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Das Ritual der Gleißenden Dämonen

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komme, ist es Sitte, dass sich Geschäftspartner mit einem Kuss<br />

auf die Wange begrüßen.“<br />

„Wie interessant. Ich kenne das nur aus den früheren Ostblocklän<strong>der</strong>n,<br />

Breschnew und Honnecker und so.“<br />

„Man lernt eben nie aus“, brummte diese tiefe Stimme langsam,<br />

und die Kapuze bewegte sich ohne Hast auf Leonardts Gesicht<br />

zu.<br />

Verwirrt ließ er den Kuss auf seine Wange treffen, die Lippen<br />

waren ebenso kalt wie die Hand, die er gerade gedrückt hatte.<br />

„Sie müssten dringend mal was für Ihre Durchblutung tun“,<br />

entfuhr es ihm.<br />

„Glauben Sie mir“, entgegnete Palazuelo lächelnd, „ich bin<br />

sehr aktiv in dieser Hinsicht.“<br />

„Ich dachte nur ... Finger und Schleimhäute sollen ja immer<br />

die Indikatoren dafür sein, wenn da etwas nicht stimmt ...“<br />

„Dafür ist es doch gut, wenn man einen kühlen Kopf behält,<br />

gerade im Geschäftsleben, glauben Sie nicht? Und mein Kopf<br />

bleibt immer kühl. Testen Sie ruhig.“<br />

Er nahm Leonardts Hand und führte sie an seine Stirn.<br />

Leonardt, den diese unübliche Körperlichkeit etwas beunruhigte,<br />

wollte zurückzucken, aber <strong>der</strong> Andalusier hielt seine Hand<br />

überraschend fest. Da er nicht unhöflich erscheinen wollte, berührte<br />

er leicht die im Schatten verborgene Stirn, und natürlich<br />

war sie kalt. Eiskalt.<br />

Leonardt sah sich erneut in dem Hotelzimmer um. Die Dunkelheit,<br />

die ihm eben noch störend aufgefallen war, schien sich<br />

gelichtet zu haben. Wahrscheinlich, dachte er, hatten sich seine<br />

Augen jetzt daran gewöhnt, das dauerte ja immer ein paar Minuten.<br />

Eigentlich reichte doch eine Kerze für dieses Zimmer<br />

vollkommen aus, und gemütlicher als ein grelles Neon- o<strong>der</strong><br />

Halogenlicht war es allemal. Die Straßenlaterne, die von draußen<br />

hereinschien, wirkte bereits störend.<br />

Er wandte sich wie<strong>der</strong> an seine beiden Kunden und fand, sie<br />

sahen wirklich sympathisch und vertrauenswürdig aus. Die<br />

Frau in ihrem einfachen, langen Kleid wirkte sogar recht attraktiv,<br />

warum hatte er das zuvor nicht bemerkt? Er schätzte sie auf<br />

Mitte zwanzig. Ob die beiden ein Paar waren? Der große Mann<br />

schien fast zehn Jahre älter zu sein. Aber schließlich hatte er,<br />

Leonardt, ja sogar seine ehemalige Lehrerin geheiratet.<br />

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