09.01.2013 Aufrufe

Lommel und Bauer

Lommel und Bauer

Lommel und Bauer

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Lommel</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauer</strong><br />

Wie zwei Lithographien endlich zur Fabel wurden<br />

Bemerkungen zur Kollation des Werkes „Das Königreich Bayern in seinen acht<br />

Kreisen“.<br />

Im antiquarischen Alltag tauchen manchmal Fragen auf, die sich auch unter<br />

Benutzung aller Hilfsmittel nicht beantworten lassen. Eine dieser Fragen ist die<br />

Kollation des <strong>Lommel</strong>/<strong>Bauer</strong>, eines der gesuchten bayrischen Ansichtenwerke<br />

aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Da es für den süddeutschen Raum leider keinen<br />

Nebehay/Wagner 1 gibt, muß der Antiquar veraltete <strong>und</strong> versteckte<br />

Sek<strong>und</strong>ärliteratur bemühen oder zur unbeliebten, weil zeitraubenden Methode<br />

des Exemplarvergleichs zurückkehren. Ein Blick in das „Zentrale Verzeichnis<br />

antiquarischer Bücher“ oder diverse Lager- <strong>und</strong> Auktionskataloge ernüchtert:<br />

Umfang <strong>und</strong> Ausstattung des Werkes sind offensichtlich ein Rätsel, keiner weiß,<br />

wie viele Ausgaben es gibt, die Technik der Tafeln wird in buntem Wechsel mit<br />

Stich/Radierung/Lithographie (den falschen Angaben der Bibliographien<br />

folgend), die Karten als fehlend angegeben, die Landshut-Tafel wird immer<br />

falsch datiert. Im folgenden soll nicht der Versuch einer Bibliographie<br />

unternommen werden, es werden nur die Ergebnisse eines Vergleichs mehrerer<br />

autopsierter Exemplare mitgeteilt.<br />

Die erste Ausgabe erschien 1836 <strong>und</strong> hat folgenden Titel:<br />

„Das Königreich Bayern in seinen acht Kreisen bildlich <strong>und</strong> statistischtopographisch<br />

sowie in acht historisch-geographischen Specialkarten bearbeitet<br />

von einem Verein von Literaten <strong>und</strong> Künstlern unter Leitung des Archivbeamten<br />

[Georg] <strong>Lommel</strong> <strong>und</strong> des Artilleriehauptmanns [Gottlieb J.] <strong>Bauer</strong>“. – Dann<br />

folgt ein Strich. Darunter die Firmierung: „Nürnberg. (Bei Johann Thomas<br />

Schubert, Commissionär Lit. L. Nr. 1385). 1836.“<br />

Der Text wurde jeweils „aus den neuesten Topographisch-Statistischen Werken<br />

zusammengestellt“ 2 <strong>und</strong> ist recht langweilig-trocken. Einzig die das jeweilige<br />

Kapitel einleitende Erklärung der Tafeln liest man manchmal mit Genuß. Diese<br />

Partien dürften vom „Archivbeamten“ Georg <strong>Lommel</strong> stammen 3 . Den<br />

statistischen Teil konnte man natürlich leicht einem Militär übertragen. Gottlieb<br />

1<br />

Ingo Nebehay <strong>und</strong> Robert Wagner, Bibliographie altösterreichischer Ansichtenwerke aus fünf Jahrh<strong>und</strong>erten. 6<br />

Bde. Graz 1981-1991.<br />

2<br />

Für Schwaben beispielsweise nach dem „Handbuch für den Oberdonau-Kreis“ von Georg Friedrich Kramer,<br />

erschienen 1831 in Augsburg.<br />

3<br />

<strong>Lommel</strong> veröffentlichte 1832-38 bei Campe in Nürnberg ein Werk über „Die alten Franken in historischromantischen<br />

Bildern“ (8 Hefte; letzter Zuschlag 1970 bei Karl <strong>und</strong> Faber, Auktion 122, Lot 926, für 105<br />

DM). 1838 folgten bei Prechter in Neuburg die „Geschichtsblätter vom Verfasser der alten Franken“.


J. <strong>Bauer</strong> (über ihn ist nichts zu ermitteln, die Vornamen laut KVK) schrieb die<br />

Angaben denn auch brav aus den vorhandenen Topographien ab. Die Texte sind<br />

zweispaltig gesetzt, jede Kreisbeschreibung umfaßt nur wenige, stets neu<br />

paginierte Seiten. Einzelne Kreisbeschreibungen finden sich in textlich leicht<br />

abweichenden Varianten (am besten kenntlich an der Bogennorm, meist „2.<br />

Aufl.“, genaueres siehe unten). Deshalb tauchen öfter Exemplare mit dem Titel<br />

der ersten Ausgabe auf, aber mit bereits überarbeiteten Texten.<br />

Von dieser ersten Ausgabe gibt es eine Titelvariante, die bisweilen im<br />

Auktionshandel angeboten wird. Der Titel beginnt vollkommen gleichlautend<br />

<strong>und</strong> weicht erst bei der Verfasserangabe ab „[.... ] Specialkarten bearbeitet von<br />

Johann Thomas Schubert <strong>und</strong> einem Verein von Literaten <strong>und</strong> Künstlern unter<br />

Leitung des Archivbeamten <strong>Lommel</strong> <strong>und</strong> des Artilleriehauptmanns <strong>Bauer</strong>“. Die<br />

Firmierung ist dann wieder identisch. Der Verleger mutiert also zum Autor,<br />

<strong>Lommel</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauer</strong> werden zu Zuarbeitern. Diese Variante ist laut KVK in<br />

keiner öffentlichen Bibliothek vorhanden, sie läßt sich aber im Auktionshandel<br />

dreimal nachweisen 4 .<br />

Schubert verschwindet dann von der Bildfläche, aber ein Jahr später erscheint<br />

eine zweite Ausgabe mit dem alten Haupt-, doch weitgehend abweichendem<br />

Untertitel.<br />

„Das Königreich Bayern in seinen acht Kreisen bildlich <strong>und</strong> statistischtopographisch<br />

dargestellt, sowie mit acht historisch-geographischen<br />

Specialcharten nach den neuesten Hülfsquellen bearbeitet von einem Vereine<br />

Literaten <strong>und</strong> Künstler.“ Darunter das bayrische Wappen in relativ feinem<br />

Holzschnitt, <strong>und</strong> nach einem Strich die Firmierung „Nürnberg, Friedrich<br />

Napoleon Campe, 1837“. 5<br />

Das Werk hat also seine Autoren verloren, übriggeblieben ist nur noch „Verein<br />

von Literaten <strong>und</strong> Künstlern“, gleichgeblieben ist aber die Ausstattung. Alle drei<br />

Ausgaben haben einen kolorierten Titel <strong>und</strong> 8 kolorierte Kupfertafeln . Alle 8<br />

Tafeln waren vermutlich von Johann Friedrich Carl Kreul gezeichnet worden.<br />

4 Erstmals 1977 in der Auktion 20 von Hartung & Karl (Lot 949; Zuschlag 4600 DM). Der Text dieser Variante<br />

umfaßt laut Katalog 100 nicht durchnumerierte Seiten. Genauere Angaben enthalten die Beschreibungen der<br />

letzten beiden Auktionsexemplare (beide bei Tenner im Jahr 1980, Auktion 130, Nummern 3376 <strong>und</strong> 3377,<br />

Zuschläge 6200 <strong>und</strong> 7400 DM) jeweils 10, 7, 9, 10 Seiten, 9 Blätter, 12 Seiten, 11 Blätter, 9 Seiten. Der Text<br />

dieser beiden Exemplare der Titel-Variante ist also bei 6 Kreisen mit der Erstausgabe identisch, der<br />

Rezatkreis hat aber 9 Blätter (wie im Exemplar Hartung Auktion 104, Nummer 1209). Der Untermainkreis<br />

schon in zweiter Auflage (siehe unten). Unterschlagen haben die Katalogbearbeiter offensichtlich den<br />

typographischen Titel <strong>und</strong> die „Erklärung des Titelkupfers“. Diese finden sich im Exemplar der Auktion 47<br />

von Zisska & Kistner 2006: Kollation dort: Isarkreis 9 S., Oberdonaukreis 10 S., Unterdonaukreis 7 S.,<br />

Rezatkreis 8 Bl., Regenkreis 9 S., Obermainkreis 12 S., Untermainkreis 8 Bl., Rheinkreis 9 S.<br />

5 Exemplare dieser Ausgabe sind laut KVK nicht nachweisbar, die einzigen beiden bekannten Auktions-<br />

Exemplare sind ohne Textkollation beschrieben in den Katalogen der Auktion Karl <strong>und</strong> Faber 112 im Jahr<br />

1968 (Lot 702, mit nur 4 Tafeln, Zuschlag 680 DM) <strong>und</strong> Hartung & Karl 122 im Jahr 1970 (Lot 927,<br />

Zuschlag 650 DM). Beide Exemplare waren ohne Karten.<br />

2


Dieser wirkte in Nürnberg als Porträt- <strong>und</strong> Genremaler (zu ihm siehe Nagler<br />

VIII, 77 <strong>und</strong> Thieme-Becker XXI, 515). Mit dem Stich wurden mehr oder<br />

weniger bekannte Künstler betraut (siehe unten). Die Trachten wurden meist<br />

nicht neu gezeichnet, sondern es wurden vorhandene Tafelwerke geplündert, vor<br />

allem Lipowskys „Sammlung der National-Costüme des Königreichs Bayern“<br />

(München 1832). Die Tafeln aller bekannten Exemplare sind koloriert, eine<br />

unkolorierte Variante ist bislang nicht aufgetaucht.<br />

Friedrich Napoleon Campe war der Sohn des bekannten Nürnberger<br />

Bilderbogen-Verlegers Friedrich Campe <strong>und</strong> der Neffe des Heine-Verlegers<br />

Julius Campe in Hamburg. 1833 gründete er zusammen mit Carl Heideloff in<br />

Paris einen Verlag für den Vertrieb „revolutionärer Schriften“ (so wurde seine<br />

Verlagsproduktion von den Zensurbehörden bezeichnet) 6 . 1834 verbot Preußen<br />

sämtliche bisher erschienenen <strong>und</strong> künftig erscheinenden Schriften des Verlags,<br />

der dann 1837 in Konkurs ging. Campe kehrte nach Nürnberg zurück <strong>und</strong> trat in<br />

den Verlag seines Vaters ein 7 . Mit seinem Auftreten wird die Frage nach den auf<br />

den jeweiligen Titeln versprochenen Karten virulent. Campe hatte zunächst aber<br />

ein ganz anderes Problem zu lösen. Schubert die Rechte abzukaufen dürfte<br />

einfacher gewesen sein, als mit den Folgen eines politischen Donnerschlags<br />

zurechtzukommen. Die bayrische Regierung hatte nämlich inzwischen eine neue<br />

Kreiseinteilung verfügt, die am 28. November 1837 in Kraft trat. Diese brachte<br />

territoriale Verschiebungen <strong>und</strong> gleichzeitig eine Veränderung aller<br />

Kreisbezeichnungen. Campe hätte also den Text neu setzen <strong>und</strong> die Tafeln mit<br />

neuen Beschriftungen versehen lassen müssen. Ist dies geschehen? Sind Text<br />

<strong>und</strong> Tafeln den neuen Kreiseinteilungen angepaßt? Leider nur unvollständig.<br />

Campe fand eine Sparlösung: er ließ die alten Texte unverändert <strong>und</strong> druckte nur<br />

ein Einlegeblatt, das in einem autopsierten Exemplar nach der „Erklärung des<br />

Titelkupfers“ eingeb<strong>und</strong>en ist: „Berichtigung zu dem National-Werk Das<br />

Königreich Bayern in seinen acht Kreisen“. Auf dem Blatt finden sich die neuen<br />

Kreisbezeichnungen mit Angabe aller territorialen Veränderungen. Diese konnte<br />

der Käufer natürlich in den Text eintragen, damit hätte er den territorialen<br />

Umfang zumindest richtiggestellt. Auf keinen Fall mehr zu berichtigen waren<br />

natürlich die statistischen Angaben in den Texten zu den einzelnen Kreisen;<br />

Angaben über Bevölkerung, Gewerbe <strong>und</strong> Handel waren nunmehr falsch <strong>und</strong><br />

blieben es auch. Man darf sich hierbei durch die Angabe „2. Aufl.“ in der<br />

Bogennorm mancher Texte nicht täuschen lassen. Alle territorialen <strong>und</strong><br />

statistischen Angaben beziehen sich immer auf die alte Kreiseinteilung.<br />

6 Zur Geschichte des Verlages vgl. H. H. Houben, Verbotene Literatur, Bd. II, S.270-77.<br />

7 Zum Verlag Campe in Nürnberg vgl. Kapp/Goldfriedrich IV, 161-65 <strong>und</strong> die Monographie von Elisabeth<br />

Reynst: Friedrich Campe <strong>und</strong> sein Bilderbogen-Verlag zu Nürnberg 1962. – Der Vater Friedrich Campe sollte<br />

an seinem Erstgeborenen wenig Freude haben. Napoleon Campe neigte nach Art der Söhne reich gewordener<br />

Väter zum Geldausgeben im großen Stil, betrieb aber in der vermutlich 1842 (das genaue Datum ist nicht<br />

bekannt) auf seinen Namen konzessionierten Kunsthandlung den Verlag vor allem lithographierter<br />

Bilderbögen weiter, erwarb 1852 noch die vormals Bäumlersche reale Buchhandelsgerechtigkeit von dem<br />

Maschinenfabriksbesitzer Theodor Cramer-Klett, ging aber schon 1853 in Konkurs <strong>und</strong> starb zwei Jahre<br />

später.<br />

3


Campe vertrieb also seine zweite Ausgabe ungeniert mit dem unveränderten<br />

Text der ersten Ausgabe (bzw. den entsprechenden Varianten). Aber wie<br />

bewältigte er die Umbenennung der Kreise bei den Kupfertafeln? Und wie<br />

reagierte er auf die Verlegung des Regierungssitzes für den Unterdonaukreis<br />

(das heutige Niederbayern) von Passau nach Landshut? Hier war ja eine neue<br />

Darstellung nötig. Vergleicht man die alte Passau-Darstellung mit der neuen<br />

Landshut-Ansicht, stellt man verblüfft fest, daß sie sich im Rahmen <strong>und</strong> bei der<br />

Figurenstaffage aufs Haar gleichen (auch das Monogramm im Sockel ist<br />

dasselbe. Einzig die Stadtansicht im Hintergr<strong>und</strong> wurde ausgetauscht. Bei den<br />

übrigen Tafeln waren nur die Bezeichnungen zu ändern. Im Prinzip war das<br />

recht einfach. Die alten Bezeichnungen mußten ausgeschliffen <strong>und</strong> neu<br />

gestochen werden. Das fällt dem Betrachter der Tafeln heute kaum auf<br />

(allenfalls die meist etwas grobe Fraktur stört leicht). Alle diese Veränderungen<br />

wurden mit Sicherheit schon vor 1844 vorgenommen (das oben beschriebene,<br />

mit einem Besitzeintrag von 1844 versehene Exemplar beweist dies), aber ob<br />

alle Exemplare der Campe-Ausgabe von 1837 schon mit den neuen Tafeln<br />

ausgestattet wurden, ist zweifelhaft. Denn es war ja ein kommerzielles Problem<br />

zu lösen: Wohin mit den Beständen der alten, nunmehr falsch betitelten<br />

Kupfertafeln? Diese hatten sehr viel Geld gekostet, <strong>und</strong> deshalb ist zu vermuten,<br />

daß Campe Teile seiner zweiten Auflage mit den alten Tafeln ausstattete. Daher<br />

finden sich auf Auktionen immer (soweit man dies aus den Beschreibungen<br />

rekonstruieren kann) Mischexemplare. Die häufigste Kombination sieht<br />

folgendermaßen aus: Titel der ersten Auflage, Texte gemischt aus erster <strong>und</strong><br />

zweiter Auflage (Rezatkreis mit 8 oder 9 Blättern), die Tafeln meist mit den<br />

neuen Kreisbezeichnungen.<br />

Der ursprüngliche Text- <strong>und</strong> Tafelbestand bietet also wenig Schwierigkeiten.<br />

Das eigentliche Problem liegt bei den Karten. Diese wurden auf dem Titel<br />

versprochen, konnten aber offenbar beim Erscheinen des Werkes nicht<br />

ausgeliefert werden. Das läßt sich nicht beweisen, aber erschließen: das<br />

Dedikationsexemplar für Herzog Wilhelm in Bayern hat keine, die Exemplare<br />

der Sammlungen Lipperheide (757) <strong>und</strong> Pfister (II, 2935) haben keine, dasjenige<br />

in der „Bibliotheca bavarica“ von Lentner (11273) ist ohne Karten, ebenfalls alle<br />

im Auktionshandel aufgetauchten (manche wurden allerdings von beunruhigten<br />

Antiquaren „getrüffelt“). Warum ist das so? Nun, der „Commissionär“ Johann<br />

Thomas Schubert scheint ein kleines Licht gewesen zu sein, andere Bücher aus<br />

seinem „Verlag“ sind nicht bekannt. Biographisch ist über ihn nichts zu<br />

ermitteln. Und die Karten dürften teurer gewesen sein als die Tafeln.<br />

8 Sie finden sich in einer Mappe der Bayerischen Staatsbibliothek (Mapp. XI, 62 q 1-6). Alle datiert 1837, nur<br />

der Rezatkreis 1836. Sechs zwischen 1836 <strong>und</strong> 1837 datierte Karten tauchten 2002 in der Auktion 104 bei<br />

Hartung <strong>und</strong> Hartung auf (ohne Isar- <strong>und</strong> Obermainkreis; geschätzt 300 €, zugeschlagen für 320 €); das<br />

würde bedeuten, daß alle 8 Karten existieren; im Auktionskatalog finden sich aber keine Angaben über<br />

Verleger <strong>und</strong> Stecher, so daß eine zweifelsfreie Zuordnung nicht möglich ist.<br />

4


Als mit Sicherheit zum Werk gehörig lassen sich bis jetzt nur 6 Karten<br />

nachweisen 8 (genaue Beschreibung siehe unten), alle zwischen 1836 <strong>und</strong> 1837<br />

datiert, also noch bevor der Verlag an Campe überging. Bezeichnet sind diese<br />

Karten mit dem Kreisnamen, dann folgt bei allen folgende Angabe: Beilage zu<br />

dem Nationalwerk „Bayerns VIII Kreise“. Darunter jeweils der Erscheinungsort<br />

Nürnberg <strong>und</strong> dann das Jahr. Im Erscheinungsjahr des Werkes waren<br />

offensichtlich erst zwei Karten fertig, die zum Rezatkreis <strong>und</strong> zum<br />

Untermainkreis. Nur diese tragen das Datum 1836, die vier anderen bekannten<br />

Karten sind 1837 datiert. Einen kompletten Kartensatz konnte also der Käufer<br />

der ersten Ausgabe überhaupt nicht erwerben. Und vermutlich gilt das auch für<br />

die Erwerber der zweiten Ausgabe bei Campe. Denn es gibt aus dem Jahr 1837<br />

keine Karten mit Campes Verlagsangabe. Solche sind erst 1838 nachweisbar.<br />

Und diese Karten weisen dann eine weitere folgenschwere Änderung auf: die<br />

Angabe „Beilage zu dem Nationalwerk ...“ entfällt ersatzlos. Campe wollte also<br />

die Bindung der Karten an ein inzwischen veraltetes Buch lösen <strong>und</strong> die<br />

Kreiskarten auch einzeln verkaufen.<br />

Schubert- wie Campe-Karten waren jeweils grenzkoloriert. Vergleicht man die<br />

1836 <strong>und</strong> 1837 datierten Exemplare, stellt man fest, daß die Farben<br />

unterschiedlich sind. Diese Änderung der Grenzkolorierung erfolgte nicht aus<br />

ästhetischen Gründen. Durch die Gebietsverschiebungen mußten natürlich auch<br />

die Grenzen neu eingezeichnet werden. Welche Gebiete neu hinzugekommen,<br />

welche abgetrennt worden waren, konnte man aber leicht mit einem Blick<br />

erfassen, denn auf dem Einlegeblatt der Campe-Ausgabe findet sich unten eine<br />

„Erklärung der Farben zur Berichtigung der neuen Kreis-Gränzen auf den<br />

Special-Charten“. In zwei Spalten sind die neuen Kreisbezeichnungen<br />

aufgelistet, dahinter hätte sich natürlich eine Farbprobe finden müssen, im<br />

autopsierten Exemplar unterblieb dies aber.<br />

Wie sind alle diese Bef<strong>und</strong>e zu deuten? Die wahrscheinlichste Erklärung ist<br />

folgende: Schubert konnte die versprochenen Karten nur teilweise liefern, <strong>und</strong><br />

erst mit dem Übergang der Verlagsrechte an Campe änderte sich die Situation.<br />

Die einzelnen Karten aber durch die verräterische Formulierung in der<br />

Kartusche als Teil eines geographischen Werkes zu bezeichnen, wäre<br />

ökonomisch unklug gewesen. Also tilgte Campe den Beilagen-Vermerk <strong>und</strong><br />

vertrieb die Karten sowohl einzeln, dann als Kartensatz <strong>und</strong> schließlich als<br />

Beilage zum „<strong>Lommel</strong>/<strong>Bauer</strong>“. Und der Käufer konnte entscheiden, ob er das<br />

Werk mit oder ohne Karten haben wollte.<br />

Werden also heute <strong>Lommel</strong>/<strong>Bauer</strong>s mit Karten angeboten, sind das mit an<br />

Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Exemplare, die nicht zeitgenössisch<br />

zusammengestellt <strong>und</strong> aufgeb<strong>und</strong>en wurden. Alle acht Karten, jeweils datiert<br />

„1838“, finden sich beispielsweise im Exemplar Auktion Zisska & Kistner 44<br />

5


im Jahr 2004, Lot 2166, in das sie mit Sicherheit aber nicht hineingehören, weil<br />

der Text aller acht Teile in erster Ausgabe vorliegt (<strong>und</strong> überdies ganz andere<br />

Wasserränder als die Karten aufweist). Ebenfalls alle acht Karten, nun aber<br />

datiert 1839, finden sich im autopsierten Exemplar der Campe-Ausgabe von<br />

1837. Dieses Exemplar hat einen 1844 datierten Besitzvermerk (siehe oben),<br />

offensichtlich wurden die Karten in diesem Jahr mit dem Text <strong>und</strong> den Tafeln<br />

„verheiratet“.<br />

Epilog: Das Werk war 1857 noch lieferbar, der Verlag war aber inzwischen<br />

nach Campes Konkurs an Lotzbeck übergegangen. Die acht Tafeln kosteten<br />

zusammen 2 2/3 Reichstaler, einzeln jeweils 1/3 Reichstaler, die acht Karten 4<br />

Reichstaler 9 . Natürlich bekam man auch einen Text dazu, <strong>und</strong> zwar einen, der<br />

den neuesten Entwicklungen angepaßt war, denn die Titel warben schon mit der<br />

Beschreibung der neuerbauten Eisenbahnstrecken. Die Texte waren einzeln zu<br />

beziehen, <strong>und</strong> nun war für jeden Teil sogar ein Autor angegeben. Oberbayern<br />

<strong>und</strong> die Pfalz beschrieb A. Hanser, Niederbayern A. Schumacher, ein J.<br />

Schumacher die Oberpfalz <strong>und</strong> C. F. Hammer das gesamte Franken. Jeder Teil<br />

kostete einen halben Reichstaler. Die Tafeln trugen sicherlich die neuen<br />

Kreisbezeichnungen.<br />

Das Werk ist nicht selten, auch wenn der Raritäts-Hinweis in keiner<br />

Katalogbeschreibung fehlt. Der Antiquar Lentner hatte 1912 die Erstausgabe im<br />

Angebot (11273) <strong>und</strong> pries sie wie folgt an: „Sehr selten; war nicht im<br />

Buchhandel“. Außerdem hatte er „einzelne Blätter zum Kompletieren auf<br />

Lager“. Ob das Werk wirklich nicht durch den Buchhandel vertrieben wurde,<br />

läßt sich nicht mehr verifizieren; dafür spräche die Tatsache, daß es nicht im<br />

„Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums“ verzeichnet ist,<br />

dagegen die Aufnahme in Engelmanns „Bibliotheca geographica“ (mit<br />

Preisangabe).<br />

9 Angaben nach Engelmann, Bibliotheca geographica, 310.<br />

6


Kollation<br />

Der gestochene Titel ist unten links monogrammiert „H E“ mit Hausmarke<br />

(Herz mit Kreuz).<br />

Oben in der Mitte der goldstrahlende, von den Genien des Ruhmes <strong>und</strong> der Ehre gehaltene<br />

Titel auf der bayrischen Wappendecke. Im Zentrum die Bavaria, gekrönt mit Lorbeer <strong>und</strong><br />

schwerer Krone. Szepter <strong>und</strong> Schwert ruhen im Schoß, in der Linken die Aegide mit dem<br />

Ludwigs-Monogramm, indessen die Rechte das Füllhorn des Friedens auf die dankbaren<br />

Untertanen schüttet. Ihr zur Rechten die oberen Stände (Gelehrte, Künstler, Krieger, Händler),<br />

auf den anderen Seiten die Masse des Volkes, beginnend mit den verschwisterten<br />

Repräsentanten des Ackerbaus <strong>und</strong> der Viehzucht. Über Spinnerei <strong>und</strong> Leinwandbereitung<br />

geht es zu den höheren Gewerben, deren höchste, „Rothgießer, Steinmetz <strong>und</strong> Mechaniker“<br />

(heutzutage würde man sagen Kunsthandwerker) den Übergang zur Kunst <strong>und</strong> Wissenschaft<br />

darstellen <strong>und</strong> so den Kreis schließen.<br />

Im Hintergr<strong>und</strong> die Walhalla <strong>und</strong> eine Ansicht von Nürnberg, „als schönes Doppelbild von<br />

Alt <strong>und</strong> Neu“. Das ganze ist eingebettet in einen Rahmen: unten das neue Wappen des<br />

Königreichs, flankiert von mittelalterlichen Waffenstücken, auf den anderen drei Seiten<br />

jeweils das Wappen <strong>und</strong> eine allegorische Darstellung der acht Kreise. Den Schlußstein des<br />

Rahmen bilden die Attribute der Kunst, in der Mitte das Monogramm König Ludwigs.<br />

Nach dem typographischen Titel folgt 1 Blatt: „Erklärung des Titelkupfers“,<br />

dann<br />

Teil 1 (als solcher nicht bezeichnet, die Reihenfolge der Kreise variiert in<br />

den bekannten Exemplaren)<br />

„Bildliche Darstellung des Isarkreises“. - 10 Seiten. – Der Text bleibt in der<br />

zweiten Auflage gleich, die Bogennorm lautet ab S. 7 „Isarkreis 2te Aufl.“<br />

Die Tafel hat folgenden Titel<br />

„HAUPT-U-KREIS-STADT MÜNCHEN / ISAR-KREIS“<br />

Durch ein Portal mit korinthischen Säulen sieht man die Stadt vom Gasteig aus. Links im<br />

Vordergr<strong>und</strong> eine junge Bäuerin aus der Umgebung, gegenüber zur Rechten eine Münchner<br />

Bürgerstocher mit goldener Riegelhaube <strong>und</strong> silberverkettetem Mieder. In der Mitte ein<br />

Bursche aus der Tegernseer Gegend mit einem Mädchen aus Schliersee.<br />

Von dieser Tafel gibt es Abzüge, die rechts unten ein Monogramm „FW 82“ tragen. Damit ist<br />

der Stecher leicht zu ermitteln. Es handelt sich um Friedrich Würthle (das Blatt mit dem<br />

Monogramm ist abgebildet bei Georg Jakob Wolf, Die Münchnerin, nach S. 8). Friedrich<br />

Würthle (1820-1902) stammte aus Konstanz (die Angaben bei Thieme-Becker <strong>und</strong> Pfister<br />

sind entsprechend zu berichtigen), kam 1841 nach München <strong>und</strong> siedelte 1860 nach Salzburg<br />

über, wo er sich als Landschafts-Photograph betätigte. Er arbeitete für die bekannten<br />

7


Münchner Veduten-Verleger <strong>und</strong> ist vor allem als Stahlstecher bekannt. Hat er nun die alte<br />

Tafel nur überarbeitet oder neu gestochen? Keine Antwort auf diese Frage findet man im<br />

Katalog Maillinger II, 385. Dort wird die Tafel nur richtig Würthle zugewiesen, die Technik<br />

nicht erwähnt. Die zweite Auskunft wird erteilt im Aufsatz „Wenig bekannte Münchner<br />

Maler <strong>und</strong> Graphiker des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. 25 Kurzbiographien“ von Karl Birkmeyer,<br />

erschienen im 93. Band des „Oberbayerischen Archivs“ im Jahr 1971. Birkmeyer<br />

apostrophiert Würthle als „vielseitigen, talentierten <strong>und</strong> fleißigen Künstler“ (138) <strong>und</strong> hebt<br />

unter seinen Arbeiten vor allem diese „meisterliche Kopie“ heraus, bezeichnet sie allerdings<br />

als Lithographie: „Er hat diese Lithographie im Jahr 1882 so vorzüglich ausgeführt, daß sie<br />

dem Original-Kupferstich nicht nachsteht.“ Ein Vergleich beider Varianten ergibt aber<br />

zweifelsfrei, daß auch die Würthle-Tafel gestochen ist, <strong>und</strong> zwar hat Würthle die Tafel<br />

vermutlich nicht neu-, sondern nur aufgestochen. Indiz dafür sind die beiden Plattenbrüche<br />

unten, die sich schon auf allen bekannten frühen Abzügen finden. Selbst ein sklavisch<br />

getreuer Kopist hätte diese aber nicht übernommen, konnte er doch nicht sicher sein, ob seine<br />

Vorlage einer der ersten Abzüge war.<br />

Im zweiten Zustand ist der Kopf gleich, aber unten heißt es „KR.<br />

OBERBAYERN“<br />

Die Karte (48 x 59 cm 10 ) bezeichnet „Der Isarkreis“, datiert 1837 <strong>und</strong> ohne<br />

Stecherangabe. Die 1838 datierte Karte (50 x 57 cm) bezeichnet „Der Kreis<br />

Oberbayern“ <strong>und</strong> ohne Stecherangabe; die 1839 datierte neu gestochen <strong>und</strong> in<br />

kleinerem Format (46,5 x 58,5), aber mit derselben Bezeichnung <strong>und</strong> ebenfalls<br />

ohne Stecherangabe.<br />

Teil 2<br />

„Bildliche Darstellung des Unterdonaukreises“. - 7 Seiten.<br />

Die Passau-Tafel hat folgenden Titel<br />

„Kreisstadt / Passau Unt: / Donau- / Kreis“, monogrammiert links unten im<br />

Sockel „CR“<br />

Durch das von einem romanischen Tympanon bekrönte Portal von St. Peter aus der alten<br />

Kreishauptstadt Straubing blickt man auf die neue Kreishauptstadt Passau mit dem<br />

Zusammenfluß von Donau <strong>und</strong> Inn, rechts die Feste Oberhaus. Im Vordergr<strong>und</strong> rechts ein<br />

alter <strong>Bauer</strong> aus einem Dorf bei Griesbach im Rottal, dahinter Eheleute aus Passau, links eine<br />

Bäuerin mit ihrem Sohn aus Wegscheid, zwischen den beiden ein Mädchen in Rottaler Tracht.<br />

In der Mitte eine Passauer Witwe mit ihrem Kind.<br />

10 Die Größenangaben erfolgen nach eigenen Messungen, nach den Angaben der BSB bzw. aus<br />

Auktionskatalogen. Daher differieren die Maße teilweise beträchtlich. Bei Abweichungen von wenigen<br />

Millimetern bis hin zu 2 cm kann man davon ausgehen, daß die Größe der Druckplatte gleich ist.<br />

8


Im zweiten Zustand ist der Text unverändert, aber in einer anderen Type,<br />

außerdem steht die zweite Zeile in Versalien: „DONAU / KREIS. – Das<br />

Monogramm im Sockel ist verschw<strong>und</strong>en.<br />

Die Landshut-Tafel hat folgenden Titel<br />

„Kreisstadt Landshut. Kreis / Nieder – Bayern“, monogrammiert unten im<br />

Sockel „CR“ 11<br />

Rahmen <strong>und</strong> Figurenstaffage sind vollkommen identisch mit der Passau-Tafel, nur die<br />

Stadtansicht wurde ausgetauscht. Im Zentrum St. Martin, rechts auf der Höhe die Trausnitz.<br />

Die Karte (60 x 51 cm) bezeichnet „Der Unterdonaukreis“, datiert 1837 <strong>und</strong> mit<br />

Stecherangabe C. Seihm. In der zweiten Auflage neu gestochen (58 x 65 cm)<br />

<strong>und</strong> bezeichnet „Der Kreis Niederbayern“, nun ohne Stecherangabe. – 1838 <strong>und</strong><br />

1839 identisch.<br />

Teil 3<br />

„Bildliche Darstellung des Regenkreises“. - 9 Seiten.<br />

Die Tafel hat folgenden Titel<br />

„Regen / Kreis / Kreisstadt / Regensburg“, monogrammiert links unten sehr<br />

verschachtelt „WALTER sc[ulpsit]“, datiert rechts unten „Nbg. 1835“, auf der<br />

Tasche der linken Bäuerin das Monogramm „MAR“<br />

Als Rahmen wurde das Portal des Schottenklosters St. Jakob in Regensburg gewählt. Vor<br />

einer bemerkenswert schmalen Stadtansicht fünf Figuren. „Die vorderste Gruppe bildet eine<br />

Hochzeitparthie von Landleuten aus Mintraching – Bräutigam, Braut <strong>und</strong> Kranzjungfrau. Die<br />

in der Richtung von Regensburg nach Landshut <strong>und</strong> Straubing hin vorfindliche gewöhnliche<br />

Gai- (Gau) Tracht benannte, an Goldstickerei, silbernen Ketten <strong>und</strong> Knöpfen, Sammt <strong>und</strong><br />

Bändern reiche Kleidung zeugt von dem Wohlstand ihrer Träger ... Von den beiden Frauen im<br />

Mittelgr<strong>und</strong> weißt die rückwärtsstehende dieselbe Landestracht mit einigen Abweichungen<br />

<strong>und</strong> einer besonders auffallenden Kopfzierde, die nur von reichen Bäuerinnen bei<br />

außerordentlichen Gelegenheiten getragen, dermalen ziemlich im Abnehmen ist. Die<br />

Nebenstehende prangt in der gewöhnlichen Abensberger Sonntagstracht.“<br />

Zum 1798 geborenen Zeichner <strong>und</strong> Kupferstecher Johann Philipp Walther vergleiche Nagler<br />

XXIII, 481.<br />

Im zweiten Zustand lautet der Titel wie folgt<br />

11 In einem autopsierten Exemplar ist die Landshut-Tafel eingeb<strong>und</strong>en, im Text heißt es aber unverändert<br />

„Kreishauptort Passau“<br />

9


„Kreis Oberpfalz / <strong>und</strong> Regensburg. / Kreisstadt / Regensburg“<br />

Die Karte (48 x 51 cm) bezeichnet „Der Regenkreis“, datiert 1837 <strong>und</strong> ohne<br />

Stecherangabe. – In der zweiten Auflage neu gestochen (60 x 49 cm) <strong>und</strong><br />

bezeichnet „Der Kreis Oberpfalz <strong>und</strong> Regensburg“, aber ebenfalls ohne<br />

Stecherangabe. – 1838 <strong>und</strong> 1839 identisch.<br />

Teil 4<br />

„Bildliche Darstellung des Oberdonaukreises“. - 10 Seiten. – Der Umfang bleibt<br />

in der zweiten Auflage gleich, der Text wurde aber mit geringfügigen<br />

Abweichungen neu gesetzt. – Bogennorm: „Oberdonaukreis. 2. Aufl.“<br />

Die Tafel hat folgenden Titel<br />

„KREISSTADT AUGSBURG / OBER DONAU-KREIS“, monogrammiert<br />

links unten sehr verschachtelt<br />

„WALTER sc[ulpsit]“<br />

Unter einem römischen Triumphbogen-Portal steht links im Vordergr<strong>und</strong> eine Augsburger<br />

Bürgersfrau mit Goldhaube „im Antlitz nicht ohne Spuren transalpinischer<br />

Physiognomiemischung“, rechts eine Gruppe von <strong>Bauer</strong>n: „Er aus Aichach, Sie aus der<br />

Gegend von Landsberg gebürtig – verläugnen in Gesichtsbildung <strong>und</strong> Tracht ihre bojoarische<br />

Abkunft nicht; namentlich den Altwittelsbacher charakterisirt das derbe, tiefergefärbte Antlitz<br />

<strong>und</strong> das dunkle Haupthaar; wogegen das ruhende Mädchen, welches die Landkleidung des<br />

Gögginger Gerichtsbezirkes trägt, seinen blonden Haaren <strong>und</strong> seinem gemüthvollen,<br />

fre<strong>und</strong>lich-ruhigen Gesichtsausdruck nach, dem teutschen Volksstamm der Schwaben<br />

anzugehören scheint.“ Im Mittelgr<strong>und</strong> ein Kemptner Landmädchen.<br />

Diese Tafel wird verzeichnet bei Schefold, Alte Ansichten aus Bayerisch Schwaben, Nummer<br />

40579 (Sammlung Seitz). Beschrieben als Lithographie <strong>und</strong> angeblich gezeichnet von<br />

Friedrich Würthle. Laut fre<strong>und</strong>licher Auskunft von Herrn Seitz (<strong>und</strong> vorgenommener<br />

Autopsie) beruht diese Angabe auf einem Irrtum Schefolds, der die Angaben über das Blatt<br />

von der Seitzschen Karteikarte kritiklos übernahm. Wie die falsche Angabe auf die<br />

Karteikarte geriet, ist Seitz nicht mehr erinnerlich.<br />

Im zweiten Zustand<br />

KREISSTADT AUGSBURG / KREIS SCHWABEN UND NEUBURG“<br />

Die Karte 1838 (70 x 52 cm) bezeichnet „Der Kreis Schwaben <strong>und</strong> Neuburg“,<br />

unten mit Angabe „Gest. von Christ. Grünwald in Nbg“<br />

10


Über Christoph Grünwald ist so gut wie nichts bekannt. Tooley, Dictionary of Mapmakers,<br />

268 verzeichnet nur eine 1846 gestochene „Eisenbahnkarte für Deutschland“.<br />

Karte 1839: identisch, aber unten mit leicht abweichender Angabe: „Gest. von<br />

Christ. Grünewald sen. in Nbg.“<br />

Teil 5<br />

„Bildliche Darstellung des Rezatkreises“. – 8 Blätter. – Es gibt auch eine<br />

Variante mit 9 Blättern (Hartung & Hartung Auktion 104, Lot 1209).<br />

In der zweiten Auflage: 14 S. Bogennorm „Rezatkreis. 2. Aufl.“<br />

Die Tafel hat folgenden Titel<br />

„Kreisstadt Ansbach“ / Rezat= / Kreis“, unten bezeichnet „Druck von Carl<br />

Mayer Nürnberg“<br />

Im Vordergr<strong>und</strong> rechts ein <strong>Bauer</strong>npaar aus dem Knoblauchsland, links eine im städtischen<br />

Dienst stehende Magd, im Hintergr<strong>und</strong> ein <strong>Bauer</strong> aus der Ansbacher Gegend. Als Rahmen<br />

wurde das im Couronnement mit reichem Maßwerk durchbrochene Nordportal von St. Sebald<br />

in Nürnberg gewählt. Dieses ist mit „höchster Treue <strong>und</strong> Sorgfalt dargestellt“. Der Künstler<br />

hat allerdings „sinnreiche Verzierungen“ hinzugefügt. An den Seiten stehen auf Postamenten<br />

plastische Figuren: links Hans Sachs, rechts Albrecht Dürer.<br />

Im zweiten Zustand<br />

„Kreisstadt Ansbach Kr: Mittel-Franken“<br />

Die Karte (47 x 51 cm) bezeichnet „Der Rezatkreis“, datiert 1836“ <strong>und</strong> mit<br />

Stecherangabe A. M. Hammer. Die Variante nach der neuen Kreiseinteilung ist<br />

datiert 1837 <strong>und</strong> bezeichnet die Grenzverschiebungen durch verschiedene<br />

Farben (siehe das Exemplar der BSB). – Die zweite Auflage (50 x 46 cm) mit<br />

dem Titel „Der Kreis Mittelfranken. Nürnberg bei Fr. Napoleon Campe 1838<br />

(bzw. 1839)“, unten mit Angabe „Stich beendet von A. M. Hammer“. - Da<br />

Eichstätt durch die neue Kreiseinteilung nun zu Mittelfranken gekommen war,<br />

wurde das Gebiet in die vorhandene Platte hinzugestochen (deutlich sichtbar<br />

durch den fetteren Strich). – 1838 <strong>und</strong> 1839 identisch.<br />

Teil 6<br />

„Bildliche Darstellung des Obermainkreises. – 12 Seiten (die letzten beiden<br />

kompreß gesetzt). In der zweiten Auflage bis Seite 4 satzidentisch, Seiten 5-6<br />

11


neu gesetzt, dann wieder satzidentisch. – Bogennorm: „Obermainkreis. 2te<br />

Aufl.“<br />

Die Tafel hat folgenden Titel<br />

„Kreisstadt / Baireuth / Ober-Mainkreis“, unten links „Wagner sc.“, unten<br />

rechts „Kreul del.“<br />

Im zweiten Zustand<br />

„Kreisstadt / Baireuth / Kreis Oberfranken“<br />

Bamberg, die alte Kreishauptstadt des Obermainkreises, liefert das Tor <strong>und</strong> gewährt den<br />

Durchblick auf die neue Hauptstadt Bayreuth. Die Architekturumrahmung zeigt vereinfacht<br />

das Gewände des Fürstenportals des Bamberger Domes, das hier nur aus zwei Propheten <strong>und</strong><br />

Apostelsäulen auf beiden Seiten besteht. Am Scheitel des Bogens befindet sich das Wappen<br />

des Kreises. Unter dem Bogen bietet im Vordergr<strong>und</strong> links eine Gärtnerin in Alltagstracht aus<br />

der Gegend von Muggendorf einem <strong>Bauer</strong>npaar in Festtagstracht aus dem Hummelgau Obst<br />

an (Vorlage dafür ist Lipowskys „Sammlung der National-Costüme des Königreichs Bayern“,<br />

München 1832, Heft 9, Blatt 34). Im Hintergr<strong>und</strong> rechts stehen drei Mädchen aus Redwitz<br />

<strong>und</strong> Bamberg in Sonntagstracht, eines mit der Bamberger Flügelhaube. Über den Personen<br />

wird der Blick auf die nunmehrige Kreishauptstadt Bayreuth von Westen freigegeben. Am<br />

Horizont erscheinen die Berge des Frankenwaldes <strong>und</strong> des Fichtelgebirges (Beschreibung<br />

nach Müllner, Unterfränkische Trachtengraphik, Nummer 46).<br />

Zur Kreisbezeichnung: Der 1808 eingerichtete Mainkreis mit der Hauptstadt Bamberg ging<br />

vor allem im Westen über das ursprüngliche Hochstiftsgebiet hinaus. Als der Kreis 1810 um<br />

das Gebiet des ehemaligen Fürstentums Bayreuth erweitert wurde, verlegte man die<br />

Kreishauptstadt von Bamberg nach Bayreuth. 1817 benannte man den Mainkreis – zur<br />

besseren Unterscheidung vom Untermainkreis – in Obermainkreis um. Das Kreisgebiet wurde<br />

im Süden durch die Landgerichte Forchheim, Gräfenberg <strong>und</strong> Höchstadt an der Aisch<br />

vergrößert. Die letzte Kreiseinteilung von 1837 orientierte sich wieder an historischen<br />

Vorbildern <strong>und</strong> Namen. Aus dem Obermainkreis wurde nun Oberfranken (vergleiche die<br />

Darstellung im Ausstellungskatalog „Bamberg wird bayerisch“ Nummer 252, die Tafel dort<br />

beschrieben unter Nummer 253 <strong>und</strong> auf Seite 483 ganzseitig farbig abgebildet).<br />

Die Karte (53 x 60 cm) bezeichnet „Der Obermainkreis“, datiert 1837 <strong>und</strong> mit<br />

Stecherangabe „G. Egloff sc.“ - In der zweiten Auflage (52 x 59 cm) bezeichnet<br />

„Der Kreis Oberfranken“ <strong>und</strong> mit derselben Stecherangabe. - 1838 <strong>und</strong> 1839<br />

identisch (die Karte 1839 bei „Cartographia Bavaria“ 10.15).<br />

Teil 7<br />

12


„Bildliche Darstellung des Untermainkreises“. – 8 Blätter. – Es gibt auch eine<br />

Variante mit 11 Blättern (autopsiert). – Bogennorm in beiden Varianten<br />

identisch.<br />

Die Tafel hat folgenden Titel<br />

„Kreisstadt / Würzburg / Unter-Mainkreis“<br />

Im zweiten Zustand<br />

„Kreisstadt / Würzburg / Kreis Unterfranken <strong>und</strong> Aschaffenburg“<br />

Durch ein romanisches Portal (Vorbild war das der Pfarrkirche St. Andreas von Karlstadt)<br />

wird der Blick auf die Stadt Würzburg vom Steinberg aus gesehen freigegeben. „Absichtlich<br />

ist nach Anleitung der besten Muster gerade diese Darstellung gewählt worden, damit die<br />

zwar angenehme, aber doch etwas versteckte Lage der Stadt angedeutet <strong>und</strong> zugleich ein nicht<br />

unbedeutender Theil der Umgegend mit aufgenommen werden konnte, was auf den<br />

gewöhnlichen Darstellungen vermißt wird, welche die auffallendste Weglassung ganzer<br />

Stadttheile durch eine unwahre Sichtbarmachung unbedeutender Mainstrecken zu ersetzen<br />

suchen“ (Einleitung). Vorbild dafür war das Stadtbild, das Friedrich Geißler nach einer<br />

Zeichnung von Ignaz Wächtler bereits um 1830 als Mittelkartusche eines Sammelbildes<br />

geschaffen hatte (abgebildet in „Gesamtansichten <strong>und</strong> Pläne der Stadt Würzburg“ Nummer<br />

75; die beiden <strong>Lommel</strong>-Blätter beschrieben unter Nummer 93a). - Rechts ein Paar mit<br />

Trachten des Schweinfurter Gaues (die Bäuerin aus Geldersheim, aber durch einen<br />

Kopierfehler ist das hörnerartige Tuch falsch geb<strong>und</strong>en). Links ein Winzerpaar im<br />

Arbeitsgewand der Karlstädter Gegend (der Mann aus der Gegend von Karlstadt mit blauen<br />

langen Hosen, die sich zu der Zeit auch bei der Landbevölkerung durchzusetzen begannen).<br />

Nachdem 1814 das Großherzogtum Würzburg <strong>und</strong> das Fürstentum Aschaffenburg dem<br />

bayerischen Staat einverleibt worden waren, hieß der neue Bezirk „Untermainkreis“; erst ab<br />

1838 nannte man ihn „Kreis Unterfranken <strong>und</strong> Aschaffenburg“.<br />

Die Karte (52 x 59 cm) bezeichnet „Der Untermainkreis“, datiert 1836 <strong>und</strong> mit<br />

Stecherangabe „G. Egloff sc.“. - 1838 (bzw. 1839) unter dem Titel „Der Kreis<br />

Unterfranken <strong>und</strong> Aschaffenburg. Nürnberg bei Fr. Napoleon Campe“ neu<br />

aufgelegt (aber nur in der Grenzkolorierung geändert).<br />

Teil 8<br />

„Bildliche Darstellung des Rheinkreises“. – 9 Seiten.<br />

Die Tafel hat folgenden Titel<br />

„Kreisstadt / Speyer. / RHEIN-KREIS“, unten links monogrammiert „J. P.<br />

Walther sc. Vlg. 1834“ (Müllner, Unterfränkische Trachtengraphik, liest falsch<br />

„Nbg. 1831“)<br />

13


Im zweiten Zustand ist der Kopf oben gleich, aber unten heißt es „KREIS<br />

PFALZ“<br />

Durch ein romanisches Portal blickt man auf den Dom zu Speyer. Auf dem Rhein zieht ein<br />

Raddampfer vorbei, im Vordergr<strong>und</strong> links ein Mädchen aus Heiligenstein, das Weintrauben<br />

verkauft, rechts eine <strong>Bauer</strong>nfamilie aus Bergzabern. „Das Gesamtbild ist vom Künstler<br />

fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> leicht gehalten, entsprechend dem Naturverhältnis, dem blauen Himmel über<br />

der blühenden Landschaft, dem erleuchteten, feurigen Sinn ihrer Einwohner.“<br />

Karte 1838: (46 x 51 cm), bezeichnet „Der Kreis Pfalz“, unten mit<br />

Stecherangabe „Gestochen von Christoph Grünwald, sen. in Nürnberg“.<br />

Karte 1839: (36 x 52,5), bezeichnet „Der Kreis Pfalz“, unten mit Stecherangabe<br />

„Gestochen von Christoph Grünewald, sen. in Nürnberg“.<br />

14

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!