6 Unterschiedlich in jeder Hinsicht. Der berufliche<strong>Wiedereinstieg</strong> von Frauen und Männern steht im Fokus gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Interessen. Wir geben Ihnen auf den nächsten Seiten einen Überblick zum aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand und blicken auf den Arbeitsmarkt in München fürWiedereinsteigerinnen undWiedereinsteiger.
Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteiger sind Frauen und Männer, die familienbedingt für eine gewisse Zeit aus dem Berufsleben bzw. ihrer Erwerbs tätigkeit ausgeschieden sind und nun wieder zurückkehren wollen. Der Begriff der Berufs rückkehrerin bzw. des Berufsrückkehrers ist in diesem Kontext irreführend, da dem Terminus die Annahme zugrunde liegt, in den bishe rigen Beruf zurückkehren zu können. Frauen und Männer, die aufgrund von Kindererziehung oder Pflege eines nahen Angehörigen eine Erwerbspause einlegen, können oftmals – wegen befristeter Verträge – nicht in ihren alten Beruf zurückkehren. Viele Frauen und Männer wollen aber auch gar nicht mehr nach ihrer familienbedingten Erwerbsunterbrechung zurück in ihren bisherigen Beruf oder zum bisherigen Arbeitgeber, sondern orientieren sich beruflich neu. Deshalb wird im Folgenden der Begriff ‚Wiedereinsteigerin‘ bzw. ‚Wiedereinsteiger‘ verwendet. Beruflicher <strong>Wiedereinstieg</strong> ist weiblich Bei Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteigern handelt es sich theoretisch um eine Gruppe von Frauen und Männern, die alle das gleiche Ziel haben: den <strong>Wiedereinstieg</strong> ins Berufsleben. In der Praxis aber sind dies überwiegend Frauen. Denn mit der Geburt ihres ersten Kindes unterbrechen in Deutschland nach wie vor Frauen ihre VollzeitErwerbstätigkeit, um sich um Kind und Haushalt zu kümmern. Diese Retraditionalisierung der Rollenverteilung zu Beginn der Familienphase wird meist aus pragma tischen und rationalen Erwägungen getroffen. Das Hauptargument ist oft das höhere Einkommen der Partner. Durch diese Entscheidung tragen die Frauen die Hauptlast der ökonomischen Risiken – und zwar hinsichtlich eingeschränkter beruflicher Entwicklung, geringerem Einkommen, einhergehend mit geringerer Altersvorsorge bis hin zum Risiko der Altersarmut. 1 Die Wiedereinsteigerinnen unterscheiden sich bei der Rückkehr auf den Arbeitsmarkt nicht nur in ihren Zielsetzungen – dem Wunsch nach beruflicher Neuorientierung, Weiterbildung, flexiblen Arbeitszeitmodellen, Selbstständigkeit – sondern auch hinsichtlich ihrer persönlichen Situation. Die einzelnen Frauen mit <strong>Wiedereinstieg</strong>swunsch haben sehr vielfältige Ausgangslagen hinsichtlich ihrer Qualifikation, der Dauer der Erwerbsunterbrechung, den Gründen für die Berufsrückkehr und ihrer individuellen familiären Situation. Neben hochqualifizierten Frauen mit langjähriger Berufserfahrung stehen Frauen, die über wenig Beruflicher <strong>Wiedereinstieg</strong> ist ein Prozess, kein punktuelles Ereignis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Beruflicher <strong>Wiedereinstieg</strong> – ein nach wie vor ungelöstes Thema für den Arbeitsmarkt bis keine berufliche Praxis verfügen. Es gibt Frauen, deren berufliche Kenntnisse nicht mehr aktuell sind oder Frauen, die über eine abgebrochene Lehre oder Hochschulausbildung verfügen. Frauen, die aus finanziellen Gründen gezwungen sind, wieder erwerbstätig zu werden, gehören genauso dazu wie Frauen, die ihre beruflichen Kompetenzen nicht länger ungenutzt lassen wollen. 2 Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Fazit ist: DIE Wiedereinsteigerin gibt es nicht. Die Gründe für den beruflichen <strong>Wiedereinstieg</strong> sind ähnlich heterogen wie die Ausgangslagen und die Bedürfnisse der Wiedereinsteigerinnen. Um den <strong>erfolgreich</strong>en <strong>Wiedereinstieg</strong> zu ermöglichen, sind individuell passende Entwicklungs und Integrationspro zesse zu gewährleisten. So sind differenzierte Angebote und Instrumente erforderlich, die zeitnah, flexibel und entsprechend 1 Wippermann, Carsten (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)): Zeit für <strong>Wiedereinstieg</strong> – Potenziale und Perspektiven, Berlin 2011, S. 5. 2 SOS Kinderdorf Niederrhein in Kleve, IMBSE e.V. in Rheinberg und Fachstelle Frau und Beruf Kreis Wesel: Vom Start weg gut beraten – Grundsätzliches und Alltagspraxis für Beratende von Berufsrückkehrerinnen, Kleve 2010, S. 7–9. 7