SwissGuide Tessin (5018 KB) - Deka (Swiss)

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Polenta und andere ausgekochte Pioniergeister. „Zwei Stunden muss sie kochen. Nicht eine Minute weniger. Und auf dem Holzfeuer. Sonst gibt das nie und nimmer eine Polenta! Ach, ihr Zücchin habt ja keine Ahnung ...“, seufzte der alte Pietro – Gott hab ihn selig – immer wieder, wenn die Sprache auf die Tessiner Küche kam. Dabei war er selbst ein waschechter Berner. Und ein ausgekochter dazu. Sein Vater wanderte noch zu Fuß von der Schweizer Hauptstadt ins entfernte und berüchtigte Ascona aus, just als die ambitiöse Philosophie der Monte Veritaner in bloßer Freikörperkultur gipfelte. Ein paar Steinwürfe weg vom Asconeser Naturistenparadies schuf er sich sein eigenes. Mit bloßen Händen, Kastanienbalken und Granitplatten. 100 halsbrecherische Meter am Steilhang über dem See, mit herrlichem Blick auf die Brissago-Inseln. Auf einem Haufen Schutt zimmerte der Aussteiger mit kämpferischem Enthusiasmus und Liebe zur Freiheit (und zu den Frauen) aus einem ehemaligen Schmugglernest die „Fontana Martina“, ein Freidenkerstaat im Taschenformat, wo sich russische Dissidenten, deutsche Dichter und allerlei Künstlernaturen Klinke und Pinsel reichten – noch heute einer der vielleicht ursprünglichsten Tessiner Winkel am Lago Maggiore. Zücchin, was im Tessiner Dialekt nichts Schnörkelloseres bedeutet als Zucchini – ein länglich grünes Kürbisgemüse –, nennt man hier die Deutschschweizer. Die von ennet dem Gotthard kommen, sich ungefragt niederlassen und vergeblich versuchen, Ordnung in das funktionierende Chaos zu bringen, mit der die Ticinesi ihre Probleme seit Jahrhunderten problemlos meistern. Die italienisch klingen wollen, Tessiner Heimatlieder anstimmen und denen man nach 20 Jahren noch anhört, dass sie nicht Bianchi, sondern halt einfach Weiss hießen, auch wenn die Söhne schon längst italienische Vornamen tragen. Die ihre Rasen auf gepflegte fünfeinhalb Millimeter kürzen, statt einfach einmal der wuchtigen subtropischen Natur ihren unbändigen Lauf zu lassen. So eigen wie das Tessin selbst, sind eben auch die Tessiner. Einem Panino gleich seit Lebzeiten eingeklemmt zwischen dem Dolcefarniente Italiens und den durchorganisierten Germanen. Zwischen melancholischer Tradition und überschwänglicher Moderne. Zwischen felsenharter Starrköpfigkeit und umarmender Gastfreundschaft. Nicht selten begegnen Sie im hintersten Krachen noch einer – ganz nach alter Sitte schwarz gekleideten – Frau auf dem Weg zur Ziegenweide. Sie können aber
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