Das Ritual der Gleißenden Dämonen
Das Ritual der Gleißenden Dämonen
Das Ritual der Gleißenden Dämonen
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zählte ruhig von zehn rückwärts bis eins, bevor sie leise weitersprach.<br />
„Dir fehlt Geborgenheit, Lea. Ich weiß, wir haben nicht oft<br />
darüber gesprochen, denn es ist selbst zwischen Papa und mir<br />
ein Anlass zur Meinungsverschiedenheit, und ich habe dir nie<br />
vorgeworfen, dass du seine Ansichten einfach übernommen<br />
hast. Aber vielleicht solltest du dir jetzt, wo du so in <strong>der</strong> Luft<br />
hängst, noch einmal Gedanken über Gott machen.“<br />
Lea schüttelte den Kopf. „Du täuschst dich, wenn du glaubst,<br />
dass ich da Papas Ansicht bin.“<br />
„Möchtest du nicht morgen einfach mal mit in die Kirche<br />
kommen?“<br />
„Wenn es Gott gäbe, würde er dann zulassen, dass mir all<br />
diese Dinge passieren? Würde er mir meinen Vater wegnehmen,<br />
so wie es jetzt seine Kunden tun? Würde er mir eine Mutter<br />
geben, die bei allen Problemen ihrer Tochter immer nur daran<br />
denkt, was die an<strong>der</strong>en Erwachsenen von ihr halten? Schau<br />
nicht so entsetzt, das hast du selbst gesagt. Du wolltest im Boden<br />
versinken, weil dich alle anstarrten. <strong>Das</strong> fandest du anscheinend<br />
das Allerschlimmste an diesem ganzen beschissenen<br />
Abend!“ Sie schlug mit <strong>der</strong> Faust auf die Tischplatte. Dann vergrub<br />
sie das Gesicht in ihren Händen. „Tut mir leid, Mama, das<br />
war gemein.“<br />
Valeska nickte und fuhr ruhig fort: „Vielleicht verschwende<br />
ich einfach meine Zeit. Mag sein, du hast dich entschlossen, uns<br />
nicht mehr an deiner Welt teilhaben lassen zu wollen. Womöglich<br />
bist du jetzt schlichtweg in dem Alter dafür. Ich hatte nur<br />
gedacht, wir könnten trotzdem ein gutes Verhältnis zueinan<strong>der</strong><br />
haben. Aber anscheinend geht das nicht.“ Sie erhob sich und<br />
ging die Treppe hinauf, in Richtung ihres Schlafzimmers.<br />
„Wenn du dir das mit <strong>der</strong> Kirche noch einmal überlegst, sag<br />
mir Bescheid. Ich bin Christin, solange ich denken kann, und<br />
ich weiß nicht, wie ich es an<strong>der</strong>s mit dem Leben hätte aufnehmen<br />
sollen. Aber das muss ja je<strong>der</strong> selbst wissen. Gute Nacht.“<br />
Lea blieb allein zurück.<br />
Hans Leonardt war müde. <strong>Das</strong> war nicht weiter verwun<strong>der</strong>lich,<br />
immerhin hatte er fast die ganze Nacht hindurch erklärt, geplant,<br />
gefragt, verworfen und neu geplant, hatte Skizzen frei<br />
Hand erstellt und komplizierte technische Zeichnungen ge-<br />
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