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Monts des Ksour" im Süd-Oranais / Nord-Algerien - StoneWatch

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36<br />

MÖGLICHKEITEN DER<br />

NUMERISCHEN DATIERUNG<br />

VON GESTEINSOBERFLÄCHEN<br />

Prof. Dr. GÜNTHER A. WAGNER<br />

Forschungsstelle Archäometrie der Heidelberger<br />

Akademie der Wissenschaften<br />

<strong>im</strong> Max-Planck-Institut für Kernphysik<br />

In der archäometrischen Datierungspraxis wird man <strong>im</strong>mer<br />

wieder mit der Frage nach dem Alter einer Gesteinsoberfläche<br />

- sei es ein Steingerät, eine Felswand oder ein Baustein<br />

- konfrontiert. Gewiss ist eine möglichst präzise Antwort<br />

auf diese Frage für Prähistoriker, Geoarchäologen und Baugeschichtsforscher<br />

in vielerlei Hinsicht oft von entscheidender<br />

Bedeutung. Es hat <strong>des</strong>halb auch nicht an Versuchen<br />

gefehlt, dieses Problem zu lösen, und dabei haben sich<br />

meist typologische, stilistische und stratigraphische Verfahren<br />

bewährt. Häufig bleibt die Antwort aber unbefriedigend.<br />

Auf der anderen Seite hat die Entwicklung chronometrischer<br />

Datierungsverfahren 1 für den archäologischen Zeitbereich<br />

in den letzten Jahren gewaltige Fortschritte gemacht<br />

(vgl. WAGNER 1995, 1998). Zweck dieses Aufsatzes<br />

ist, einen Überblick über diejenigen archäochronometrischen<br />

Verfahren zu geben, die potentiell zur Datierung von<br />

Gesteinsoberflächen geeignet sind.<br />

Bei der Datierung stellt sich zuallererst die Frage, welcher<br />

Zeitpunkt eigentlich interessiert, derjenige der Bildung bzw.<br />

Herstellung oder derjenige der Exponierung einer Oberfläche,<br />

oder etwa derjenige, seitdem eine Oberfläche wieder<br />

abgedeckt wurde. Ein solches Problem würde sich beispielsweise<br />

bei der Wiederverwendung eines Bausteins<br />

stellen. Die bei der chronometrischen Datierung verwendeten<br />

physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse<br />

müssen also <strong>im</strong> gesuchten Moment zu laufen begonnen<br />

haben. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der<br />

"Nullsetzung" <strong>des</strong> zur Datierung benutzten Systems. Weiterhin<br />

müssen die zeitabhängigen physikalischen und chemischen<br />

Prozesse so ablaufen, dass sie in den zu best<strong>im</strong>menden<br />

Zeiträumen zu präzise messbaren Veränderungen<br />

führen, d. h. sie dürfen weder zu schnell noch zu langsam<br />

sein. Selbstverständlich sollen sich die Prozesse durch<br />

gleichmäßige Geschwindigkeit, die zudem bekannt sein<br />

muss, auszeichnen. Diese plausiblen Forderungen an ein<br />

Datierungssystem sind aber nur selten erfüllt, wie dann bei<br />

der Besprechung der einzelnen Verfahren zu sehen sein<br />

wird.<br />

Für die Oberflächendatierung werden unterschiedliche natürliche<br />

Prozesse herangezogen. Frische Oberflächen unterliegen<br />

an der Luft und <strong>im</strong> Boden der Verwitterung, die <strong>im</strong><br />

Laufe der Exponierungsdauer zun<strong>im</strong>mt, so daß aus dem<br />

Grad der Verwitterung auf das Alter geschlossen werden<br />

kann. Die kosmische Strahlung induziert in Gesteinsoberflächen<br />

Kernreaktionen, die zur Bildung kosmogener Nuklide<br />

2 führen, deren Anzahl mit der Bestrahlungsdauer<br />

wächst. Weiterhin kann organisches Material, das aufgrund<br />

seines 14 C-Gehalts datiert werden kann, an der Oberfläche<br />

angelagert werden. Durch Tageslicht wird das Lumineszenzsignal<br />

an der Oberfläche gelöscht, so dass bei nachfolgender<br />

Abdunkelung der Zeitpunkt der letzten Belichtung<br />

best<strong>im</strong>mt werden kann. Schließlich kann der Flechtenbesatz,<br />

der mit dem Oberflächenalter zun<strong>im</strong>mt, zur Altersabschätzung<br />

verwendet werden.<br />

Verwitterungsrinden und Patina<br />

Diese Datierungsmethoden beruhen auf zeitabhängigen<br />

chemischen Verwitterungsreaktionen zwischen Bestandteilen<br />

der Atmosphäre und Bodenfeuchte mit den Mineralen<br />

der Gesteinsoberfläche. Vorausgesetzt die Reaktionsgeschwindigkeit<br />

ist bekannt, lässt sich aus dem Reaktionsfortschritt<br />

die Dauer <strong>des</strong> Reaktionsablaufs, d. h. das Alter der<br />

Oberfläche abschätzen. Zur Altersbest<strong>im</strong>mung verwendete<br />

Reaktionen sind hauptsächlich Diffusion, selektiver Ionenaustausch<br />

und Oxidation. Dadurch bilden sich Verwitterungsrinden<br />

mit veränderter chemischer Zusammensetzung.<br />

Die Rindendicke wächst mit der Verwitterungsdauer. Zusätzlich<br />

können auch Oxide und Hydroxide als Krusten die<br />

Oberfläche überziehen. Oft wird be<strong>im</strong> Begriff der Verwitterungsrinde<br />

nicht scharf zwischen dem selektiv veränderten<br />

Material und der neu gebildeten Krustensubstanz unterschieden.<br />

Für alterungsbedingte Oberflächenfilme - meist<br />

mit deutlicher Farbveränderung - wird häufig der unpräzise<br />

Begriff "Patina" gebraucht. Als altersabhängige Größen dienen<br />

die Dicke oder die Zusammensetzung der Verwitterungsrinde.<br />

Datiert wird damit die Exponierungsdauer einer<br />

Oberfläche gegenüber den verwitterungsauslösenden Substanzen.<br />

Eine prinzipielle Schwierigkeit bei allen Datierungsansätzen,<br />

die auf chemischen Reaktionen beruhen, ist die Abhängigkeit<br />

der Reaktionsgeschwindigkeit von vielfältigen Faktoren,<br />

das sind vor allem stoffliche und strukturelle Eigenschaften<br />

<strong>des</strong> zu datierenden Objekts und Umgebungseinflüsse<br />

wie Temperatur, pH-Wert, Redox-Bedingungen,<br />

Feuchte, Art und Konzentration gelöster Substanzen. Da die<br />

Reaktionsgeschwindigkeit exponentiell mit der Temperatur<br />

steigt, dominiert deren Einfluss. Abgesehen davon, dass die<br />

Wirkung der übrigen Parameter kaum hinreichend bekannt<br />

ist, kompliziert die wahrscheinliche zeitliche Variation der<br />

Faktoren in der Vergangenheit die Situation weiter. Es<br />

gelingt <strong>des</strong>halb nur in Ausnahmefällen, aus Verwitterungsvorgängen<br />

numerische Alter abzuleiten. Sie eignen sich<br />

eher für semiquantitative und relative Altersaussagen.<br />

Wenn Feuersteinartefakte in den Boden gelangen, beginnt<br />

die chemische Verwitterung von der frischen Gesteinsoberfläche<br />

her in die Tiefe voranzuschreiten. Die Mächtigkeit<br />

der Patina sollte dann das Exponierungsalter dieser Fläche<br />

wiedergeben. Die Patina besteht aus einer makroskopisch<br />

erkennbaren Oberflächenschicht. Analytische Profile zeigen<br />

signifikante Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung<br />

der Patina <strong>im</strong> Vergleich zur Matrix. Die Prozesse, die<br />

während der Patinierung ablaufen, sind komplex und nicht<br />

restlos geklärt. Aber "Zeit" ist keineswegs der einzige Parameter,<br />

der die Dicke der Verwitterungsrinde best<strong>im</strong>mt, denn<br />

andere Faktoren wie mineralogischer und struktureller Bau<br />

<strong>des</strong> Feuersteins, Bodenchemie und Wassergehalt sowie<br />

Umgebungstemperatur können die Patinierung sogar noch<br />

stärker als der reine Alterungseffekt beeinflussen (ROTT-<br />

LÄNDER 1.977).<br />

1 Unter chronometrischen Methoden werden solche naturwissenschaftlichen<br />

Ansätze verstanden, die zu einer numerischen Altersaussage<br />

führen, also in Jahren und nicht in relativen Angaben<br />

wie "älter" oder "jünger als".<br />

2 Ein Nuklid ist eine Kernart, die durch ihre Anzahl von Protonen<br />

und von Neutronen festgelegt ist, wobei die Protonenzahl das chemische<br />

Element, zu dem das Nuklid gehört, best<strong>im</strong>mt. Beispielsweise<br />

besteht das Nuklid 14 C aus 6 Protonen (und ist damit Kohlenstoff)<br />

und 8 Neutronen, deren Summe 14 als Massenzahl bezeichnet<br />

wird und links vom Elementsymbol hochgestellt erscheint.

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