„Ärztlicher Leiter Rettungsdienst“ - Ärztekammer Schleswig-Holstein
„Ärztlicher Leiter Rettungsdienst“ - Ärztekammer Schleswig-Holstein
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Flächendeckende Implementierung<br />
für alle Kreise und kreisfreien Städte<br />
<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>s<br />
<strong>„Ärztlicher</strong> <strong>Leiter</strong><br />
<strong>Rettungsdienst“</strong><br />
Ernst-Peter Horn, Volker Dörges,<br />
Hans-Ralph Burow, Rolf Busack,<br />
Axel Hagemann, Jochen Hansen,<br />
Hendrik Herrmann, Hans-Jürgen Kaatsch,<br />
Peer-Gunnar Knacke, Uwe Krüger,<br />
Carl-Wolfgang Lotz, Anderas Peter,<br />
Tilman von Spiegel, Nils Stegmann<br />
Die Einführung von Ärztlichen <strong>Leiter</strong>n für den<br />
Rettungsdienst (ÄLRD) schreitet in der Bundesrepublik<br />
Deutschland voran. Grundlage und<br />
Notwendigkeit ergeben sich aus dem Sozialgesetzbuch<br />
V und dem Gesundheitsreformgesetz,<br />
die die Einführung eines Qualitätsmanagements<br />
in ärztlichen Versorgungsbereichen festschreiben.<br />
Die Bundesärztekammer hat 1994 in einer<br />
Entschließung betont, dass präklinische Notfallmedizin<br />
unter ärztliche Kontrolle gestellt werden<br />
muss, da hier in erster Linie medizinische<br />
Dienstleistungen erbracht werden. Beispielsweise<br />
erfordern arzneimittelrechtliche Vorgaben<br />
wie die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung<br />
oder auch die Freigabe und Aufsicht von<br />
Notärzten die Bestellung eines verantwortlichen<br />
Arztes. Diese Position hat die Bundesärztekammer<br />
2006 nochmals bestätigt und die Institutio-<br />
<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>isches Ärzteblatt 2/2009<br />
www.aerzteblatt-sh.de �� www.aeksh.de �� www.arztfindex.de<br />
nalisierung des Ärztlichen <strong>Leiter</strong>s Rettungsdienst<br />
auf regionaler und überregionaler Ebene<br />
gefordert.<br />
In <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> stellt sich die Situation so<br />
dar, dass weder das Gesetz über die Notfallrettung<br />
und den Krankentransport von 1991 noch<br />
die Landesverordnung zur Durchführung des<br />
Rettungsdienstgesetzes von 1993 den Ärztlichen<br />
<strong>Leiter</strong> Rettungsdienst vorsehen und deshalb<br />
diese Position stellenplanmäßig in keinem Kreis<br />
umgesetzt ist. Lediglich in den kreisfreien Städten<br />
ist diese Funktion zu unterschiedlichen Stellenanteilen<br />
im Budget des Rettungsdienstes eingeplant.<br />
Bei Verhandlungen zwischen den Rettungsdienstträgern<br />
und den Krankenkassen<br />
wird zwar immer wieder die Notwendigkeit des<br />
Ärztlichen <strong>Leiter</strong>s Rettungsdienst betont, aber<br />
keine Einigung über dessen Finanzierung gefunden.<br />
Faktisch treffen sich beispielsweise regelmäßig<br />
die in den Kreisen Dithmarschen, Rendsburg-<br />
Eckernförde, Pinneberg und Steinburg von<br />
ihren Kliniken oder Rettungsdienstträgern in<br />
der Funktion des Ärztlichen <strong>Leiter</strong>s Rettungsdienst<br />
benannten Ärzte nach Aufforderung mit<br />
Vertretern der zuständigen Rettungsdienstkooperation<br />
in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> (RKiSH) zur<br />
Festlegung von Medikamentenlisten, Fahrzeugausstattungen<br />
u. Ä. Allerdings sind weder Finanzierung<br />
noch Stellenpläne für die Tätigkeit dieser<br />
Ärzte vorhanden. Die Arbeit erfolgt aus der<br />
29
schleswig-holstein<br />
30<br />
Not geboren freiwillig und ohne Vergütung. In<br />
den anderen Kreisen <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>s existieren<br />
ähnliche informelle Systeme, die allerdings<br />
in keinem Fall ausreichen, um die Qualität<br />
der notwendigen Arbeit zu gewährleisten.<br />
Die <strong>Ärztekammer</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
begleitet die Umsetzung des ärztlichen<br />
Qualitätsmanagements auch im präklinischen<br />
Bereich und fordert deshalb die<br />
Träger der Rettungsdienste zu regelmäßigen<br />
Treffen der „Ärztlichen <strong>Leiter</strong>“<br />
auf. Im Gespräch mit diesen Ärzten<br />
kann die Kammer beispielsweise beurteilen,<br />
ob die Bestellung von Notärzten<br />
nach notwendigen Qualitätskriterien<br />
erfolgt. Aus den Kreisen werden zu diesen<br />
Treffen - wenn überhaupt - Ärzte<br />
entsandt, die sie für befugt halten, die<br />
faktisch aber nicht bestellt sind.<br />
Auch die für die Rettungsleitstellen in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
benötigte ärztliche Beratung und<br />
Unterstützung, z. B. zur Kosten sparenden Disposition<br />
von Rettungsmitteln, ist zurzeit nicht<br />
flächendeckend gegeben.<br />
Rechtlich befinden sich durch diese Situation<br />
die im Rettungsdienst in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
handelnden Personen in einer unklaren Situation.<br />
Namhafte Juristen im Strafrecht lassen keinen<br />
Zweifel aufkommen, dass ein nicht unerhebliches<br />
Maß von sachgerechter Organisation<br />
notwendig ist, für die in erster Linie der Ärztliche<br />
<strong>Leiter</strong> Rettungsdienst verantwortlich ist,<br />
um die rettungsdienstlichen Abläufe reibungslos<br />
und zum Wohle der Patienten zu planen, zu koordinieren<br />
und zu kontrollieren.<br />
<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>isches Ärzteblatt 2/2009<br />
www.aerzteblatt-sh.de �� www.aeksh.de �� www.arztfindex.de<br />
Schon die Diskussion, ob einzelne ärztliche Tätigkeiten<br />
im Rettungsdienst auf nichtärztliches<br />
Personal übertragen werden könnten, setzt in jedem<br />
Fall einen bestellten Ärztlichen <strong>Leiter</strong> Rettungsdienst<br />
mit vollem Durchgriffsrecht voraus,<br />
der die Qualifikation des Personals regelmäßig<br />
überprüfen muss.<br />
Die Autoren sind sich deshalb einig, dass<br />
dringend für alle Kreise und kreisfreien Städte<br />
<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>s Ärztliche <strong>Leiter</strong> Rettungsdienst<br />
berufen werden müssen, die mit<br />
einem entsprechenden Rechte- und Pflichtenheft<br />
auszustatten sind. Dies sollte mindestens<br />
folgende Punkte beinhalten.<br />
(Fotos: Prof. Dörges)<br />
1. Ärztliches Qualitätsmanagement im Bereich<br />
der Notarztstandorte.<br />
2. Medizinische Richtlinienkompetenz und organisatorische<br />
Weisungsbefugnis gegenüber<br />
den Notärzten.<br />
3. Medizinische Weisungsbefugnis gegenüber<br />
dem nichtärztlichen Personal.<br />
4. Anhörung bei Entscheidungen über Zahl,<br />
Standort und Ausstattung rettungsdienstlicher<br />
Einrichtungen.<br />
5. Anhörung bei der Fortschreibung der Dispositionsanweisungen<br />
der Rettungsleitstellen.<br />
6. Einbindung in die medizinische Fort- und<br />
Weiterbildung der Rettungsassistenten, der<br />
Notärzte und des Leitstellenpersonals.
Aufgrund des obigen Aufgabenprofils ist in<br />
<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> lediglich ein geringer Teil<br />
der Arbeit des Ärztlichen <strong>Leiter</strong>s Rettungsdienst<br />
überregional zu erledigen. Die meisten<br />
Aufgaben müssen in den einzelnen Kreisen unter<br />
Berücksichtung der regionalen Gegebenheiten<br />
und Mitarbeiter erfolgen, insbesondere deshalb,<br />
weil ein erheblicher Anteil der Arbeit in<br />
der persönlichen Beaufsichtigung, Fortbildung<br />
und Beratung des Personals des Rettungsdienstes<br />
und der regionalen Leitstelle liegt.<br />
Die Bemessung von Stellenanteilen der Ärztlichen<br />
<strong>Leiter</strong> Rettungsdienst sollte nach der Bevölkerungszahl<br />
des Verantwortungsbereiches<br />
des Arztes erfolgen, wobei 1,0 Vollkraft eines<br />
ÄLRD pro 300 000 Einwohner angemessen ist.<br />
Die Vergütung des ÄLRD sollte aufgrund seiner<br />
exponierten Position mindestens nach der Eingruppierung<br />
eines leitenden Oberarztes des<br />
jeweils gültigen Tarifvertrages für Ärzte erfolgen,<br />
derzeit also nach dem TV-Ärzte des Marburger<br />
Bundes.<br />
Der Ärztliche <strong>Leiter</strong> Rettungsdienst muss mit<br />
einem entsprechenden Weisungs- und Durchgriffsrecht<br />
ausgestattet werden, um die medizinischen<br />
Prozesse in den Rettungsleitstellen und<br />
in der nicht-ärztlichen und ärztlichen Notfallrettung<br />
in gleichlautenden und abgestimmten<br />
Anweisungen aus einer Hand zu gewährleisten.<br />
schleswig-holstein<br />
Die enge Abstimmung der Notfallrettung mit<br />
den in ihrem Bereich liegenden Krankenhäusern<br />
ist für eine medizinisch optimierte Versorgung<br />
der Patienten bei gleichzeitiger Kostenkontrolle<br />
der beste Weg. Da die medizinischen<br />
Prozesse derzeit in kurzen Abständen, z. B. für<br />
Patienten mit Koronarischämie oder cerebralem<br />
Insult, aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse<br />
angepasst werden müssen, kann lediglich<br />
ein leitender Arzt für eine durchgehende<br />
und zeitgerechte Anpassung der Prozesse Sorge<br />
tragen.<br />
Zusammenfassend sollten regional bestellte<br />
Ärztliche <strong>Leiter</strong> Rettungsdienst in <strong>Schleswig</strong>-<br />
<strong>Holstein</strong> mit entsprechender Ausbildung, Berufserfahrung<br />
und Qualifikation in Führungsaufgaben,<br />
das komplexe Aufgabenprofil der medizinischen<br />
Überwachung und des Qualitätsmanage-<br />
ments im Rettungsdienst gewährleisten.<br />
Die Ausstattung mit einem entsprechenden<br />
Stellenanteil und eine klar geregelte, auch<br />
zukunftssichere Vergütung ist Voraussetzung.<br />
Die Überarbeitung des schleswig-holsteinischen<br />
Rettungsdienstgesetzes mit Aufnahme des<br />
ärztlichen <strong>Leiter</strong>s Rettungsdienst ist aus Sicht<br />
der Autoren dringend geboten.<br />
Für die Autoren: Prof. Dr. Volker Dörges, UK S-H,<br />
Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin,<br />
Schwanenweg 21, 24105 Kiel