PDF zur Sendung vom 23. April 2012 - WDR.de

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Firmennetz handelt.“ Auch Gertraud K. geriet in das Visier dieses Firmennetzes. Ständig bekam die Rentnerin unerwünschte Anrufe. Als ihr aber vor einiger Zeit jemand am Telefon mitteilte, sie habe einen Gutschein gewonnen, nahm die Frau das Angebot an. Kurz darauf erhielt sie ihre Telefonrechnung und sah, dass ihr daraufhin von einer Firma mit dem Namen „Telomax“ 33,28 Euro netto zusätzlich in Rechnung gestellt wurden. Wofür dieser Betrag erhoben wurde, wusste die Telekom-Kundin nicht und ließ ihn sofort zurückbuchen. Gewinnspielabo bei einer Briefkastenfirma Auch anderen Kunden erging es so. Verbraucher, die sich in Frankfurt beschwerten, bekamen zu hören, Telomax würde nur Geld für andere Firmen eintreiben, bei denen die Kunden ein Gewinnspielabo abgeschlossen hätten. Eine davon ist die Firma Winfinder. Dabei handelt es sich um einen Gewinnspielanbieter, der die britischen Jungferninseln als Adresse angibt – eine Inselgruppe weit weg in der Karibik. Doch am Sitz des Unternehmens existiert weder ein Büro noch ein Firmenschild. Winfinder ist eine Briefkastenfirma und Teil eines Betruges, in den nach Ansicht der Staatsanwaltschaft auch Telomax verwickelt ist: „Wir gehen davon aus, dass die Beteiligten – zum Beispiel auch in der Firma Telomax – gewusst haben, worum es dabei geht, und dass die Forderungen keine reale Grundlage hatten“, so Doris Müller-Scheu. Wegen des Verdachts des Betruges ließ die Staatsanwaltschaft Anfang Februar acht Personen aus dem Umfeld der Firma festnehmen und auch die Büroräume in Frankfurt durchsuchen. Telomax konnte so erst einmal gestoppt werden. Andere Firmen bedienen sich jedoch weiter ganz ähnlicher Methoden. Gewinnspielabo statt Tankgutschein Ende letzten Jahres fiel Rita N. aus Haberschlacht bei Heilbronn auf, dass ihre Telefonrechnung ungewöhnlich hoch war. Stutzig machte sie vor allem ein Posten: eine Firma Next ID Technologies hat bei ihr 8,32 Euro netto abbuchen lassen. Auch Rita N. war nicht klar, wofür dieser Betrag eingezogen wurde. Sie hatte kurz zuvor einen Werbeanruf erhalten. Sie sollte angeblich einen Tankgutschein gewonnen haben. Um den zu aktivieren, sollte sie bei einer kostenlosen Hotline anrufen und eine bestimmte Tastenkombination drücken. Doch mit dem Tastendruck habe sie ein Abonnement bestellt, so Next ID später. Dabei handelte es sich um ein Gewinnspielabo bei einer weiteren Firma, deren Name ungenannt bleibt. Aber wie kommen solche Forderungen überhaupt auf die Telefonrechnung? Wir fragen bei der Telekom nach – dem Marktführer im Festnetz. Ein Interview will man uns nicht geben. Dafür teilt der Konzern aber schriftlich mit: „Die Telekom ist vertraglich verpflichtet, Leistungen Dritter über ihre Telefonrechnung abzurechnen.“ Das heißt also: Die Telekom muss Forderungen Dritter ungeprüft eintreiben. Die Firma Next ID wiederum sagt, auch sie leite nur Rechnungsdaten weiter. Und zwar für ein weiteres Unternehmen, einen so genannten Drittanbieter. So entsteht eine Kette, die offenbar zu Missbrauch einlädt. Drittanbieter sperren lassen Wenn man auf der Telekom-Rechnung unter „Beträge anderer Anbieter“ einen ungewöhnlichen Posten bemerkt, sollte man Einspruch gegen die Rechnung einlegen. Dies muss man an zwei Stellen machen: Zunächst legt man Einspruch gegen die Telefonrechnung bei dem Rechnungssteller, also der Telekom ein und informiert die Telekom über die strittigen Posten. Dann legt man bei dem Drittanbieter Einspruch ein. Die Adresse findet man auf der Telekomrechnung. Dies macht man in schriftlicher Form, am besten per Einschreiben. Wichtig ist es, den Einspruch genau zu begründen. Der Anbieter steht in der Beweispflicht, dass er eine ordnungsgemäße Rechnung erstellt hat. Diese muss er mindestens durch einen Einzelentgeltnachweis sowie durch die Angabe exakter Verbindungsdaten belegen. Einspruch sollte auf jeden Fall so schnell wie möglich erhoben werden. Dabei sollte man dem Adressaten eine Frist für eine schriftliche Antwort setzen. Die Bundesnetzagentur empfiehlt einen Zeitraum von drei Wochen. Dann zieht man den strittigen Rechnungsbetrag des Drittanbieters von der Gesamtrechnung unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer ab und überweist den Restbetrag an die Telekom. So umgeht man Ärger mit der Telekom, oder gar eine Anschlusssperrung. © WDR Köln 2012 Seite 4 von 10
In einem nächsten Schritt kann man diesen Drittanbietern für die Zukunft sperren lassen. Sollte man den Verdacht haben, das es sich um eine betrügerische Masche handelt, kann man zusätzlich die Bundesnetzagentur informieren. Die ist als Aufsichtsbehörde zuständig und könnte, falls sich ein solcher Verdacht bestätigt, die Telekom von der „Pflicht“ befreien, für den Anbieter Rechnungsbeträge einzufordern. Darauf hat jetzt auch die Politik reagiert. Anfang Februar hat der Bundesrat dem neuen Telekommunikationsgesetz zugestimmt, das noch vom Bundespräsidenten unterschrieben werden muss. Mehr Transparenz auf der Telefonrechnung Verbraucherschützer wie Michael Bobrowski fordern schon seit Längerem mehr Transparenz bei den Abrechnungen sogenannter Drittanbieter. Bisher haben die Telefonkunden oft nicht einmal erfahren, wofür sie eigentlich bezahlen sollen. Eine verschärfte Prüfpflicht gibt es aber nach wie vor nicht. Verbraucherschützer sehen hier vor allem die großen Telekommunikationsunternehmen in der Pflicht: „Ich erwarte, dass sie in der Tat auch in ihren Verträgen, die sie untereinander abschließen, viel stärker solche Verpflichtungen hineinschreiben, dass sie gewisse Dinge auch entsprechend überprüfen müssen. Zumindest, wenn sie Kenntnis haben, dass da irgend etwas faul ist. Dass sie genauer hinschauen, was wird da eigentlich bei mir an Daten abgeliefert und wofür ist das, wenn ich das schon abrechnen soll“, so Michael Bobrowski von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Genau hinzuschauen, das empfiehlt sich auch für Verbraucher. Denn es sind meist kleine, leicht übersehbare Beträge, mit denen unseriöse Anbieter Kasse machen. Fragwürdige Rabatte Von W. Domke-Schulz und M. Toying Auf der Suche nach einer Kaffeemaschine stieß Ursula S. im Katalog des Otto-Versands auf ein verlockendes Angebot. Der Kaffeevollautomat von DeLonghi sollte dort nur noch 555 statt ursprünglich 999 Euro kosten. Weil dieser gewaltige Rabatt von 444 Euro Frau S. skeptisch machte, prüfte sie das Angebot. Als sie dazu in abgelaufenen Katalogen den Ursprungspreis des Geräts heraussuchen wollte, stellte sie fest, dass dieses Modell bislang gar nicht angeboten wurde. Nun fragte Ursula S. schriftlich bei dem Versandhaus nach, auf welchen Ursprungspreis sich denn der Händler beziehe. Vom Händler auf den Arm genommen In der Antwort ging das Versandhaus gar nicht auf die konkrete Fragestellung der Kundin ein. Stattdessen erklärte man ungefragt, keine Rabatte zu geben. Frau S. fragte erneut nach, wie die angebliche Ersparnis von 444 Euro zustande kämen. Jetzt hieß es in der Antwort: „Ich habe mich für Sie schlau gemacht. Sofort hakte ich bei unseren Spezialisten aus dem Einkauf für Sie nach. Die Ersparnis von 444 Euro ergibt sich aus der Differenz von 999 zu 555 Euro.“ Ursula S. fühlte sich sprichwörtlich auf den Arm genommen. In dem Brief heißt es weiter: „Der alte Preis von 999 Euro ist keine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, sondern ein tatsächlicher alter Otto-Preis.“ Doch den „alten Otto-Preis“ konnte die Kundin in keinem Katalog finden. Deshalb vermutete sie, Otto möchte sie als Kundin mit einem Fantasiepreis zum Kauf verlocken. Sie schrieb daraufhin zurück: „Es bleibt uns einfach unverständlich. Wir werden uns an die Öffentlichkeit wenden.“ Eine Kopie des Briefes sandte sie an die Redaktion. Recherche legt Widersprüche offen Wir wenden uns zunächst an einen Otto-Shop und fragen, woher der angebliche frühere Preis von 999 Euro kommt. Der Verkäufer fragt in der Otto-Zentrale nach und erklärt: „Dieser Preis, die 999 Euro, die beziehen sich auf den Hersteller. Das ist der Herstellerpreis. Der wurde reduziert auf die 555 Euro.“ In Bezug auf den Herstellerpreis wurde der Kundin Ursula S. jedoch genau das Gegenteil erzählt. Zudem ergibt die Preisrecherche beim Hersteller, dass die unverbindliche Preisempfehlung nur 699 Euro beträgt. Mit diesen widersprüchlichen Informationen fragen wir offiziell in der Otto-Zentrale nach. Dort heißt es nun, dass der Artikel bislang nur im Online-Shop zum Preis von 999 Euro angeboten worden sei. Doch das kann keiner nachprüfen. Für die Kundin ist diese Erklärung nicht plausibel. Sie fragt sich, wie wahrscheinlich es ist, dass Otto online einen Artikel zu einem Preis verkauft, der mehrere © WDR Köln 2012 Seite 5 von 10
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