die Erreger<br />
des Flecktyphus (Rickettsia prowazeki).<br />
2. Klei<strong>der</strong>läuse können viel länger ohne Blutmahlzeit<br />
auskommen als Kopfläuse - zehn Tage<br />
werden oft - bei niedrigen Raumtemperaturen<br />
(0-10° C) - überlebt.<br />
3. Räume, <strong>in</strong> denen Personen mit Klei<strong>der</strong>läusen<br />
wohnten, müssen daher regelrecht entwest<br />
werden o<strong>der</strong> für m<strong>in</strong>destens acht bis zehn Tage<br />
leer bleiben.<br />
4. Die Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt<br />
zudem beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>tensiv durch Nutzung<br />
geme<strong>in</strong>samer Kleidung und/o<strong>der</strong> Betten<br />
und nicht nur bei Haar- bzw. Körperkontakt.<br />
5. Die Lebensdauer adulter Weibchen kann bis<br />
zu zwei Monate betragen - die Eizahlen erreichen<br />
dann oft 300.<br />
6. Die Symptomatik e<strong>in</strong>es Befalls mit Klei<strong>der</strong>läusen<br />
zeichnet sich durch folgende Symptome/Befunde<br />
aus:<br />
a) Erst hellrote, später bläuliche Stichstellen für<br />
drei bis acht Tage mit starkem Juckreiz.<br />
b) Danach treten Papeln auf, die bei Zerkratzen<br />
super<strong>in</strong>fiziert werden.<br />
<strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>isches Ärzteblatt 1/2007 55
mediz<strong>in</strong> und wissenschaft<br />
56<br />
c) Lichenfikation und Impetig<strong>in</strong>isation können<br />
folgen.<br />
7. Die Bekämpfung <strong>der</strong> Klei<strong>der</strong>laus hat daher <strong>in</strong><br />
drei simultanen Schritten zu erfolgen:<br />
a) Vernichtung <strong>der</strong> Läuse auf dem Körper durch<br />
entsprechende Mittel (hierbei bieten sich<br />
z. B. die beiden gut verträglichen, oben erwähnten<br />
Naturshampoos an).<br />
b) Entfernung von Nissen aus <strong>der</strong> meist spärlichen<br />
Körperbehaarung.<br />
c) Re<strong>in</strong>igung/Waschen <strong>der</strong> Kleidung bei 60° C<br />
und Kochen <strong>der</strong> Bettwäsche.<br />
d) Entwesung <strong>der</strong> Räume durch erfahrene<br />
Schädl<strong>in</strong>gsbekämpfer - ggf. sollte e<strong>in</strong>e zusätzliche<br />
Raumquarantäne durch Nichtbenutzung<br />
erfolgen.<br />
8. Die Meldemaßnahmen bei Klei<strong>der</strong>lausbefall<br />
s<strong>in</strong>d strenger durchzuführen als bei Kopfläusen,<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e ist festzustellen, ob die mit<br />
Klei<strong>der</strong>läusen befallenen Personen nicht bereits<br />
mit entsprechenden übertragbaren Erregern<br />
<strong>in</strong>fiziert s<strong>in</strong>d.<br />
Abb. 6: REM-Aufnahme e<strong>in</strong>er Filzlaus<br />
Filzläuse Phthirus pubis ist mit 1,3-1,6 Millimeter<br />
Größe die kle<strong>in</strong>ste aller Läuse des Menschen<br />
und unterscheidet sich deutlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> äußeren<br />
Gestalt von Kopf- und Klei<strong>der</strong>läusen. So s<strong>in</strong>d<br />
Filzläuse, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schambehaarung (oft auch<br />
unter den Achseln, wie auch auf den Wimpern)<br />
vorkommen (Abb. 4, 5, 6) relativ leicht zu erkennen.<br />
Trotz ihrer im Vergleich mit <strong>der</strong> Klei<strong>der</strong>laus<br />
ger<strong>in</strong>geren Körpergröße s<strong>in</strong>d die Filz-<br />
lauseier (Nissen)<br />
ebenso groß o<strong>der</strong><br />
gar größer, erreichen<br />
sie doch stets<br />
e<strong>in</strong>en Millimeter<br />
Länge (Abb. 4).<br />
Die Poren im Deckel<br />
(Mikropylen)<br />
liegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
pyramidenförmig<br />
angeordneten Bereich.<br />
Die Entwicklung<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Nisse und als saugende<br />
Larve dauert<br />
bis zum ge-<br />
<strong>Schleswig</strong>-Holste<strong>in</strong>isches Ärzteblatt 1/2007<br />
Abb. 5: LM-Aufnahme e<strong>in</strong>er Filzlaus<br />
schlechtsreifen Tier ungefähr 22-27 Tage. Die<br />
Weibchen legen <strong>in</strong> ihrer Lebenszeit täglich e<strong>in</strong><br />
bis drei Eier - also total etwa 40-50, die sie ebenfalls<br />
wie die an<strong>der</strong>en Läuse, auch an Wimpern<br />
festkitten (Abb. 4). Sie saugen alle zwei Stunden<br />
für 10-20 M<strong>in</strong>uten Blut, das allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />
lange vorhält, sodass sie ohne Nahrung (auf<br />
dem Boden bei Zimmertemperatur) b<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong><br />
bis zwei Tagen sterben. Die Filzläuse können im<br />
Schamhaar e<strong>in</strong>e sehr große Dichte erreichen,<br />
welche ihnen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>der</strong> beim Geschlechtsakt<br />
oft stattf<strong>in</strong>denden Übertragung im<br />
französischen Sprachgebrauch den Namen „papillon<br />
d’amour“ (Liebesschmetterl<strong>in</strong>g) e<strong>in</strong>gebracht<br />
hat. Die Stiche <strong>der</strong> Filzlaus - alle Stadien<br />
saugen Blut - führen zunächst zu e<strong>in</strong>em stecknadelkopfgroßen<br />
rötlichen Punkt. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
bleiben an<strong>der</strong>e Hautreaktionen relativ ger<strong>in</strong>g -<br />
lediglich <strong>der</strong> Juckreiz ist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Stärke mit den<br />
Kopf- bzw. Klei<strong>der</strong>lausstichen vergleichbar. Filzläuse<br />
wie auch Kopfläuse übertragen im Allgeme<strong>in</strong>en<br />
ke<strong>in</strong>e Krankheitserreger.<br />
Die Bekämpfung <strong>der</strong> Filzläuse beschränkt sich<br />
wegen <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>gen Überlebenszeit ohne den<br />
Wirt im Wesentlichen auf das Waschen befallener<br />
Personen mit Antiläuseshampoo und das<br />
Kochen <strong>der</strong> Bettwäsche.<br />
Achtung: Alle Läusearten des Menschen zeigen<br />
das Phänomen, dass sie bei Abkühlung <strong>der</strong> Oberfläche<br />
des Körpers (z. B. Sterbevorgang, Operationen<br />
etc.) o<strong>der</strong> bei starkem Fiebern den Wirt<br />
schnell verlassen und dann leicht auf Pflegeo<strong>der</strong><br />
ärztliches Personal übertreten.
Daher gilt als Prophylaxe gegen e<strong>in</strong>en Befall mit<br />
allen Läusearten, dass<br />
a) <strong>der</strong> unmittelbare Körperkontakt zu befallenen<br />
Personen zu vermeiden ist,<br />
b) niemals die Wäsche Befallener ohne Des<strong>in</strong>fektion<br />
(z. B. Waschen bei m<strong>in</strong>destens 60° C)<br />
getragen werden soll,<br />
c) das Bett Befallener ohne ausreichende Re<strong>in</strong>igung<br />
und Des<strong>in</strong>fektion nicht benutzt werden soll,<br />
unsere nachbarn<br />
d) niemals geme<strong>in</strong>same Kämme o<strong>der</strong> Haarbürsten<br />
verwendet werden.<br />
Literatur beim Verfasser o<strong>der</strong> im Internet unter<br />
www.aerzteblatt-sh.de.<br />
Mit freundlicher Nachdruckgenehmigung <strong>der</strong> Zeitschrift<br />
Praktische Arbeitsmediz<strong>in</strong>, Ausg. 3/März 2003.<br />
Univ.-Prof. Dr. He<strong>in</strong>z Mehlhorn, Institut für Zoomorphologie,<br />
Zellbiologie und Parasitologie, He<strong>in</strong>rich-<br />
He<strong>in</strong>e-Universität, 40225 Düsseldorf