Konferenzbericht (PDF) - Dräger-Stiftung
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Dass Wachstum nicht grenzenlos sei, da -<br />
rauf wies schon früh der “Club of Rome”<br />
hin. 1972 legte er eine Studie zur Zukunft<br />
der Industrienationen vor. Ihr Titel: “Grenzen<br />
des Wachstums”. Aber die Zeit war nicht<br />
reif für solche Bedenken: Kaum jemand<br />
schenkte den Wissenschaftlern Glauben,<br />
weil die Realität ihre Analyse Lügen strafte:<br />
Der Mikrochip – immer kleiner und leis -<br />
tungsfähiger – eroberte den Alltag. Perso -<br />
nal Computer, Lichtleitfasern und Neue<br />
Medien revolutionierten das Leben.<br />
In den USA explodierten “Garagenfirmen”<br />
zu multinationalen Großkonzernen und ein<br />
junger Student namens Bill Gates wurde<br />
zum Inbegriff ungebremsten Wachstums.<br />
Die “Tigerstaaten” Südostasiens erlebten<br />
einen geradezu abenteuerlichen wirtschaft -<br />
lichen Aufschwung. Das Internet entwickel -<br />
te sich mit atemberaubender Geschwindig -<br />
keit zur globalen Informations- und Kom -<br />
mu nikationsplattform und nährte damit<br />
eupho rische Hoffnungen auf weiteres<br />
Wachstum.<br />
Die Wachstumseuphorie erfasste auch die<br />
etablierten Branchen, zum Beispiel die<br />
14<br />
Banken. Mit leichter Hand legten sie<br />
Milliar den aus, um sie später als unzuläng -<br />
lich abzuschreiben – oder zu syndizieren,<br />
um Raum für neue Kredite zu schaffen.<br />
Aber auch so mancher deutsche Mittel -<br />
ständ ler erlag dem Credo unbedingten<br />
Wachstums. Nachdem die heimischen Märkte<br />
gesättigt waren, musste die Globali sie -<br />
rung des Geschäfts Wachstum erzeugen.<br />
Dass in Amerika und Asien ganz andere<br />
Geschäftsusancen gelten, dass an Produk -<br />
tion und Produkte dort zum Teil ganz<br />
andere Anforderungen gestellt werden,<br />
dass die Mitarbeiter und Geschäftspartner<br />
dort anderen Kulturkreisen entstammen<br />
und anders denken und reagieren – das<br />
alles gehört zu den unheilvollen Erfahrun -<br />
gen, an denen die Globalisierung vieler<br />
kleinen und mittleren Unternehmen letztlich<br />
scheiterte.<br />
Schließlich sind auch die Pleiten der Dot-<br />
Coms und der Zusammenbruch der New<br />
Economy auf nichts anderes zurückzu füh -<br />
ren als auf einen völlig unkritischen Glau -<br />
ben an Wachstum. Bei den Firmen grün -<br />
dern, die bombastische Wachstums raten<br />
und Gewinne versprachen, genauso wie<br />
bei den Aktionären, die sich bei den Ban -<br />
ken für zwanzig Prozent Geld liehen, das<br />
sie im Neuen Markt mit zweihundert Pro -<br />
zent Gewinn angelegt wähnten. Die Grün -<br />
dergeneration warnte, dass ein solcher<br />
Münch hausentrick nicht lange funktionieren<br />
könne. Die Nachkriegsgeneration, verwöhnt<br />
vom Fetisch Wachstum, schlug die Warnungen<br />
in den Wind – und bezahlte teuer.<br />
Heute ist die Nachkriegsgeneration um die<br />
fünfzig Jahre alt – und steht vor einem<br />
Scherbenhaufen. Der Traum vom grenzen -<br />
losen Wachstum ist ausgeträumt, aber neue<br />
Konzepte stehen nicht zur Verfü gung.<br />
Gerade diese Generation aber soll jetzt die<br />
Zukunft des Landes in exponierten Posi tio -<br />
nen gestalten – in Politik, Wirtschaft, Wis -<br />
senschaft und Kultur. Und eben auch in<br />
den über drei Millionen mittelstän dischen<br />
Unternehmen in Deutschland!<br />
Für die Bewältigung der gegenwärtigen<br />
Probleme hat diese Generation ein denkbar<br />
schlechtes Umfeld. Im Anspruchsdenken<br />
verhaftet, hat unkritischer Wachstums glau -<br />
be viele zur Aufgabe des Leistungs prinzips<br />
verleitet. Begriffe wie Führung, Leistungs -<br />
trägerschaft, Elite sind heute als Folge<br />
eines völlig missverstandenen sozia len Ge -<br />
rechtigkeitssinns in weiten Teilen der Ge -<br />
sellschaft verpönt. In dieser Atmos phäre<br />
wird Unternehmergeist nicht geför dert,<br />
sondern diskriminiert.<br />
Die Gründer- und Wirtschaftwunder gene -<br />
ration hat unbewusst und ungewollt das<br />
ihre dazu beigetragen: Auch Unter nehmer -<br />
familien öffneten sich – dem gesellschaft -<br />
lichen Trend folgend – spätestens seit den<br />
70er Jahren dem Zeitgeist einer freiheit -<br />
lichen Erziehung ihrer Kinder. Mit dem<br />
durchaus gewollten Ergebnis, dass manche<br />
Tochter, mancher Sohn andere Interessen<br />
entwickelten, als ein Unter nehmen zu füh -<br />
ren. Etwas kritischer könnte man anmer -<br />
ken, dass den Kindern vielleicht nicht<br />
immer mit dem nötigen Nachdruck Unter -<br />
nehmergeist eingeimpft wurde – weil man<br />
ganz gern damit kokettierte, es zu etwas<br />
gebracht zu haben und dem Nach wuchs<br />
das Risiko und die “Plackerei” des Unter -<br />
nehmers erspart bleiben sollten.