Das trockene Auge: Ein Update über Epidemiologie, Diagnose
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Konzept beruht die Wirkung am ehesten<br />
auf essenziellen Bestandteilen des Serums,<br />
die in künstlichen Tränen nicht<br />
enthalten sind. Albumin als Zusatz zu<br />
artifiziellen Tränen kann einen Teil der<br />
Serumwirkungen ersetzen und wird daher<br />
als ein wesentlicher, wirksamer Bestandteil<br />
der Serumaugentropfen angesehen<br />
[66].<br />
Extremtherapien stellen sicherlich die<br />
autologe Speicheldrüsentransplantation<br />
[24] und das subkutane abdominale Pumpreservoir<br />
für Tränenersatzmittel [54] dar.<br />
Neue therapeutische Konzepte<br />
Vier wesentliche Neuentwicklungen (⊡ Tabelle<br />
2), die mit Ausnahme des lokal applizierten<br />
Cyclosporin A noch vor der Zulassung<br />
stehen, sollen nachfolgend etwas<br />
näher beschrieben werden. Der Unterschied<br />
dieser Präparate zu den konventionellen<br />
Filmbildnern liegt darin, dass<br />
sie gezielt in die Pathophysiologie des <strong>trockene</strong>n<br />
<strong>Auge</strong>s auf molekularer Ebene eingreifen<br />
sollen, d. h. im klassischen Sinn<br />
Medikamente darstellen.<br />
▃ Erste Kausaltherapien des <strong>trockene</strong>n<br />
<strong>Auge</strong>s werden verfügbar.<br />
INS365<br />
Diquafosol-Tetrasodium oder INS365<br />
(Allergan, Inc., Inspire, Inc.) ist ein kleines<br />
Dinukleotid und ein chemisch stabiler,<br />
selektiver P2Y2-Rezeptoragonist. Die<br />
Aktivierung der P2Y2-Rezeptoren führt<br />
in verschiedenen Geweben zur Sekretion<br />
von Ionen, Flüssigkeit und Muzinen. <strong>Das</strong><br />
Produkt wurde bei Arbeiten an P2Y2-Rezeptoren-aktivierenden<br />
Substanzen für<br />
den Bereich der chronisch-obstruktiven<br />
Lungenerkrankungen entdeckt. Man beobachtete,<br />
dass INS365 die Sekretion von<br />
Flüssigkeiten und Substanzen förderte,<br />
die in der natürlichen Tränenflüssigkeit<br />
vorkommen. Die mRNA zur Kodierung<br />
der P2Y2-Rezeptoren wurde in der Konjunktiva<br />
und in den Meibomdrüsen des<br />
Primaten nachgewiesen [81]. INS365<br />
könnte daher sowohl beim <strong>trockene</strong>n<br />
<strong>Auge</strong> durch Tränenmangel als auch durch<br />
Lipidinsuffizienz einen positiven therapeutischen<br />
Effekt haben.<br />
In einem Tiermodell des <strong>trockene</strong>n <strong>Auge</strong>s<br />
an der Ratte verbesserte eine 1%-ige<br />
INS365-Lösung die Barrierefunktion der<br />
Hornhaut, gemessen am Grad der Fluoresceinpenetranz.<br />
Die <strong>Auge</strong>noberfläche<br />
wurde in diesem Modell vollständig bis<br />
auf das Niveau der Kontrollaugen wiederhergestellt<br />
[17].Im Kaninchenauge wurde<br />
die Erhöhung der Muzinsekretion durch<br />
Gabe von INS365 gezeigt und so demonstriert,<br />
dass hierdurch ein Oberflächenschaden<br />
durch Exposition abgeblockt<br />
wird [18].<br />
Sicherheit und Tolerabilität sowie<br />
Wirksamkeit wurden bereits am <strong>Auge</strong>ngesunden<br />
und am Patienten mit <strong>trockene</strong>m<br />
<strong>Auge</strong> erfolgreich getestet [53, 81].<br />
<strong>Ein</strong>e 2%-ige INS365-Lösung führte zu<br />
einer signifikanten Verbesserung in den<br />
Hornhautvitalfärbetests nach einer Behandlungszeit<br />
von 2, 4, 6, 8, 10, 12, 24 und<br />
25 Wochen. Die Diquafosollösung wurde<br />
exzellent von den Probanden toleriert<br />
[76].INS365 wird nicht systemisch absorbiert<br />
[39].<br />
15(S)-HETE<br />
Die 15(S)-Hydroxyeicosatetraenoic-Acid<br />
(15(S)-HETE) (Alcon,Inc.) ist ein Derivat<br />
der Arachidonsäure und das im größten<br />
Überfluss in den menschlichen Bronchien<br />
vorkommende Eikosanoid.Es wirkt als<br />
Second Messenger in der Angiotensin-IIinduzierten<br />
Aldosteronproduktion.Auch<br />
wenn es Hinweise für verschiedene biologische<br />
Funktionen der Substanz gibt,so<br />
steigert 15(S)-HETE im Bereich der<br />
menschlichen <strong>Auge</strong>noberflächengewebe<br />
selektiv lösliches und membrangebundenes<br />
MUC1 in vitro. Im Kaninchenmodell<br />
des <strong>trockene</strong>n <strong>Auge</strong>s durch induzierte Tränendrüsenentzündung<br />
schützte 15(S)-<br />
HETE effektiv vor Schäden der <strong>Auge</strong>noberfläche<br />
und stellte die Tränenfilmintegrität<br />
wieder her [19, 20, 21].<br />
Man nimmt an,dass konjunktivale Epithelzellen,<br />
jedoch nicht die Becherzellen,<br />
für die gesteigerte Sekretion von MUC1<br />
verantwortlich sind, weil unter 15(S)-<br />
HETE-<strong>Ein</strong>fluss keine gesteigerte Produktion<br />
der Becherzellmuzine MUC2 und<br />
MUC5AC registriert wird.<br />
Die Phase-II-Untersuchung ist abgeschlossen,Ergebnisse<br />
sind nach unserem<br />
Wissen noch nicht publiziert.<br />
Lokale Androgene<br />
Die Steroidhormone spielen eine hochkomplexe,aber<br />
wichtige Rolle in der Kontrolle<br />
der Tränenfilmhomöostase.Die aktuelle<br />
Forschung geht davon aus,dass Sexualhormone,<br />
besonders ein Androgenmangel,<br />
von wesentlicher ätiologischer<br />
Relevanz bei der Entstehung eines <strong>trockene</strong>n<br />
<strong>Auge</strong>s auf der Basis eines Tränenvolumenmangels,beziehungsweise<br />
einer<br />
vermehrten Abdunstung darstellen. Androgenmangelzustände,<br />
wie das Altern<br />
bei beiden Geschlechtern, die Menopause,beim<br />
Sjögren-Syndrom,bei der testikulären<br />
Feminisierung oder auch bei antiandrogener<br />
Therapie bestimmter urogenitaler<br />
Erkrankungen der Männer gehen<br />
mit der Ausbildung eines <strong>trockene</strong>n <strong>Auge</strong>s<br />
einher. Man geht davon aus, dass Androgene<br />
essenzielle und spezifische Wirkungen<br />
im Hinblick auf die Aufrechterhaltung<br />
einer normalen Tränen- und Meibomdrüsenfunktion,als<br />
auch im Hinblick<br />
auf eine Unterdrückung der Entzündungsvorgänge<br />
im Tränendrüsengewebe<br />
gesunder und autoimmun modulierter<br />
Tiermodelle ausübt.Es wurde zur Diskussion<br />
gestellt,dass ein Abfall der Androgene<br />
unter einen bestimmten Schwellenwert<br />
zu einer Tränendrüsenatrophie führen<br />
könne und damit in der Folge zu einer<br />
Störung des antiinflammatorischen Milieus.Wenn<br />
Tränendrüse und <strong>Auge</strong>noberfläche<br />
irritiert werden und sich ein entzündeter<br />
Zustand einstellt,sezernieren sie<br />
Zytokine, die wiederum neuronale Verbindungen<br />
beinträchtigen,welche für die<br />
normale Tränenproduktion verantwortlich<br />
sind.Hier besteht eine Verbindung zu<br />
immunmodulatorischen Sustanzen, wie<br />
dem Cyclosporin A.In Tierversuchen und<br />
frühen klinischen Studien haben sytemisch<br />
applizierte Androgene eine Reduktion<br />
der lymphozytären Infiltration der<br />
Tränendrüse gezeigt. Sie scheinen den<br />
Prozess der entzündungsinduzierten Zerstörung<br />
der Azinuszellen und der ductalen<br />
Epithelien umzukehren. Weiterhin<br />
zeigten lokal applizierte Androgene bei<br />
Hunden mit spontaner idiopathischer KCS<br />
einen inhibitorischen Effekt auf die Selbstzerstörungsrate<br />
der Tränendrüsenzellen<br />
durch Apoptose [71]. Man erwartet den<br />
Markteintritt der Androgentropfen (Allergan,Inc.)<br />
etwa im Jahr 2006 oder 2007.<br />
Der Ophthalmologe 1 · 2004 | 15