Themen dieser Ausgabe Editorial - Schultze & Braun GmbH
Themen dieser Ausgabe Editorial - Schultze & Braun GmbH
Themen dieser Ausgabe Editorial - Schultze & Braun GmbH
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
1. Berliner Splitter<br />
Infobrief Sanierung & Insolvenz<br />
Berlin I/2010<br />
Mehr als zehn Jahre nach In-Kraft-Treten der Insolvenzordnung<br />
und im Angesicht der größten Rezession<br />
der Nachkriegsgeschichte ist eine Diskussion über die<br />
Notwendigkeit weiterer Reformen auf breiter Front in<br />
Gang gekommen.<br />
So sieht der Koalitionsvertrag der schwarz-gelben<br />
Regierung eine umfassende Reform des Insolvenzrechts<br />
vor. Neben der Schaffung eines Restrukturierungsverfahrens<br />
für Banken soll auch die Restrukturierung<br />
und Fortführung von sanierungsfähigen<br />
Unternehmen erleichtert werden – mit dem bislang<br />
noch nicht in der Insolvenzordnung enthaltenen Ziel<br />
der Arbeitsplatzerhaltung. Ergänzend ist geplant, ein<br />
außergerichtliches Sanierungsverfahren einzuführen.<br />
Die Koalition will das Insolvenzplanverfahren vereinfachen<br />
und im Sinne eines Restrukturierungsrechts<br />
noch stärker auf die Frühsanierung von Unternehmen<br />
ausrichten. Ferner soll die systemwidrige Bevorzugung<br />
der Sozialkassen (die erst in der letzten Legislaturperiode<br />
eingeführt wurde) wieder abgeschafft werden,<br />
Regelungsbedarf beim Überschuldungsbegriff, dem<br />
Verbraucherinsolvenzverfahren und der Verwalterauswahl<br />
soll geprüft werden.<br />
Gerade der letzte Punkt – die Verwalterauswahl –<br />
erhitzt schon seit einiger Zeit die Gemüter. Dementsprechend<br />
setzt auch der Deutsche Industrie- und<br />
Handelskammertag (DIHK) in seinem ersten von<br />
zehn Vorschlägen zur Reform des Insolvenzrechts auf<br />
einen stärkeren Einfluss der Gläubiger auf die Wahl<br />
des Insolvenzverwalters.<br />
Demgegenüber fordert der Verband der Insolvenzverwalter<br />
Deutschlands die Verklammerung des eigenen<br />
Berufsstandes, also die allgemeinverbindliche Regelung<br />
der Zulassung zum Beruf des Insolvenzverwalters.<br />
Ob und Inwieweit ein solches Ansinnen angesichts<br />
des europäischen Rechtsrahmens durchsetzbar<br />
ist, mag dahingestellt bleiben, deutlich wird an diesen<br />
Überlegungen jedoch, dass die Professionalisierung<br />
der Sanierung zunimmt – dies wird nicht zum Schaden<br />
der Gläubiger sein und diesen soll das Insolvenzverfahren<br />
schließlich dienen.<br />
Neben dem erhöhten Einfluss auf die Verwalterbestellung<br />
fordert der DIHK eine Stärkung der Eigenverwaltung,<br />
Regelungen, um sog. „Akkordstörer“ in<br />
den Griff zu bekommen, und die Möglichkeit, einen<br />
sog. „Debt-Equity-Swap“ auch gegen den Willen des<br />
Gesellschafters des insolventen Unternehmens durchführen<br />
zu können.<br />
Diese und weitere Vorschläge, die durchaus zur Stärkung<br />
des Insolvenzplanverfahrens führen können,<br />
befinden sich in Übereinstimmung mit den von der<br />
Regierungskoalition skizzierten Änderungsvorschlägen.<br />
Dies gilt auch für die ebenfalls vom DIHK<br />
vorgeschlagene Einführung eines „Unternehmensschutzschirmes“<br />
zur Vorbereitung eines Insolvenzplanverfahrens,<br />
welches möglicherweise in einem<br />
regulierten außergerichtlichen Sanierungsverfahren<br />
aufgehen könnte.<br />
Nach Meinung nicht nur des DIHK, sondern auch des<br />
Insolvenzrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins<br />
und der Gesellschaft für Restrukturierung TMA<br />
Deutschland e.V. (TMA) soll die Verbesserung des<br />
insolvenzrechtlichen Instrumentariums auch von<br />
einer umfassenden Freistellung eines etwaigen Sanierungsgewinns<br />
von der Besteuerung flankiert werden.<br />
Wir haben bereits mehrfach das Thema Sanierung und<br />
Steuern angesprochen, zuletzt in der <strong>Ausgabe</strong> II/2009,<br />
und hoffen, dass trotz der schlechten Haushaltslage<br />
eine „sanierungsgerechte“ Lösung der Besteuerungsfrage<br />
gefunden wird. Denn gerade bei Sanierung von<br />
Konzernen mit mehreren Standorten im Bundesgebiet<br />
handelt die Finanzverwaltung nicht immer einheitlich<br />
– was die Sanierung von Unternehmen und<br />
Konzernen durchaus nicht erleichtert.<br />
Wir werden die Reformvorhaben weiter verfolgen und<br />
in nächster Zeit genauer auf einzelne, sich konkretisierende<br />
Vorschläge eingehen.<br />
2<br />
Rechtsanwalt<br />
Registered European Lawyer (London)<br />
Dr. Volker Beissenhirtz, LL.M.<br />
Berlin<br />
VBeissenhirtz@schubra.de