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Kommunikation in Lehr-Lern-Prozessen mit Erwachsenen

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an e<strong>in</strong>en bestimmten Sprachsituationstyp, der <strong>in</strong> der eigenen Erziehung und<br />

<strong>in</strong> der gesellschaftlichen Tätigkeit als besonders relevant erlebt wurde.<br />

Die Skala der Schwierigkeiten e<strong>in</strong>es sich vom Situationskontext lösenden<br />

Sprechens läßt sich ebenso gut als Stufenfolge des k<strong>in</strong>dlichen Spracherwerbs<br />

wie als hierarchisches Modell der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und der da<strong>mit</strong><br />

verbundenen Verbalisierungsmöglichkeiten deuten. Additive Tätigkeiten <strong>mit</strong><br />

ger<strong>in</strong>gen Redeanforderungen lassen wenig Raum für die Entwicklung e<strong>in</strong>er<br />

umfassenderen Sprachhandlungskompetenz. Zu vermuten ist, daß die Verhaftung<br />

an Stimuli der Situation und die da<strong>mit</strong> verbundene ger<strong>in</strong>ge Wahrnehmungsfähigkeit<br />

für strukturelle Beziehungen nicht nur die Entwicklung von<br />

Sprache, sondern auch von Rollendistanz und Begriffsbildung beh<strong>in</strong>dert. Die<br />

Ausbildung kognitiver Fähigkeiten ist zum e<strong>in</strong>en ebenso wie die der Sprache<br />

von der ausgeübten Tätigkeit bee<strong>in</strong>flußt, von der Komplexität der dabei benutzten<br />

Handlungsschemata, von der Notwendigkeit, Handlungsweisen und<br />

Situationen zu typisieren, zu vergleichen, zu <strong>in</strong>tegrieren, kurz: sich e<strong>in</strong>en „Begriff“<br />

davon zu machen (Aebli 1980/81). Zum anderen muß man aber nicht nur <strong>mit</strong><br />

e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Ursprung von Sprechen und Denken, sondern <strong>mit</strong> der<br />

im Lebenslauf immer stärker werdenden Verflechtung von kommunikativen und<br />

kognitiven <strong>Prozessen</strong> rechnen, wie es die russische Psychologie seit Wygotski<br />

tut. Die Differenzierung der Sprache <strong>in</strong>teragiert über die <strong>in</strong>nere Sprache <strong>mit</strong><br />

der Differenzierung des Denkens. Die Fähigkeiten zur argumentativen Verständigung<br />

und zur Begriffsbildung hängen <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander zusammen. Sprachbarrieren<br />

gehen <strong>mit</strong> Aneignungsbarrieren e<strong>in</strong>her.<br />

Dies darf nicht so mißverstanden werden, als ließe sich von der Ausdrucksweise<br />

e<strong>in</strong>es Menschen un<strong>mit</strong>telbar auf e<strong>in</strong>en bestimmten Stand kognitiver<br />

Entwicklung schließen. Zum e<strong>in</strong>en ist die letztere immer noch grundlegend<br />

von der ausgeübten Tätigkeit bestimmt, zum anderen ist die Sprachform zusätzlich<br />

von sozialen Rollen und Positionen geprägt. So kann sich z.B. <strong>in</strong> den<br />

Tätigkeitsformen des Facharbeiters e<strong>in</strong> Handlungswissen ausbilden, das analytisch<br />

und differenziert ist, also e<strong>in</strong> hohes kognitives Potential darstellt, das<br />

aber wenig verbal abgelagert wird, sondern enaktiv im Körperschema oder<br />

ikonisch (Bruner 1971) repräsentiert wird. So s<strong>in</strong>d umgekehrt Vertreter kaufmännischer<br />

oder bürokratischer Berufe häufig auf e<strong>in</strong> gegliedertes Sprachmuster<br />

h<strong>in</strong> konditioniert, ohne daß dem e<strong>in</strong>e vergleichbare kognitive Strukturierungsfähigkeit<br />

entsprechen muß. In der konkreten Verständigungssituation<br />

wird häufig kaum zu unterscheiden se<strong>in</strong>, ob <strong>Kommunikation</strong>sh<strong>in</strong>dernisse<br />

auf Unkenntnis des Gegenstandes, auf unterschiedliche Situationsdef<strong>in</strong>itionen,<br />

auf die Machtverteilung, auf Verdrängungsprozesse oder auf solche<br />

Sprachbarrieren zurückzuführen s<strong>in</strong>d.<br />

Deshalb hat die Def<strong>in</strong>ition von Sprachbarrieren als e<strong>in</strong>er Wahrnehmungs- und<br />

Kompetenzschwäche ke<strong>in</strong>en un<strong>mit</strong>telbar diagnostischen Zweck, wohl aber e<strong>in</strong>en<br />

heuristischen Wert. Der Kursleiter der <strong>Erwachsenen</strong>bildung soll da<strong>mit</strong> rechnen,<br />

daß viele Teilnehmer nicht die Sprech- und Verstehenskompetenz entwickeln<br />

konnten, die nahezu jede <strong>Lern</strong>situation – als Sprachhandlungssitua-

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