Themen dieser Ausgabe Editorial - Schultze & Braun GmbH
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Infobrief Sanierung & Insolvenz<br />
Berlin I/2010<br />
2. Risiken beim Cash Pooling –<br />
Teil I<br />
Um vorhandene Liquidität optimal nutzen zu können<br />
und Kosten externer Kreditaufnahme zu vermeiden,<br />
setzen mittlerweile viele Konzerne auf Finanzmanagement<br />
mittels Cash-Pooling. Grundsätzlich werden<br />
hierbei zum Tagesende sämtliche Salden der am<br />
Cash-Pool teilnehmenden Gesellschaftskonten miteinander<br />
verrechnet und einem zentralen Konto gutgeschrieben.<br />
Rechtlich betrachtet handelt es sich hierbei<br />
jeweils um gegenseitig gewährte Darlehen.<br />
Zu unterscheiden ist zwischen physischem und virtuellem<br />
Cash-Pooling: Beim virtuellen Cash-Pooling<br />
(auch: „notional pooling“) findet lediglich eine<br />
fiktive Verrechnung der valutarischen Salden statt,<br />
ohne dass diese tatsächlich auf einem Zentralkonto<br />
zusammenfließen. Beim in Deutschland überwiegend<br />
praktizierten physischen Cash-Pooling hingegen werden<br />
die Gesellschaftskonten am Ende des Tages nach<br />
Zuführung der Salden auf das Zielkonto entweder auf<br />
null gestellt (sog. „zero-balancing“) oder aber bis zu<br />
vereinbarten Beträgen ausgeglichen. Bei diesen Zahlungen<br />
werden entweder die Gesellschaftskonten oder<br />
aber das Zielkonto ausgeglichen. Befindet sich also<br />
beispielsweise das Konto einer Tochtergesellschaft<br />
im Soll, so wird dieses durch ein von der Muttergesellschaft,<br />
oder kontentechnisch gesprochen durch<br />
das Zielkonto, gewährtes Darlehen ausgeglichen<br />
(„downstream loan“/absteigendes Darlehen). Andersherum<br />
gewähren die Tochtergesellschaften der Muttergesellschaft<br />
Darlehen auf deren Zielkonto, soweit<br />
die Tochterkonten Überschüsse aufweisen, bzw. das<br />
Zielkonto eines Ausgleichs bedarf („upstream loan“/<br />
aufsteigendes Darlehen).<br />
Grundsätzlich gelten auch in einem Cash-Pool-<br />
Verbund die zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung<br />
entwickelten Rechtsprinzipien. Spezielle<br />
Probleme ergeben sich vornehmlich daraus, dass<br />
die Saldierung, welche im Rahmen des Cash-Pools<br />
und unter Einbeziehung oft zahlreicher Konten von<br />
Tochtergesellschaften und unzähliger Einzeldarlehen<br />
einmal täglich stattfindet, auf die gesetzliche Regelung,<br />
welche nur eine Momentaufnahme darstellt<br />
(eine Darlehensgewährung des Gesellschafters an die<br />
Gesellschaft), nicht so recht passt.<br />
Durch die Neuregelungen des MoMiG wollte der<br />
Gesetzgeber das weltweit praktizierte Cash-Pool-System<br />
auch für Deutschland rechtlich absichern. Wie<br />
neuere Urteile des Bundesgerichtshofes indizieren,<br />
dürfte er dieses Ziel aber zumindest nicht uneingeschränkt<br />
erreicht haben.<br />
Im ersten Teil der Darstellung beschäftigen wir uns<br />
mit den Auswirkungen der Rechtsgrundsätze der<br />
Kapitalaufbringung auf das Cash-Pooling. In einem<br />
zweiten Teil der Darstellung in der nächsten <strong>Ausgabe</strong><br />
des Infobriefes werden wir dann die Regelungen zur<br />
Kapitalerhaltung auf ihre Auswirkungen zum Cash-<br />
Pool untersuchen.<br />
Zunächst zur Kapitalaufbringung. Das Recht der<br />
Kapitalaufbringung regelt, wie das Stammkapital bei<br />
Gründung der Kapitalgesellschaft aufzubringen ist,<br />
so dass es den Geschäftsführern/Vorständen für den<br />
Gesellschaftszweck tatsächlich zur Verfügung steht.<br />
Gesellschafter versuchen nicht selten, die Regeln über<br />
die Kapitalaufbringung zu umgehen, beispielsweise<br />
durch ein nur kurzfristiges Einzahlen der Stammeinlage<br />
auf das Gesellschaftskonto, gefolgt von einem<br />
sofortigen Abbuchen auf Grund eines Darlehensvertrages<br />
nach Eintragung (sog. Hin- und Herzahlen).<br />
Nach altem Recht führte die Praxis des Hin- und<br />
Herzahlens regelmäßig nicht zu einer Befreiung des<br />
Gesellschafters von seiner Einlagepflicht. Mit dem<br />
MoMiG kehrte der Gesetzgeber zur sog. „bilanziellen<br />
Betrachtungsweise“ zurück, sodass Hin- und Herzahlen<br />
bei positivem Saldo des Gesellschaftskontos nach<br />
reformiertem Recht völlig unbedenklich praktiziert<br />
werden kann, sofern „die Leistung durch einen vollwertigen<br />
Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit<br />
fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die<br />
Gesellschaft fällig werden kann. Eine solche Leistung<br />
oder die Vereinbarung einer solchen Leistung ist in der<br />
Anmeldung nach § 8 anzugeben“ (§ 19 V <strong>GmbH</strong>G).<br />
Diese drei in der Norm genannten Kriterien sind allerdings<br />
nicht leicht zu erfüllen, daher ist für die verschiedenen<br />
Anforderungen v.a. Folgendes zu beachten: Der<br />
Rückgewähranspruch ist dann vollwertig, wenn im<br />
Zeitpunkt der Rückgewähr beim Gesellschafter nach<br />
dessen Befriedigung aller übrigen fälligen Forderungen<br />
an andere Gläubiger noch genug Rücklagen zur<br />
Rückzahlung der Gesellschaftsforderung bestehen.<br />
Die sich später verschlechternde Bonität des Gesellschafters<br />
führt nicht zu einer rückwirkenden Unwirksamkeit<br />
der Kapitalaufbringung. Es besteht jedoch<br />
möglicherweise ein Haftungsrisiko für die Geschäftsführer,<br />
wenn diese nicht auf eine rechtzeitige Rückforderung<br />
des Darlehens bestehen.<br />
Die gewährten Darlehen müssen sofort und ohne<br />
Angabe von Gründen jederzeit kündbar sein. Ebenso<br />
wie bei der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs<br />
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